"Ich habe das Extreme gesucht"
Interview mit einer Aussteigerin
Sie war Funktionärin in der mittlerweile
verbotenen neonazistischen Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei
(FAP), dann Kameradschaftsführerin und Mitglied in einer
germanischen "Artgemeinschaft", einer rechtsextremistisch
heidnischen Glaubensgemeinschaft. Seit ihrem Austritt aus der
rechtsextremen Szene wird sie von den ehemaligen Kameraden gesucht.
Ihr Mann, mittlerweile Funktionär bei der NPD, saß
bereits wegen schwerer Körperverletzung und Nötigung im
Gefängnis. Wenn die Mutter nebst ihren Kindern gefunden wird,
hat sie nichts Gutes zu erwarten. Denn sie hat das Schlimmste
getan, was ein "Kamerad" tun kann: Sie hat Verrat begangen. Wir
haben die Mittdreißigerin deshalb an einem geheimen Ort
getroffen. Den Namen kennt die Redaktion aus
Sicherheitsgründen nicht.
Das Parlament: Sie sind nach 20 Jahren
im Januar 2005 aus der rechtsradikalen Szene ausgestiegen. Wie
leben Sie im Moment?
Aussteigerin: Ich muss sehr genau
gucken, was ich wo und wie sage. Wir, meine Kinder und ich, wandeln
wie unter einem Deckmantel. Wir werden von der Szene und von meinem
Mann gesucht, einem führenden Rechtsextremisten. Im Moment
haben sie die Spur verloren. Aber wir haben Angst und fühlen
uns wie die Gejagten. Das ist sehr gefährlich. In der Schule
dürfen die Kinder natürlich nichts von unserer
Vergangenheit erzählen.
Das Parlament: Wie steigt man aus? Wie
muss man sich das praktisch vorstellen?
Aussteigerin: Die Phase des Ausstiegs
ist sehr lang. Ich hatte mich seit fünf Jahren intensiv und
ernsthaft mit dem Gedanken befasst. Zunächst wandte ich mich
an den Verfassungsschutz. Aber der Ausstieg über den
Verfassungsschutz kam für mich nicht in Frage. Deren
Vorstellungen sind zu bürokratisch und schematisch.
Normalerweise steigen ja nur einzelne Personen aus und nicht eine
Mutter mit mehreren Kindern. Dann hat mir ein
Landesjustizministerium geholfen, jetzt bin ich bei EXIT. Die
unterstützen mich, bemühen sich um individuelle
Lösungen. Die Hauptlast trage ich aber allein. Und ich muss
sagen, dass ich mich auf diesem steinigen und schweren Weg vom
Staat schon sehr in Stich gelassen fühle. Letztlich finde ich,
dass mir zu wenig unter die Arme gegriffen wird.
Das Parlament: Wollte Ihr Mann jemals
aussteigen?
Aussteigerin: Nein, mein Mann wollte
nie aussteigen. Er ist eine prominente Führungsfigur. Jeder
kennt ihn. Bei uns ging jeder, der in der Szene einen Namen hat,
ein und aus. Erst waren wir bei der FAP, dann Freie
Kameradschaftsführer. In den letzten Jahren waren wir bei der
völkischen Artgemeinschaft. Jetzt ist mein Mann
Funktionär der NPD. Und genau das war für mich eine
große Schwierigkeit. Ich wusste lange nicht, wie ich aus dem
Ganzen zusammen mit meinen Kindern rauskommen sollte. Alle Kontakte
in meinem Leben hatte ich ausschließlich in der Szene. Auch
meine Eltern sind rechts. Ich hatte niemanden, der mir raus
hilft.
Das Parlament: Haben Sie mit Ihrem
Mann über ihren Wunsch, auszusteigen, geredet?
Aussteigerin: Das gab einen riesigen
inneren Riss in mir und in meiner Ehe. Ich stand unter Hochdruck.
Sagst du's ihm, sagst du's ihm nicht. Dass ich mich zu zwei
Dritteln irgendwie verabschiedet hatte, war ihm natürlich seit
ein paar Jahren schon klar. Er hat mich unter Druck gesetzt und
körperlich bedroht. Unsere Beziehung wurde immer schlechter.
