Das Parlament mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen
Mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen

Das Parlament
Nr. 04 / 24.01.2005
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Martin Agüerra

Auslandseinsätze mit UN-Mandat

Neue spanische Verteidigungspolitik

In einigen Wochen wird Spanien den neu angelegten Kurs in der Verteidigungspolitik der sozialistischen Regierung unter Ministerpräsident José Luis Rodriguez Zapatero per Gesetz verabschieden. Ende Dezember hatte Zapatero die neue Verteidigungsdirektive in einem feierlichen Akt nach über zweimonatigen Beratungen offiziell vorgestellt. Damit hat Madrids neue Regierung seit März 2004 erste Akzente in der Neuausrichtung ihrer Streitkräfte gesetzt.

Unter anderem sieht die Direktive vor, dass Spanien künftig Truppen nie mehr ohne parlamentarische Zustimmung ins Ausland zu Einsätzen entsenden will. So sollten Truppen ebenso nur dann eingesetzt werden, solange sich deren Einsatz ausschließlich an der "internationalen Legalität" zur Befriedung von Konflikten orientiere. Mandate durch die Vereinten Nationen seien dabei ausschlaggebend, betont das elfseitige Dokument. Zapatero und sein Verteidigungsminister, José Bono, erneuerten mit dieser Aussage ihre Kritik an der konservativen Vorgängerregierung unter José María Aznar. Diese hatte - entgegen der öffentlichen Meinung - mehr als 1000 spanische Soldaten als Unterstützung für die amerikanisch-britische Militärintervention im Irak 2003 zur Verfügung gestellt. Als Oppositionelle hatten Zapatero und Bono als Mitglieder der PSOE die Beteiligung Spaniens am Irak-Konflikt heftig kritisiert. Sie forderten eine Rückholung der Truppen von der damaligen Regierung. Kaum an der Macht, hatte die neue Regierung im März die Rück-kehr aller spanischer Soldaten aus dem Irak veranlasst.

Jedoch mussten Bono und Offizielle des Verteidigungsministeriums in Anhörungen des Senats und des Kongresses bereits kleinlaut zugeben, dass der Einsatz von Streitkräften wahrscheinlich nicht immer und in allen Fällen mit dem Parlament vorher debattiert werden könne. Bono räumte ein, humanitäre Krisen könnten einen raschen Einsatz von Streitkräften gegebenenfalls erfordern. Experten gehen des weiteren davon aus, dass Spaniens Beitrag an der NATO Response Force (NRF) - einer hoch mobilen und schnell einsetzbaren Krisenreaktionstruppe von mehr als 20.000 Soldaten des Atlantischen Bündnisses - ebenso die Tür zu "ad-hoc Beiträgen" offen lassen müsse. Andernfalls werde die Glaubwürdigkeit der NRF massiv beschädigt, so die Experten. Spaniens Beitrag an der NRF allein beläuft sich nach Aussagen des Staatssekretärs Francisco Pardo Piqueras auf rund 9.000 Soldaten.

In Spaniens neuer Verteidigungsinitiative rangiert Europa an erster Stelle der außen- und sicherheitspolitischen Prioritäten. Das spiegelt die Politik Zapateros wider, mit maßgeblichen europäischen Entscheidungsträgern wie Frankreich und Deutschland in Zukunft politisch wie industriell enger kooperieren zu wollen. "In Fragen der Sicherheit und Verteidigung ist Europa unser prioritäres Interesse," sagte Zapatero in einer Ansprache am 30. Dezember. "Wir sind Europa, und unsere Sicherheit ist ohne Frage mit der des Kontinents vereint." Spanien wolle die Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu einer "authentischen Politik" machen und mit zur Erreichung verfolgter Fähigkeitsziele im militärischen Bereich helfen. Trotzdem sei es weiterhin in transatlantischen Fragen ein fester Partner. Aber der bilaterale Dialog mit Washington müsse von gegenseitigem Respekt und Vertrauen geprägt sein. Nationale Priorität im Bereich der Verteidigungspolitik solle die Transformation der Streitkräfte haben, heißt es im Dokument. Eingerichtet wird eine Institution zur Leitung der streitkräftegemeinsamen Transformation. Bei den Beschaffungsprogrammen hat die Regierung angekündigt, Programme zu starten, die der Transformation zuträglich seien. Genaue Angaben machten weder das Dokument, noch Zapatero und Bono.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2005.