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Hannah Struck
Allüberall schillert es sehr
Bücher zum Schillerjahr 2005 - eine
keineswegs vollständige Übersicht
Schon im vergangenen Herbst, lange bevor das
Schillerjahr begann, waren die ersten Schillerbiografien auf dem
Markt. Während es vor sechs Jahren zu Goethes 250.Geburtstag
in aller Welt goethelte und faustelte, schillert es heutzutage bei
uns allüberall. "Der Spiegel", "Die Zeit", "Die Welt" und
andere Zeitungen und Zeitschriften haben dem Dichter schon lange
vor seinem 200. Todestag am 9. Mai 2005 mit großen Artikeln
und vielen Spalten ihre Reverenz erwiesen. Die einen beginnen mit
der Frage: Warum sollen wir einen Dichter, der schon so lange tot
ist, überhaupt noch lesen? Andere wiederum meinen, dass wir
heutige Kulturbanausen seinem Geist gar nicht mehr gewachsen seien,
und die Dritten fühlen sich sogar schon
schillergeschädigt und wenden sich anderen Jubilaren und
Jubiläen zu.
Gleichwohl sind mittlerweile zahlreiche
Bücher für alle Lebenslagen und für jedes
Lebensalter erschienen, zum Beispiel "Schiller für
Gestreßte", "Schiller für Zeitgenossen", "Schiller
für Kinder", "Schnellkurs Schiller", "Schiller für
Eilige", außerdem Publikationen über "Schiller und die
Frauen", Schiller-Lesebücher, Schiller-Handbücher,
Werkausgaben in verschiedenen Variationen sowie Abhandlungen
für Leser, die mit dem Dichter bestens vertraut sind und ihr
Wissen über ihn lediglich überprüfen, erweitern oder
sogar in Frage stellen lassen möchten, schließlich
Einführungen für jene, die den Dichter überhaupt
erst einmal kennen lernen wollen.
Beginnen wir mit den Publikationen von
Peter-André Alt. Vor einigen Jahren veröffentlichte der
Professor für Neuere deutsche Literaturgeschichte an der
Universität Würzburg eine wegweisende zweibändige
Schillerbiografie, für die er in diesem Jahr den Marbacher
Schillerpreis erhält. Nun hat er zum jetzigen Schillerjahr
eine kleine kompakte Einführung in Schillers Leben und Werk
vorgelegt, wobei er vieles, was an Schiller wichtig war und noch
ist, prägnant auf den Punkt bringt und auf wenig Raum eine
Fülle von Informationen bietet - in einem allerdings manchmal
etwas sperrigen Stil. Alt verfolgt die einzelnen Stationen in
Schillers Leben und befasst sich mit seiner Lyrik und seinen Dramen
in längeren sachkundigen Kapiteln. In einzelnen Abschnitten
würdigt er den Publizisten und Erzähler, den Wegbereiter
des modernen Kriminalromans sowie den Historiker Friedrich
Schiller.
Sigrid Damm, ausgewiesene Kennerin der
Weimarer Klassik, richtet ihre Neugier dagegen auf den Menschen und
das Leben von Friedrich Schiller. Nicht seine Werke sind daher
Gegenstand ihres Buches, sondern die Umstände und Bedingungen
ihrer Entstehung. Ausführlich geht sie auf Schillers
Existenzbedingungen, um nicht zu sagen, Existenznöte ein, auf
seine oft verzweifelte finanzielle Lage. Schulden, Vorschüsse,
Sonderzuwendungen, Darlehen all die Jahre hindurch werden streng
gemustert und genau aufgerechnet, manchmal gar zu genau. Auch die
gesundheitlichen Zusammenbrüche, Fieberanfälle,
Schnupfen, Wetterfühligkeit, Unpässlichkeiten,
Trinkkuren, verschiedene Krankenlager sowie Depressionen und
Schreibkrisen werden penibel registriert; Krankheiten und
Todesfällen in der Familie wird viel Raum eingeräumt.
