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Hartmut Hausmann
Keine Regelung zu Software-Patenten
Europaparlament lässt umstrittenen
Richtlinienvorschlag aus Brüssel scheitern
Eine einheitliche Regelung zu Patenten auf Software wird es in
der EU vorerst nicht geben. Das Europäische Parlament in
Straßburg hat am 6. Juli in zweiter Lesung den seit langem
heftig umstrittenen Richtlinienvorschlag mit mehr als 90 Prozent
der Stimmen zurückgewiesen. Damit kann es nicht mehr zu einem
Vermittlungsverfahren mit dem Ministerrat kommen. Dieser hatte die
in erster Lesung vom Parlament vorgelegten
Änderungswünsche ignoriert und wollte auf breiter Basis
einen Patentschutz für Software zulassen.
Die EU-Kommission hatte bereits im Vorfeld der Abstimmung wissen
lassen, dass sie bei einem Nein des Parlaments keinen neuen
Gesetzesvorschlag vorlegen werde. Damit wird es auch in Zukunft bei
der derzeit geltenden Rechtslage bleiben, nach der
Computerprogramme, ähnlich wie Bücher oder Kompositionen,
durch das Urheberrecht geschützt sind. Von einer Patentierung
sind sie durch die Europäischen Patentkonvention von 1973
ausgeschlossen. Allerdings hat das Europäische Patentamt in
zahlreichen Fällen Software als "technischen Beitrag" zu einer
schützenswerten Erfindung in den Patentschutz einbezogen.
Der Berichterstatter des Parlaments, der französische
SPE-Abgeordnete Michel Rocard, hatte am 5. Juli diese von mehreren
Gerichten bestätigte Haltung kritisiert. Sie geht davon aus,
dass etwa die Software für die durch Computer geregelten
Programme einer Waschmaschine, eines Handys oder eines
ABS-Bremssystems Teil der technischen Erfindung sind. Der
Ministerrat hatte diese Programme grundsätzlich in den
Patentschutz aufnehmen wollen. Damit blieb der EU-Entwurf
allerdings immer noch weit hinter den in den USA geltenden Regeln
zurück, die einen sehr weitgehenden Patentschutz für
Software zulassen.
Vor allem großen Unternehmen wie Siemens, Alcatel oder der
Softwareentwickler SAP hatten sich deshalb für eine
einheitliche Regelung eingesetzt. Sie befürchten
Wettbewerbsnachteile gegenüber der amerikanischen Konkurrenz.
"Computergestützte Erfin- dungen sind die Grundlage der
europäischen Wettbewerbsvorteile in einem globalen Markt, sie
brauchen Patentschutz", erklärte SAP-Chef Hennig Kagermann am
6. Juli. Er verwies zugleich darauf, dass der Weltmarktführer
mit mehr als 700 meist mittelständischen Software-Entwicklern
zusammenarbeitet, die eigene Lösungen auf der Grundlage der
SAP-Plattform entwickeln. Gerade diese Mittelständler sowie
freie Programmierer hatten die EU-Patentpläne kritisiert. Sie
befürchteten, bei einer Verabschiedung der Richtlinie mit
juristischen Ansprüchen überzogen zu werden. Die Kosten
einer Patentanmeldung und die Anwaltskosten für die
Durchsetzung des Schutzes könnten sich lediglich große
Konzerne leisten. In der Debatte im Europaparlament hatte Rocard
den Schutz von Individuen und kleinen Unternehmen gegenüber
einigen wenigen, sehr großen Unternehmen als eines der
wichtigsten Ziele des Parlaments bezeichnet.
Doch zur Erstellung eines eigenen Konzept waren die Abgeordneten
nicht in der Lage. Einig waren sie sich lediglich darin, dass gar
keine Richtlinie besser sei als ein durch die 180 sich zum Teil
widersprechenden Änderungsanträge verwässerter
Entwurf, der im Vermittlungsvertrag mit dem Ministerrat wohl weiter
verkompliziert worden wäre. Als Ausweg forderte der Chef der
EVP-Fraktion, Hans-Gert Pöttering, von der EU-Kommission statt
dessen die Vorlage eines neuen Gesetzentwurfs. Dazu sei sie
verpflichtet, wenn das Parlament dies verlange.
Eine mögliche Alternative könnte auch in einer
Gesamtlösung für die Vereinheitlichung des
europäischen Patentrechts liegen, wie sie zahlreiche
Abgeordneten von der Kommission verlangt hatten. Das so genannte
EU-Gemeinschaftspatent aber steckt seit vielen Jahren wegen der
Blockade einzelner Mitgliedstaaten im Gesetzgebungsverfahren der EU
fest. So bleibt es hinsichtlich der Patentierbarkeit von
Erfindungen weiter bei einem Flickenteppich, der den Wettbewerb im
Binnenmarkt stark behindert.
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