Blickpunkt Bundestag
Juni 01/1998
Das Zeugnisverweigerungsrecht für Journalisten präzisieren(re) Nach Auffassung von Sachverständigen vor allem aus Wissenschaft und Presse und zum Teil aus der Justiz ist es "dringend geboten", durch Gesetz das Zeugnisverweigerungsrecht von Journalisten und Mitarbeitern präziser festzulegen. Bei einer Anhörung am 27. Mai vor dem Rechtsausschuß bezeichneten sie es zudem als notwendig, den verfassungsmäßigen Rang der Pressefreiheit herzustellen und den presserechtlichen Schutz der Vertraulichkeit nicht auszuhebeln.Der Ausschuß berät einen Gesetzentwurf des Bundesrates, der das Zeugnisverweigerungsrecht für Journalisten auch auf selbst recherchiertes Material erweitern und es somit außer bei bestimmten Straftatbeständen der Beschlagnahme entziehen will (13/195). Ferner liegt ein Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen (13/5285) mit dem gleichen Ziel sowie deren Antrag zur Sicherung der Pressefreiheit (13/6382) vor. Die PDS hat einen Gesetzentwurf (13/8585) eingebracht, um Sozialarbeitern ein besonderes Zeugnisverweigerungsrecht zugewähren. Die Sachverständigen waren überwiegend der Ansicht, daß eine Ausweitung des Zeugnisverweigerungsrechts auf diese Personengruppe nicht erforderlich aber auch nicht ratsam sei, weil dies Vorbild für andere beratende Berufsgruppen im Dienstleistungsbereich sein könnte. Aus der Sicht Strafverfolgung gibt es keinen Grund, das Recht der Zeugnisverweigerung für Journalisten zu ändern. Der Aschaffenburger Leitende Oberstaatsanwalt Erhard Becker gab zu bedenken, daß "jede Beschränkung von Beweisen" die Gefahr von ungerechten Verfahrensergebnissen bringen könne und die Strafrechtspflege beeinträchtige. Über das in der Strafprozeßordnung geltende Prinzip der Verhältnismäßigkeit seien im Einzelfall "sachgerechte Ergebnisse" zu erzielen. Auch die Richterin beim Oberlandesgericht (OLG) Dresden Karin Schröder wandte sich gegen eine neue gesetzliche Regelung, weil es beim Zeugnisverweigerungsrecht um den Schutz von Informanten gehe. Die Ausdehnung des Schutzes sei eine "einseitige Privilegierung". Herbert Schmid, Vorsitzender Richter beim OLG Stuttgart, der sich im wesentlichen die Bedenken der Bundesregierung gegenüber dem Bundesratsentwurf zu eigen machte, betonte indes, daß "gewisse Einschränkungen" für die Strafverfolgung erforderlich seien. Die Wissenschaftler Prof. Dieter Dörr, Mainz, und Prof. Cornelius Nestler, Köln, setzten sich für gesetzgeberisches Handeln ein, da Einzelrichter "faktisch" immer Durchsuchungen und Beschlagnahmen zuließen. Sie und die Medienvertreter sahen in dem Ausnahmekatalog des Bundesrates keinen geeigneten Ansatz für die Ausformung des Verhältnismäßigkeitsprinzips. Prof. Carl-Eugen Eberle, Justitiar beim ZDF, sagte, es herrsche "tiefe Besorgnis bei Journalisten". Hinweise auf die höchstrichterliche Rechtsprechung nützten wenig, da die Richter unterer Instanzen "nicht mit den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts unterm Arm" herumliefen. Das Zeugnisverweigerungsrecht sei kein Privileg, sondern Ausfluß der öffentlichen Aufgabe und der Pressefreiheit. Vor allem dürften Journalisten und Kamerateams nicht zu "Bütteln" der Polizei und Staatsanwaltschaft gemacht werden. Für die ARD machte der Justitiar des Hessischen Rundfunks, Conrad Schraube, darauf aufmerksam, daß Schutz auch für selbst recherchiertes Material nötig sei. Er wie die Vertreter der Journalisten, Verleger und des Presserates verdeutlichten an vielen Beispielen, wie das Klima zwischen Presse und Strafverfolgungsbehörden durch die zahlreichen Eingriffe gelitten habe. Presserat, IG Medien, Deutscher Journalistenverband und Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger beklagten übereinstimmend die "exzessive" Handhabung durch die Behörden und verwiesen auf den von ihnen, den Zeitschriftenverlegern sowie den Rundfunkanstalten erarbeiteten Vorschlag für einen Gesetzentwurf. |
Quelle:
http://www.bundestag.de/bp/1998/bp9801/9801023a