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Debatte
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Wortlaut der Reden, die zu Protokoll gegeben wurden

Klaus Francke (Hamburg), CDU/CSU Hans-Joachim Fuchtel, CDU/CSU >>

Seit mehr als 40 Jahren haben wir alle immer wieder hervorgehoben, daß es Ziel unserer Politik ist, das Selbstbestimmungsrecht für alle Deutschen zu verwirklichen. Dafür haben wir bei Wahlen Mehrheiten bekommen. Für dieses Ziel haben wir im Ausland um Verständnis und Zustimmung geworben. Innerhalb und außerhalb unserer Grenzen haben wir den freien Teil Berlins als Symbol für diese Politik der Einheit in Freiheit herausgestellt.

Wir haben uns dabei keineswegs auf schöne Worte beschränkt. Jahr für Jahr haben wir beträchtliche Mittel aufgebracht, um dem freien Teil Berlins in seiner bedrückenden Insellage zu helfen. Bei Begegnungen mit ausländischen Repräsentanten haben wir nie versäumt, um Solidarität mit der geteilten Stadt zu bitten. Wir haben dies alles stets im Geiste der immer wieder bekräftigten Entschlossenheit getan, Berlin zum Sitz des frei gewählten Parlaments und der frei gewählten Regierung zu machen, sobald die Teilung Deutschlands überwunden ist.

Wenn unsere Glaubwürdigkeit nicht Schaden nehmen soll, muß die Entscheidung über den Sitz von Bundestag und Bundesregierung heute zugunsten Berlins ausfallen.

Mit Berlin als ehemaliger Reichshauptstadt verbinden sich gewiß Erinnerungen an das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte. Diese Erinnerungen aber ausschließlich auf Berlin zu projizieren und daraus die Untauglichkeit dieser Stadt als Sitz von Parlament und Regierung abzuleiten ist historisch in höchstem Maße ungerecht. Die Verantwortung für die Folgen dessen, was damals in Berlin an verbrecherischer Politik geplant und ausgeführt wurde, darf heute nicht Berlin allein aufgebürdet werden. Dies um so weniger, als sich das freie Berlin nach 1945 seinen geschichtlichen Rang als Ort des Überlebenskampfes gegen die unmittelbar drohende kommunistische Zwangsherrschaft verdient hat.

Für Berlin spricht aber nicht nur der Hinweis auf die seit Jahrzehnten immer wieder beschworene Beschlußlage. Mit dem Tag der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 muß in Deutschland politisch manches neu gedacht werden. Es ist ein in der alten Bundesrepublik verbreiteter Irrtum zu glauben, hier im Westen könne alles so bleiben, wie es sei, nur im Osten müsse sich alles wandeln. Die Herstellung der inneren Einheit ist eine gesamtdeutsche Aufgabe, die wir nur bewältigen können, wenn wir uns von der Idee lösen, hier ginge es um eine zeitlich befristete, einseitige materielle Hilfsaktion des reichen Westens zugunsten des armen Ostens. Solange dieses Denken vorherrscht, kann das Werk der inneren Einheit nicht gelingen. Das neue, gesamtdeutsche Denken wird -- dessen bin ich sicher -- in Berlin ungleich mehr gefördert als in Bonn.

Es geht aber nicht nur um gesamtdeutsches, sondern um gesamteuropäisches Denken. Europa ist mehr als die EG. Zu Europa gehören auch Warschau, Prag und Budapest. Die Überwindung der Teilung Europas wäre ohne die Freiheits- und Demokratiebewegungen in den mittelosteuropäischen Ländern nicht möglich gewesen. Mit der Verlegung des Parlaments- und Regierungssitzes nach Berlin würde augenfällig, daß wir den europäischen Einigungsgedanken nicht auf die westeuropäische Integration reduzieren, sondern daß wir uns den Wunsch der Mittel- und Osteuropäer nach Teilhabe am europäischen Frieden in Freiheit und Wohlstand zu eigen machen.

Bonn hat sich als Bundeshauptstadt der alten Bundesrepublik Deutschland große Verdienste erworben. Und wer die Sorgen in dieser Stadt über ihre Zukunft bei einem Weggang der Institutionen nach Berlin nicht versteht, übersieht die berechtigten Interessen vieler Betroffener. Deshalb muß dieser Umzug so gestaltet werden, daß Härten in einem zumutbaren Rahmen bleiben. Daraus folgt, daß die Verlagerung der Institutionen schrittweise und auf mehrere Jahre verteilt erfolgen muß. Es gilt, nach dem Grundsatzbeschluß, den wir heute zu fällen haben, ein vertretbares Zeit- und Finanzkonzept für den Umzug zu entwickeln.

Ich bin davon überzeugt, daß dieser Grundsatzbeschluß die Verlegung des Parlaments- und Regierungssitzes nach Berlin enthalten muß. Eine andere Entscheidung hätte vor der Geschichte keinen Bestand.

Hans-Joachim Fuchtel, CDU/CSU >>
Quelle: http://www.bundestag.de/bau_kunst/berlin/debatte/bdr_122
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