Ergebnisse zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU bleiben strittig
Berlin: (hib/POT) Mit den beim EU-Agrarrat am 26. Juni erzielten Ergebnissen ist eine grundlegende Neuausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union erreicht worden. Dies betonte die Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen), am Mittwochmittag vor dem Fachausschuss. In die Neuausrichtung seien wesentliche Elemente der deutschen Reformvorschläge eingeflossen. Hierzu zählte die Ministerin die Entkopplung der Direktzahlungen von der Produktion, die Stärkung der Förderung des ländlichen Raums durch Mittelumschichtung im Rahmen der sogenannten Modulation und die Bindung der Direktzahlungen an die Einhaltung von Umwelt-, Tierschutz- und Qualitätsvorschriften. Die Entkopplung sorge dafür, so Künast, dass die Landwirte betriebliche Entscheidungen künftig stärker an den Marktgegebenheiten orientieren werden. Zudem leiste die EU durch die Entkopplung der Direktzahlungen und den damit verbundenen Abbau der handelsverzerrenden Agrarstützung einen wesentlichen Beitrag für einen erfolgreichen Abschluss der Welthandelsrunde. Die obligatorische Modulation der Direktzahlungen werde nach dem Kompromiss bereits im Jahre 2005 eingeführt und zwar mit zunächst drei Prozent der Mittel im Jahr 2003, vier Prozent im Jahr 2004 und fünf Prozent im Jahr 2005. Bei der Wiederverwendung der Modulationsmittel für die Entwicklung der ländlichen Räume konnte in den Verhandlungen laut Künast erreicht werden, dass wegen der besonderen Rolle der Roggenproduktion 90 Prozent der Mittel in Deutschland verbleiben können. Darüber hinaus enthalte der Kompromiss keine Regelung zur Degression der Direktzahlungen, die besonders die großen ostdeutschen Betriebe überproportional betroffen hätte. Die Ministerin hob hervor, dass die erzielten Ergebnisse den einzelnen Mitgliedstaaten hinreichende Flexibilität einräumen.
Die Opposition kritisierte den gefunden Kompromiss als unzureichend. Die CDU/CSU bemängelte, insbesondere der vor den Verhandlungen gesuchte Schulterschluss zwischen Bundeskanzler Gerhard Schröder und dem französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac habe sich nur für die französische Landwirtschaft positiv ausgewirkt, die sich mit ihren finanziellen Forderungen - im Gegensatz zu Deutschland - weitgehend habe durchsetzen können. Der bei der Milch beschlossene Preisrückgang von 7 Cent pro Liter habe für die deutschen Milchbauern drastische Umsatzeinbußen zur Folge, die bedeuteten, dass mit dem zu erzielenden Preis nur noch die Produktionskosten gedeckt werden könnten. Die Union mahnte daher an, bei der nationalen Ausgestaltung besonders die deutsche Milchwirtschaft zu entlasten. Die FDP kritisierte, ohne die vorherigen Absprachen zwischen Deutschland und Frankreich sei ein besseres Ergebnis im Sinne einer stärkeren marktwirtschaftlichen Orientierung der Reform möglich gewesen. Darüber hinaus sei bei der Umsetzung der Beschlüsse mit einem hohen Bürokratieaufwand zu rechnen. Außerdem wollten die Liberalen wissen, von wem und wie die Regionen festgelegt werden, die in die Entkopplung einbezogen werden. Sozialdemokraten und Bündnis 90/Die Grünen sahen in dem Kompromiss eine tragfähige Lösung, die nach der Vorlage der Vorschläge von EU-Agrarkommissar Fischler und den weit auseinanderliegenden Positionen der Mitgliedstaaten nicht zu erwarten gewesen sei.
Künast betonte, für die Einführung der Entkopplung sei ein zeitlicher Rahmen vom 1. Januar 2005 bis 1. Januar 2007 vorgesehen. Es gehe darum, die nationalen Handlungsspielräume in Abstimmung mit den Bundesländern möglichst schnell auszugestalten. Die Ministerin regte an, sich zunächst der Frage einer Acker- und Grünlandprämie zuzuwenden, um durch letztere die Einbußen bei der Milchwirtschaft auszugleichen. Zur Festlegung der Regionen, die in die Entkopplung einbezogen werden, sagte die Ministerin, dies müsse unter den Bundesländern festgelegt und mit der EU abgestimmt werden.