Martin Teschke
Spreewaldgurken statt Popcorn
Zum Zustand des politischen Films in
Deutschland
Alex hat für alles gesorgt. Für Leninbüste und
Spreewald-Gurken sowieso. Im Schlafzimmer stehen auch noch die
alten Resopalmöbel. Und im Fernsehen läuft natürlich
die "Aktuelle Kamera" und verkündet die Erfüllung des
Plansolls. Das alles ist ziemlich ungewöhnlich, denn es ist
Sommer 1990, ein knappes halbes Jahr nach dem Mauerfall; und die
DDR, aus der all dies stammt, gibt es eigentlich gar nicht mehr.
Alex lässt den real existierenden Sozialismus in einer
Plattenbau-Wohnung in Berlin-Mitte trotzdem weiterleben, um seine
Mutter Christiane zu schonen, die die Wende im Koma "verschlafen"
hat und sich lebensgefährlich aufregen würde, wenn sie
sich so plötzlich in den Klauen des Klassenfeindes
wiederfände. ...
Bert Schulz
"Das Kino hat auch die Aufgabe, auf Armut, Aids und
Bürgerkriege hinzuweisen"
Zwischen Glanz und Glamour: Wenn Schauspieler Politik
machen
Gäbe es ein Handbuch mit dem Titel "Wie gebe ich einem
nicht ganz so wichtigen, halbwegs politisch angehauchten
Filmfestival ein bisschen Glamour und Aufmerksamkeit?", dann
enthielte es wohl folgenden Rat: "Organisieren Sie eine Gala.
Suchen Sie sich eine für ihr resolutes Auftreten ...
"Wir legen viel Wert auf Authentizität"
Interview mit Guido Knopp, Leiter der ZDF-Redaktion
"Zeitgeschichte"
Dramatische Musik, Bilder von Hakenkreuzen, marschierende
Soldaten. So beginnt das Doku-Drama "Die letzte Schlacht", das von
den letzten Tagen des Nationalsozialismus erzählt - der
Schlacht um Berlin im April 1945. Entstanden ist der ZDF-Film unter
der Leitung von Guido Knopp. Der 57-Jährige gilt als einer der
bekanntesten Historiker und Publizisten Deutschlands. Sein Motto:
"Aufklärung braucht Reichweite". 1984 baute Guido Knopp die
ZDF-Redaktion "Zeitgeschichte" auf, die seitdem von ihm geleitet
wird. Berühmt geworden ist er mit seinen Filmen über die
NS-Vergangenheit - zum Beispiel "Hitlers Helfer". Zuletzt wurde
seine Dokumentar-Reihe "Goodbye DDR" ausgestrahlt. Ein
Gespräch mit Guido Knopp über das Genre Doku-Drama und
deutsche Geschichte im Fernsehen. ...
Alva Gehrmann
Macken, Schwächen und Intrigen
Wie werden Politiker im Film dargestellt?: Die TV-Serie
"Kanzleramt"
Es scheint so, als würden wir alles von Politikern
mitbekommen. Ihren Alltag, ihr Leben. Die Medienrepublik macht es
möglich. Doch tatsächlich sehen wir die immer gleichen
Bilder: Blitzlichtgewitter, ein kurzes Statement für die
Presse, dann huschen sie, umringt von Bodyguards, schnell in die
nächste Sitzung. Vielleicht sieht man sie noch mal in einer
Talkrunde oder in den Nachrichten, manche lassen sich auf einer
Gala mit ihrem neuesten Liebespartner blicken. Das war's. Doch was
passiert, wenn die Fernsehkameras aus sind und sich die Türen
des Kanzleramts schließen? Wenn also die eigentliche Arbeit
gemacht wird? ...
Barbara Schweizerhof
Schnellfeuerdialoge im West-Flügel
Politiker in US-Serien
Dem deutschen Verlangen nach Parteienproporz wäre diese
Serie ein Gräuel: Sie spielt im Weißen Haus, ihr
strahlender Held ist Präsident der Demokratischen Partei, der
seine "liberalen" - auf Deutsch müsste man sagen "linken" -
Gesetzesprojekte oft gegen sture Republikaner ...
