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Januar 01/2000
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JAHRESBERICHT 1998 DER WEHRBEAUFTRAGTEN DEBATTIERT

Rechtsextremistische Vorfälle in der Bundeswehr deutlich rückläufig

(vt) Auf einen deutlichen Rückgang der Zahl von Vorkommnissen mit rechtsextremistischem Hintergrund in der Bundeswehr hat die Wehrbeauftragte des Bundestages, Claire Marienfeld, verwiesen. Anlässlich der Debatte über ihren Jahresbericht 1998 im Parlament ( 14/500, 14/1807) am 21. Januar erklärte die Wehrbeauftragte, sie fühle sich dadurch in ihrer Einschätzung bestätigt, dass trotz der Zunahme solcher Vorkommnisse im Jahr zuvor diese Entwicklung nicht Besorgnis erregend sei, da es in der Truppe eine gewachsene Sensibilisierung und Meldebereitschaft gebe. Der militärischen Führung sei für eingeleitete Maßnahmen ausdrücklich zu danken, erklärte Marienfeld.

Die Wehrbeauftragte mahnte in ihrer Rede vor dem Bundestag zudem an, das Beschaffungswesen der Bundeswehr zu entbürokratisieren und zu modernisieren, Schwierigkeiten mit der sanitätsdienstlichen Versorgung in den Heimatstandorten der Soldaten zu beheben und sich der Infrastruktur der Streitkräfte in den alten Bundesländern wieder stärker zu widmen.

Claire Marienfeld
Claire Marienfeld

Der Abgeordnete Uwe Göllner (SPD) griff die Bemerkungen der Wehrbeauftragten über die politische Bildung in den Streitkräften auf und wies auf deren hohen Stellenwert hin. Es sei erschreckend, wie wenig junge Soldaten politische und historische Zusammenhänge erkennen und vor allen Dingen werten könnten. Die Defizite bei den Kenntnissen über Werte und Normen seien häufig beachtlich. Dabei erfordere gerade das Bild des Staatsbürgers in Uniform einen Soldaten, der den eigenen Auftrag und den der Bundeswehr in politische Zusammenhänge einordnen könne, erklärte der Sozialdemokrat.

 

"Noch besser werden"

Wenn die Wehrbeauftragte in ihrem Jahresbericht 1998 zum wiederholten Male feststellen müsse, dass die politische Bildung nicht zweitrangig werden dürfe, dann zeige dies, "dass wir in diesem Bereich noch besser werden müssen", führte der Abgeordnete aus.

Werner Siemann (CDU/CSU) verwies im Plenum des Bundestages auf einen neuen "Negativrekord" bei der Zahl der Kriegsdienstverweigerungen, die im Jahr 1998, dem Zeitraum des Berichts der Wehrbeauftragten, auf mehr als 172.000 gestiegen sei. Für das Jahr 1999 seien sogar knapp 174.000 Verweigerungen des Dienstes an der Waffe zu erwarten, teilte der Abgeordnete mit. Diese bedenkliche Entwicklung dürfe jedoch nur partiell verwundern.

Die "unausgewogenen Kürzungen" im Verteidigungshaushalt wirken sich dem Unionspolitiker zufolge auch auf die Wehrpflicht aus, was wiederum zu Verunsicherungen bei den Jugendlichen führe. Darüber hinaus kämen bei den jungen Menschen auch Zweifel an der Zukunftsfähigkeit der Bundeswehr im Ganzen auf.

Für Bündnis 90/Die Grünen erklärte Winfried Nachtwei, der Bericht der Wehrbeauftragten des Bundestages sei erneut von sehr genauer Beobachtungsgabe geprägt und deshalb sehr hilfreich sowie unverzichtbar für die Beurteilung der inneren Lage der Bundeswehr. Marienfelds Urteil sei zuzustimmen, dass der Untersuchungsausschuss des Parlaments zu rechtsextremistischen Vorkommnissen in der Bundeswehr zur Versachlichung der Debatte beigetragen habe. Es gebe eine gestiegene Sensibilität bei Vorgesetzten und eine Fülle schneller Gegenmaßnahmen.

Hildebrecht Braun (F.D.P.) betonte zu diesem Thema, es sei nicht hilfreich, unerfüllbare Erwartungen an die Streitkräfte zu stellen. Was im Elternhaus versäumt werde, was in Kindergärten und in der Schule nicht gelernt werde, was an Fehlhaltungen nicht zuletzt durch Tausende von Fernsehsendungen, in denen der Gewalttätige Erfolg habe, in der Seele der jungen Menschen entstanden sei, könne nicht in dem kurzen Zeitraum der Wehrpflicht korrigiert werden. Der Liberale kritisierte zudem, nach wie vor würden in der Bundeswehr homosexuelle Soldaten "mit dem Segen des Verteidigungsministers" diskriminiert.

Für die PDS stelle Winfried Wolf fest, der Bericht der Wehrbeauftragten zeichne in seiner Detailfülle ein Bild, wie er sich die Bundeswehr durchaus vorstelle, nämlich das Bild einer klassischen Armee, die Menschen systematisch verforme, verbiege und verkrüppele, "eben weil es eine Armee ist".

Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) wies in der Debatte die Behauptung aus den Reihen der CDU/CSU zurück, die Quote der Kriegsdienstverweigerer steige dramatisch. Seit Jahren verweigerten konstant zwischen 34 und 35 Prozent der tauglich gemusterten jungen Männer den Wehrdienst. Wenn sich Jahrgangsstärken veränderten, dann führe dieser Prozentsatz zu anderen absoluten Zahlen. Anstatt bundeswehrkritische, zweifelnde Fragen zu stellen, so der Minister weiter, sollte man darauf stolz sein, dass sich 65 Prozent der jungen Männer in Deutschland freiwillig für die Bundeswehr entscheiden.

Claire Marienfeld, deren Amtszeit Ende April ausläuft, teilte in der Debatte mit, sie werde nicht erneut kandidieren. Verteidigungsminister Scharping und Sprecher aller Fraktionen dankten der Wehrbeauftragten für ihre Arbeit.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2000/bp0001/0001023
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