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„Samstags gehört Vati mir“ lautet in den fünfziger Jahren das Motto der ersten Arbeitszeitkampagne der Gewerkschaften. 1949 beträgt die tarifliche Arbeitszeit in allen Branchen 48 Stunden je Woche, Landarbeiter kommen auf 51. Zehn Jahre drauf ist bei 44 bis 45 Stunden der Sonnabend meist arbeitsfrei. 1969 arbeiten viele Branchen 40 Stunden: Metall-, Druck-, Schuhindustrie Bau, und Holz. 41 bis 43 Stunden haben noch Chemie- und Papierwerke, Groß- und Einzelhandel, Banken, Versicherungen, öffentlicher Dienst, 45 Landarbeiter.
1979 gilt bis auf Landarbeiter (42) für alle die 40-Stunden-Woche. Die IG Metall beginnt die Kampagne für 35 Stunden. Im Jahr des Mauerfalls 1989 arbeiten Metaller, Drucker, Stahlkocher, Holzarbeiter 37 Stunden, 40 sind nur noch in Papier- und Schuhfabriken und bei Landarbeitern üblich.
Die Einheit bringt unterschiedliche Arbeitszeiten und damit zwei Statistiken. Die DDR begann 1949 auch mit 48 Stunden. Verkürzungen aber wurden nicht verhandelt, sie waren ein Geschenk des Staats. Am DDR-Ende war der Sonnabend frei, aber zu arbeiten waren 43,75 Stunden. Mit der Einheit ging es schnell in Richtung 40 Stunden. 1991 trennten West und Ost 2,1 Stunden (38,1 zu 40,2), seitdem schließt sich die Schere langsamer.
Heute sind es 1,6 Stunden (37,4 zu 39,0). Weil viele Betriebe nicht im Arbeitgeberverband sind und häufig längere Zeiten als im Tarifvertrag fordern, sei die wirkliche Arbeitszeit 1,2 Stunden länger, sagt das Institut für Arbeit und Technik (IAT) im Wissenschaftszentrum Nordrhein-Westfalen. 40 Stunden seien die faktische Normalarbeitszeit.
Ostdeutsche hatten weniger Urlaubs- und Feiertage. 1949 hatten sie wie im Westen zwölf bis 15 Wochentage Urlaub, 1989 waren es im Westen 25 bis 35 Arbeitstage (also ohne Wochenende), im Osten 21. Feiertage waren in der DDR Neujahr, Karfreitag, Tag der Arbeit, Pfingstmontag, DDR-Gründung und zwei Weihnachtstage. Unbekannt waren Ostermontag, Himmelfahrt, Buß- und Bettag (1998 wegen der Pflegeversicherung gestrichen) und regional übliche christliche Feiertage: Fronleichnam, Reformationstag oder Allerheiligen.
Im EU-Vergleich liegt Deutschland bei Arbeitszeit, Urlaub und Feiertagen laut Statistischem EU-Amt im oberen Mittelfeld, nicht an der Spitze. Das Amt vergleicht die geleisteten Zeiten. Mit 39,9 Stunden (darin zwei Überstunden) liegen die Deutschen hinter Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden, Schweden, Dänemark und Finnland.
Länger arbeiten vor allem Menschen der neuen EU-Staaten. Bei Urlaubs- und Feiertagen ist laut Institut der deutschen Wirtschaft Schweden mit 44 Tagen (33 Urlaubstage und elf Feiertage) Spitzenreiter vor Dänemark (42) und Italien (40). Die Deutschen belegen mit 39,6 Tagen (29,1 Urlaubs- und 10,5 Feiertage) Platz vier. Niederlande, Luxemburg, Finnland, Österreich, Spanien und Frankreich folgen.
Das Institut für Arbeit und Technik zweifelt, ob lange Arbeitszeiten die Produktivität steigern und ein Standortvorteil sein können. Kürzere Arbeitszeiten seien häufig eine „Produktivitätspeitsche“, längere aber könnten Zeitverschwendung fördern und Leistung sinken lassen.
Wirtschaftsvertreter fordern jetzt längere Arbeitszeiten, auch sonnabends. Die Rückkehr zur 40-Stunden-Woche entspräche dem Streichen von elf Feiertagen, sagt der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Michael Rogowski. Die Gewerkschaften lehnen das strikt ab. Für sie wäre das „ein Jobkiller“.
In Regierung und Parteien läuft die Meinungsbildung noch. Der Versuch von Bundeskanzler Gerhard Schröder und Finanzminister Hans Eichel, als Signal den 3. Oktober als Feiertag zu streichen, ist gescheitert. SPD und Bündnis 90/Die Grünen sprechen von flexiblerer Arbeitszeit. Wo nötig, könnte mehr gearbeitet werden.
CDU und CSU können sich nach den Worten ihrer Vorsitzenden Angela Merkel und Edmund Stoiber die Rückkehr zur 40-Stunden-Woche vorstellen. Auch weniger Feiertage kommen für sie in Frage. Auch die FDP ist für längere Arbeitszeiten.
Text: Karl-Heinz Baum
Foto: picture-alliance
Erschienen im Dezember 2004
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