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Steffen Kailitz
Materialschlachten und Karteileichen
Die DVU: Marionette des Verlegers Gerhard
Frey
Gerhard Frey, der finanzkräftige Verleger der
"National-Zeitung/Deutsche Wochenzeitung" (Auflage ungefähr
48.000), gründete 1971 die Deutsche Volksunion (DVU) als
überparteiliche, "national-freiheitliche" Sammlungsbewegung.
Er engagierte sich zunächst gleichzeitig in der NPD und
kandidierte 1975 erfolglos für das Amt des stellvertretenden
Bundesvorsitzenden der Partei. Wohl auch weil ihm der Weg an die
Spitze der NPD versagt blieb, wollte Frey nun eine eigene Partei.
Im März 1987 trat die Partei "DVU-Liste D" an die Seite des
Vereins DVU. Sie forderte in ihrem knappen, zunächst nur
einseitigen Programm: "Begrenzung des Ausländeranteils, Stopp
dem zunehmenden Ausländerzustrom, Beschleunigung der
Asylverfahren, Ausweisung von kriminellen Ausländern". Als
Motto diente der Schlachtruf "Deutschland zuerst".
Ein programmatischer Schwerpunkt war zudem die Verfemung der
Bewältigung der nationalsozialistischen Vergangenheit und die
Einebnung des Völkermords an den europäischen Juden mit -
tatsächlichen und vermeintlichen - Kriegsverbrechen an den
Deutschen. Deutlicher als im Parteiprogramm zeigt sich die
rechtsextremistische Ausrichtung in den inoffiziellen
Parteiorganen, der "Deutschen National-Zeitung" und der "Deutschen
Wochen-Zeitung", die sich 1999 zur "National-Zeitung/Deutsche
Wochenzeitung" zusammenschlossen. Heftig und häufig
polemisieren die Artikel gegen Vergangenheitsbewältigung und
Ausländer.
Die DVU arbeitete zunächst eng mit der NPD zusammen. Auf
Anhieb konnte die DVU 1987 in einem Wahlbündnis mit der NPD in
die Bremer Bürgerschaft einziehen. Dies leitete nach den
rechtsextremen Wahlerfolgen der Sozialistischen Reichspartei (SRP)
in den 50er- und der NPD in den 60er-Jahren eine neue Welle
rechtsextremer Achtungserfolge bei Wahlen ein. Trotz eines enormen
Aufwands für den Wahlkampf zur Europawahl 1989 blieb das
Bündnis von DVU und NPD mit 1,6 Prozent im Schatten des
Erfolgs der REP (7,1 Prozent). Nach dem schlechten Abschneiden bei
der Bundestagswahl 1990 trennten sich die Wege von DVU und NPD bis
2004.
Im Alleingang konnte die DVU 1991 bei den Wahlen in Bremen (6,2
Prozent) und in Schleswig-Holstein (6,3 Prozent) in den Landtag
einziehen. 1996 scheiterte die DVU in Schleswig-Holstein (4,3
Prozent) nur knapp und 1997 in Hamburg (4,97 Prozent) haarscharf an
der Fünf-Prozent-Hürde. Vor 1998 trat die DVU in den
östlichen Bundesländern nicht an. Erst in jenem Jahr sah
Frey bei den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt Chancen für
einen Parlamentseinzug seiner Partei. Unverhohlen buhlte sie mit
dem Slogan "Protest wählen - Deutsch wählen" um die Gunst
politisch Unzufriedener. Die DVU konnte mit 12,9 Prozent ihren
größten Erfolg feiern. Dies ist das höchste Ergebnis
einer rechtsextremen Partei in der deutschen
Nachkriegsgeschichte.
Die DVU zog zudem als erste rechtsextreme Partei in ein
ostdeutsches Parlament ein. Ihren Erfolg konnte sie - wenn auch
nicht annähernd in gleicher Höhe - bei den Wahlen in
Brandenburg (5,3 Prozent) wiederholen. In Thüringen (3,1
Prozent) endete der ostdeutsche Siegeszug der Partei 1999, obwohl
die Partei viel Geld eingesetzt hatte. Die DVU ist die
mitgliederstärkste rechtsextremistische Partei, allerdings mit
stark abnehmender Tendenz (1992: 26.700 Mitglieder; 2004: 11.000
Mitglieder). Die Mehrzahl der Mitglieder sind zudem
"Karteileichen". Das einzig nennenswerte Zeichen eines Parteilebens
war die seit 1982 jährlich in Passau organisierte
"Großkundgebung der Nationalfreiheitlichen", auf die die
Partei seit 2002 verzichtet.
Die Landtagswahlkämpfe plant die Münchner
Parteizentrale, nicht der jeweilige Landesverband. Den Mangel an
attraktiven Kandidaten und an Organisationskraft gleicht Frey durch
"Materialschlachten" mittels Postwurfsendungen und
flächendeckender Plakatierung aus. Die DVU tritt nur dann zu
Wahlen an, wenn sich Frey große Chancen auf einen
Parlamentseinzug ausrechnet. Die DVU setzt dann viel Geld ein. Die
Parlamentsarbeit der Partei wirkt meist nicht professionell. Sie
ist gekennzeichnet von der Inaktivität, Inkompetenz und
Zerstrittenheit der parlamentarischen Mandatsträger.
2002 trat die DVU nicht zur Bundestagswahl an. Die Partei
verzichtete auch auf eine Teilnahme an den Landtagswahlen in
Sachsen-Anhalt, weil nach den Skandalen und Spaltungen ihrer
Landtagsfraktion eine Wiederholung des Erfolgs von 1998
aussichtslos schien und der Partei inzwischen die finanziellen
Mittel fehlten. Nur unter ausgesprochen günstigen
Rahmenbedingungen gelang der DVU 2004 mit 6,1 Prozent der Stimmen
ein erneuter Einzug in den Landtag Brandenburgs: Der Protest gegen
Hartz IV war auf fruchtbaren Boden gefallen. Dennoch ist die Partei
inzwischen so schwach, dass sie sich an die vermeintlich
stärkere NPD anlehnt.
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