Barbara Schweizerhof
Sex, Drogen und Zensoren in Hollywood-Babylon
Zwischen "political correctness" und Markt
Gemeinhin hält man das Kino für ziemlich simpel
gestrickt: Es gibt "good guys" und "bad guys". Die Guten sind nicht
nur gut, sondern sehen auch so aus, und gewinnen am Ende. Die
Bösen zeigen oft Charakterschwächen, haben verzerrte
Züge und keiner trauert um ihre Niederlage. Die auf der
richtigen Seite werden von Stars wie John Wayne, Cary Grant oder
Gary Cooper gespielt; die auf der falschen bleiben als Schauspieler
meist anonym und bringen es allenfalls unter eingefleischten Fans
zu gewissem Ruhm. ...
Alva Gehrmann
"Hätten Sie nicht Lust, mal etwas richtig Extremes zu machen?
Gegen die Verfassung zu verstoßen?"
"GG19": Ein Berliner Produzent bringt die Grundrechte ins
Kino
Immer wird er übersehen. Das macht ihn richtig fertig, den
kleinen dicken Mann in seinem grellen Superman-Kostüm.
Schließlich ist er nicht irgendwer, sondern Artikel 18 des
Grundgesetzes. Im Kurzfilm "Der Held der Stunde" wird dieser
Artikel, der die Verwirkung der Grundrechte zum Inhalt ...
Peter W. Schröder
Der Kampf von Gut und Böse in Amerikas Heldenzirkus
Virtuos: Die USA inszenieren ihre Stars - nicht nur auf der
Leinwand
US-Präsident George W. Bush hat es - in der für ihn so
typischen Bescheidenheit - selbst gesagt: "Wir sind ein Volk der
Helden." Denn wer so Schlimmes durchgemacht hat wie die Amerikaner
- nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 - ist
zwangsläufig ein Held. Um einer der "Heroes" zu sein, muss man
in US-Amerika eben nicht unbedingt etwas Heldenhaftes vollbringen.
Einfach nur da sein, reicht schon. Dieser inflationäre
Heldenbegriff in den USA ist landestypisch und so wie dort wird ihm
nirgendwo anders auf der Welt gefrönt. Man muss nur das
amerikanische Fernsehen anschalten und man bekommt laufend neue
Helden präsentiert. ...
Claudia Heine
Wenn Danton nicht sterben darf
Frankreichs Nationalhelden im Film
Was wäre Jeanne d'Arc ohne ihre Verbrennung als Ketzerin?
Was wäre die Französische Revolution ohne die Guillotine?
Ohne ihre zahllosen Opfer auf beiden Seiten, ohne Danton und
Robbespierre, aber auch ohne ein enthauptetes Königspaar, um
nur die berühmtesten zu nennen. Und was wäre Napoleon
ohne ...
Peter Reichel
"Wir haben gewonnen!": Nichts ist so überzeugend wie der
Erfolg
Der Holocaust im Film
Der Absturz im kollektiven Selbstwertgefühl eines ganzen
Volkes hätte dramatischer nicht sein können - und der
Wiederaufstieg zu einer zukunftsoptimistischen Gesellschaft kaum
spektakulärer. Eben noch erhöht im maßlosen
Wir-Bewusstsein eines "Herrenvolks", sahen die Deutschen 1945 ihre
...
"Die einzige deutsche Heldin"
Interview mit dem Drehbuchautor Fred Breinersdorfer
über "Sophie Scholl - die letzten Tage"
Sophie Scholl ist für den Krimi- und Drehbuchautor Fred
Breinersdorfer die einzige Nationalheldin, die die Deutschen haben
- und eine Frau mit Geheimnis. Zusammen mit dem Regisseur Marc
Rothemund entwi-ckelte der 58-Jährige die Idee für
"Sophie Scholl - die letzten Tage" (2005) und schrieb das Drehbuch
für den unerwartet erfolgreichen Film. ...
Frank Stern
"Es wird nochmal ein Wunder geschehen"
Zwischen Ideologie und Unterhaltung: Der Spielfilm unter
der NS-Herrschaft
In ihrem Schlüsselroman "Unter dem Zwillingsstern"
über die Entwicklung der deutschen Literatur-, Film- und
Theaterszene seit dem ersten Weltkrieg bis Mitte des 20.
