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Ines Gollnick
Der Unternehmer: Klaas Hübner
Parlamentarisches Profil
Klaas Hübner ist live wie auf seinen Fotos. Mit seinem
Lachen und seiner positiven Art fällt es ihm leicht,
Türen zu öffnen. Sein Charme wirkt natürlich. Seine
kommunikative Ader ist seine Stärke. Auch das dürfte ein
Grund dafür sein, dass der Sozialdemokrat beim Seeheimer Kreis
zu einem der Sprecher gewählt worden ist. Jüngst war er
gefordert, gegen die Kritik an Bundespräsident Horst
Köhler auch aus den eigenen Reihen für die Seeheimer
Stellung zu beziehen, nachdem sich ein Seeheimer-Kollege sehr weit
aus dem Fenster gehängt hatte. Hübner ist einer, der
sendet und empfängt, redet und zuhört. Gute
Voraussetzungen für den Politiker, der seit 2002 Mitglied des
Deutschen Bundestages, gleichzeitig als Unternehmer tätig ist
und damit wirtschaftlichen Sachverstand in das Parlament
trägt. Der gelernte Bankkaufmann kümmert sich als
Unternehmer um das kaufmännische Rechnungswesen und die
strategische Finanzplanung in seinen vorwiegend technisch
ausgerichteten Firmen. Für das operative Geschäft hat er
einen Geschäftsführer, damit er sich ganz auf das
Parlamentsmandat konzentrieren kann.
Der 38-jährige Vater von vier Kindern wurde mit 23 Jahren
Unternehmer. Nach dem Vordiplom forderte ihn der Fall der Mauer
heraus, sich in den neuen Bundesländern selbstständig zu
machen. Eine deutsche Bank hatte ihn beauftragt, den Personalstock
in den neuen Bundesländern mit aufzubauen. Da es
Ausbildungsdefizite gab, machte er sich selbstständig, um
Bankkaufleute auszubilden. Es folgte eine Ausweitung der
Selbstständigkeit auf den metallverarbeitenden Sektor, der
heute den Schwerpunkt der unternehmerischen Tätigkeit
ausmacht; insgesamt heute rund 230 Mitarbeiter. Die Firmen sind in
ihrer Rechtsform selbstständig geblieben, was die
Identifikation der Mitarbeiter fördert. Als Dach gibt es ein
einheitliches Management.
Die politischen Turbulenzen scheinen dem Blondschopf nichts
anzuhaben. Er sieht optimistisch in die Zukunft, wie er sagt. Das
ist sein Naturell. Anstehende Veränderungen begreift er als
Chance. "Das Gros der Menschen sieht das jedoch nicht so. Das muss
man als Politiker wissen." Sein Realitätssinn wird deutlich,
wenn er seine Sicht des politischen Geschäfts beschreibt: "Ich
finde, man kann Politik nicht im Sinne einer Lebensplanung machen.
Wenn man gewählt ist, muss man in diesem Zeitraum versuchen,
das zu erreichen, was man erreichen will", formuliert er
pragmatisch. In einem unternehmerischen Leben sei man permanent mit
unerwarteten Situationen konfrontiert. Deshalb falle es ihm leicht,
sich auf die neue Situation einzustellen. Nur die Familie sei
traurig, denn vorerst fällt wegen des Wahlkampfes der
Familienurlaub flach.
Hübner, 1967 in Bad Harzburg geboren, ist mit 16 Jahren
durch die Friedensbewegung zur SPD gekommen. Nach dem Mauerfall
engagierte er sich in Sachsen-Anhalt in Orts- und
Kreisverbänden. Der Versuch, 1994 in den Landtag einzuziehen,
scheiterte. Als sich ihm 2001 die Chance bot, sich um ein Mandat
für die Bundestagswahl 2002 zu bewerben, griff er zu - mit
Erfolg. Er gewann den Wahlkreis 72 (Bernburg - Bitterfeld -
Saalkreis) direkt mit großem Vorsprung vor der CDU (43,3 zu
32,5 Prozent).
Kann es für einen Unternehmer überhaupt spannend sein,
im Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages zu sitzen? Er
formuliert dies positiv: "Das Interessante am
Verteidigungsausschuss ist, dass die Bundeswehr das einzige Gebilde
ist, das man nahezu mit einem Unternehmen vergleichen kann. Ich
kann hier meinen unternehmerischen Geist einbringen. Das
Militärfachliche ist weniger mein Feld. Ich kümmere mich
vor allen Dingen um Fragen der Beschaffung, des Managements und der
Finanzierung. Insofern fühle ich mich da sehr gut aufgehoben",
so Hübner.
