Hausrecht und Polizeigewalt
Um die Unabhängigkeit des Bundestages zu
gewährleisten, wurde bereits im Grundgesetz die Ausübung
des Hausrechts und der Polizeigewalt in den Gebäuden des
Bundestages dem Präsidenten übertragen (Art. 40 Abs. 2
GG).
Als "Hausherr" ist der Präsident berechtigt, Anordnungen zur
Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung bzw. "zur Sicherung der
Würde des Hauses" zu treffen. Bei der Ausübung des
Hausrechts ist der Präsident an die (allerdings nur im
"Innenverhältnis" bindende) Hausordnung gebunden, die er im
Einvernehmen mit dem Geschäftsordnungsausschuss erlassen hat
(§ 7 Abs. 2 GOBT). Sie enthält Regelungen über das
Zutrittsrecht und das Verhalten in den Räumen des
Bundestages.
Aufgrund seines Hausrechts und äußerstenfalls seiner
Polizeigewalt kann der amtierende Präsident in Plenarsitzungen
Ordnungsmaßnahmen gegen Zuhörer sowie gegen
Sitzungsteilnehmer durchsetzen, die nicht Mitglieder des
Bundestages sind (§ 41 Abs. 1 GOBT) und gegen die
förmliche Ordnungsmaßnahmen (§§ 36 - 39 GOBT)
nicht verhängt werden können. Diese Maßnahmen sind
jedoch mit den für Abgeordnete in der Geschäftsordnung
vorgesehenen Sanktionen vergleichbar, werden allerdings so vom
amtierenden Präsidenten bezeichnet, dass sie nicht als
förmliche Ordnungamaßnahme missverstanden werden
können. Bei Regierungsmitgliedern verbietet sich aufgrund
ihres verfassungsmäßig verankerten Rede- und
Zutrittsrechts bei Sitzungen des Deutschen Bundestages die
Wortentziehung und der Verweis aus dem Sitzungssaal. Gelegentlich
vorgegangen wird gegen (einzelne) Zuhörer auf den
Tribünen, die die Sitzungen stören. Für
Sicherheitsaufgaben steht dem Präsidenten ein Polizei- und
Sicherungsdienst zur Verfügung.
Vom Hausrecht (juristisch, wenn auch nicht immer in der Praxis)
streng zu unterscheiden ist die Polizeigewalt, die eine
Ordnungsbefugnis hoheitsrechtlicher Natur beinhaltet. Sie umfasst
alles, was sonst Sache der Polizeibehörden ist; dem
Präsidenten wird sie im Bereich des Bundestages
uneingeschränkt eingeräumt. Demnach dürfen Polizei
und Staatsanwaltschaft im Bundeshaus nur eingreifen, wenn der
Präsident zuvor zugestimmt hat. Der Präsident kann sich
im Rahmen der Polizeigewalt zur Durchsetzung seiner Anweisungen
hauseigener Polizeikräfte bedienen sowie im Wege der Amtshilfe
Polizeikräfte anfordern, die innerhalb des Machtbereiches des
Präsidenten nur seinen Weisungen unterliegen. Die Ausstattung
des Parlaments mit eigenen polizeilichen Befugnissen hat auch heute
noch den Zweck, die Volksvertretung vor Übergriffen und
Einflüssen der "Exekutive" zu bewahren. Während
entsprechende Maßnahmen des Präsidenten - sofern es die
Zeit erlaubt - schon zuvor im Präsidium besprochen werden,
kann der Ältestenrat im Allgemeinen erst im Nachhinein auf
Entscheidungen des Präsidenten reagieren und ein Votum
für künftige Entscheidungen abgeben.