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EU-Konvent
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Rede von Dr. Jürgen Meyer im Europäischen Konvent
am 06. Februar 2003 (2)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Dem Dank an den Kollegen Katiforis schließe ich mich aus Überzeugung an. Als Mitglied der Arbeitsgruppe habe ich seine geduldige, kommunikative und auf freundliche Art zielstrebige Verhandlungsführung sehr bewundert. Der Schlussbericht spricht für sich selbst. Er beweist auch, dass die Einrichtung dieser Arbeitsgruppe, die vor allem durch das Engagement der Kolleginnen aus dem Europäischen Parlament möglich geworden ist, richtig war.

Gestatten Sie mir vier kurze Anmerkungen. Erstens, der Konsens in der Arbeitsgruppe war vor allem dadurch möglich, dass wir keinen Streit um die Erweiterung von Kompetenzen der EU geführt haben. Wir waren darin einig, dass das Wichtigste ist, die bestehenden Kompetenzen künftig unter dem Aspekt des sozialen Europa zu gestalten, und das bedeutet, dass es nur eine wesentliche Ausnahme bei der Erweiterung von Kompetenzen gibt, nämlich beim Gesundheitsschutz. Es spricht eigentlich für sich selbst, dass grenzüberschreitende Epidemien oder die grenzüberschreitende Kriminalität in der Form des Bioterrorismus nur grenzüberschreitend, also europäisch bekämpft werden können.

Zweitens, bei den Werten konnten wir uns sehr rasch einigen, weil dabei durch die Grundrechtecharta hervorragende Vorarbeit geleistet ist, und deshalb, Herr Präsident, erlaube ich mir den Hinweis, dass zu dem vorgelegten Entwurf des Präsidiums und der Aufnahme der Grundrechtecharta als Teil II oder III in die Verfassung oder als Protokoll eine weitere Variante diskutiert werden muss, die nach meinem Eindruck von der Mehrheit vertreten wird. Die Grundrechtecharta mitsamt Präambel gehört an den Anfang der Verfassung, um deutlich zu machen, dass die Europäische Union eine Wertegemeinschaft ist.

Drittens waren wir einig über das Ziel soziale Marktwirtschaft. Im Entwurf des Präsidiums sind leider die Begriffe Wettbewerbsfähigkeit, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt nebeneinander gestellt. Wir waren aber in der Arbeitsgruppe gemeinsam der Überzeugung, dass dies alles zusammen gesehen werden muss, und dem dient der Begriff der sozialen Marktwirtschaft als Ziel. Das hat dann die sehr konkrete Folge, dass künftig Leistungen der Sozialdienste auf Leistungen der Daseinsvorsorge nicht ausschließlich unter dem Aspekt des Wettbewerbs beurteilt werden können, und ich bitte sehr, dass wir dieses im Sinne der Arbeitsgruppe weiter diskutieren.

Viertens und letztens will ich eine Bemerkung zur Mehrheitsfrage machen, weil wir in allen Bereichen immer wieder darüber streiten. Es gibt die eine Gruppe bei uns, die sagt, es solle möglichst wenig Mehrheitsentscheidungen geben, Einstimmigkeit sei besser. Die andere Gruppe sagt, es solle möglichst viele neue Bereiche für Mehrheitsentscheidungen geben. Meine Überzeugung ist: Logischerweise gibt es nur einen politischen Kompromiss, und das ist eine sehr hohe qualifizierte Mehrheit in den Bereichen, in denen manche von uns Einstimmigkeit fordern, und wir sollten deshalb - das ist im Sinne einer Aufforderung, die Sie, Herr Präsident, kürzlich formuliert haben - immer sagen, was exakt wir mit qualifizierter Mehrheit meinen. Ich meine, dabei sollten wir immer auch eine hohe Mehrheit von 75% diskutieren. Einstimmigkeit und Erweiterung sind ein politischer Widerspruch in sich.

Quelle: http://www.bundestag.de/dialog/eu_konvent/meyer_konv/meyer019
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