Der Blickwinkel des Unternehmers kommt auch bei den
Standortschließungen zum Tragen: "Bei der Entscheidung welcher
Standort nicht mehr aufrecht erhalten werden kann, haben wir darauf
geachtet, dass wir rein fachliche und rein betriebswirtschaftliche
Maßstäbe ansetzen und keine strukturfördernden. Das
Ziel ist, die Bundeswehr effizienter zu gestalten. Nur so
können wir Mittel für Investitionen freibekommen, die
für die Transformation der Bundeswehr erforderlich sind. Die
Aufgaben der Bundeswehr haben sich verändert. Da muss
materiell nachgerüstet werden."
Als stellvertretendes Mitglied sitzt Hübner außerdem
im Haushaltsausschuss. Dort ist er für den Etat des
Bundespräsidenten zuständig und für einen
Teilbereich des Etats von Finanzminister Hans Eichel, der vor allen
Dingen die neuen Bundesländer betrifft. Auf die Frage, was ihn
politisch leitet, antwortet Klaas Hübner mit einem Zitat:
"Politiker denken an die nächsten Wahlen, Staatsmänner an
die nächsten Generationen." Letzteres sei gute Politik.
"Wir müssen eine Politik machen, die auch für die
nächsten Generationen richtig ist", unterstreicht er. "Seit
den 70er-Jahren haben Politiker mehr Geld ausgegeben, als die
Wachstumsraten es eigentlich zugelassen hätten. Damit wurden
die nächsten Generationen in ihren Spielräumen sehr
eingeengt." Hübner will hier eine Umkehr, unabhängig
davon, ob das bei Wahlen zu einem Misserfolg führen kann. "Es
ist meine feste Überzeugung, dass man eine klare Linie
verfolgen muss und sich nicht nur von dem Gedanken einer Wiederwahl
leiten lassen darf. Sollte ich aus dem Bundestag ausscheiden, tue
ich das erhobenen Hauptes, weil ich für Dinge gekämpft
habe, die meines Erachtens nachhaltig und langfristig sind.
Insofern sehe ich dem Wahlergebnis gelassen entgegen, egal wie es
ausfällt."
Einfache, klare Steuersätze wünscht sich der
Unternehmer, gerne eine verbreiterte Bemessungsgrundlage und eine
Entscheidung darüber noch in dieser Legislaturperiode. Es
ginge gar nicht darum, die Steuerquote weiter zu senken. In
Deutschland gäbe es momentan einen relativ moderaten
Steuerbereich. Vielmehr ginge es darum, zu vereinfachen und den
bürokratischen Aufwand zu verringern. Müsste man sich
nicht als mittelständischer Unternehmer in den ersten Monaten
des Jahres überwiegend mit Steuern und Bilanzen herumschlagen,
könnte man viel intensiver an seinem Produkt arbeiten.
Hübner favorisiert außerdem die geplante
Erbschaftssteuerreform bei Betriebsübergängen zwischen
den Generationen. Alles andere würde die Eigenkapitalquote der
Firmen schwächen, zumal das Geld oft bar nicht verfügbar
sei, sondern in Gebäuden und Maschinen gebunden ist.
Klaas Hübner ist laut eigenem Bekenntnis ein ungeduldiger
Unternehmer - wie so viele. Parlamentarische Abläufe aber
erfordern Geduld, ein Lernprozess für den Machertyp, der gerne
sehr vieles schneller umgesetzt sähe. Den Arbeitsrhythmus des
Unternehmers kann er zwar nicht auf die Politik übertragen.
Aber dafür andere unternehmerische Eigenschaften: Ein offenes
Ohr für Probleme und die Fähigkeit, Ziele zu formulieren
und Mitarbeiter auf ein Ziel einzuschwören. Als
Einzelkämpfer werde man in der Politik nichts, nur wenn es
gelinge, andere mitzunehmen und Mehrheiten zu organisieren. Und was
wünscht sich der Jungparlamentarier vor diesem Hintergrund
für die eigene Partei, die gerade so schlingert? "Die SPD ist
in einer Umbruchsituation. Ich wünsche mir, dass wir an dem
Kurs, den der Bundeskanzler mit der Agenda 2010 und auch mit dem
20-Punkte-Plan vorgegeben hat, festhalten und entlang dieser
Richtschnur weiter Politik machen. Ich wünsche mir, dass die
Partei auf diesem Weg geschlossener fort fährt, als sie es
bisher getan hat. Wenn man Menschen mitnehmen will, dann tut man
das auf der einen Seite argumentativ, auf der anderen durch eine
enorme Geschlossenheit. Diese Geschlossenheit müssen wir
wieder finden."
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