Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts mit Koalitionsmehrheit angenommen
Berlin: (hib/VOM) Ohne Aussprache hat der Wirtschaftsausschuss am Mittwochvormittag den Entwurf der Bundesregierung zur Änderung des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts ( 14/5969) gegen das Votum von CDU/CSU, FDP und PDS angenommen. Das Gesetz soll am kommenden Freitag in der vom Ausschuss auf Antrag der Koalition geänderten Fassung abschließend beraten werden. Damit soll der jetzige Ordnungsrahmen für die Gaswirtschaft ergänzt werden, wobei sich die Ergänzungen vor allem auf die Netzdefinition und den Netzbetrieb, auf das Netzzugangsrecht, auf die Veröffentlichung der wesentlichen geschäftlichen Bedingungen für den Netzzugang, die Trennung der Rechnungslegung und eine Schutzklausel ("Reziprozitätsklausel") bei Elektrizitätsimporten beziehen. Eine entsprechende Klausel für Gasimporte wurde angesichts des hohen Importanteils von rund 80 Prozent als überflüssig angesehen. Der Zugang zu den Gasversorgungsnetzen soll nach dem System des "verhandelten Netzzugangs" möglich werden. Die Netzbetreiber sollen verpflichtet werden, anderen Unternehmen das Netz für Durchleitungen zu Bedingungen zur Verfügung zu stellen, die nicht ungünstiger sind, als sie von ihnen in vergleichbaren Fällen für Leistungen innerhalb ihres Unternehmens oder gegenüber verbundenen oder assoziierten Unternehmen in Rechnung gestellt werden.
Durch ihren Änderungsantrag will die Koalition die Bedingungen näher konkretisieren, zu denen die Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen den Netzzugang einräumen müssen. Es soll ausgeschlossen werden, dass Netzbetreiber von Netzkunden unangemessene Bedingungen fordern. Dem werde durch die zusätzliche Anforderung an eine "gute fachliche Praxis" vorgebeugt. Diesen unbestimmten Rechtsbegriff will der Ausschuss bis Ende 2002 befristet wissen. Er verweist auf die Verbändevereinbarung der Stromwirtschaft, die den Netzzugang verbessere und den Lieferantenwechsel auf Privatkunden vereinfache. Die Ausgestaltung der Verbändevereinbarung schaffe Transparenz über Preise des Netzzugangs und rechtfertige somit eine Vermutung für eine "gute fachliche Praxis". Dies erhöhe die Rechtssicherheit aller Beteiligten. Die Betreiber von Gasversorgungsnetzen sollen verpflichtet werden, die wesentlichen geschäftlichen Bedingungen für den Netzzugang zu veröffentlichen, damit Dritte die Bedingungen beurteilen können. Dazu zählten Preise, Tarifstrukturen, Netznutzung und aktuelle Netzkarten der Betreiber von Gasversorgungsnetzen. Ferner sollen im Internet regelmäßig aktualisierte Angaben über die Kapazitätssituation an den für den Netzzugang wesentlichen Einspeisepunkten der Gasversorgungsnetze und der Erdgasspeicher gemacht werden. Die Gemeinden sollen das Recht erhalten, Wegenutzungsverträge nicht nur mit Elektrizitätsversorgungsunternehmen, sondern auch mit Gasversorgungsunternehmen abschließen zu können.
Die Koalitionsfraktionen haben zudem die so genannte Braunkohleschutzklausel des Regierungsentwurfs aufgehoben. Ihr Ziel wäre die Stabilisierung der ostdeutschen Braunkohleverstromung gewesen. An die Stelle der Braunkohleschutzklausel sei inzwischen eine vertragliche Zusage der Hamburgischen Elektricitäts-Werke (HEW) gegenüber der Bundesregierung getreten, die Braunkohleverstromung in den neuen Ländern langfristig zu sichern. Damit könne die ostdeutsche Stromwirtschaft vollständig in den liberalisierten Strommarkt integriert werden. In das Gesetz aufgenommen hat der Ausschuss zudem die gesetzliche Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit von Verfügungen der Kartellbehörden. Damit soll erreicht werden, dass Netzbetreiber, die sich missbräuchlich verhalten, nicht allein durch langjährige Rechtsstreitigkeiten Wettbewerber mit Erfolg vom Marktzutritt abhalten können.