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Susanne Kailitz
Aufgekehrt ...
Der Wähler ist ein neugieriges Wesen. Alles will er wissen,
nie gibt er sich zufrieden. Kaum verkündet eine Partei, sie
werde die Steuern senken, nervt er mit der Frage, wie das denn
Bitteschön finanziert werden könne. Ist die Rede von
sozialen Einschnitten, will er wissen, wo genau gekürzt werden
solle. Unangenehm ist das. Und geradezu fatal im Wahlkampf - einer
Zeit, wo traditionell alles versprochen, aber nichts konkretisiert
wird.
Wer will dem Stimmzettel-Ankreuzer denn deutlich sagen, dass die
Kassen leer sind, ganz egal, welches Parteibuch beim Finanzminister
in der Tasche steckt? Und wer mag schon zugeben, dass auf den
Reformkonzepten zwar das Schild "Ganz anders als bei den anderen"
pappt, in Wirklichkeit aber genau dasselbe drinsteckt?
Mediale Schützenhilfe, um aus dieser Misere herauszukommen,
gab nun ausgerechnet die "Bild"-Zeitung. Mit der
Veröffentlichung von Computer-Tomografie-Aufnahmen des Hirns
von PDS/WASG-oder
wie-auch-immer-das-linke-Bündnis-nun-heißen-mag-Spitzenkandidat
Gregor Gysi versorgte sie die Wähler mit Informationen, die
sie nie haben wollten und lenkt so von anderen lästigen Themen
ab. Gregor Gysi ist darüber, verständlich, ziemlich
sauer: Der Leser darf nun schließlich selbst entdecken, was im
Kopf des Oberlinken alles vorgeht. Nicht ungefährlich bei
einem Politiker, der von sich selbst behauptet, er sei nach seiner
Hirnoperation nicht bekloppter als vorher!
Um solche unerwünschten Einblicke von Fremden in das eigene
Ego möglichst zu vermeiden, geht FDP-Chef Guido Westerwelle
lieber gleich in die Offensive. Auf seiner Homepage ist zwar nicht
zu erfahren, wie genau das vereinfachte Steuersystem aussehen soll,
dafür aber ist zu lesen, dass der 18-Prozent-Mann seinen
Kaffee mit Milch und Zucker trinkt und gern frisches Obst auf
seinem Schreibtisch vorfindet. Und damit ihm keiner den Vorwurf
machen kann, er verschweige irgendetwas, schiebt der Liberale
gleich noch die Information hinterher, dass seine Sekretärin
gern auf Inline-Skates durch Berlin kurvt. Da fällt die
Wahlentscheidung leicht - hinterher kann niemand behaupten, er habe
nicht gewusst, was auf ihn zukommt! Dass diese Strategie nicht nur
wahlentscheidend sein, sondern auch der Wahrheitsfindung dienen
kann, bewies gerade der Prozess gegen Michael Jackson. Vor aller
Welt wurde dort über Details des Genitalbereichs des
Sängerns fachgesimpelt, zum besseren Verständnis sogar
mit Skizze. Da der Mann nun freigesprochen ist, scheinen sich die
Indiskretionen gelohnt zu haben.
Also keine Angst vor Enthüllungen! Das gilt auch für
Angela Merkel. Sie könnte sich ja beim morgendlichen
Zähneputzen, gern noch verschlafen im Pyjama, ablichten
lassen. Wer würde dann noch wissen wollen, wie sie als
Kanzlerin künftig den Zahnersatz finanzieren will? Und
angesichts solcher Bilder dürften auch dem interessiertesten
Wähler die nervenden Fragen vergehen.
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