Jede kleine Veränderung wird detailliert beschrieben:
Umzüge, Richtfest, die Gestaltung des Gartens im Herbst 1797,
den Schiller wenige Monate zuvor erworben hatte.
Der durch Bücher und Essays über
Goethe und Grabbe bekannt gewordene Schriftsteller und Regisseur
Jörg Aufenanger wendet sich mit seiner Schiller-Biografie
offenkundig an Leser, die den Dichter allenfalls dem Namen nach
kennen. Während Damm sich oft in Vermutungen ergeht und
manches nur diskret andeutet, wird von Aufenanger alles der Reihe
nach chronologisch erzählt und mitunter breit ausgemalt.
Obgleich einiges an der Oberfläche bleibt, liest sich die
Biografie insgesamt durchaus spannend und fesselnd. Von Schillers
Schulden und finanziellen Nöten ist in diesem Band ebenfalls
häufig die Rede. Natürlich schenkt Aufenanger auch
Schillers Freundschaft mit Goethe große Aufmerksamkeit und
bringt den Gegensatz zwischen den beiden sich zunächst
"beäugenden Raubkatzen" wie folgt auf den Punkt: Schiller
schöpft aus der Idee einer Welt, Goethe aus ihrer Beobachtung.
Für Goethe war Leben Dichtung und Dichtung das Leben, für
Schiller war Dichtung Arbeit und verhinderte Leben.
Aufenanger, der sich gelegentlich eines
burschikosen, fast schnoddrigen Tonfalls bedient ("Das lässt
sein Herz hüpfen", "Schiller lief wie ein Hund hinter der
Schönheit her") bezeichnet die Freundschaft zwischen Goethe
und Schiller als "Glücksfall in der deutschen Literatur".
Dennoch betrachtet er diesen "Glücksfall" mit leiser Skepsis
und behauptet, für Goethe sei der tote Schiller der bessere
Schiller gewesen. Aufenanger schildert nicht nur anschaulich
Schillers Leben mit all seinen Höhen und Tiefen; er fügt
auch Zitate und Gedichte ein und gibt - und das wiederum macht
diese Biografie für jene, die Friedrich Schiller erst einmal
kennen lernen möchten, so lesenswert - den Inhalt der
Schillerschen Dramen detailliert wieder und kommentiert sie
kurz.
Die reich bebilderte Schiller-Biografie von
Marie Haller-Nevermann besticht durch souveräne Darstellung,
durch neue aktuelle Perspektiven sowie durch eine reizvolle und
originelle Gliederung des Stoffes. Denn zwischen den einzelnen
Kapiteln, in denen die promovierte Germanistin und Romanistin die
Stationen von Schillers Leben Revue passieren lässt, sind
verschiedene Porträts eingefügt: über Schiller als
Dichterarzt und scharfsinnigen Psychologen, über seine
Freundschaften, über Schiller als Theaterdichter und
Publizisten und über "Schiller und die Musik". Dadurch ergeben
sich bisweilen Wiederholungen und Überschneidungen, die jedoch
kaum ins Gewicht fallen.
Der Reiz des von Axel Gellhaus und Norbert
Oellers herausgegebenen Schillerbuches - es entstand in
Zusammenarbeit mit der Deutschen Schillergesellschaft - liegt
sowohl in seinem Bilderreichtum als auch darin, dass hier das Leben
des Dichters nicht durchgängig erzählt, sondern dass man
am Leitfaden wichtiger Daten und Stationen in 38 Szenen durch
Schillers Leben geführt wird und so ein lebensnahes und
aktuelles Schillerbild erhält, fernab von allen
Verklärungen, wie sie im 19.Jahrhundert üblich waren.
Hinzu kommt, dass die unterschiedlichen essayistischen
Darstellungen und Sichtweisen verschiedener Verfasser für
Buntheit und Abwechslung sorgen.
