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wol/csp
Schily: Presserecht nicht verletzt
Durchsuchung der "Cicero"-Redaktion
Inneres. Entschieden hat sich
Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) am 13. Oktober vor dem
Innenausschuss gegen Vorwürfe verwahrt, er habe in einer Rede
vor dem Bundesverband der Deutschen Zeitungsverleger am 20.
September in Berlin von einer "Gewährung" der Pressefreiheit
gesprochen. Schily verlas dazu Teile dieser Rede. Danach habe er
gesagt: "Pressefreiheit erst garantiert den freiheitlichen Staat."
Er verwies weiter auf die "simple Rechtslage", dass das
Ermittlungsverfahren zur Durchsuchung der Redaktionsräume des
Magazins "Cicero" nicht vom Bundesinnenministerium (BMI), sondern
von der Staatsanwaltschaft in Potsdam veranlasst worden sei.
Das BMI habe auch keinerlei Einfluss auf das
Personal oder andere Gegebenheiten genommen. Die
Veröffentlichung von vertraulichen Unterlagen zur
Bekämpfung von Terroristen entlaste einen Journalisten nicht
vom Vorwurf der Beihilfe zum Geheimnisverrat. Dass sich auch
Journalisten an Gesetze halten müssten, sei eine
Banalität. Es wäre ein grober Denkfehler, so der
Minister, das Ermittlungsverfahren als Verletzung des Presserechts
zu verstehen. Anders als vielfach dargestellt, habe die
Veröffentlichung von Verschlusssache-Dokumenten eben nicht
dazu gedient, ein unrechtmäßiges Verhalten des Staates
aufzuklären.
Schily wandte sich in diesem Zusammenhang
auch gegen Vorwürfe eines "totalitären Verhaltens", die
aufgrund von "falsch übernommenen Zitaten" vielfach gegen ihn
erhoben worden seien. Zum Verlangen der CDU/CSU, er solle sich als
künftiger Alterspräsident des Bundestages bei einigen
seiner Kollegen für abschätzige Bezeichnungen
entschuldigen, entgegnete der Minister, man müsse sich
ernsthaft fragen, "wer sich bei wem entschuldigen" solle, wenn
zuvor mittels falscher Zitate sein gesetzmäßiges
Verhalten kritisiert worden sei. Scharf wies Schily den Vorwurf
zurück, er wolle die Journalisten zu den eigentlichen
Tätern machen. Es sei immer eindeutig von einer Beihilfe zum
Geheimnisverrat durch die Journalisten im Unterschied zur
Haupttäterschaft durch staatliche Geheimnisträger
gesprochen worden.
Ergänzend zu dem Bericht des
Innenministers erläuterte der Präsident des
Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, warum man im BKA -
unter Wegnahme der Quellenangaben ausländischer Geheimdienste
und sonstiger Informationsträger - einem
vergrößerten Kreis von Mitarbeitern dieses und
ähnliche Papiere zugänglich gemacht habe. Ziercke verwies
dabei auf Erkenntnisse der Behörden vor allem in Madrid,
wonach ein mangelnder Austausch von Informationen über
Terroristen und deren Aktivitäten zwischen Ermittlern,
Analysten und Gefährdungsbewertern zu Defiziten bei der
Verfolgung und Vermeidung terroristischer Straftaten geführt
habe, in deren Folge es damals zu den Attentaten gekommen
sei.
Laut FDP, deren Initiative zur Sondersitzung
geführt hatte, ist unstrittig, dass es für die Presse
keinen "rechtsfreien" Raum geben darf. Der "staatsfreie" Raum
für Journalisten dürfe aber nicht unterlaufen und das
Zeugnisverweigerungsrecht nicht ausgehebelt werden. Das
Bundesverfassungsgericht habe Durchsuchungen mit diesem Ziel als
unzulässig und unverhältnismäßig erklärt.
Problematisch sei auch die Auswertung von "Zufallsfunden". Auch
für die SPD gehört es nicht zur Pressefreiheit, sich
rechtswidrig Informationen zu beschaffen, gleichwohl dürfe man
Journalisten nicht automatisch zu Gehilfen von Straftätern
machen. Im Übrigen gelte die Sorge der Fraktion nicht der Rede
Schilys, sondern der Vermeidung undichter Stellen. Von der CDU/CSU
gab es kritische Anmerkungen zur "eigentlichen Zielsetzung" im
Hinblick auf die Verbreitung vertraulicher Unterlagen durch das
Magazin. Die Union erklärte, "wenn das Material echt war,
hätte es eigentlich das Ziel der Behörden sein
müssen, seine Veröffentlichung zu stoppen". Die
Bündnisgrünen sahen eine große Gefahr für die
Pressefreiheit, wenn sich etwa Ermittlungen sofort gegen den
Gehilfen richten und nicht gegen die Quelle. Sorge mache der
Wiederaufbau von Loyalität und Vertrauen im BKA angesichts
"riesiger Löcher".
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