Experten sehen Präimplantationsdiagnostik weitgehend mit Skepsis
Berlin: (hib/RAB) Auf ein geteiltes Echo stößt die Präimplantationsdiagnostik (PID) bei den Experten einer gemeinsamen Anhörung der Ausschüsse für Gesundheit und Recht, die am heutigen Mittwochnachmittag stattfindet. Dies ist das Ergebnis von Stellungnahmen, die die Sachverständigen zu zwei entsprechenden Gesetzentwürfen der FDP ( 14/7451, ( 14/4098) vorgelegt haben. Nach Überzeugung der Sachverständigen Ute Lindauer ist das PID-Verfahren uneingeschränkt abzulehnen, da es allein der Auswahl genetisch normaler, "tauglicher" Embryonen zur Implantation und der Verwerfung und damit Tötung nicht - normaler, "untauglicher" Embryonen diene. PID ermögliche somit die Selektion menschlichen Lebens und verstoße gegen den Grundsatz der Untastbarkeit der Menschenwürde jedes Einzelnen. Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Professor Ernst Benda erklärt, PID könne aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht akzeptiert werden. Sie bedeute, dass von den im Wege der In-Vitro-Fertilisation gewonnenen Embryonen nur diejenigen implantiert würden, die nach dem Ergebnis der Untersuchung "gesund" erschienen. Gegen eine Generalklausel zugunsten dieser Methode spreche, dass dann die Entscheidung über die Anwendung von PID nicht vom Gesetzgeber, sondern jeweils von den betroffenen Eltern und den Ärzten getroffen werde.
Das Lebensrecht des Ungeborenen sieht Dr. Viktoria Stein-Hobohm, Mitglied der Ethik-Kommission Rheinland-Pfalz, als Grenze für die Erfüllung von Elternwünschen. Wenn man die PID jedoch auf Hochrisikopaare begrenze, und diese auf jeden Fall eine Schwangerschaft herbeiführen wollen und ebenso entschlossen seien, diese unter bestimmten Umständen abzubrechen, sei PID als ethisch vertretbar anzusehen. Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe unterstützt dagegen die Bemühungen, die PID in Deutschland unter strengen Auflagen zuzulassen und dafür gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Nach maßgeblicher Interpretation der derzeitigen Gesetzeslage sei die PID durch das 1991 in Kraft getretene Embryonenschutzgesetz nicht grundsätzlich verboten. Die Gesellschaft unterstütze Paare in der Verwirklichung ihres Wunsches nach einer Schwangerschaft und sehe sich zur Beratung verpflichtet.
Der Deutsche Ärztinnenbund wiederum erklärt in seiner Stellungnahme, die PID sei keine substantielle Verbesserung gegenüber gegenwärtig verfügbaren Vorgehensweisen. Bis jetzt sei keine Familie gezwungen, ein an einer pränatal diagnostizierten, schwerwiegenden Erbkrankheit leidendes Kind aufzuziehen. Die für die Einführung der PID angeführten Argumente seien weder ausreichend gerechtfertigt, noch bisher durch beweiskräftige Studiendaten belegt worden. Die Selbsthilfegruppe PID von Sabine und Günther Graumann zeigt sich dagegen davon überzeugt, dass der Antrag der FDP auf eine rechtliche Absicherung der PID volle Unterstützung finden müsse. Er solle ohne politisches Kalkül von Bundestagswahlterminen wegen der Not der Betroffenen schnellstmöglichst umgesetzt werden. Es sei nicht akzeptabel, wenn ein Staat aus hohen ethischen Erwägungen heraus Paare mit Kinderwunsch auf die "freie Wildbahn des Auslandes" schicke, damit sie sich dort als medizinische und genetische Laien ein eigenes Kind "zusammenbasteln" ließen.