Jahrhunderts beschreibt Tanja Kinkel Atmosphäre und Reaktionen
in jenem Berliner Hotel, in dem Goebbels, frisch ernannter
Propagandaminister seine konziliant-berüchtigte Rede an die
deutschen Filmschaffenden hielt: "Der Empfang im Hotel Kaiserhof
begann um acht Uhr, doch der Bankettsaal war bereits eine halbe
Stunde vorher vollkommen überfüllt. Geladen oder
ungeladen, jeder, dessen Zukunft irgendwie von der deutschen
Filmindustrie abhing, war gekommen, um sich anzuhören, was die
neue Regierung in Gestalt des kleinen, humpelnden Mannes mit dem
prägnanten Profil erwartete. (\…) Von Emil Jannings
abwärts (\…) waren alle gekommen. (\…) Was die
Regisseure anging..." ...
Dieter Kosslick
Die Banalität des Bösen
"Der große Diktator"
Charlie Chaplins "Der große Diktator" sah ich das erste
Mal mit 13 oder 14 Jahren. Das war am Ende der Adenauer-Ära,
in der viele Mitläufer und Mittäter des Dritten Reiches
wieder zu Amt und Würden gekommen waren und in der
Rückschau auf die Zeit zwischen 1933 und 1945 der allgemeine
Tenor ...
Georg Seeßlen
Der Wettbewerb um den größten Tabubruch
Anmerkungen zur filmischen Abbildbarkeit Hitlers und seiner
Gefolgschaft
Das Bild des "Führers" setzt sich in unserer populären
Kultur aus Briefmarken, Geschichtsbüchern,
Flohmarkt-Antiquitäten, Karikaturen und Filmparodien zusammen.
Wenn wir an Hitler denken, denken wir allzu schnell auch an Kitsch
und Klamauk; der Führer sieht aus wie Donald Duck mit
Schnurrbart ("Der Fuehrer's Face"), wie Charlie Chaplin ("Der
große Diktator"), wie Adriano Celentano ("Addio, Zio Adi").
Er wird immer nur imitiert, in Lubitschs und in Brooks "To Be or
Not to Be" oder in "Springtime for Hitler"; Jerry Lewis sprengt ihn
beinahe in die Luft ("Which Way to the Front?"), Hitler glotzt
lüstern auf die Orgien der "Girls of the Third Reich" in
Loretta Sterlings Pornofilm. Wenn man alle diese Bilder
zusammensetzen würde, so käme das eines komischen
Monsters heraus, dem man alles zutrauen könnte, nur nicht das:
Wirklich und in der Geschichte gewesen zu sein. ...
Michael Meier
Unter den strengen Augen des Georgiers
Kino zu Sowjetzeiten und die Aufarbeitung des
Stalinismus
Als die Bilder laufen, aber noch nicht sprechen gelernt hatten,
diente das Kino bereits auch als Instrument zur Verbreitung
ideologisch bedenklichen Gedankenguts - und das nicht nur in
totalitären Staaten. David Wark Griffiths "Die Geburt einer
Nation" ("The Birth of a Nation", 1915), ein bildgewaltiges, aber
geschichtliche Tatsachen verfälschendes Epos über den
amerikanischen Bürgerkrieg wird als "erster Propagandafilm der
Filmgeschichte" bezeichnet. Als Stalin nach dem Tod Lenins 1924
seine Machtstellung ausbaute, war die zur linientreuen Erziehung
der Massen bestens geeignete Magie der Kinobilder bereits
hinlänglich bekannt und Leinwandpropaganda in Ost und West
durchaus üblich. ...
Johanna Metz
Stein des Anstoßes
Zwischen Anpassung und Protest: Kino in der
DDR
Sie war das zweitgrößte Filmstudio Europas - die
Deutsche Film Aktiengesellschaft, kurz DEFA. Im Mai 1946 von Stalin
gegründet, sollten die Produktionen des staatlichen
Filmbetriebs der DDR vor allem eine Aufgabe erfüllen: die
Bevölkerung auf den Sozialismus einschwören und Partei
und Staat ins ...
Martin Teschke
Runen-Charly im Hinterzimmer
Die Darstellung von Rechtsextremisten und
Neonazis
Wir wissen ganz genau, wie sie aussehen. Glatze,
Springerstiefel, Hakenkreuz-Tatoo. Und sie reden auch alle den
gleichen Schwachsinn. Von Vaterland, von Kameradschaft, von den
Ausländern, die an allem schuld seien. Hören dieselben
Hardcore-Bands. Saufen bis zum Umfallen. Das sind die einen, die
dumpfen Schläger von der Straße. Die anderen, die selbst
ernannten, aber letztlich nicht besonders intelligenten Vordenker
der extremen Rechten, sind auf den ersten Blick eigentlich nicht so
leicht zu erkennen. Wenn sie auf der Kinoleinwand oder auf dem
Fernsehbildschirm erscheinen, wissen wir trotzdem sofort, wen wir
da vor uns haben. Neonazis im Film: Hohle Skinheads und biedere
Brandstifter - ist das die komplette rechtsextremistische Szene?
