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Bert Schulz
Karl Freiherr vom und zum Stein
Porträt
Er hatte nur ein gutes Jahr Zeit, um sich als einer der
bedeutendsten deutschen Staatsreformer in den
Geschichtsbüchern zu verewigen: Am 30. September 1807 ernennt
König Friedrich Wilhelm III. den Reichsfreiherrn Karl vom und
zum Stein zum leitenden Minister. Jener zögert nicht lange und
beginnt, weitreichende Verfassungsänderungen anzustoßen,
von denen er selbst die Bauernbefreiung und die Städteordnung
umsetzt. Schon im November des folgenden Jahres muss er auf Druck
Napoleons den Dienst quittieren und schließlich nach Russland
fliehen.
Es war nicht Steins erste Zwangspause. Der 1757 in Nassau
Geborene studiert in Göttingen Jura, Geschichte und
Wirtschaftswissenschaft. 1780 tritt er in den preußischen
Staatsdienst ein und arbeitet in der Verwaltung. 1804 ernennt ihn
der König zum Staatsminister. Stein soll die weit
aufgefächerte Verwaltung in den preußischen Ländern
durch eine zentrale und fachlich gegliederte Behörde ersetzen.
Der Freiherr, der nicht zu den umgänglichsten Menschen
gehört, scheitert jedoch; schlimmer noch: Anfang 1807
fällt er beim Regenten in Ungnade und wird entlassen. Seine -
letztlich kurze - Auszeit nutzt Stein: Er zieht sich in seine
Heimat zurück und verfasst im Juni 1807 die danach benannte
"Nassauer Denkschrift". Sie enthält die theoretischen
Grundlagen der Steinschen Städteordnung und wird zu seinem
bekanntesten Werk.
Stein geht darin von der Annahme aus, dass nach der
militärischen Katastrophe von 1806 Preußen nur wieder
erstarken könne, wenn die Bevölkerung stärker in die
Staatsstrukturen eingebunden würde: Der "Einklang zwischen dem
Geist der Nation, ihren Ansichten und Bedürfnissen und denen
der Staatsbehörden" müsse wieder hergestellt werden.
Freilich bezieht er dies nur auf die "gebildeten Klassen" -
für Stein waren dies vor allem Haus- und Grundeigentümer.
Jene sollen durch "Überzeugung, Teilnahme und Mitwirkung bei
den Nationalangelegenheiten an den Staat geknüpft" werden;
"den Kräften der Nation" solle "eine Richtung auf das
Gemeinnützige" gegeben werden. Kurz: Gemeingeist,
Bürgersinn und Vaterlandsliebe müssten geweckt werden. Er
zielt damit weniger auf eine allgemein verstärkte
gesellschaftliche Mitbestimmung. Stein will den Einfluss der
Beamten zurückdrängen: Eigentümer fühlten sich,
so seine Überzeugung, dem Gemeinwesen stärker
verpflichtet.
Nach dem Frieden von Tilsit 1807 und dem Verlust großer
Gebiete Preußens bekommt der Freiherr auf Drängen
Napoleons die Chance, den preußischen Staat neu zu
strukturieren und seine Reformen zu verwirklichen. Mit dem Edikt
vom 9. Oktober jenes Jahres wird die Freiheit der Person und des
Grundeigentums ausgerufen, die Erbuntertänigkeit der Bauern
wird aufgehoben. Die Städteordnung wird am 19. November 1808
Realität.
Wenige Tage später ist Stein auf der Flucht: Er hatte sich
an den militärischen Vorbereitungen Österreichs und
Russlands gegen Frankreich beteiligt. Ab 1812 findet er Anstellung
als Berater von Zar Alexander, auf dem Wiener Kongress ist er nur
als dessen Vertrauter ohne politischen Einfluss anwesend. Ein Jahr
darauf zieht er sich auf sein Gut zurück und widmet sich der
Geschichtsforschung. Im Alter von 70 Jahren wird ihm noch einmal
ein öffentliches Amt angetragen: Ab 1826 sitzt er als
"Marschall" - sprich Präsident - den ersten drei
westfälischen Provinziallandtagen vor und versucht dabei, die
regionale Selbstverwaltung weiter zu entwickeln. Am 29. Juni 1831
stirbt er auf seinem Landgut.
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