Dennoch haben wir uns dann vor sechs Jahren einen Hof auf dem Land
gekauft. Da dachte ich zunächst noch, dass es weiter geht mit
uns. Doch unter unserem Dach wurden ständig kriminelle
Machenschaften gedreht. Ich wollte nicht immer weiter in die
Illegalität abrutschen.
Das Parlament: Was waren das für
Geschäfte?
Aussteigerin: Er hat CDs oder andere
Tonträger mit verbotenen Gruppen wie "Landser" mit
rassistischem Hintergrund vertrieben. Er hat Klamotten mit Runen,
Hakenkreuzen oder SS-Symbolen verkauft. Er hat antiquarische
Bücher unter die Leute gebracht. Ich habe davon gewusst und
tolerierend weggeguckt. Ich bin selbst nicht
vorbestraft.
Das Parlament: Wie finanzieren Sie
sich jetzt?
Aussteigerin: Wir leben von Hartz IV.
Ich muss auf kleine Kinder aufpassen.
Das Parlament: Was hatten Sie für
Posten in der rechten Szene inne?
Aussteigerin Das hat natürlich
gewechselt. Zuerst, mit 16, war ich Straßenkämpferin, bin
zu Demos gefahren, habe mit Steinen geworfen. Dann habe ich
innerhalb der FAP Parteiarbeit gemacht, Programme entworfen,
Artikel geschrieben, Reden gehalten. Schließlich, nach dem
Verbot der FAP, war ich Kameradschaftsführer von sieben
Kameradschaften in Norddeutschland. Die letzten fünf Jahre war
ich in der Artgemeinschaft. Da habe ich mich aber schon sehr
zurückgezogen. Wahrscheinlich war ich die einzige Frau mit so
viel Einfluss und die Einzige, die in dieser Männerwelt total
anerkannt war. Und eben nicht nur unter den Frauen, sondern auch
bei den Männern.
Das Parlament: Wie haben Sie das
geschafft?
Aussteigerin: Weil ich zäh und
hart bin. Normalerweise haben die Frauen in der Szene nicht viel zu
sagen. Aber die Männer haben dann auch erkannt, dass es der
Bewegung nützt, wenn eine Frau eine Führungsposition
übernimmt. Ich bin ein ganz anderer Multiplikator und erreiche
Frauen. Außerdem kann ich Leute gut bei der Stange
halten.
Das Parlament: Wie sind Sie
aufgewachsen?
Aussteigerin: Ich komme aus dem Westen
aus einer gehobenen Mittelstandsfamilie. Es war immer Geld da,
meine Eltern haben viel gearbeitet und haben sich, als ich zehn
Jahre alt war, getrennt. Mein Vater war damals noch in der CDU
aktiv. Durch ihn habe ich dann die praktische politische Arbeit in
einer Partei kennen gelernt. Wie organisiert man einen Wahlkampf?
Wie plakatiert man? Wie redet man? Das habe ich später gut
gebrauchen können. Erzogen wurde ich vor allem von meinen
Großeltern. Meine Großeltern waren Alt-Nazis und haben
mich antisemitisch erzogen. Als wir in der Schule das "Dritte
Reich" durchgenommen haben, hat mein Opa mir die Zeit in den
buntesten Farben geschildert. Mich hat das interessiert und
fasziniert.
Das Parlament: Das ist eine Biografie,
mit der man nicht rechtsextremistisch werden muss. Im
Gegenteil.
Aussteigerin: Ja, andere sind dann
besonders kritisch und gehen zu den Linken. Ich wurde auch
besonders radikal, aber rechtsradikal. Ich habe mich immer mehr mit
Politik auseinandergesetzt und habe alles, was ich las, nach
rechten Geschichten über Skinheads oder rechte Parteien
durchsucht. Mit 13 traf ich in unserer Stadt auf die ersten Glatzen
und hatte ersten Kontakt zu den Jungen Nationaldemokraten und der
NPD. In der Szene habe ich meinen ersten Freund gefunden. Aber
schon nach einem Jahr war mir das, was in der NPD angeboten wurde,
nicht radikal genug. Ich wollte Massen bewegen. Ich wollte so
richtig einsteigen und habe mich an die FAP gewandt.
Das Parlament: War Ihr Vater nicht
entsetzt?