...
Susanne Kailitz
Mythen sind stärker als die Realität
Die Rote Armee Fraktion ist in den Kinos
angekommen
Sieben Jahre ist es her, dass sich die Rote Armee Fraktion
aufgelöst und den bewaffneten Kampf für beendet
erklärt hat. Es scheint, als habe es die offizielle Beendigung
dieses Kapitels der deutschen Geschichte gebraucht, damit auch eine
kulturelle Aufarbeitung des Linksextremismus stattfinden ...
Bert Rebhandl
Nicht immer ganz stilsicher
Von den Mühen eines Genre: Der
Multikulti-Film
"Brauchst du Probleme?" Mit dieser Frage traten Erkan Maria
Moosleitner und Stefan Lust, Deutschtürken vom Planet
Döner, in die deutsche Filmgeschichte ein. Mit ihren
mittlerweile drei Genre-Parodien haben sie wesentlich dazu
beigetragen, die Comedy-Form aus dem Fernsehen ins Kino zu
exportieren. Die Konflikte bei Erkan und Stefan entstehen nicht aus
nationaler Zugehörigkeit oder religiösen Unterschieden,
sondern aus der ganz normalen Überforderung, die eine
Sozialisation unter den Bedingungen einer wild gewordenen Popkultur
darstellt. Ihr Slang ist die einzige Möglichkeit, sich
Gehör zu verschaffen. Ihre infantile Freundschaft ist eine
Abwehr gegen die Zumutungen einer entwickelten Sexualität.
Ihre Welt ist halb virtuell, halb Jugendzimmer. ...
Susanne Kailitz
Die Revolution ist vorbei
Die 68er - und was von ihnen übrig blieb
Nein, leicht machen es einem die "Fetten Jahre" nicht. Gerade
hat man angefangen, mit den Revoluzzern zu sympathisieren und
Gefallen zu finden an deren Minirebellion - da stellt man
plötzlich fest, dass auch ihr "Bonzen"-Opfer vernünftige
Ansichten hat und nachvollziehbare ...
Geneviève Hesse
Weniger Sahne zum Kuchen, weniger wie ein Bonbon verpackt
Filmemacherinnen und der "Frauenfilm"
Geht eine Filmemacherin per se mit sozialpolitischen Themen
anders um, weil sie eine Frau ist? Die Frage löst Unbehagen in
der Filmszene aus, da fast jede Regisseurin sich vor der Schublade
"Frauenfilm" fürchtet. Dennoch spiegeln die meisten Filme von
Frauen heute noch die ...
Interview
"Es ist mein Gefängnis"
Interview mit der deutschen Filmemacherin Margarethe von
Trotta
Margarethe von Trotta gehört zu den international
berühmtesten Filmemacherinnen. Im Ausland assoziiert man mit
dem deutschen Kino Namen wie Rainer Fassbinder, Volker
Schlöndorff, Wim Wenders und nicht zuletzt Margarethe von
Trotta. Ihr letzter Film "Rosenstraße" lief 2003 und handelte
von einer Frauenrebellion im Zweiten Weltkrieg. ...
Peter W. Schroeder
Marines müssen nicht müssen
Wie das Pentagon amerikanische Filme
manipuliert
Die Studiobosse in Hollywood, Produzenten und Star-Regisseure
nennen es "das kleine schmutzige Geheimnis der Filmindustrie".
Dabei ist es ein riesengroßes: Die US-Militärs und der
Geheimdienst CIA zensieren en gros amerikanische Spielfilme und
Dokumentationen. Sie verfälschen historische Wahrheiten und
reduzieren Unterhaltung für das nichts ahnende Publikum zur
glänzend gemachten Regierungspropaganda. Alles für einen
guten Zweck, versteht sich: "Die Filme sollen Werbung für die
Rekrutierung neuer Soldaten sein", heißt es in einem
Pentagon-Memorandum unumwunden. ...