Die Zuverlässigkeit der mitgeteilten
Informationen ist insofern gewährleistet, dass alle, die an
diesem Band mitgewirkt haben, wissenschaftlich ausgewiesene
Schiller-Experten sind. Ansprechend wirkt der Band nicht zuletzt
durch seine zahlreichen, in schwarz-weiß gehaltenen
Abbildungen, bei denen die zu Lebzeiten Schillers entstandenen
Illustrationen, Gemälde, Stiche, Radierungen mit aktuellen
Fotographien geschickt kombiniert wurden. In ihrer Gesamtheit
strahlen sie viel Atmosphäre aus. Hilfreich sind ferner kleine
Anmerkungen in den Randspalten auf den Seiten, womit lästiges
Suchen und Hin- und Herblättern entfällt.
Immer wieder stößt man, neben
scharfsinnigen Analysen, Berichten von Uraufführungen und
Zitaten aus früheren Schiller-Biografien, auf amüsante
Episoden und kleine Alltagsgeschichten aus Schillers Leben. Der
prächtig ausgestattete Band, der 1999 zum ersten Mal erschien
und jetzt in einer unveränderten verbilligten Sonderausgabe
neu aufgelegt wurde, ist, alles in allem, eine Bereicherung
für Schillerfreunde und und solche, die es werden
wollen.
Wer Rüdiger Safranskis Biografien
über E. T. A. Hoffmann, Arthur Schopenhauer, Martin Heidegger
und Friedrich Nietzsche kennt sowie seine philosophischen Essays
über "die Wahrheit" und "das Böse", erwartet auch von
seinem Schillerbuch ein großes Leseabenteuer. Diese Erwartung
- das sei hier gleich vorweg geschickt - wird nicht
enttäuscht. Faktenreich, prägnant und verständlich
beschreibt Safranski Schillers Leben und lotet das Umfeld seines
Protagonisten präzise aus, wobei er seine Darstellungen immer
wieder durch komplexe philosophische Gedankengänge und
geistreiche Exkurse ergänzt, die ebenfalls flüssig und
nie langatmig oder gar langweilig zu lesen sind.
Alle großen Persönlichkeiten, denen
Schiller im Laufe seines Lebens begegnet ist, werden hier
ausführlich vorgestellt und gewürdigt: Herder, Novalis,
Hölderlin, Schelling, die Brüder Schlegel, Hegel, Tieck,
Brentano, Wieland, Rousseau, Klopstock, nicht zu vergessen Goethe
und viele andere.
Letztlich habe Schiller, so Safranski, eine
ganze Epoche in Schwung gebracht. Sogar Goethe habe sich von seinem
Enthusiasmus anstecken lassen. Vor allem sei Schiller ein
großer Anreger der Philosophie und an epochalen Ereignissen
zwischen Kant und Hegel beteiligt gewesen. Er wirkte mit bei der
Erfindung des Idealismus und wurde zusammen mit Goethe zum
Zentralgestirn des deutschen Geisteslebens. Wie das alles kam,
erzählt Safranski genau, mit langem Atem und überaus
packend. Mitunter gerät er fast ins Schwärmen, aber
jenseits aller früheren Beweihräucherei und
Harmonisierungssucht. Mit Schiller gelangt man, so Safranski, "in
das unvergessliche goldene Zeitalter des deutschen Geistes. Es sind
Wunderjahre, die einem helfen, den Sinn für die wirklich
wichtigen, für die geistvollen Dinge des Lebens zu
bewahren."
Einhellige Zustimmung dürfte auch
Norbert Oellers' Schillerbuch mit dem Untertitel "Elend der
Geschichte, Glanz der Kunst" finden. Auf knapp 100 Seiten schildert
er Schillers Leben und nimmt dann nacheinander seine Dramen, Lyrik,
Erzählliteratur sowie seine historischen und philosophischen
Schriften unter die Lupe. Er beschreibt die einzelnen Werke,
analysiert und interpretiert sie, so dass erkennbar wird, welcher
Platz ihnen im Kontext gegenwärtiger Kunst- und
Lebensanschauungen zukommt. Oellers nimmt den keineswegs
antiquierten Klassiker, der sich als "Workaholic" aufgebraucht hat,
als Zeitgenossen durchaus ernst.
