Wortlaut der Reden, die zu Protokoll gegeben wurden
Dr. Konstanze Wegner, SPD | Lydia Westrich, SPD >> |
---|---|
Ich bin dafür, daß Parlament und Regierung nach Berlin gehen, und dies im wesentlichen aus drei Gründen: Erstens. Was man 40 Jahre lang versprochen hat, muß man auch halten. Alles andere wäre das Ende der ohnehin schon reichlich strapazierten Glaubwürdigkeit der Politiker. Zweitens. Die Menschen in den neuen Bundesländern müssen sich in allem nach den alten Bundesländern richten. Sie erleben damit einen Verlust ihres Selbstwertgefühls und ihrer Identität. Der Verlust ihrer Hauptstadt Berlin wäre die völlige Vereinnahmung durch die alte Bundesrepublik. Dies halte ich für unzumutbar. Drittens. Bonn ist eine liebenswerte Stadt, man kann dort gut arbeiten. Bonn ist als Hauptstadt aber auch ein bißchen provinziell. Alles ist schön nah beisammen. 200 m zum Wasserwerk, 200 m zum Büro, 200 m zur Landesvertretung, 200 m zum Treffen mit den Journalisten, ggf. 200 m zur Freundin . . . Man bewegt sich immer in denselben Kreisen, und das ist gemütlich und bequem. In Berlin ist alles hektisch: Verkehrsprobleme, Wohnungsnot, Ausländerproblematik treten kraß zutage, dazu kommen eine fast verwirrende Vielfalt an kulturellen Angeboten und schließlich die »steinernen Zeugen« unserer widersprüchlichen Geschichte. Abgeordnete müssen sich die Sensibilität für die zentralen Probleme der Zeit erhalten, auch wenn es unbequem ist. Dafür bietet Berlin jegliches Anschauungsmaterial, mehr als mancher Wahlkreis und mehr als das beschauliche Bonn. Zum Schluß: Natürlich soll Bonn Kompensationen erhalten, möglicherweise durch europäische Einrichtungen und Einrichtungen aus dem Wissenschaftsbereich; außerdem müssen auch nicht alle Bundesbehörden nach Berlin umsiedeln. Niemand will dort einen Wasserkopf schaffen. Ich bin aber entschieden gegen jeden sogenannten Kompromiß, der Parlament und Regierung trennt, weil das erstens Einfluß und Arbeitsfähigkeit des Parlaments beeinträchtigt und zweitens der daraus resultierende Wanderzirkus sinnlos Steuergelder kostet. Drittens müßte diese Lösung letztlich dann doch wieder für viel Geld korrigiert werden. Deshalb: zeigen Sie Mumm und treffen Sie eine klare Entscheidung: Parlament und Regierung in eine Stadt, und die heißt für mich Berlin. |
|
Lydia Westrich, SPD >> |