Aussteigerin: Mein Vater hatte einen
sehr starken Rechtsdrall. Er war kein CDU-Mann aus der Mitte der
Partei. Er hat die CDU als Deckmantel genutzt, weil er es sich
beruflich nicht hätte leisten können, bei einer rechten
Organisation mitzumachen. Mein Vater hat mich am Anfang sogar noch
unterstützt und mir das Geld für die Fahrten zu den
Demonstrationen zugeschoben, die am Wochenende überall in
Deutschland stattfanden. Dann habe ich fast nur noch rechte
Zeitungen gelesen. Irgendwann hat das meiner Mutter gereicht. Sie
hat per Gerichtsbeschluss erwirkt, dass ich in ein geschlossenes
Heim komme. Dort bin ich nach drei Wochen abgehauen. Da war ich 16.
Ich bin in der rechten Szene untergetaucht. Zunächst in
Deutschland, und dann wurde ich über die Grenze nach
Dänemark geschleust. Geld war überhaupt keine Frage. Die
rechten Kameraden haben mich alle unterstützt. Nach kurzer
Zeit kannte ich sehr viele Leute. Bis ich 18 war, war ich in
Dänemark. Danach war ich mit einem Mann aus der
Führungsriege der FAP zusammen. Ich habe das Extreme gesucht.
Ich hätte mich ja auch mit einem Wochenendenazi abgeben
können. Aber das wollte ich nicht.
Das Parlament: Was haben Sie über
den Holocaust gedacht?
Aussteigerin: In der Judenfrage waren
wir uns alle einig: Den Holocaust hat es für uns nicht
gegeben. Die Juden selbst haben den Holocaust erfunden und die
Zahlen verfälscht, haben wir gesagt. So sah das jeder: meine
Freunde, meine Familie, alle. Die Leugnung des Holocausts ist bei
den Rechten immer der gemeinsame Nenner. Und natürlich die
Ausländerfrage. Aber wenn man anders herum fragt, wofür
sind Rechte: Dann geht es immer um die "Sache". Die "Sache" ist die
deutsche Volksgemeinschaft, dafür kämpft man. Es geht
darum, deutsche Rechte durchzusetzen. Dabei schwingt immer mit,
dass das "Dritte Reich" verraten wurde - auch durch die
Besatzungsmächte. Es geht um die Wiederherstellung der
eigentlichen Wahrheit. Und die eigentliche Wahrheit ist die
Wahrheit des "Dritten Reichs". Diese Sicht hat mich mit der Zeit
immer mehr angewidert.
Das Parlament: Warum hat Sie diese
Sicht mit der Zeit so abgestoßen, obwohl Sie jahrelang fest
daran geglaubt haben?
Aussteigerin: Die Abnabelung war ein
schleichender Prozess. Auch habe ich die Lüge, der Holocaust
habe nicht stattgefunden, irgendwann nicht mehr geglaubt. Ich habe
zu viel gelesen, mir zum Beispiel den "Spiegel" gekauft. Zudem bin
ich Heilpraktikerin und hatte dadurch immer noch ein bisschen
Kontakt zur Außenwelt. Ich hatte es mit einem ganz anderen
Menschenschlag zu tun.
Das Parlament: Was für eine Rolle
haben die Frauen in der Szene?
Aussteigerin: Also auf Demos gibt es
keinen Unterschied zwischen Männern und Frauen. Aber sonst
tragen die Frauen bei den Völkischen fast nur lange Röcke
und selbst gestrickte Pullover. Viele Frauen finden es asozial,
eine Hose anzuziehen. Sie haben hüftlange Haare, die zu einem
Dutt gebunden werden und wenigstens vier Kinder, manche sogar 15.
Die Mädchen haben geflochtene Zöpfe. Man lässt sich
auch kaum scheiden. Das gehört sich nicht. Es ist die Suche
nach der heilen Welt. Denn eine Mutter mit Rock und ordentlich
angezogenen Kindern gibt natürlich ein anderes Bild ab als
eine Mutter in Jeans, mit gefärbten Haaren und
gepierct.
Das Parlament: Aber da passen die
Skinhead-Girls nicht hin?
