Ankaufsfrist bis 2007 für öffentlich genutzte Privatgrundstücke umstritten
Berlin: (hib/BOB) Auf ein geteiltes Echo ist am Donnerstagnachmittag die Absicht der Bundesregierung gestoßen, Städten und Gemeinden eine Frist bis zum 30. Juni 2007 zuzubilligen, Ankaufrechte an öffentlich genutzten Privatgrundstücken in den neuen Ländern geltend zu machen. Während Vertreter von Kommunen und Landesregierungen bei einer Anhörung des Rechtsausschusses zu einem entsprechenden Gesetzentwurf der Regierung ( 14/6204) davor warnten, dieses Zeitlimit von knapp sechs Jahren zu unterschreiten, kam Protest von Eigentümerverbänden.
So benachteiligt aus Sicht der Arbeitsgemeinschaft der Grundbesitzerverbände die Ankaufsfrist die privaten Eigentümer "unangemessen". Sie diene nicht dem "baldigen Ankauf", wie vom Gesetzgeber gewollt, sowie dem Ziel einer zügigen Bereinigung. Aus diesem Grund müsse die Frist auf Ende 2003 vorverlegt werden, so der Vertreter der Arbeitsgemeinschaft Wolfgang von Dallwitz. Ebenso beklagte Wolfgang Krüger vom Deutschen Bauernverband ein den Betroffenen nicht zumutbares "individuelles Notopfer", sollte es bei der vorgeschlagenen Regelung bleiben.
Demgegenüber erklärte Klaus-D. Baer von der Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände, die vorgesehene Frist sei für Städte und Gemeinden die äußerste Grenze angesichts der auf sie zukommenden "erheblichen Belastung". In größeren Städten in den neuen Ländern seien für eine Rechtsbereinigung nach den Vorschriften des Gesetzentwurfes Millionenbeträge aufzubringen, so der Experte. Ähnlich argumentierte auch der Leiter des Liegenschaftsamtes der Stadt Leipzig, Wolfgang Händler. Der Zeitrahmen sei "gut gewählt", da andernfalls Vollzugsprobleme drohten. Zudem könnten aus haushaltsrechtlichen Gründen Kommunen keine Rückstellungen für Ankäufe von Grundstücken bilden. Frank-Michael Fruhner vom Justizministerium in Sachsen-Anhalt machte darauf aufmerksam, es brauche Zeit, in vielen Fällen die oft unbekannten Eigentümer der Grundstücke zu ermitteln, vor allem wenn es sich um Erbengemeinschaften handele. Zudem müssten Objekte oft neu vermessen werden, da - wie Kai-Uwe Deusing vom sächsischen Justizministerium ergänzte - gerade im ländlichen Bereich Grenzsteine oft "umgepflügt" worden seien und bei Verkehrsflächen eine Überbauung über Grundstücksgrenzen hinweg erfolgt sei.
Strittig beurteilten die Sachverständigen bei der Anhörung auch die von der Bundesregierung vorgesehenen Konditionen von maximal 20 Prozent des Verkehrswertes bei Verkehrsflächen und einem Drittel des Verkehrswertes bei den übrigen Objekten. Dies sei angesichts der Haushaltslage der Kommunen so eben akzeptabel, so Baer von den Kommunalen Spitzenverbänden. Widerspruch kam von Gisela Lieben, welche die Interessengemeinschaft der Haus- und Grundeigentümer in den neuen Bundesländern vertrat. Die rechtswidrige Inanspruchnahme der Flächen zu DDR-Zeiten dürfe heute nicht zu einer bevorzugten Regelung zu Gunsten der öffentlichen Hand führen. Der Kaufpreis müsse vielmehr nach dem Verkehrswert der ursprünglich zulässigen Nutzung des Grundstücks zum Zeitpunkt der Ausübung des Rechts bemessen werden. Überhaupt nicht zu verstehen sei, so Lieben, wenn auch privatwirtschaftlich organisierte Unternehmen wie die Deutsche Post AG oder die Deutsche Bahn in den Genuss dieser Vorzugsregelungen kämen.
Hingegen vertrat der Mitarbeiter des sächsischen Justizministeriums die Ansicht, bei der Beurteilung der Höhe des Ankaufspreises sei immer zu bedenken, dass es darum gehe, den Ankaufswert von Verkehrsflächen zu bestimmen, nicht aber den Entzug des Grundstückes in seiner damaligen Qualität nach heutigen Verkehrswerten zu entschädigen. Insofern gelte es, eine "Fehlvorstellung der Grundstückseigentümer" zu korrigieren, so Deusing. Auch sein Kollege Fruhner aus Magdeburg hatte keine Bedenken gegen die vorgesehene Preisbestimmung für Straßenland. Die betroffenen Grundstücke hätten schon zu DDR-Zeiten durch ihre Widmung als öffentliche Verkehrsfläche oder auf Grund der Rechtswirklichkeit der DDR ihren Wert weitgehend verloren und auch unter bundesdeutschem Recht nicht wiedergewonnen.