Ergänzung des Vermögensrechts kritisch bewertet
Berlin: (hib/JUM) Wer während des nationalsozialistischen Regimes zwischen 1933 und 1945 Widerstandskämpfer war, vor Kriegsende aber nicht ermittelt oder verurteilt wurde, soll auch dann sein Vermögen zurückerhalten, wenn ihm dies später unter Besatzungsrecht entzogen wurde. Das fordert die FDP und hat dazu einen Gesetzentwurf ( 14/5091) zur Änderung des Vermögensgesetzes vorgelegt. Es sei mit den Gerechtigkeitsmaßstäben nicht zu vereinbaren, dass Menschen, die aktiv gegen den NS-Staat Widerstand geleistet hätten, einem Urteil des Nazi-Regimes aber seinerzeit entgangen und anschließend beispielsweise durch die "Bodenreform" in der Sowjetischen Besatzungszone um ihr Hab und Gut gebracht worden seien, nunmehr keine Ansprüche nach dem Vermögensgesetz hätten. Für jene besonderen Fälle sei deshalb gesetzlich ein Zugang zur Wiedergutmachung zu öffnen. Die Freien Demokraten verweisen in diesem Zusammenhang auf eine Schätzung von Verfolgtenorganisationen, der zufolge es sich um weniger als zehn Fälle handele.
Rüdiger von Voss, Rechtsanwalt und Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung 20. Juli 1944, begrüßte die Ergänzung zum Vermögensgesetz. Er betonte die moralische Verpflichtung der Bundesrepublik gegenüber den noch lebenden Familienmitgliedern der Widerstandskämpfer des 20. Juli und forderte die Parteien auf, dem Entwurf positiv zu begegnen. Dr. Horst-Dieter Kittke, Präsident des Bundesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen, kritisierte, der Entwurf privilegiere jene, die ausschließlich durch besatzungsrechtliche Maßnahmen geschädigt worden seien. Dabei gehe es doch in erster Linie um die Restitution politischer Widerstandskämpfer. Zwar teile er das menschliche Anliegen der Freien Demokraten, alle Opfer entschädigen zu wollen, doch sprenge dies das Vermögensgesetz. Kittke warnte vor einer politischen Diskussion, die dieses Thema auslösen könne. Insgesamt aber entspreche die vorgeschlagene Gesetzesänderung der Gesamtkonzeption der bisherigen vermögens- und entschädigungsrechtlichen Regelungen und verursache - entgegen Befürchtungen des Bundesrates - keinen erheblichen Verwaltungsaufwand, so Kittke weiter.
Politisch wünschenswert, aber rechtlich bedenklich - so bezeichnete Hans-Reinhold Horst vom Zentralverband der deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer e.V. den Gesetzentwurf. Die Erstreckung von Paragraf 1 Absatz 6 auf die Fälle der "unentdeckten Widerstandskämpfer" nannte er einen Systembruch im Vermögensgesetz. Denn zum einen berücksichtige das Vermögensgesetzt bislang nur den Enteignungsakt selbst und nicht die Lebensführung der Enteigneten. Nach dem Entwurf der FDP müsse nun definiert werden, wer als aktiver Widerstandskämpfer zu behandeln sei und wer nicht. Dieser Klassifizierung aber könne das Vermögensgesetz nicht stand halten, weil es hypothetische Kausalverläufe nicht berücksichtige. Entscheidend sei der tatsächliche Enteignungsakt. Daran knüpfe das Vermögensgesetz an, so Horst.