Aussteigerin: Naja, es gibt
Überschneidungen. Wenn die Frauen sehr jung sind, sind sie
meistens bei den Skinheads oder in den Parteien. Die meisten jungen
Frauen werden von ihren Freunden mitgebracht. Die Frauen finden es
aufregend und spannend, einen großen, kahl rasierten Freud mit
dicken Oberarmen zu haben. Erst später, wenn sie sich weiter
entwickeln, gehen sie zu den Völkischen. Anders als die
völkischen Frauen haben die Skinhead-Frauen meistens keine
Kinder. Nach außen hin, bei Demonstrationen, treten sie
weitgehend gleichberechtigt auf. Aber in Wahrheit erledigen die
Frauen in allen Gruppierungen meistens nur kleinere Arbeiten,
entwerfen Flugblätter, übernehmen Schreibarbeiten, sind
Kassenwart. Fast nie haben sie den Vorsitz. Es gibt allerdings
immer wieder strategische Überlegungen der Männer, Frauen
ein öffentlichkeitswirksameres Profil zu verleihen. Damit
wollen sie zeigen, dass auch die Frauen bei den Rechten etwas zu
sagen haben und nicht zurückgedrängt werden. So hofft
man, mehr Frauen werben zu können.
Das Parlament: Wie gehen die
Männer mit den Frauen um?
Aussteigerin: Das ist sehr
unterschiedlich. In der politischen Ecke und im Straßenkampf
werden die Frauen ganz normal behandelt. In der völkischen
Ecke werden die Frauen - man muss es so sagen - auf Händen
getragen. Eine Frau mit vielen Kindern, die sie ordentlich erzieht,
verkörpert das Ideal einer guten Mutter und Hausfrau.
Außerdem unterstützt sie als Ehefrau ihren Mann im
politischen Kampf. Das schätzen die Männer. Auch heute
noch sagen die Nachbarn, wenn sie mich mit meinen Kindern auf der
Straße sehen, dass sie so schön gekleidet sind und gesund
aussehen. Meine Kinder tragen keine Pullover mit amerikanischem
Aufdruck und auch nur selten eine Jeanshose. Natürlich hat
mein Sohn jetzt nach dem Ausstieg auch mal Turnschuhe an, aber eben
nicht dauernd.
Das Parlament: Was unterscheidet die
Artgemeinschaft von anderen rechtsextremistischen
Gruppen?
Aussteigerin: Bei der Artgemeinschaft
ist das Germanentum sehr wichtig. Sie glauben an mehrere
Götter. Sie feiern die Wintersonnenwende und die
Sommersonnenwende. Es werden Geschichten und Sagen erzählt.
Wir sind viel in die Natur gegangen, haben Kräuter gesammelt,
alte Volkstänze getanzt. Für die Kinder gab es immer ein
Programm im Freien. Das Militärische, das bei anderen
rechtsextremistischen Gruppen sehr prägend ist, steht bei der
Artgemeinschaft weniger im Vordergrund. Die Gefährten treten
nicht so martialisch auf. Jeder kennt jeden und wenn eine Familie
Probleme hat, bekommt sie sofort Hilfe, auch finanziell.
Das Parlament: Vergrößert
sich die rechte Szene? Sickert das Gedankengut in die
Gesellschaft?
Aussteigerin: Auf jeden Fall. Die
Aufmerksamkeit der Presse richtet sich vor allem auf die NPD, und
im Fernsehen sieht man die Glatzen. Aber das, was sich nicht im
Licht der Öffentlichkeit abspielt, ist viel gefährlicher.
Außerdem potenziert sich die Anhängerschaft in den
völkischen Kreisen durch die vielen Kinder. Die Kinder wachsen
in einem völlig abgeschlossenen Milieu auf und können gar
nicht anders, als zu Anhängern zu werden.
Das Parlament: Interessieren Sie sich
jetzt noch für Politik? Welche Partei finden Sie
sympathisch?
Aussteigerin: Sympathisch, das kann
ich nicht sagen. Aber wenn ich mir eine Partei aussuchen
müsste, dann wären es die Grünen. Ich mag den
naturnahen, ökologischen Gedanken. Ansonsten bin ich Parteien
gegenüber mittlerweile sehr misstrauisch.
Das Parlament: Mit wem reden Sie
über Politik, über sich, über die
Zukunft?
