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Gudrum Giese
Besser als ihr Ruf
Viele Kommunalverwaltungen sind auf externe
Beratung angewiesen
Ob Strukturprojekte, Einführung der
doppelten Buchführung oder Ausbau der neuen Informations- und
Kommunikations-Dienste: Öffentliche Verwaltungen, darunter
viele Stadt-, Gemeinde- und Kreisverwaltungen, nutzen die Dienste
von Unternehmensberatungen oder den externen Sachverstand von
Einrichtungen wie den kommunalen Spitzenverbänden und
Gemeindeprüfungsanstalten. Doch in welchem Umfang externe
Beratung von Verwaltungen in Anspruch genommen wird, weiß
niemand genau. Und auch die Qualität solcher Angebote ist nur
im Einzelfall bekannt; wissenschaftliche Untersuchungen gibt es
kaum.
Es geht um mehr als einen Imagewechsel, um
viel mehr. Die Ruhrgebietsgroßstadt Dortmund möchte nicht
nur die Assoziationen an Kohle, Kumpels und qualmende Schlote
loswerden. Das vor vier Jahren von der Unternehmensberatung
McKinsey mit auf den Weg gebrachte "dortmund-project" soll
Existenzgründer und zukunftssichere Firmen auf die
Industriebrachen der Stadt ziehen. Bis 2010 sollen bis zu 70.000
neue Arbeitsplätze entstehen. "Die Zukunft Dortmunds besteht
aus zahlreichen weitverzweigten Clustern, in denen hoffnungsvolle
Nachwuchsunternehmen Kompetenz, Know-how und Kapital finden",
heißt es in einer Selbstdarstellung des "dortmund-projects".
Die Sache mit den Clustern kommt dabei direkt aus dem
Beratungsarsenal von McKinsey: Hinter dem unzulänglich als
"Gruppen" oder "Häufung" übersetzten Modewort verbirgt
sich die Philosophie der Ansiedlung unterschiedlicher, immer
innovativer und vernetzter Unternehmen und
Einrichtungen.
Dortmund ist zumindest nach Einschätzung
von Projektsprecher Pascal Ledune auf dem besten Weg dahin. Zwar
sind seit dem Start im Jahr 2000 erst rund 7.000 neue
Arbeitsplätze entstanden, aber Unternehmen und
Existenzgründer siedeln zunehmend in der Stadt. "Die Stimmung
ist gut; ein Teil unserer Initiativen hat sich
verselbständigt", stellt Ledune zufrieden fest. McKinsey hatte
im Auftrag von Thyssen-Krupp - einer der ehemals großen
industriellen Arbeitgeber der Region - eine Studie über die
Zukunft des Standortes Dortmund nach dem Ende der Montanindustrie
angefertigt. Das war 1999. Daraus entstand das "dortmund-project",
für dessen Entwicklung die Stadt 4,2 Millionen Mark an
McKinsey überwies. Gut angelegtes Geld, findet Ledune: "Ohne
externe Beratung wären wir nicht so schnell vorangekommen."
Inzwischen hat sich das Projekt freigeschwommen und arbeitet mit
Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und anderen Einrichtungen eng
zusammen.
Doch das "dortmund-project" oder
ähnliche, ebenfalls von McKinsey begleitete Vorhaben in
Wolfsburg und Hannover, gehören nicht zum Consulting-Alltag.
Sehr viel häufiger wird externer Sachverstand nachgefragt,
wenn es etwa darum geht, Behörden umzustrukturieren,
verwaltungsinterne Arbeitsabläufe neu zu organisieren oder
Informationstechnik an neue Anforderungen anzupassen. Entsprechende
Ergebnisse förderte auch eine der raren wissenschaftlichen
Untersuchungen zur externen Beratung von öffentlichen
Verwaltungen zu Tage. Martin Brüggemeier, Professor für
Betriebswirtschaftslehre und Public Management an der Berliner
Fachhochschule für Technik und Wirtschaft, erarbeitete 2003
eine Studie. Sie vermittelt zwar keine Daten über den Umfang
externer Beratung. Doch ermöglichen die mithilfe von
Fragebögen gewonnenen Aussagen aus Verwaltungen und
Beratungsunternehmen ein differenziertes Bild.
