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"Es war ein Glücksfall in der
europäischen Geschichte"
Der frühere Bundeskanzler Helmut Kohl hat
den zweiten Band seiner "Erinnerungen" vorgestellt
Der frühere Bundeskanzler Helmut Kohl hat am 2. November in
Berlin den zweiten Band seiner Erinnerungen vorgestellt. Darin
behandelt er den Zeitraum vom Beginn seiner Kanzlerschaft ab
Oktober 1982 bis zur ersten freien Volkskammerwahl in der DDR im
März 1990. Ein dritter Band soll noch folgen, der die
90er-Jahre zum Inhalt haben wird.
Der Patriarch, so der Eindruck im Rückblick auf die
Vorstellung des ersten Bandes vor gut einem Jahr, ist ruhiger und
toleranter geworden. Das früher so häufige "Ach, wissen
Sie" fiel diesmal nicht mehr, nur zweimal "Wissen Sie...", was eher
eine freundliche Belehrung einleitete. Freilich sind damit die
alten Gegner nicht vergessen: Einen Rochus hat er unverändert
auf die Journaille, insbesondere auf die "Anti-Kohl-Mafia in
Hamburg". Auch ärgert er sich nach wie vor über
besserwisserische Politiker mit ihrer "Eurosklerose", die er
unschwer in den Reihen des noch amtierenden Bundeskabinetts
ausmacht.
Seine "Erinnerungen" habe er letztlich auf Drängen seiner
verstorbenen Frau begonnen, aber auch, um die "unglaublichen
Fälschungen" über ihn und seine Politik
zurechtzurücken. Es ist, so sagt er, kein wissenschaftliches
Werk, sondern wurde aus ganz subjektiver Betrachtungsweise
geschrieben. Dennoch ist sich Kohl sicher, dass künftige
Studenten das Buch aus dem Regal holen und als Quelle benutzen
werden: "Darauf freue ich mich." Und überhaupt: "Wer die
deutsche Einheit in ihrem Vorfeld kennenlernen will, wird an diesem
Buch nicht vorbeikommen!"
Wo sich Freundschaft entwickelt hat, lässt er seiner
Dankbarkeit freien Lauf. Er nennt Mitterand aus Frankreich, den
früheren US-Präsidenten George Bush ("vor allem auch
Barbara Bush"), den Spanier Philippe Gonzales und die russischen
Präsidenten Michail Gorbatschow und Boris Jelzin. Die Jahre um
1990 bedeuteten "einen Glücksfall in der europäischen
Geschichte". Es gab, so Kohl, "damals fünf bis sechs Leute,
die sich vertrauten und die etwas bewegen konnten". Natürlich
gehörte er dazu. Dann wiederholt er sein Credo vom Vorjahr:
"Was im privaten Leben richtig ist, ist auch in der Politik
richtig; was privat nichts taugt, taugt auch nichts in der
Politik."
Gegen Margaret Thatcher focht er mit offenem Visier: "Sie war
die ehrlichste von allen; sie wollte die deutsche Einheit nicht."
Sie als Gegnerin zu haben war "sehr unangenehm". Dennoch: "Sie war
eine Frau, die immer Frau geblieben ist!"
Manche Fragen der in Scharen herbeigeströmten Journalisten
behagen ihm nicht ("Das ist blühender Unsinn, was Sie sagen").
Böse wird er bei der Frage, ob es mittlerweile ein
"Übergewicht der Umdeuter" der damaligen Ereignisse gebe. "Ich
gebe zu, mit 75 nimmt alles ab, aber Reste sind bei mir noch da";
er vertraue durchaus seinem Erinnerungsvermögen. Wünschen
wir ihm und den Lesern, dass er den dritten Band wirklich wie
geplant fertigstellen kann.
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