Deutscher Bundestag
English    | Français   
 |  Sitemap  |  Kontakt  |  Fragen/FAQ
Druckversion  |       
Startseite > Blickpunkt Bundestag > Blickpunkt Bundestag - Jahresübersicht 2001 > Deutscher Bundestag - Blickpunkt 08/2001 >
08/2001
[ zurück ]   [ Übersicht ]   [ weiter ]

Nachwuchsjournalisten beim Bundestag

Im Mai diesen Jahres folgten 24 Studierende des Journalistischen Seminars der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz der Einladung des Bundestages. Als Ergebnis des dreitägigen Aufenthaltes entstanden verschiedene Reportagen und Interviews. Aus den umfangreichen Arbeiten haben wir zwei Leseproben ausgewählt.

"Wer Bäume pflanzt, der wurzelt"

Der Aktionskünstler Ben Wargin hat sein Dasein den Bäumen gewidmet. Inmitten der Hochglanz-Architektur der Bundeshauptstadt, am Spreebogen zwischen Reichstag und Bundespresseamt, kämpft der knorrige Aktivist um sein Lebenswerk: das "Parlament der Bäume", ein eigenwilliges Mahnmal im ehemaligen Todesstreifen.

Der Aktionskünstler Ben Wargin.
Der Aktionskünstler Ben Wargin.

Es gibt Chirurgenhände, Pianistenhände und Politikerhände. Die Hände von Ben Wargin haben 70 Jahre lang im Dreck gewühlt. Sie pflanzten, jäteten, gruben. Die Haut an den Fingerkuppen verhornt, die Fingernägel verkrüppelt, die ganze Pranke verformt und an den Lebensraum Erde angepasst. Das Leben für die Bäume hat tiefe Spuren gefurcht. Künstlerhände eben.

Woher die Liebe zu den Bäumen stammt? "Bäume sind im Gegensatz zu uns soziale Wesen", klärt Wargin auf. Es sind die Widersprüche der Zivilisation, die seine Eindrücke fortwährend nähren und düngen. In seiner Gedenkstätte im neuen Parlamentsviertel recken sich Eschen, Birken und Ginkgos aus den Moosen und Farnen gegen den Himmel. Ginkgos entstammen entwicklungsbiologisch der Eiszeit und wuchsen dem Künstler besonders ans Herz. Ein Exemplar aus Kupfer trägt er symbolisch an der tarnfarbenen Lederkappe auf seinem kahlen Schädel.
Stephan Hütig

----

"Die Erwartung der Bevölkerung zielt neben den Auftrag"

Der SPD-Politiker und Vorsitzende des Untersuchungsausschusses zur CDU-Spendenaffäre Volker Neumann, 58, über die Ausschussarbeit, die Schattenseiten der Mediengesellschaft und die enttäuschten Erwartungen der Bürger.

 

Herr Neumann, Kohls anonyme Spender sind immer noch anonym, die Herkunft des Geldes auf den Norfolk-Konten ist ungeklärt und Bestechlichkeit in der Leuna-Affäre lässt sich auch nicht nachweisen. Sind sie enttäuscht?

Neumann: Nein, das bin ich nicht.

 

Aber in vielen Bereichen tappen Sie doch auch nach Monaten noch völlig im Dunkeln.

Neumann: Was die rechtswidrige Parteifinanzierung angeht, gibt es nur zwei Kernfragen, die noch nicht geklärt sind: Woher die Millionenbeträge stammen, die für die CDU in der Schweiz gesammelt worden sind. Und woher das Geld stammt, das Herr Kohl von den anonymen Spendern bekommen haben will.

 

Und warum kommen Sie da nicht weiter?

Neumann: Weil die Zeugen von ihrem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch machen. Das dürfen sie so lange, wie gegen sie Ermittlungsverfahren anstehen oder noch laufen.

 

So mancher Zeuge hat ja auch Gedächtnislücken. Frustriert Sie das?

Neumann: Nein. Ich bin lange genug Anwalt, um zu wissen, dass manche Leute sich nicht erinnern wollen oder auch wirklich nicht erinnern können. Deshalb sind für uns Dokumente das Wichtigste, die lügen nämlich in aller Regel nicht. Bei Zeugen ist das zuweilen anders.

 

Stimmt die Vorstellung der Bevölkerung über Ihre Arbeit mit der Realität überein?

Neumann: Das ist ein echtes Problem. Denn die Leute machen sich ihr Bild vor allem nach amerikanischen Fernsehspielen. Die meisten denken, wir könnten Recherchen betreiben wie eine Kriminalbehörde oder Staatsanwaltschaft. Das ist leider falsch.

 

So ganz machtlos sind Sie aber auch nicht.

Neumann: Schon. Aber die Kompetenzen reichen nicht aus. Wir können beispielsweise keine Ermittler einsetzen. Wir dürfen keine Zeugen verhaften. Und Polizisten können wir auch nicht aussenden. Die uns zur Verfügung stehenden Recherchemöglichkeiten sind also relativ beschränkt.

 

... was die Bevölkerung jedoch nicht weiß.

Neumann: Ganz genau. Die Leute denken, wir hätten Gott weiß was für Möglichkeiten. Sie halten uns für eine Art Staatsanwaltschaft oder Gericht und verstehen nicht, warum wir am Ende keine Strafe verhängen.

 

Und das wirkt sich dann negativ auf die öffentliche Wahrnehmung aus.

Neumann: Ja, weil die Erwartung der Bevölkerung neben den Auftrag zielt, das erlebt man dauernd.
P. Thomas, M. Barrios

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2001/bp0108/0108093
Seitenanfang [TOP]
Druckversion Druckversion