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Das Parlament
Nr. 30 - 31 / 25.07.2005

 
Bundeszentrale für politische Bildung
 

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Margret Kiosz

Reformideen begraben

Schleswig-Holstein

Fortschrittlich sollte das neue Schulsystem in Schleswig-Holstein werden. Mit Schulen, in denen die Kinder bis zur neunten Klasse gemeinsam lernen und das Sitzenbleiben abgeschafft wird. Das zumindest sah der Koalitionsvertrag der rot-grünen Minderheitsregierung nach der Landtagwahl im Februar 2005 vor. Doch dann kam alles anders. Nach der gescheiteren Ministerpräsidentinnenwahl und der Bildung einer Koalition aus CDU und SPD wurden die Reformideen wieder begraben. Stattdessen soll das bewährte dreigliedrige Schulsystem gefestigt und fortentwickelt werden. Nach der vierjährigen Grundschule werden die Zehnjährigen wie bisher - je nach Begabung und Elternwillen - auf Hauptschulen, Realschulen und Gymnasien aufgeteilt. Neu ist allerdings, dass jetzt auch in Schleswig-Holstein das Abitur bereits nach zwölf Jahren gemacht wird, und das Land das Kurssystem in der gymnasialen Oberstufe abschafft. Diese Rückkehr zum Unterricht im Klassenverband sorgte bei Schülern, Eltern und Gewerkschaften für erhebliche Proteste.

Fortsetzen will die neue Koalition in Kiel jedoch den Kurs der Vorgängerregierung, in allen Klassenstufen ein engmaschiges System der Qualitätskontrolle einzuführen. Vergleichsarbeiten schon ab der Grundschule und Abschlussprüfungen am Ende der Sekundarstufe I - sowohl für die Realschüler als auch für die Gymnasiasten - werden obligatorisch. Auch bei der Frühförderung kann die alte und neue Bildungsministerin Ute Erdsiek-Rave (SPD) den 2004 eingeleiteten Reformprozess weiterführen. Sprachstandmessungen im Kindergarten mit entsprechender Förderung bei diagnostizierten Mängeln gehören genauso dazu wie die obligatorische Einführung von Fremdsprachenunterricht in der Grundschule. 150 Millionen Euro "frisches Geld" soll in den kommenden fünf Jahren locker gemacht werden, um die Schulen und die jungen Menschen fit für die Zukunft zu machen. Die verlässliche Grundschule, die Einführung von Ganztagsschulen, ein Vertretungsfonds und die Verbesserung der Förderung schwacher Schüler sollen aus diesem Topf bezahlt werden. Ob das erklärte Ziel der Landesregierung, die Durchlässigkeit des Schulsystem zu verbessern und mehr Schülern den Aufstieg in die nächsthöhere Schulart zu ermöglichen, Wirklichkeit wird, muss die Zukunft zeigen. Bislang war der Schulwechsel immer eine Einbahnstraße nach unten, der die soziale Selektion im Schulsystem Schleswig-Holstein verschärfte.


Die Autorin ist freie Journalistin, Kiel.

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