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Robert Luchs
Nach der Wahl ist vor der Wahl
Rheinland-Pfalz
Den Stein, den der Bundeskanzler ins bewegte Wasser geworfen
hat, zieht Kreise bis in die so genannte politische Provinz.
Erfolgt am 18. September die vorgezogene Bundestagswahl, dann
dauert es gerade einmal sechs Monate, bis auch in Rheinland-Pfalz
die Wähler an die Urnen gerufen werden. Die Auswirkungen sind
wechselseitig: Die Bundestagswahl kann die Landtagswahl in Mainz am
26. März 2006 beeinflussen, aber auch umgekehrt hätte ihr
Ausgang einen womöglich entscheidenden Impuls für die
Bundespolitik.
CDU-Landesvorsitzender Christoph Böhr geht mit stolz
geschwellter Brust als Herausforderer in die politische
Auseinandersetzung mit dem regierenden Ministerpräsidenten
Kurt Beck (SPD). Erst vor wenigen Wochen übte sich die
rheinland-pfälzische CDU auf einem Parteitag in neuer
Geschlossenheit, ließ die Grabenkämpfe hinter sich und
versah Böhr durch das Wahlergebnis von 93,6 Prozent mit einem
großen Vertrauensvorschuss. Dabei ist es noch nicht lange her,
dass von der Basis starke Zweifel laut geworden waren, ob der
biedere Böhr überhaupt der Richtige sei, um den in der
Pfalz fest verankerten Beck zu gefährden.
Diese Zeiten scheinen endgültig vorbei zu sein. Sogar sein
innerparteilicher Rivale, der Bundestagsabgeordnete Peter Rauen,
steckte zurück und forderte die Delegierten auf, den
Vorsitzenden zu unterstützen. Dieser strotzte vor
Selbstbewusstsein und verkündete: "In zehn Monaten will ich
neuer Ministerpräsident in Mainz werden - so wie Jürgen
Rüttgers in Düsseldorf." Böhr rief den Delegierten
die früheren CDU-Ministerpräsidenten Altmeier, Kohl und
Wagner ins Gedächtnis und betonte, alles, auf das die SPD
heute stolz sei, seit vor 1991 von den Christdemokraten auf den Weg
gebracht worden. Böhr - einer der Stellvertreter der
CDU-Bundesvorsitzenden Angela Merkel - versprach "einen Aufbruch in
Rheinland-Pfalz für mehr Beschäftigung und mehr
Wachstum".
Böhr will einen "Mobilisierungswahlkampf" führen,
wobei der Trierer auf gute Umfragewerte zählen kann. Derzeit
liegt die Union bei rund 40, die SPD bei 39 Prozent. Auch in der
Frage der Listenaufstellung konnte der Parteichef punkten: Zum
ersten Mal wird die CDU am 16. Juli eine Landesliste aufstellen.
Dass Personen nicht mehr eine entscheidende Rolle spielen, sei am
Beispiel von Heide Simonis in Kiel deutlich geworden, macht sich
die CDU in Mainz Mut. Die inhaltlichen Weichen sollen im Herbst
gestellt werden.
Sollte bei der voraussichtlich im September stattfindenden
Neuwahl des Bundestages die Union gemeinsam mit der FDP gewinnen,
dann muss sich dies nicht unbedingt positiv für Böhr
auswirken. Oft führen Wahlen im Bund zu einer Gegenreaktion
der Wähler auf Landesebene. Vor allem, wenn die siegreichen
Parteien ankündigen, welche Opfer sie den Bürgern
abverlangen wollen. Mit anderen Worten: Ein Sieg Angela Merkels
wäre für die SPD/FDP-Koalition in Mainz vorteilhafter als
für die Opposition.
Auch haben die in Mainz mitregierenden Freien Demokraten bisher
nicht zu erkennen gegeben, dass sie Beck die Gefolgschaft
aufkündigen wollen. Seit vielen Jahren ist die FDP der kleine
Weggefährte im Land der Reben, der sich geschickt dem jeweils
größeren Partner anpasst - mal CDU, mal SPD. So ist es
für den Spitzenkandidaten Rainer Brüderle auch kein
Widerspruch, in Berlin als stellvertretender Bundesvorsitzender
künftig eventuell mit der Union zu koalieren, in Mainz aber
sein Häuflein Liberaler weiterhin auf die SPD
einzuschwören. Mitregieren heißt die Devise.
Wahlforscher halten es durchaus für möglich, dass sich
die rheinland-pfälzische SPD von der bundesweiten
Abwärtsbewegung befreien kann. Hinzu komme die
Persönlichkeit Kurt Becks, der immer stärker eine Rolle
mit wachsendem Einfluss als stellvertretender Bundesvorsitzender
spiele. Da könnten sich unerwartet neue Chancen für den
rustikalen Pfälzer auftun, der seine politischen Ambitionen
nicht gerne auf den Markt trägt. Schließlich ist das
Reservoir an vorzeigbaren, kompetenten und vor allem ministrablen
Sozialdemokraten in den letzten Jahren stark geschrumpft.
SSollte die Mainzer CDU an die jahrelange Dominanz unter Helmut
Kohl anknüpfen können, dann wird die Übermacht von
CDU und CSU im Bundesrat noch einmal ausgebaut. Unterdessen haben
auch die Grünen in Rheinland-Pfalz mit ihren
Wahlvorbereitungen begonnen. Sie sehen es als Vorteil an, dass die
Bundestagswahl nun über ein Jahr früher kommen soll.
Sonst nämlich wäre die Landtagswahl als Test mit Blick
auf die Bundestagswahl gewertet worden. Am 17. Juli wollen die
Grünen ihre Liste für September aufstellen.
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