Deutscher Bundestag
English    | Français   
 |  Sitemap  |  Kontakt  |  Fragen/FAQ
Druckversion  |       
Startseite > PARLAMENT > Präsidium > Arbeit und Funktionen >
Stichwort
[ zurück ]   [ Übersicht ]   [ weiter ]

Wahl und Amtsdauer des Präsidenten und der Vizepräsidenten

Der Bundestagspräsident und seine (derzeit 4) Stellvertreter werden bereits in der konstituierenden Sitzung mit den Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages für die Dauer der Wahlperiode gewählt (§ 2 GOBT). Diese für die parlamentarische Demokratie selbstverständliche Wahl des Präsidenten durch die Volksvertretung (Art. 40 Abs. 1 GG) ist schon im Preußischen Abgeordnetenhaus und im Reichstag des Kaiserreichs durchgesetzt worden. Mit der allerdings erst 1922 eingeführten Wahl für die gesamte Wahlperiode wurde seine Stellung gestärkt. Die Geschäftsordnung bestimmt, dass die Wahl geheim und in "gesonderten Wahlhandlungen" erfolgt (§§ 2 Abs.1, 49 GOBT). Nach der bisherigen Praxis werden die Vizepräsidenten dann unter dem Vorsitz des neugewählten Präsidenten gewählt. Ergibt sich im ersten und auch in einem zweiten Wahlgang keine absolute Mehrheit für einen Kandidaten, so kommen die beiden Anwärter mit der höchsten Stimmenzahl in die engere Wahl (§ 2 Abs. 2 GOBT).
Bereits seit der Weimarer Republik hat sich der Parlamentsbrauch entwickelt, dass (nur) die jeweils stärkste Fraktion einen Kandidaten für das Amt des Präsidenten vorschlägt, der dann auch gewählt wird. Dies gilt auch, wenn die stärkste Fraktion die Opposition bildet (Kai-Uwe von Hassel 1969, Karl Carstens 1976, Richard Stücklen 1980). Schon seit dem Reichstag der Monarchie werden vor der Wahl des Präsidenten und seiner Stellvertreter in interfraktionellen Gesprächen Vereinbarungen getroffen, die praktisch die Wahl vorwegnehmen.
Bisher sind die von der stärksten Fraktion präsentierten Kandidaten stets gewählt worden, zumeist mit einer Mehrheit von über 75 Prozent der Abgeordnetenstimmen. Erhebliche Unterschiede bei der Stimmenzahl drückten den unterschiedlichen Grad der Akzeptanz aus, beeinträchtigten aber nicht die Entscheidung. Widerstand, der eventuell laut zu werden drohte, wurde zumeist "schon im Vorfeld von den Fraktionsspitzen, die die Verhandlungen geführt hatten, ausgeräumt" (Jürgen Jekewitz). Das Personalkalkül der größten Fraktion wird in der Regel auch dann hingenommen, wenn bei der Auswahl nicht die Eignung für das Amt, sondern Karriereinteressen sowie partei- und koalitionsinterner Personalproporz ausschlaggebend sind. Die Vertreter jener Fraktionen, die nicht den Präsidenten stellen, gehen allerdings nicht ohne "Trumpf" in die Vorgespräche, da ihren Fraktionen mit der Auswahl der Vizepräsidenten gewisse Gegengewichte zur Verfügung stehen. Im Interesse eines breiten Konsens wurde gelegentlich erwogen, für die Wahl auch formell eine Zweidrittelmehrheit vorzusehen.
Abweichend von der Geschäftsordnung wurde bei der Wahl der Vizepräsidenten bis 1980 jeweils zu Beginn der Legislaturperiode in offener Wahl über alle Vorschläge gemeinsam abgestimmt (gemäß § 126 GOBT). Seit der 10. Wahlperiode (1983) kam hingegen keine interfraktionelle Vereinbarung mehr zustande, da die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP einen Vizepräsidenten der Fraktion DIE GRÜNEN abgelehnt hatten. Durch die Änderung der Geschäftsordnung des Bundestages im Jahre 1994 wurde der Anspruch jeder Fraktion auf Mitgliedschaft im Präsidium gesichert (§ 2, Abs. 1 Satz 2 GOBT). Entsprechend dieser Regelung ist seither die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit einer Vizepräsidentin vertreten, während ihrer Mitgliedschaft im Bundestag in Fraktionstärke auch die PDS, nachdem nach der Bundestagswahl 1998 an dieser Bestimmung festgehalten wurde. Da die Anzahl der Präsidiumsmitglieder nicht erhöht wurde, stellt seither auch die zweitstärkste Fraktion nur einen Vizepräsidenten.
Eine Abwahl des Präsidenten (oder der Vizepräsidenten) ist in der Geschäftsordnung nicht vorgesehen und wird vom Geschäftsordnungsausschuss des Bundestages als "systemwidrig" abgelehnt. Allerdings wird ein Präsident zurücktreten, wenn er nicht nur das Vertrauen anderer Fraktionen verloren hat, sondern aufgrund öffentlich bekannt gewordenen Fehlverhaltens zur Belastung für seine eigene Partei geworden ist.

Quelle: http://www.bundestag.de/parlament/praesidium/praes/praes03
Seitenanfang [TOP]
Druckversion Druckversion
AKTUELL