Nicht von ungefähr haben sich "Die
Räuber", stellt er fest, bis zum heutigen Tag behauptet.
Spielt doch das Stück in einer gottfernen Welt, in einer Welt
der Ungerechtigkeit und Gewaltsamkeit, der schreienden
Gegensätze und Beliebigkeiten, mithin in einer Welt, die eine
vertrackte Ähnlichkeit mit der unsrigen hat. Auch "Kabale und
Liebe" passt in jede Zeit, da die Abrechnung mit den ungerecht
Herrschenden, mit den schlimmen gesellschaftlichen
Verhältnissen nie zu den Akten gelegt werden kann. Wallenstein
wiederum erscheint bei Schiller als Gefangener seiner selbst und
als willfähriges Opfer seiner Feinde. Für den Dichter war
dieses Drama wohl auch die Tragödie des ernsten Lebens, die
von der heiteren Kunst nicht aufgehoben, aber für Augenblicke
überstrahlt wird. In "Jungfrau von Orleans" geht es wie im
"Wallenstein" und in "Maria Stuart" um Menschen und um die sie
vernichtende Geschichte, um Grund und Folge von Menschlichkeit, die
schuldig macht. Der Autor weist darauf hin, dass im "Demetrius" dem
einzelnen, der in Verhältnisse gedrängt wurde, die ihn
zum Werkzeug seines eigenen Untergangs machten, so wenig zu helfen
sei wie einem Gemeinwesen, das zum Spielball von nicht
berechenbaren, also auch nicht zu verhindernden Zufällen
wird.
Der Geschichtspessimismus, dem Schiller in
seinen letzten Jahren immer mehr verfiel, hat auch seine
späten lyrischen Werke geprägt. Damit steht der Dichter
für Oellers "am Eingang zur Moderne, die nicht nur den Glauben
an Gott verloren hat, sondern auch die Autonomie des Individuums
gegenüber den kontingenten Geschichtsmächten zerfallen
sieht".
Gleichwohl empfiehlt Schiller zu guter Letzt
die Kunst als Rettungsmittel und glaubt, dass es um die
Sittlichkeit ohne das Schöne schlecht bestellt sei. Erst im
Reich des Spiels und des Scheins werde der Mensch von allem Zwang
befreit. Selbst mit dem "Wallenstein" habe Schiller, so Oellers,
ein heiteres Kunstwerk geschaffen, "das zur ästhetischen
Erziehung gebraucht werden könnte, wenn der Ernst des Lebens
nicht immer dazu führte, die Geschenke der Musen und Grazien
gering zu achten".
Aus jeder Zeile dieses Buches spürt man:
hier schreibt jemand, der sich intensiv mit Schiller auseinander
gesetzt und dabei immer wieder seine eigenen Einsichten durchdacht
und vertieft hat und nun kompetent und souverän aus einem
Schatzkästchen schöpft, gewiss zur nicht geringen Freude
und Begeisterung all jener, "denen Schiller mehr ist als ein
bloßer Name".
In den bisher vorgestellten
Schiller-Biografien wird Schillers Beziehung zu Charlotte und
Karoline Lengefeld und das Schwesternpaar fair und
verständnisvoll gezeichnet. Eva Gesine Baur indes hat sich die
Aufgabe gestellt, Charlotte Schiller geborene Lengefeld von dem
Schattendasein einer perfekten Ehefrau zu befreien, zu dem sie,
selbst durch ihre eigene Schwester Caroline, bis heute verurteilt
worden sei.
