3.2.2
Ökonomische und ökologische Auswirkungen
Hinsichtlich der
ökonomischen Auswirkungen erbrachten die
Anhörungen einen zweischneidigen Befund. Zum einen führt
die mit der Senkung der Transportkosten verbundene Ausweitung der
internationalen Arbeitsteilung zu einer generellen Steigerung der
Wohlfahrt (im ökonomischen Sinn). Die intensivierte
Arbeitsteilung ist wesentliche Triebkraft für wirtschaftliches
Wachstum und Beschäftigung. In der EU ist dieser positive
Effekt unverkennbar; er trifft wirtschaftlich starke
Volkswirtschaften, aber auch schwächere Staaten. Die damit
verbundenen starken Verkehrsleistungszuwächse sind aber nicht
in analoger Weise verteilt: Sie treffen vor allem Deutschland als
europäisches Haupttransitland. Generell sind die häufig
peripheren und schwächer entwickelten Regionen von den
transportinduzierten Negativwirkungen weniger betroffen als
hochentwickelte Regionen mit hohem Industriebesatz. Wenn diese
Staaten aber gleichzeitig auch Transitländer sind, kommt es zu
den erheblichen Umwelt- und sonstigen
Verkehrsbelastungswirkungen.
Wesentliche
ökonomische Implikationen sind:
– Unterschiede zwischen Industrie- und
Entwicklungsländern. Tendenziell ziehen
Industrieländer aus der Globalisierung einen höheren
Nutzen als Entwicklungsländer. Für Letztere bestehen
jedoch beträchtliche Einkommens- und
Beschäftigungschancen, sofern sie ihre komparativen Kosten-
und Leistungsvorteile umsetzen können. Dies kann für die
osteuropäischen Transformationsländer, aber auch
beispielsweise für China und Südkorea nachgewiesen
werden, die von der Globalisierung insbesondere durch Global
Sourcing von Unternehmen aus hochentwickelten Volkswirtschaften
profitieren konnten. Qualität und Transportkosten tragen
hierzu wesentlich bei. Für hochentwickelte Länder wie
Deutschland gilt, dass die internationale Wettbewerbsfähigkeit
wesentlich durch Global Sourcing kostengünstiger
Produktkomponenten gesichert wird (Aberle 2001a).
– Anstieg der
Transportintensität trotz steigenden
Dienstleistungsanteils. Die Transportintensität vieler
Bereiche des Dienstleistungssektors ist wesentlich niedriger als
beim Verarbeitenden Gewerbe. Trotz stetiger Zunahme des
Dienstleistungsanteils am BIP zeigt sich für Deutschland, dass
die durchschnittliche Transportintensität (Tkm je Einheit
reales Sozialprodukt) wie auch die globale
Transportelastizität (Verhältnis der relativen
Veränderungen von Tkm und realem Sozialprodukt) in den letzten
zehn Jahren angestiegen sind. Dies ist auf die globalisierungs- und
integrationsbedingt starke Zunahme der Arbeitsteilung und die
hieraus folgenden Transporterfordernisse
zurückzuführen.
Die ökologischen Probleme des
steigenden Transportvolumens sind vor allem durch den erhöhten
Energieverbrauch im Transportsystem sowie den steigenden
Flächenverbrauch der Verkehrssysteme bedingt. Weitere Bereiche
sind die Klima beeinflussenden Abgasemis sionen. Bei den
Folgen des Transitverkehrs verweist Knoflacher darüber hinaus
auf die Inkongruenz von Betroffenen und Nutznießern: Die
Nutznießer des Transportsystems sitzen außerhalb dieser
Transitregionen und sind nur unzulänglich an den Kosten der
durch sie verursachten Umweltbelastungen beteiligt. Die Folge: Die
Unterschiede zwischen Zentren und Peripherie nehmen hierdurch
weiter zu. In diesem Zusammenhang wird darauf verwiesen, dass die
Wirkungsmechanismen des Transportsystems eine Reihe von
gesellschaftlichen Problemen verstärken könnten, etwa
strukturelle Arbeits losigkeit, Sozialabbau und die
Ausbreitung von Krankheiten, Kriminalität und Seuchen
(Knoflacher 2001).
Ein besonders markanter Bereich ist der
Straßengüterverkehr, der durch einen intensiven
Wettbewerb und eine besondere Dynamik gekennzeichnet ist. Hier
werden alle Möglichkeiten der Auslastungsverbesserung genutzt:
durch Tourenplanungssysteme, GPS-Steuerung der Fahrzeuge,
Fahrerassistenzsysteme. Die Industrie forciert Modular
Sourcing (Systemzulieferer), Gebietsspediteurkonzepte mit
Nutzung von Bündelungsmöglichkeiten und
Schienenlangläufe im Beschaffungsbereich. Kooperationen im
Beschaffungstransport werden stärker genutzt. Auf der
Konsumentenseite können durch stark zunehmende
Internet-Einkäufe zusätzliche Transporte mit kleinen
Fahrzeugen notwendig werden. Über Bündelungskonzepte wird
kontrovers diskutiert. Die Begünstigung des
Straßenverkehrs fördert das stetige Vordringen von
Paketdiensten mit einer steigenden Zahl an Sammel- und
Verteilfahrzeugen. Die ökologischen Folgelasten
verschärfen sich entsprechend.
Zu berücksichtigen sind auch die
Unterschiede zu anderen Verkehrsbereichen. Der Zugang zum
Schienenverkehr ist bisher weitgehend noch kontrolliert, der Zugang
zum System „Straße“ jedoch nicht. Beim Seeverkehr
gibt es wiederum ökonomische und ökologische
Disparitäten durch die Konzentration an den Hafenanlagen
(Wettbewerb der Häfen). Hinzu kommen Wettbewerbsprobleme
zwischen Binnenstaaten und Küstenländern. Länder mit
großen Hafenanlagen wie Holland können alle positive
Effekte daraus ziehen. Binnenländer, wie etwa Österreich,
haben demgegenüber die Lasten des Transitverkehrs zu tragen.
Hierfür wurde bisher noch kein Ausgleich geschaffen. Die
Geschehnisse im Seeverkehr, insbesondere in internationalen
Gewässern, sind zudem wesentlich schwieriger zu kontrollieren
als bei anderen Verkehrsarten. Der Luftverkehr entzieht sich bis
heute weitgehend nationalen Einflussnahmen, etwa der
Einführung einer Kerosinsteuer und ähnlichen Auflagen
(Knoflacher 2001).
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