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Alexander Weinlein
Editorial
Die Bundeswehr ist die demokratischste Armee der Welt" und sie
muss "sich hinter keiner Armee der Welt verstecken."
Verteidigungsminister Peter Struck spart nicht mit Lob für die
deutschen Streitkräfte, die in diesem Jahr ihren 50.
Geburtstag feiern, im Interview mit "Das Parlament". Aber seine
Truppe kann die Streichel-einheiten wohl auch ganz gut gebrauchen -
die Bundeswehr wird seit dem Wendejahr 1989/90 ohne Atempause
reformiert und transformiert. Ganz gleich ob Volker Rühe
(CDU), Rudolf Scharping oder nun Peter Struck (beide SPD) auf der
Hardthöhe in Bonn oder im Bendlerblock in Berlin das Kommando
führen, der Befehl lautet immer gleich: die Bundeswehr soll
kleiner, mobiler, effizienter und bitte auch billiger werden, sich
von einem stehenden Massenheer aus den Tagen des Kalten Krieges in
eine moderne Einsatzarmee - Interventionsarmee schimpfen andere -
verwandeln. "Wir werden um-Struck-turiert", spötteln Soldaten
dazu.
Zwei weitere kleinere Jubiläen in diesem Jahr verdeutlichen
den gewaltigen Umbau der Bundeswehr in den vergangenen Jahren: Wenn
die Deutschen am 3. Oktober zum 15. mal den Tag der Einheit begehen
- "feiern" traut man sich angesichts all des vermeintlichen
Ost-West-Verdrusses ja kaum noch zu sagen -, dann blicken die
Streitkräfte auch auf 15 Jahre "Armee der Einheit"
zurück. Sie galt vielen lange Zeit als Schrittmacher des
Zusammenwachsens von Ost- und Westdeutschen. Und in der Tat scheint
die Soldaten lediglich noch die Mauer in der Sold-Tüte zu
trennen.
Apropos Soldaten: Politisch korrekt heißt es seit fünf
Jahren nun Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, denn seit dem
EUGH-Urteil aus Luxemburg dürfen eben auch Frauen - freiwillig
- den "Dienst an der Waffe" leisten. Vorher hätten sie als
Sanitäterinnen lediglich die Folgen dieses Dienstes im
Ernstfall behandeln dürfen. Inzwischen wird von Seiten der
Politik gar mit festen Quoten versucht, den Anteil der Frauen in
der Bundeswehr zu pushen.
Mit Sorge verweist der ehemalige Wehrbeauftragte des Deutschen
Bundestages, Willfried Penner - gerade übergab er das Amt an
seinen Nachfolger Reinhold Robbe - im Interview darauf, dass sich
bei so viel Reformeifer unter vielen Uniformierten eine gewisse
Müdigkeit eingestellt habe, und man ihnen doch etwas Zeit zum
Luftholen lassen sollte. Doch damit wird es wohl vorerst nichts
werden, denn "wir müssen aus 255.000 Soldaten mehr
Einsatzfähigkeit gewinnen", hält Generalinspekteur
Wolfgang Schneiderhan im Interview dagegen. Der oberste deutsche
Militär hat eh andere Sorgen: Er muss sich sorgen, dass ihm
die Politik in den nächsten Jahren die Wehrpflichtigen
wegnehmen könnte - ob dann die derzeitige Personalplanung noch
zu halten sein wird, sei dahingestellt. Es wäre in jedem Fall
ein wehmütiger Abschied, denn die Deutschen sind gut gefahren
mit ihrer Wehrpflicht-Armee - im Gegensatz zu den
"Vorgänger-Modellen" unter Kaiser und Führer.
Dass zehn Jahre und einen Tag nach der bedingungslosen
Kapitulation, Deutschland am 9. Mai 1955 der NATO beitrat und
eigene Streitkräfte aufstellte, war auch alles andere als eine
Selbstverständlichkeit. Der Dissens um die Wiederbewaffnung
der jungen Republik war einer der zentralen Streitpunkte der
Nachkriegszeit. Und es waren nicht nur die Protagonisten der
politischen Linken, die sich diesen Plänen zu widersetzen
versuchten. Heute mag sich an diese Auseinandersetzungen kaum noch
jemand erinnern, an der Richtigkeit von NATO-Beitritt,
Wiederbewaffnung und Westintegration kaum noch jemand zweifeln -
selbst im linken Lager nicht. Waren es doch die Grünen, die
einst vehement für einen Ausstieg aus NATO und Bundeswehr
eintraten, die zusammen mit der SPD nach dem Regierungswechsel 1998
deutsche Soldaten erstmals seit Ende des Zweiten Weltkrieges
wiederholt in Kampfeinsätze schickten - auf dem Balkan und in
Afghanistan.
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