Alexander Weinlein
Heiße und kalte Krieger im All
Wie politisch sind Science-Fiction-Filme?
Als George Lucas 1977 den "Krieg der Sterne" in den
Kinosälen entfesselte, war dies ein Paukenschlag nicht nur in
der Geschichte des Science-Fiction-Films, sondern des Films
allgemein. "Star Wars" und die nachfolgenden Teile "Das Imperium
schlägt zurück" (1980) und ...
Michael Meier
Bruchstücke der Wahrheit
Die Krisenherde dieser Welt im Film
Zur Zeit des Krieges in Vietnam dauerte es mindestens einen Tag,
bis wir die Berichte der Korrespondenten in der "Tagesschau" sehen
konnten. Heute sind wir live dabei, wenn - wie im Fall von
Srebrenica - die Bewohner einer ganzen Stadt zu Geiseln genommen
werden. Wenn in Afrika Tausende am ...
Daniel Kothenschulte
Das Comeback der Helden
Zur Geschichte zweier Genres: Antikriegsfilm und
Kriegsfilm
Über die Möglichkeiten des Antikriegsfilms wurde lange
debattiert. Heute scheint der Begriff aus der Mode gekommen; dabei
ist die Frage nach seinen Möglichkeiten mindestens so
spannend, wie die, ob Propaganda Kunst sein kann. Für den
amerikanischen Filmemacher John Milius, bekannt geworden als
Drehbuchautor von Francis Ford Coppolas Vietnamfilm "Apocalypse
Now", ist dieses Genre ein Widerspruch in sich selbst: "Wer einen
Antikriegsfilm dreht, kann ebenso gut einen Film gegen den Regen
drehen." ...
Martin Ebbing
Keine Krawatten! Sie sind westlich und dekadent!
Zwischen Zensur und Propaganda: Der Film in der islamischen
Republik Iran
Am 19. August 1978 geriet in der iranischen Stadt Abadan das
Cinema Rex in Brand. Gezeigt wurde der regierungskritische Film
"Gavaznh" ("Das Wild"). Das Feuer breitete sich schnell aus. Mehr
als 400 Menschen verloren ihr Leben. Die Türen zum Kinosaal
waren blockiert, die Telefonleitungen gekappt. Ein Sabotageakt
hinderte die nächstliegende Feuerwehrwache am Einsatz. Alle
Indizien deuteten auf einen Anschlag. Sehr schnell machte das
Gerücht die Runde, der Geheimdienst des Schahs, SAVAK, sei
für die Tat verantwortlich. Er habe eine Gruppe
Oppositioneller, die sich im Kino aufhielt, beseitigen wollen. ...
Igal Avidan
"Wir wurden nicht als Mörder geboren, erst der
Bürgerkrieg hat aus uns Mörder gemacht"
Zwei Filme aus Israel und dem Libanon packen heiße
Eisen an
Im Januar 2002 verfassten 51 israelische Frontkämpfer einen
offenen Brief, in dem sie erklärten, dass der
Militärdienst in den besetzten Gebieten unmoralisch und
undemokratisch sei und die Sicherheit Israels beeinträchtige.
Sie brachen damit mitten in der zweiten Intifada mit dem
israelischen ...
Georg Seeßlen
Das unbegreifliche Grauen auf der Leinwand
Die Verarbeitung des 11. Septembers 2001 und des "Kriegs
gegen den Terror"
Etwas ist geschehen, was das Bild einer Gesellschaft so
nachhaltig stört, dass kein Zur-Tagesordnung-Übergehen,
nicht einmal die gewohnte Dramaturgie von Schmerz, Trauer und
Vergessen zuzulassen scheint. Eine Katastrophe, ein Krieg, ein
Verbrechen. Am 11. September des Jahres 2001 steuerten Terroristen
zwei entführte Passagierflugzeuge in die New Yorker Twin
Towers. Dafür gibt es keine sinnvolle Erklärung, kein
sinnvolles Bild, keine sinnvolle Geschichte. Oder es gibt zu viele:
widersprüchliche, irrationale, zweifelhafte. Einige davon
führen direkt, statt in Geschichte, Politik oder Psychologie,
ins Reich der fiktiven Erzählungen und der virtuellen Bilder.
Es war, so empfanden es nicht nur die Zeugen der medialen
Aufbereitungen des schrecklichen Anschlages, sondern auch selbst
direkt Betroffene "wie im Kino". ...