Günter Pursch
Euro-Stabilitätspakt scheidet die
Geister
Rot-Grün zu Oppositionsforderungen:
"Völlig an der Realität vorbei"
Die im März auf dem EU-Gipfel beschlossene Reform des
Euro-Stabilitätspaktes soll nach dem Willen der
CDU/CSU-Opposition im Bundestag zurückgenommen werden. Nach
Auffassung des Unions-Abgeordneten Georg Fahrenschon dürfe der
Vertrag von Maastricht, in dem die Stabilitätskritieren
für den Euro festgelegt sind, weder geändert noch
aufgeweicht werden. Er forderte am 16. Juni die Bundesregierung
auf, die Krise der Europäischen Union zu nutzen, um die
"Grundlage unserer gemeinsamen Währng wiederherzustellen" und
zum Stabilitäts- und Wachstumspakt zurückzukehren.
Diese Forderung wies die Parlamentarische Staatssekretärin
im Bundesfinanzministerium Barbara Hendricks (SPD) umgehend
zurück, diese geht nach ihren Worten "völlig an der
Realität vorbeit". Die Reform des Stabilitäts- und
Wachstumspaktes sei nahezu abgeschlossen. Zudem wies sie darauf
hin, dass die Inflationsraten in Deutschland seit Jahren
"beständig die niedrigsten in der Europäischen Union"
seien; diese lägen im Regelfall deutlich unter den von der
Europäischen Zentralbank angepeilten zwei Prozent.
Dagegen unterstrich für die FDP der Abgeordnete Ernst
Burgbacher, dass der Stabilitäts- und Wachstumspakt die "ganz
entscheidende Basis für das Vertrauen der Bürger in den
Euro" war, ebenso wie das Versprechen der EU-Mitgliedstaaten, "mit
einer soliden Haushaltsführung die Grundlagen für mehr
Wachstum und Beschäftigung" zu schaffen. Dies Vertrauen sehe
seine Partei "durch diese Bundesregierung" nun zerstört.
Rot-Grün habe dem Euro und einer soliden Wirtschafts- und
Haushaltspolitik die Grundlage entzogen. Die Konsequenzen - so
betonte er - würden erst in den nächsten Jahren sichtbar
werden.
Anders sah das die Abgeorndete Anja Hajduk vom Bündnis
90/Die Grünen. Bei der Reform des europäischen
Stabilitäts- und Wachstumspaktes sei unter anderem
festgehalten worden, dass die Rolle der Kommission stark bleibe und
dass die Einhaltung der Kritierien wichtig sei. Allerdings sei dort
jedoch festgehalten worden, dass "einigen Ländern - zum
Beispiel auch Deutschland - wahrscheinlich mehr Zeit gegeben werden
muss, bis sie das Drei-Prozent-Kritierium wieder einhalten
können". Wörtlich erklärte sie: "Diese Regelung ist
ehrlich." Sie verwies zudem auf Aussagen aus der Union, dass auch
eine von der CDU/CSU geführte Bundesregierung bis 2009
benötigen würde, um die Defizitvorgaben des Paktes wieder
einhalten zu können.
Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU) erhob den Vorwurf, die SPD habe
das 1992 gegebene Versprechen gebrochen, sich jedem Versuch zu
widersetzen, "die Stabilitätskriterien aufzuweichen, die in
Maastricht vereinbart worden sind". Und so verstärkte er die
zuvor von seinen Fraktionskollegen Georg Fahrenschon erhobene
Forderung, die Reform des Stabilitätspaktes
rückgängig zu machen.
Dieser Forderung mochte sich für die SPD der Abgeordnete
Ortwin Runde nicht anschließen. Er empfahl im Gegenteil der
Union, sie solle sich auf den Pakt in seiner neueren Fassung
stützen, an seiner Weiterentwicklung mitarbeiten und "dann die
schwierige Aufgabe einer seriösen Haushaltskonsolidierung"
angehen.
Die von den EU-Staats- und Regierungschefs einstimmig
vorgenommene Reform des Stabilitätspaktes beschäftigte
den Bundestag nunmehr das achte Mal. Mit diesem Pakt wird
Defizitsündern wie Deutschland und Frankreich Straffreiheit
zugestanden. So werden Kosten für die deutsche Einheit und die
Milliarden-Nettozahlungen der Bundesrepublik in die EU-Kassen als
eine Art mildernde Umstände beim Verstoß gegen den Pakt
gewertet. Strafzahlungen Deutschlands in Milliardenhöhe sind
damit - zumindest vorerst - kaum wahrscheinlich. Auch dann, wenn
die Deutschen wegen der Wachstumsschwäche vermutlich auch in
diesem Jahr zum vierten Mal in Folge gegen die Defizitvorgaben
verstoßen.
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