Die Autorin hat sich dabei so engagiert ihrer
Aufgabe unterworfen, dass man im Laufe der Lektüre den
Eindruck gewinnt, Schiller sei als Ehemann ein wahres Ekelpaket
gewesen, rücksichtslos, egoistisch, selbstgerecht, seine
Schwägerin Caroline ein cleveres, intrigantes Flittchen und
leichtsinniges Luder. Lotte wird dagegen als introvertiert, aber
entschieden in ihrer Meinung charakterisiert, als angepasst, aber
bereit zum Widerspruch, als arglos, aber keineswegs einfältig,
als wissensdurstig, aber auch voller Zweifel, und als keineswegs
gefällige und schon gar nicht als gefallsüchtige Person,
sondern als "eine kritische und selbstkritische
Eigenbrötlerin".
Am Ende fragt man sich, ob Eva Gesine Baur,
wie sie es vorgehabt hat, Charlotte Schiller wirklich gerecht
geworden ist, und man ist gewillt, die Frage zu bejahen. Aber im
Hinblick auf Schiller und Caroline darf man gelinde Zweifel hegen.
Doch diesen beiden gerecht zu werden, das hat die Autorin wohl auch
nicht im Sinn gehabt.
Charlotte Marlo Werner wiederum widmet ihr
Buch all jenen Frauen, die Schillers "leidenschaftliches Wesen
dämpften oder steigerten, anregten oder langweilten, reizten
oder beruhigten". Kein Wunder, dass man in diesem Buch mehr
über die Frauen und deren Leben erfährt, die in Schillers
Dasein eine, wenn auch noch so kleine Rolle gespielt haben, als
über den Dichter selbst. Abgesehen davon, dass Schillers
Frauen im Mittelpunkt stehen und nicht so sehr der Dichter selbst,
muss man doch konstatieren: es ist gut recherchiert und
mühelos zu lesen - wie ein guter Unterhaltungsroman, nicht
mehr und nicht weniger.
Nicht sonderlich aufregend ist auch der
konventionell erzählte Band von Jörg Aufenanger über
"Schiller und die zwei Schwestern". Manche Szenen wirken allerdings
etwas verkitscht und wecken den Anschein, als sei der Autor selbst
dabei gewesen, zum Beispiel als Caroline bei Schillers erstem
Besuch "dem Dichter tief in die Augen" schaut, während
Charlotte gar nicht wagt, ihn anzusehen.
Die Germanistin Monika Carbe folgt dagegen
nicht den Lebensspuren des Dichters. Vielmehr schildert sie
lebendig und eindringlich, wie Schiller unmittelbar nach seinem Tod
zum Mythos wurde und wie sein Bild als angeblicher Nationaldichter
die Bedeutung Goethes lange überragt hat. Selbst ein Eduard
Mörike spannte Schiller für die patriotischen Ziele
seiner Zeit ein. Auf nationalen Feiern des 19.Jahrhunderts war er
ebenso präsent wie im Ersten Weltkrieg. Er wurde verklärt
- woran seine Nachkommen nicht ganz unschuldig waren -, dann wieder
entmythisiert, politisch vereinnahmt, zur Filmfigur oder zum
Theaterhelden erkoren und zum Genie und zum Verkünder des
"Wahren, Guten und Schönen" erhoben.
Da blieb es nicht aus, dass der Dichter auf
der Gegenseite zum Antihelden und zum Gegenstand vieler Parodien
geriet. Nicht selten bediente man sich wie aus einem Bauchladen der
Zitate aus seinen Dramen und Balladen, sowohl im Reichstag, im
Salon, beim Kolonialwarenhändler und beim Schneider. In den
Schulen hingegen fühlte sich eine Generation nach der anderen
durch das Zwangsmemorieren Schillerscher Balladen arg geknebelt.
Daneben holten sich die Anhänger unterschiedlicher politischer
Richtungen bei Schiller Schützenhilfe, vor allem wenn es um
die Begriffe wie "Freiheit" und "Nation" ging. Sogar die Nazis
bedienten sich seiner, um ihr Regime kulturell aufzuwerten, auch
die Vertreter des dialektischen Materialismus im Osten,
während im Westen nach dem Krieg sein Bild im Bewusstsein der
Allgemeinheit allmählich erstarrte.