Zunächst rückt Brüggemeier die
Relationen zurecht, die angesichts öffentlicher Pauschalkritik
an externer Beratung aus den Fugen geraten waren: "Für die
Beratungsbranche ist der öffentliche Sektor ein zwar durchaus
wichtiger, aber - angesichts eines Anteils von 1,15 Milliarden Euro
beziehungsweise 9,4 Prozent 2003 - doch ein vergleichsweise kleiner
Markt." Von einer ständigen Ausweitung des Beratungswesens
könne keine Rede sein. An der Befragung beteiligten sich 59
öffentliche Verwaltungen und 40 Berater. Deren Antworten
lassen Trends erkennen: Externe Beratung ist vor allem gefragt,
wenn grundlegend Neues in den Behördenalltag eingeführt
wird, etwa "betriebswirtschaftliche Instrumente im Bereich
Rechnungswesen und Controlling" oder
"Organisationsgestaltung".
Nicht alle öffentlichen Auftraggeber
möchten die Berater an der Umsetzung der von ihnen
entwickelten Konzepte beteiligen. Ein Teil der
Beratungsaufträge besteht laut der Studie zudem in der
Nachfrage nach Coaching. Die Art der Beratung hängt eng mit
den Motiven für die Inanspruchnahme des externen
Sachverstandes zusammen. Schnellere Umsetzung ver- sprechen sich
einige der befragten Verwaltungen, aber auch "Legitimation nach
außen" oder die "Überwindung von internen Konflikten".
Die Berater hingegen machten unzureichende Fach- und
Methodenkompetenz der Verwaltungsmitarbeiter als entscheidenden
Faktor aus, externen Sachverstand heranzuziehen.
Trotz unterschiedlicher Aussagen im Detail
kam die Untersuchung zu vorwiegend positiven Einschätzungen
des externen Beratungswesens. "Die Beraterdiskussion, welche aus
dem Bereich der Bundesverwaltung pauschal auf alle
öffentlichen Verwaltungen herübergeschwappt ist", wird,
so Brüggemeier, "viel zu undifferenziert geführt." Zwar
habe auch seine Untersuchung belegt, dass die Kooperation zwischen
öffentlichen Verwaltungen und Beratern nicht spannungsfrei
sei. "Aber sie ist bei näherer Betrachtung erheblich besser
und vor allem nützlicher, als das skandalisierende Geschrei in
den Medien glauben macht."
Kritikwürdig ist aus Brüggemeiers
Sicht ein anderer Aspekt: Der Bedarf an externer Beratung
öffentlicher Verwaltungen verweise auf die fehlende interne
Modernisierungskompetenz. Absolventen seines Studiengangs Public
Management könnten diese Lücke beispielsweise
füllen. Ähnlich sieht das Christine Wenner von der
Kommunalen Gemeinschaftsstelle (KGSt) in Köln. "Das Gros der
Leitungskräfte in den Behörden ist an Fachhochschulen
für öffentliche Verwaltung ausgebildet. Vielen fehlt es
an Fachkenntnissen, die im laufenden Modernisierungsprozess der
öffentlichen Verwaltungen dringend nötig wären." An
externer Beratung führt so kein Weg vorbei. Dabei trennt
Wenner scharf zwischen harten und weichen Themen. Gehe es darum,
ein betriebswirtschaftliches Rechnungswesen oder eine neue
Behördenstruktur einzuführen, leiste externe Beratung in
den meisten Fällen wichtige Dienste. Weniger sinnvoll seien
externe Gutachten zu sehr allgemeinen Themen, vor allem wenn es
keinen verbindlichen Umsetzungsbeschluss gebe.
