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Karl-Otto Sattler
Die EU und die Kommunen
Rund 70 Prozent aller EU-Rechtsvorschriften werden in
Städten und Gemeinden sowie in regionalen
Gebietskörperschaften konkret umgesetzt. Allein diese Ziffer
illustriert, wie weitreichend Brüssel inzwischen in die
kommunalen Belange hineinregiert. Ob es um EU-weite Ausschreibungen
für größere Investitionsprojekte, um die
Stadtentwicklung, um den öffentlichen Nahverkehr, um die
Sparkassen, um die Umweltpolitik, um die Energieversorgung, um die
Abwasserwirtschaft oder um manch anderes Thema geht: Bei vielen
Gemeinderatssitzungen und in zahlreichen Rathausbüros sitzt
die EU virtuell mit am Tisch, deren Vorschriften es zu beachten
gilt. Aktuell keimt republikweit viel Unmut wegen der
"Flora-Fauna-Habitat"-Richtlinie (FFH) auf, die Kommunen und
Bundesländer zur Ausweisung neuer Naturschutzgebiete in
erheblichem Umfang zwingt. Ein Beispiel: Das
baden-württembergische Riedlingen an der Donau wehrt sich
gegen die FFH-Klassifizierung eines Gebiets auf seiner Gemarkung,
weil dann der lange geplante Bau einer Umgehungsstraße
verboten und der Ort so in seiner Entwicklung ausgebremst
werde.
Aufgabe des Ausschusses der Regionen (AdR) ist es, bei der
EU-Gesetzgebung die regionalen und kommunalen Interessen zur
Geltung zu bringen. Allerdings hat dieses 1991 im Vertrag von
Maastricht beschlossene und 1994 ins Leben gerufene Gremium keine
verbrieften Mitbestimmungsrechte, sondern kann als Instanz mit
einer Beratungsfunktion nur indirekt Einfluss zu nehmen versuchen.
Seit der Erweiterung der EU zählt der AdR nunmehr 317
Delegierte aus den 25 Mitgliedsstaaten. Deutschland schickt 24
Abgesandte nach Brüssel, 21 werden von den Ländern
bestimmt, drei Vertreter repräsentieren die Kommunen. Die
AdR-Politiker sind anders als die Brüsseler Kommissare oder
die Straßburger Parlamentarier keine "Berufseuropäer":
Sie müssen zu Hause ein Wahlamt bekleiden, sie können in
einem Parlament sitzen oder als Regierungschef und Minister einer
Volksvertretung verantwortlich sein. Diese Doppelfunktion soll
sicherstellen, dass die AdR-Mitglieder als Bindeglied zwischen
Brüssel und den Bürgern vor Ort fungieren.
Präsident des AdR ist seit dem Frühjahr dieses Jahres
der baden-württembergische Landtagspräsident Peter
Straub. Der deutschen Delegation gehört auch Petra Roth an,
Oberbürgermeisterin von Frankfurt und Präsidentin des
Deutschen Städtetags.
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