K.Rüdiger Durth
Platzeck soll neuer SPD-Chef werden
Keine Gefahr für die große Koalition
in Brandenburg
Vizekanzler und Außenminister hätte er werden
können. Doch das lehnte er ab, weil er in Brandenburg bleiben
will. Beim Amt des Vorsitzenden der SPD aber wurde er schwach. Die
Rede ist von Matthias Platzeck (52), seit 2002
Ministerpräsident des Landes Brandenburg. DDer aus Potsdam
stammende Diplom-Ingenieur Platzeck fand zur Wendezeit durch sein
Engagement für die Umwelt in die Politik.
Vor allem fragt man sich in Brandenburg, wie lange Platzeck sein
Wahlversprechen halten kann, im Land zu bleiben? Spätestens
2009 wird er Farbe bekennen müssen: Will er als SPD-Chef
Kanzlerkandidat werden oder nicht? Wahrscheinlich wird er wollen
(müssen). Schließlich ist Platzeck, der wie kaum ein
anderer auf eine so steile politische Karriere innerhalb weniger
Jahre zurückblicken kann, ein Pragmatiker: In der
DDR-Regierung von Hans Modrow war er Minister ohne
Geschäftsbereich. Als Grüner wurde er 1990 unter
Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD)
Umweltminister. Als die Ampelkoalition platzte, blieb er im
Kabinett. Erst 1995 trat er in die SPD ein.
Allzweckwaffe der Partei
1997 wurde er durch seinen unermüdlichen Einsatz gegen die
Oderflut weit über Brandenburg hinaus bekannt. Ein Jahr
später musste er auf Bitten Stolpes das Kabinett verlassen, um
zu verhindern, dass das Oberbürgermeisteramt der
Landeshauptstadt Potsdam an die PDS fiel. 2002 wurde er Stolpes
Nachfolger als Ministerpräsident einer großen Koalition.
Bei der Landtagswahl 2004 lag die SPD in den Umfragen viele Monate
weit abgeschlagen hinter PDS und CDU. Hartz IV machte den
Sozialdemokraten schwer zu schaffen. Drei Wochen vor der Wahl
setzte Platzeck zu einem beispiellosen Kampf für Hartz IV an.
Und als die Stimmen ausgezählt waren, lag die SPD vor der PDS
und der CDU. Bis zum 31. Oktober war Platzeck auch Präsident
des Bundesrates und damit dritthöchster Repräsentant der
Bundesrepublik Deutschland.
Seitdem gilt er als Allzweckwaffe seiner Partei. Obwohl er nach
der Landtagswahl 2004 nach Schweriner oder Berliner Vorbild auch
eine Koalition mit der PDS hätte eingehen können,
entschied er sich für die Fortsetzung der seit 1999
bestehenden großen Koalition mit Innenminister Jörg
Schönbohm (CDU) als Partner. Wenn Schönbohm für
Schlagzeilen sorgt, stellt sich Platzeck schützend an seine
Seite.
Platzeck hat in Brandenburg bewiesen, dass er ein Mann des
Ausgleichs, nicht der Zuspitzung ist. Und pragmatische
Lösungen sind ihm immer wichtiger als ideologische
Richtigkeiten. So kommt es, dass er sich in der SPD weder als links
noch als rechts verorten lässt. Das wiederum hat zur Folge,
dass auch die CDU gut mit ihm kann. Das wird sich in der
wahrscheinlichen Großen Koalition auf Bundesebene auszahlen.
Aber auch, dass nun die Vorsitzenden beider großen
Volksparteien aus dem Osten kommen. Innerhalb der SPD wird Platzeck
nach dem Müntefering-Schock zunächst einmal viel Kraft
dafür verwenden müssen, um die aufgerissenen Gräben
wieder zu schließen.
Auch wenn Platzeck künftig weniger Zeit für
Brandenburg haben wird, so muss das Land deshalb keineswegs
schlechter stehen. Im Gegenteil. Als SPD-Chef hat er viele
Möglichkeiten, für die Interessen der neuen
Bundesländer in der Großen Koalition des Bundes
einzutreten. Viele aber werden sich auch daran gewöhnen
müssen, dass Platzeck nie aus seiner persönlichen
Überzeugung einen Hehl macht - nicht im Blick auf Hartz IV,
nicht im Blick auf die hohe Schuldenlast seines Vorgängers
Stolpe, auch nicht im Blick auf die viel Geld verschlingende
gleichmäßige finanzielle Förderung aller Regionen,
die durch eine Förderung der wirtschaftlich
zukunftsfähigen Regionen abgelöst werden soll.
Nicht wenige Sozialdemokraten in Brandenburg möchten lieber
die SPD/CDU-Koalition durch eine rot-rote ablösen. Hier wird
Platzeck wachsam sein müssen. Denn er kann schlecht als
SPD-Chef auf Bundesebene für eine Große Koalition sein
und sie im eigenen Land scheitern lassen. Umgekehrt benötigt
die CDU in Brandenburg - bei der Bundestagswahl 2005 gingen alle
Direktmandate des Landes erneut an die SPD - Erfolge, um aus ihrem
Tief herauszukommen. Das aber kann sie zu einem großen Teil
aber nur auf Kosten der SPD erreichen. Dafür aber wird
Platzeck nicht das geringste Verständnis haben.
Platzeck als SPD-Chef - der Bundesparteitag Mitte November in
Karlsruhe muss noch zustimmen - wird für den Erfolg der
Großen Koalition im Bund und in seinem Land kämpfen
müssen. Vorerst jedenfalls steht eine rot-rote Koalition in
Brandenburg nicht auf der Tagesordnung. Damit dies so bleibt, ist
er in Brandenburg vor allem auf seinen Partner Jörg
Schönbohm angewiesen. Würde Schönbohm in Brandenburg
kippen wie Müntefering auf Bundesebene, dann hätte
Platzeck ein Problem. Immerhin drängen viele jüngere
CDU-Mitglieder Schönbohm, seine Ämter bald zur
Verfügung zu stellen und Jüngeren Platz zu machen.
Zurück zur
Übersicht
|