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Johanna Metz
Eiszeit für die Demokratie
Bundesrat stellt PC-Spiel vor
Eiszeit 6432: Dort, wo sich früher das alte Deutschland
erstreckte, ruht jetzt das ewige Eis. Findige Forscher entdecken
unter den Gletschern Überreste der längst vergangenen
Kultur. Wundersame Bauten mit riesigen Sitzungssälen,
Tribünen und Kuppeln, Tiefgaragen und Fuhrparks. Was haben die
Menschen in diesen Gebäuden gemacht? Schnell wird klar, dass
es Orte der Politik, Zentren der Macht gewesen sein müssen. Um
mehr zu erfahren, taucht ein mutiger Wissenschaftler ab in diese
vereisten Labyrinthe, hinein in die Ruinen der frühen
deutschen Demokratie.
Deutschland, Schnee von gestern? Jedenfalls im PC-Spiel
"Föderalion. Das Rätsel unter dem Eis", das der Bundesrat
letzte Woche präsentierte. Bundesratsdirektor Dirk Brouër
empfahl den anwesenden Eltern schon mal, es ihren Kindern ins
Osterei zu packen.
Was der Bundesrat etwas trocken als "Lernabenteuer" bezeichnet,
soll nach dem Wunsch der Planer Kindern und Jugendlichen spielend
Wissen vermitteln und ihr Interesse an Politik wecken. Ob Bundesrat
oder Bundestag, Bundesverfassungsgericht oder die Landtage,
Föderalismus oder das Gesetzgebungsverfahren - auf ihrer Reise
durch die sechs Levels des Spiels erfahren die Schüler, was
das eigentlich alles ist und wie es funktioniert.
Nicht ganz einfach sei es gewesen, das Spiel zu entwickeln,
räumte Ulrich Bähr, der Projektleiter von
"Föderalion", ein: "Es geht um ein sehr sperriges,
äußerst komplexes Thema, das die Zielgruppe leider nur
bedingt interessiert. Unsere Aufgabe war es, ein Konzept zu
entwickeln, das möglichst viele Kinder und Jugendliche
anspricht, sie neugierig macht, auch wenn sie sich mit Politik
bisher nicht auseinandergesetzt haben."
Zumindest bei den Erwachsenen kam das an. Bei der
Präsentation des Spiels wurde reichlich geschmunzelt und
gekichert. Unmittelbar nach Ende der Pressekonferenz klickten sich
die Ersten auf den bereit gestellten PCs durch die Levels. Doch die
Zielgruppe ließ sich nicht so schnell beeindrucken. Julia und
Julia, die beiden Mädchen aus der zehnten Klasse der
Martin-Buber-Oberschule in Spandau, fanden das Spiel zwar
eigentlich "ganz cool", konnten sich aber nicht vorstellen, dass
andere Schüler ihrer Altersklasse es freiwillig spielen
würden. "Es ist schwer, Jugendliche für das Thema zu
begeistern, dafür ist es nicht spannend genug", zeigten sich
die beiden überzeugt.
Noch pessimistischer waren Claudia und Lena, beide Anfang 20.
"Es ist eine gute Idee, das Thema Föderalismus und Politik mal
systematisch aufzubereiten", sagten sie, vermuteten aber, dass die
Jugendlichen, die heute ganz selbstverständlich mit Computer
und PC-Spielen aufwüchsen, sich durch die Machart des Spiels
unterfordert fühlen könnten.
Dabei ist "Föderalion" mit viel Liebe gemacht. Die Dialoge
sind witzig und durchaus auch für Erwachsene noch lehrreich -
denn, ganz ehrlich, wer von ihnen weiß schon genau, was
eigentlich im Bundesrat entschieden wird, wer die
Verfassungsrichter wählt oder wie ein Gesetz zwischen beiden
Kammern hin- und her pendelt?
So sollten auch die den Kinderschuhen längst Entwachsenen
mal ins Internet sehen. Dort kann man unter
"www.bundesrat.de/foederalion" das Spiel kostenlos spielen. Wer
kein Internet hat, kann sich beim Bundesrat eine CD-Rom bestellen.
Besonders Schulen, hoffen die Macher, könnten
"Föderalion" zur Unterstützung des Politikunterrichts
verwenden. Direktor Brouër verkündete darüber
hinaus, dass es in Kürze ein eigenes Jugendportal des
Bundesrates, "www.foederalion.de", geben werde, wo man sich dann
über weitere Angebote für Jugendliche informieren
könne.
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