Der schon 1994 erschienene, aber immer noch
aktuelle KGSt-Bericht "Externe Organisationsberatung" empfiehlt
denn auch Verwaltungen, Aufgaben und Ziele eines Beratungsauftrages
"möglichst klar" zu formulieren. Dazu müsse das
potenzielle Beratungsprojekt zunächst verwaltungsintern
definiert, entwickelt und eingegrenzt werden. Dann erst
schließt sich der nächste, nicht minder wichtige Schritt
an: die Auswahl des Beraters. "Namen und Adressen von geeigneten
Organisationsberatern zu erfahren, ist insbesondere für
Verwaltungen, die erstmalig einen Externen einschalten, häufig
ein Problem", heißt es in dem Bericht. Sinnvoll sei es, sich
über Voranfragen und das Einholen verschiedener Angebote an
die richtigen Berater heranzutasten. "Letztlich bestimmt die
Qualität der Anfrage wesentlich die Qualität der
Angebote."
Die KGSt, 1949 auf Initiative einiger
Kommunen gegründet, berät selbst nicht im Einzelfall.
Vielmehr gibt sie ihren Mitgliedern - 1.600 vor allem große
Kommunen - generelle Empfehlungen und Hilfestellungen. Dabei
unterliegen, so Christine Wenner, die hauptsächlich relevanten
Themen starken Konjunkturschwankungen. "In den 50er-Jahren ging es
um Rechtstaatlichkeit, die 60er-Jahre standen im Zeichen von
Wirtschaftlichkeit und Budgetierung, das Hauptthema der 70er- und
80er-Jahre war Bürgernähe, und seit den Neunzigern
dominieren Wettbewerbsfähigkeit und
Privatisierung."
Das spiegelt sich komplementär in der
Einschätzung externer Berater wider: Markus Klimmer, Leiter
des Bereichs öffentlicher Sektor bei McKinsey Deutschland,
nannte in einem Interview als aktuelle Consulting-Schwerpunkte:
"Objektive, externe Entwicklungen, zum Beispiel die gewaltigen
Technologiesprünge im IT-Zeitalter, zwingen auch die
Verwaltung zur Modernisierung. Ein anderer Zwang ist die
Liberalisierung ehemals monopolistischer Wirtschaftszweige. Energie
oder Öffentlicher Personennahverkehr im freien Wettbewerb -
das zwingt natürlich dazu, Stadtwerke oder kommunale
Eigenbetriebe zu modernisieren und diesen neuen Rahmenbedingungen
anzupassen."
So unstrittig im konkreten Fall der
Beratungsbedarf auch sein mag - das Thema ist allemal für
öffentliche Aufregung gut. Massive Kritik übte etwa die
Berliner CDU im April 2004 am Volumen der vom rot-roten Senat und
den Bezirksverwaltungen seit 2001 vergebenen
Beratungsaufträge: Für 271 Einzelprojekte hatten die
Verwaltungen 35,2 Millionen Euro aufgewendet. Finanzsenator Thilo
Sarrazin (SPD) verteidigte den Betrag: "Ohne externe Spezialisten
wären komplexe Privatisierungsverfahren undenkbar, und auch
Reformen und Veränderungsprozesse in der Verwaltung
benötigen die Sachkunde und den unverstellten Blick außen
stehender Experten und Moderatoren." Der haushaltspolitische
Sprecher der CDU-Fraktion, Alexander Kaczmarek, warf dem Senat
hingegen vor, "falsche Prioritäten" gesetzt zu haben. Er
kündigte eine verstärkte Kontrolle der entsprechenden
Ausgaben an.
Dabei hatte der Berliner Senat zu Zeiten der
Großen Koalition in den 90er-Jahren auch nicht an externer
Beratung gespart. 20 Millionen Mark ließ er sich die
Entwicklung eines Konzeptes zur Verwaltungsmodernisierung Anfang
der 90er-Jahre kosten. Die drei Beratungsunternehmen konnten im
Wesentlichen auf Verwaltungspapiere zurückgreifen, so den
Abschlussbericht der Enquete-Kommission Verwaltungsreform aus den
frühen 80er-Jahren, der wiederum vor allem auf dem Neuen
Steuerungsmodell der KGSt basierte.
www.dortmund-project.de;
http://puma.fhtw-berlin.de/1999/projekt/consulting.html;
www.kgst.de
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