Heute, nach dem Fall der Mauer, ist Schiller
ein beliebter Forschungsgegenstand an den Universitäten. Auch
verzichtet kaum eine Bühne auf eine Aufführung seiner
Stücke. Im allgemeinen Publikum indes gibt es kaum noch einen
Widerhall. Problematisch sei die Lektüre seiner Texte im
Original, meint die Autorin, insbesondere für jüngere
Leser. Sie verstünden die Schillerschen Werke wahrscheinlich
weniger gut als Goethes Gedichte oder Thomas Manns
Erzählungen. Erfreulich sei jedoch, dass wir heute über
ein entschlacktes Schiller-Bild verfügten, jenseits aller
Heroisierung und Deutschtümelei.
Die Autorin lässt den Wandel des
Schillerbildes fast im Plauderton Revue passieren, räumt mit
mancherlei Legenden auf, wie etwa mit dem Gerücht, dass
Schiller ein Armeleute-Begräbnis erhalten habe, und leitet
mühelos von einem Thema zum anderen über, wobei sie immer
wieder Szenen aus Schillers Leben einblendet. Zudem erzählt
sie so plastisch und fesselnd, dass es ein Vergnügen ist, ihr
zu folgen. Leider wurde bei diesem Buch auf ein Register
verzichtet.
Schiller selbst
Aber man sollte nicht nur Bücher
über den Dichter Friedrich Schiller lesen, sondern ihn auch
selbst zu Wort kommen lassen, zumal uns der Zugang zu seinen Werken
durch kommentierte Gesamtausgaben, die zu seinem 200. Todestag neu
herausgegeben wurden, verhältnismäßig leicht gemacht
wird. Da gibt es die umfassende und gut kommentierte
Klassiker-Verlagsausgabe zum doch recht ansehnlichen
Jubiläumspreis von 680 Euro, die zehnbändige "Berliner
Ausgabe" des Aufbau-Verlags, der freilich die Briefe fehlen, sowie
die bewährte und aktualisierte Hanser-Ausgabe, die zwar
dreieinhalbtausend Seiten weniger enthält als die Berliner
Ausgabe, die aber trotzdem, abgesehen von den Briefen,
sämtliche Werke sowie ausgezeichnete Kommentare bietet, und
die im Deutschen Taschenbuchverlag seitenidentisch zum halben Preis
zu haben ist, und, nicht zu vergessen, die 1943 begonnene und
selbst zu Schillers Todestag noch nicht abgeschlossene
voluminöse Nationalausgabe für versierte Kenner und
gewiefte Experten.
Bibliografie:
Peter-André Alt: Schiller. Leben,
Werk, Zeit.
Verlag C. H. Beck, München 2000. Zwei
Bände (Sonderausgabe), 1424 S., 24,90 Euro.
Peter-André Alt: Schiller.
Verlag C. H. Beck , München 2004. 128
S., 7,90 Euro.
Jörg Aufenanger: Friedrich Schiller.
Verlag Artemis & Winkler,
Düsseldorf 2004. 328 S., 24,90 Euro.
Jörg Aufenanger: Schiller und die zwei
Schwestern.
Deutscher Taschenbuchverlag, München
2005. 200 S., 12,50 Euro.
Eva Gesine Baur: "Mein Geschöpf musst Du sein." Das Leben
der Charlotte Schiller.
Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2004.
430 S., 24,95 Euro.
Monika Carbe: Schiller. Vom Wandel eines
Dichterbildes.
Wissenschaftliche Buchgesellschaft,
Darmstadt 2005. 208 S., 24,90 Euro.
Sigrid Damm: Das Leben des Friedrich
Schiller. Eine Wanderung.
Insel Verlag, Frankfurt/M. 2004. 500 S.,
24,90 Euro.
