Enquete-Kommission "Globalisierung der Weltwirtschaft Herausforderungen und Antworten" des 14. Deutschen Bundestages
Flassbeck (5. Juni 2001), Kurzfassung
"Währungs- und Finanzmärkte
nach der Deregulierung: Finanzkrisen und ihre Folgen für die
Weltwirtschaft"
Dr. Heiner Flassbeck, Staatssekretär a.D., Berlin
vorgestellt in der 5. Sitzung am 5. Juni 2000
Er stellt die zentralen Gründe für die Finanzkrisen
nach der Deregulierung am Beispiel der Länder Polen, Ungarn
und Tschechische Republik dar. Diese Transformationsländer
verlören bei einer relativ hohen Inflationsrate und
unveränderten Wechselkursen permanent an
Wettbewerbsfähigkeit. Um die Transformation jedoch erfolgreich
zu absolvieren, müssten die genannten Länder ihre
Wettbewerbsfähigkeit steigern. Problematisch sei, dass in
diesen Ländern - bedingt durch relativ hohe Zinsen -
attraktive Anlagewährungen existierten, während sich auf
der anderen Seite die Wettbewerbsbedingungen permanent
verschlechterten. Dies führe zu einem unlösbaren
Widerspruch.
Eine Ursache für diesen Konflikt sieht Dr. Flassbeck in der
inländischen Geldpolitik der drei Länder, mit deren
Mitteln versucht worden sei, währungspolitische Bedingungen
herzustellen, die den wettbewerbsfähigen Ländern, wie
z.B. Deutschland entsprechen. So könne man die Entwicklung des
Realzinses durchaus mit dem deutschen Zinsniveau vergleichen.
Diesen Konflikt könne man nicht beseitigen. Er bestehe darin,
dass die Länder einerseits aufgrund der gütermarktlichen
Entwicklung abwerten müssten, dies aber andererseits die
Attraktivität für ausländisches Kapital
reduziere.
Dr. Flassbeck erklärt anschließend, wie die drei
Länder versucht hätten, diesen Konflikt zu lösen. In
den Ländern Tschechien und Polen sei eine reale Aufwertung von
20 bis 25 Prozent durch Steigerung der Verbraucherpreise erfolgt,
was wiederum die Wettbewerbsfähigkeit dramatisch
verschlechtert habe. Die für die Lösung des Konflikts
notwendige Abwertung sei somit nicht gelungen. Dagegen sei Ungarn
das einzige Land, dem eine bemerkenswerte Zwischenlösung
gelungen sei, mit der es seine Wettbewerbsposition relativ konstant
gehalten habe. Der reale Wechselkurs sei in Ungarn dadurch
stabilisiert worden, dass es seine Währung sehr klar und
methodisch in Höhe der Differenz zwischen der deutschen und
der ungarischen Inflationsrate abgewertet habe. Man müsse
diesen Ländern bei der Lösung der Übergangsprobleme,
die durch die Anpassung der internen monetären Probleme an die
internationalen Bedingungen entstanden seien (Konvergenz), helfen.
Die Entwicklung in Osteuropa, aber auch in Brasilien habe gezeigt,
dass diese Länder sich kurzfristig durch eine relativ gute
außenwirtschaftliche Situation und Zahlungsbilanz,
gekennzeichnet durch den Zustrom von ausländischem Kapital,
täuschen ließen. Die internationale Gemeinschaft
müsse den Ländern frühzeitig deren unhaltbare
wirtschaftliche Situation durch die Verschlechterung der
Wettbewerbsfähigkeit verdeutlichen. Seiner Ansicht nach bilden
sich weltweit regionale Währungssysteme heraus, in denen die
Länder die Möglichkeit der Anpassung an internationale
Bedingungen durch Herausbildung eines stabilen Währungssystems
erhielten.