Aussteigerin: Mit den Leuten von EXIT
und das sehr viel und sehr intensiv. Außerdem schreibe ich
gerade unsere Geschichte nieder, sonst würde ich platzen. Das
Buch soll keine Abrechnung mit der rechten Szene werden. Dennoch
will ich die Strukturen erklären. Es soll aufklären und
anderen einen Weg zum Ausstieg zeigen. Mir selbst soll das Buch
helfen, mit meiner eigenen Geschichte
abzuschließen.
Das Parlament: Warum steigen nicht
mehr Leute aus?
Aussteigerin: Weil es sehr schwer ist.
Wenn man eine unwichtige Randfigur war und nur ein bis zwei Jahre
in der Szene mitgelaufen ist, dann geht das. Aber wenn man so wie
ich ewig da drin war, dann wird das von den Kameraden auch
hinterfragt. Die rufen an, kommen zu einem nach Hause, setzen einen
unter Druck. Das kann man nicht einfach so auslaufen lassen. Die
lassen einen da nicht heraus. Schließlich weiß ich ja
auch zu viel. Und ein Ausstieg wird in der Szene so benannt: Es ist
Verrat an der Sache.
Das Parlament: Wird der
Rechtsextremismus in den Medien rea-listisch
dargestellt?
Aussteigerin: Es wird ein Feindbild
des bösen Rechten aufgebaut: Der große, kahl Geschorene
mit der Bierpulle, der Asoziale. Keine Frage, diese Leute gibt es
zuhauf. Aber die viel gefährlichere und unauffälligere
Seite der Rechten wird überhaupt nicht beleuchtet. Die Medien
zeigen fast nie, was für schlaue Köpfe dahinter stecken,
was für enormes Geld, wie die Zusammenhänge sind. Was
für eine Entwicklung die Menschen gemacht haben, um in die
Szene hineinzukommen.
Das Parlament: Ihr Mann ist in der
NPD. Auch Sie hatten immer Kontakt zur NPD. Ist die NPD
gefährlich?
Aussteigerin: Absolut. Die
gehören verboten. Die NPD ist kaum anders als die FAP. Die
sind absolut radikal in ihren Ansichten und gerieren sich geschickt
als Salon-Nazis, kleiden sich gepflegt und nicht martialisch,
überlegen sich, wie sie in den Medien agieren. In der NPD
finden sich die Altnazis und die Geldgeber. Die NPD ist der Ort
innerhalb der rechten Szene, in der sich die Mächtigen der
Bewegung profilieren.
Das Parlament: Inwiefern trägt
der Staat eine Mitschuld daran, dass es so viele Rechtsextremisten
gibt?
Aussteigerin: Letztendlich sind sehr
viele Leute unzufrieden und wünschen sich mehr soziale
Gerechtigkeit. Die Arbeitslosigkeit ist hoch. Die Menschen
fühlen sich allein gelassen. Die Ausländerproblematik
kommt hinzu. Die Ausländer kommen hier nicht zurecht,
dürfen ihre Kultur nicht leben, werden ausgegrenzt und grenzen
sich selbst aus. Die Menschen verstehen angesichts der
wirtschaftlichen Probleme immer weniger, warum deutsches Geld ins
Ausland fließt. Hinzu kommt die deutsche Kriegsschuld, die
Judenvergasung, der Adolf und all das, was uns unermüdlich
nachgetragen und vorgehalten wird. Mit diesem Gefühl von
Schuld sollen wir uns dann besonders vorbildlich verhalten. Aber
aus einem Schuldgefühl heraus kann das nicht klappen, sondern
nur aus einem Gefühl von Selbstwertgefühl, Stolz und
Verantwortung.
Das Parlament: Haben Sie Angst, dass
Sie wieder rückfällig werden?
Aussteigerin: Nein, überhaupt
nicht. Das ist ja ein richtiger, langer Arbeitsprozess, der hier
stattfindet. Man legt eine Gesinnung zwar nicht von einem Tag auf
den anderen ab. Aber ich bin schon einen weiten Weg gegangen und
überzeugt davon, dass es richtig ist.
Die Fragen stellte Annette Rollmann. Sie arbeitet als freie
Journalistin in Berlin.
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