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Astrid Pawassar
"Stillstand, Bewegung und Krawall"
Zähes Ringen um Verwaltungsreform in
Sachsen
Wenn es mit der Vernunft nicht so klappt, muss man an den Stolz
appellieren. "Sachsen war bisher meist vorn, hier aber hinken wir
hinterher", meinte Sachsens scheidender Innenminister Thomas de
Maizière (CDU) unlängst bei der Vorstellung einer Studie
zur Verwaltungs- und Kreisreform. 22 Landkreise und sieben
kreisfreie Städte, drei Regierungspräsidien und 312
Behörden sind einfach zu viel für ein Bundesland mit 4,3
Millionen Einwohnern, das bis 2020 voraussichtlich noch auf 3,7
Millionen Einwohner schrumpfen wird.
Dass an der Verwaltung gespart werden muss, ist lange klar, doch
niemand wollte das heiße Eisen bislang so recht anpacken. Nun
hat eine Expertenkommission drei Vorschläge aufgelistet und
einschlägig bewertet. Variante S lautet: Alle Kreise bleiben,
nur die Sonderbehörden werden in die Regierungspräsidien
integriert. Das spart bis zu 120 Behörden und 750 Stellen,
bedeutet aber nach Ansicht der Kommission Stillstand. Variante B
(wie "Bewegung") ist die von der Kommission präferierte, nach
der als Richtwert für die Größe eines Landkreises
200.000 Einwohner vorgegeben sind. Demnach würden durch neue
Zuschnitte maximal 12 Kreise entstehen und drei kreisfreie
Städte bleiben. Dadurch könnten 120 Behörden und bis
zu 5.000 Stellen im öffentlichen Sektor eingespart werden. Die
Regierungspräsidien bleiben in einer schlankeren Form
erhalten. Bei Variante K gäbe es lediglich fünf
Großkreise; Regierungspräsidien und Sonderbehörden
würden gestrichen. Das ist nach Kommissionslesart die
"Krawall"-Variante, bei der es die heftigsten Widerstände
gäbe.
Doch ob wirklich nur die einschneidendste Variante von Krawall
begleitet wird, ist fraglich. Denn für den Umbau der
Verwaltung empfiehlt die Vorlage unter anderem noch einmal
Einschnitte im Personalbestand der Polizei; die Zahl der
Finanzämter soll reduziert, die Landesstiftung für Umwelt
und Natur abgeschafft werden ebenso wie drei von vier
Studentenwerken, die Landesämter für Familie und Soziales
sowie Landwirtschaft. Forstämter, Oberbergamt, Staatsarchiv
und das Landesamt für Denkmalpflege sollen ihre
Eigenständigkeit verlieren. Für eine
länderübergreifende Zusammenarbeit mit Sachsen-Anhalt und
Thüringen eignen sich nach Auffassung der Kommission das
Landeskriminalamt, die Oberfinanzdirektion, das Landesamt für
Finanzen und die Landeszentrale für politische Bildung. Das
Echo der Landräte auf diese Vorschläge war geteilt. Viele
halten eine Kreisreform naturgemäß nicht für
notwendig und finden, dass es zunächst ausreiche, wenn das
Land seine Verwaltung sparsamer und effizienter gestaltet.
Während die einen noch auf Verhandlungserfolge hoffen, drohen
andere bereits mit Klagen gegen Kreiszusammenschlüsse.
Im parlamentarischen Raum stehen vor allem die
Mittelbehörden im Zentrum der Kritik. Außer den
Grünen kann sich keine Fraktion im Sächsischen Landtag
für die Beibehaltung der Regierungspräsidien
erwärmen. Die FDP hält die Verknüpfung dieser
Forderung mit der Einrichtung von fünf "Monsterkreisen" - wie
in Variante K des Kommissionspapiers - für unlauter. Die
Linkspartei verlangt eine Debatte im Landtag über das
politische Leitbild der Verwaltungsreform. Und auch vom
Koalitionspartner kommt verhaltene Kritik. Die Vorsitzende des
Innenausschusses, Margit Weihnert, zum Meinungsbild der
SPD-Fraktion: "Wir wollen die Frage nach mehr Bürgernähe
und einer optimalen Verwaltungseffizienz im Zentrum der Diskussion
wissen, anstatt über Art und Umfang einer möglichen
Kreisgebietsreform zu debattieren." Diskutiert wird momentan hinter
verschlossenen Türen. Die Staatsregierung will allerdings noch
vor Weihnachten Eckwerte für die Verwaltungsreform
beschließen.
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