Christiana Engelmann/Claudia
Kaiser:
Möglichst Schiller. Ein
Lesebuch.
Deutscher Taschenbuchverlag, München
2004. 376 S., 7,50 Euro.
Axel Gellhaus/Norbert Oellers
(Hrsg.):
Schiller. Bilder und Texte zu seinem
Leben.
Böhlau Verlag, Köln 2004. 406
S., 29,90 Euro.
Marie Haller-Nevermann: Friedrich
Schiller. Ich kann nicht Fürstendiener sein. Eine
Biographie.
Aufbau-Verlag, Berlin 2004, 576 S., 24,90
Euro.
" ... und mich - mich ruft das
Flügeltier".
Schiller für Kinder.
Ausgewählt von Peter Härtling,
illustriert von H.Traxler. Insel Verlag, Frankfurt/M. 2004. 93 S.,
14,80 Euro.
Ehrenfried Kluckert: Schnellkurs
Schiller.
DuMont Verlag, Köln 2004. 171 S.,
14,90 Euro.
Torsten Körner: Schiller für
Eilige.
Aufbau-Verlag, Berlin 2003. 152 S., 7,95
Euro.
Matthias Luserke (Hrsg):
Schiller-Handbuch.
Metzler-Verlag, Stuttgart 2005. 400 S.,
49,95 Euro.
Manfred Mai (Hrsg): "Dein Glück ist
heute gut gelaunt". Schiller für Zeitgenossen.
Humoristische Bilder von Friedrich
Schiller.
Sanssouci im Hanser-Verlag, München
2004.
80 S., 6,90 Euro.
Gerd Reitz: Hab' ich nicht geliebet und
gelebet? Schiller und die Frauen.
Sutton-Verlag, Erfurt 2005.127 S., 19,90
Euro.
Ursula Michels-Wenz (Hrsg): Schiller
für Gestreßte. Gedanken und Verse aus seinem
Werk.
Insel Verlag, Frankfurt /M. 2005. 147 S.,
7,- Euro.
Norbert Oellers: Schiller. Elend der
Geschichte, Glanz der Kunst.
Reclam, Stuttgart 2005. 520 S., 19,90
Euro.
Rüdiger Safranski: Schiller
oder
Die Erfindung des Deutschen
Idealismus.
Carl Hanser Verlag, München 2004. 560
S., 25,90 Euro.
Charlotte M. Werner: Friedrich Schiller
und seine Leidenschaften.
Droste Verlag, Düsseldorf 2004. 240
S., 16,95 Euro.
Schiller: Sämtliche Werke in zehn
Bänden.
Berliner Ausgabe.
Hrsg. von H.-G.Thalheim u.a.
Aufbau-Verlag, Berlin 2004. 9472 S., 320,- Euro.
Friedrich Schiller: Sämtliche
Werke.
Hrsg.: Peter André Alt, Albert Meier
und Wolfgang Riedel unter Mitarbeit von Irmgard Müller und
Jörg Robert. Carl Hanser-Verlag, München 2004. Fünf
Bände.
5800 S., Leinen, 150,-
Euro.
Und: Deutscher Taschenbuchverlag,
München 2004. 49,- Euro.
Friedrich Schiller:
Werke und Briefe. Zwölf
Bände.
Hrsg.: Otto Dann, Heinz Gerd Ingenkamp,
Rolf-Peter Janz, Gerhard Kluge, Herbert Kraft, Georg Kurscheidt,
Matthias Luserke, Norbert Oellers, Mirjam Springer und Frithjof
Stock.
Deutscher Klassiker Verlag, Frankfurt am
Main 2004. 14.550 S., 680,- Euro
(Jubiläumspreis).
Schillers Werke.
Nationalausgabe.
Hrsg. im Auftrag der Stiftung Weimarer
Klassik und des Schiller-Nationalmuseums in 43 Bänden, bisher
etwa 28.668 S., 3.245,05 Euro.
Im Metzler Verlag,
Stuttgart-Weimar.
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