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Susanne Kailitz
Aufgekehrt...
Eigentlich ist die Sache klar geregelt: An sechs Tagen der Woche
wird gearbeitet, am siebten geruht. So steht es jedenfalls in der
Bibel. Nicht aber im Tarifvertrag des öffentlichen Diensts -
weder in der alten Fassung, kurz BAT, noch im neuen Vertragswerk,
das die klangvolle Abkürzung TVöD trägt. Ganze 39
Stunden pro Woche müssen Arbeitnehmer danach wenigs-tens
körperlich am Arbeitsplatz anwesend sein.
Zuviel für viele: Klassisch ist in der öffentlichen
Verwaltung weder Montagvormittag noch Freitagnachmittag jemand
erreichbar. Perfektioniert wurde diese Kunst der
Arbeitszeitenstraffung an deutschen Hochschulen: Hier lernt jeder
Student im ersten Semester, was es mit der Di-Mi-Do-Woche auf sich
hat und dass es an studienabschlusstechnisches Harakiri grenzt,
einen Professor um einen Freitagstermin zu bitten.
Doch während das akademische Personal recht frei über
seine Arbeitszeiteinteilung verfügen kann, wird von
Angestellten dummerweise Anwesenheit im Büro erwartet, gar
gefordert. Da tun gute Gründe not, dem Schreibtisch
fernzubleiben. Kreativität ist gefragt, denn trotz aller
Gutgläubigkeit werden Chefs bei regelmäßig
wiederkehrender Montagsmigräne oder Freitagsschnupfen
irgendwann misstrauisch.
Gut, dass es nun eine Quelle orgineller Entschuldigungen
für alle erholungsbedürftigen Blaumacher gibt: Auf der
Homepage www.careerbuilder.com haben Forscher die
außergewöhnlichsten Ausreden amerikanischer Angestellter
gesammelt. Befragt wurden 2.450 einfache und 875 leitende
Angestellte - und die Gründe für ihr Fernbleiben von der
Arbeit sind vielfältig: Während "Ich habe meine
Schlüssel die Toilette heruntergespült" und "Die Schlange
meines Freundes ist ausgebrochen und ich hatte Angst, das
Schlafzimmer zu verlassen, bevor er wieder kam" eher lahm sind,
sind "Ich war zu betrunken, um zur Arbeit zu fahren" und
"Unglücklicherweise ist mein Sohn direkt neben weichem Beton
eingeschlafen und wir konnten seinen Fuß nicht frei bekommen"
von bestechender Logik. Und welcher Personalchef würde schon
wagen, folgende Aussagen zu bezweifeln: "Gott hat mich nicht
geweckt" und "Ich bin zu dick geworden, um in meine Arbeitshosen zu
passen"?
Letzteres entwickelt sich auch hierzulande zum Trend -
allerdings in einer anderen Branche: Immer mehr potenzielle
Bundeswehr-Rekruten fallen bei der Musterung durch, weil sie zu
dick sind und zur Fettsucht neigen. Die Durchfallquote im
obligatorischen Fitnesstest vor dem Eintritt in die Bundeswehr
liegt mittlerweile bei fast 40 Prozent.
Eine Nachricht, die für viele ehemalige Wehrdienstleistende
zu spät kommt: Wer hätte geahnt, dass man nur ordentlich
futtern muss, um ausgemustert zu werden, anstatt wochenlang einen
rachitisch-schwindsüchtigen Auftritt zu üben? Den
allerdings könnte man im öffentlichen Dienst erneut
einsetzen: Für einen blauen Montag reicht ein gekonnter
Erstickungsanfall allemal.
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