Das Parlament
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Das Parlament
Nr. 15-16 / 05.04.2004
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Klaus Walter

Jetzt liegt der Schwarze Peter wieder beim Landtag

Mecklenburg-Vorpommern: Neue Hoffnung auf eine umfassende Verwaltungsreform

Harald Ringstorff (SPD), Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, ist wieder optimistisch. Seit der letzten Sitzung des Koalitionsausschusses, dem Friedensgremium der Regierungspartner SPD und PDS, hofft er, doch noch eine richtungsweisende Verwaltungsreform voranbringen zu können. Denn den Plan, das nordöstliche Bundesland mit seinen zwölf Landkreisen und sechs kreisfreien Städten in vier leistungsstarke Großkreise einzuteilen und dabei die unteren Landesbehörden einzusparen, hatte die PDS, der kleine Koalitionspartner, monatelang blockiert.

Möglich war diese Blockade durch eine Besonderheit bei den Linkssozialisten. Die Parteibasis hatte die erneute Regierungsbeteiligung ab 2002 an Bedingungen geknüpft: Landtagsfraktion und Minister müssen sich praktisch jeden Schachzug im Regierungshandeln mit der SPD von der Basis genehmigen lassen.

Als SPD-Innenminister Gottfried Timm während der Koalitionsverhandlungen im November 2002 mit seinen Planungen für die vier Großkreise Westmecklenburg, Mittleres Mecklenburg, Mecklenburger Seenplatte und Vorpommern in die Öffentlichkeit platzte, schalteten die PDS-Mitglieder auf stur: Vier Großkreise bedeuteten weniger Mitbestimmung und einen Verlust an Demokratie. Ein Parteitag der PDS kam zu dem Schluss, dass es zwar eine Reform der Verwaltung geben müsse. Aber sechs bis acht Kreise seien das Minimum, um bürgernahe Verwaltung zu sichern.

Im Dezember 2003 - nach einem guten Jahr voller Streitereien innerhalb der PDS sowie zwischen SPD und PDS - schien die Lösung greifbar nahe. Im zwölfköpfigen Koalitionsausschuss einigte man sich auf einen Kompromiss. Nicht vier Großkreise, wie die SPD sie wollte, nicht sechs bis acht, wie die PDS verlangte, sondern fünf Landkreise sollten es nun sein.

Doch die Spitzen der PDS, allen voran Landeschef Peter Ritter, hatten die Rechnung ohne die Mitglieder ihrer Partei gemacht. Der Chef der PDS-eigenen Arbeitsgruppe "Verwaltungsreform", Arnold Schoenenburg, wetterte: "Ein fauler Kompromiss." Man habe einfach den vierten Landkreis, Vorpommern, quer geteilt. Dadurch sei weder der Parteitagsbeschluss nach sechs bis acht Kreisen erfüllt, noch sei mehr Bürgernähe erreicht.

Für Ritter war das eine glatte Ohrfeige. Er habe gegen die Interessen der eigenen Partei gehandelt, hieß es im Januar auf einem PDS-Sonderparteitag. Und auch eine Basiskonferenz Mitte März brachte kein anderes Ergebnis: Während Ritter, seine PDS-Minister und ein Teil der PDS-Landtagsfraktion für den Fünf-Kreise-Kompromiss warben, blieb die PDS-Basis beim Nein. Schoenenburg und seine Arbeitsgruppe verlangten, erst die künftigen Aufgaben der Kreise zu definieren und danach Struktur und Anzahl festzulegen. So lautete schließlich auch der Verhandlungsauftrag für Ritter gegenüber der SPD: Reform ja, aber keine Festschreibung einer Zahl; Funktional- vor Gebietsreform.

Nach der Basiskonferenz reagierte die SPD endgültig sauer. Man bevorzuge zwar immer noch die Bildung von vier Großkreisen, sagte Landeschef Till Backhaus drohend. Doch sei man bereit, sich an den Fünf-Kreise-Kompromiss zu halten. Backhaus forderte "Klarheit" und stellte ein Ultimatum: Am 23. März sollte die PDS in einer erneuten Sitzung des Koalitionsausschusses Farbe bekennen.

Ritters Dilemma war damit perfekt. Die SPD wollte eine Zahl hören, die Basis seiner Partei nicht - ein Ja zu fünf Kreisen bedeuteten Ärger mit den eigenen Leuten, ein weiteres Hinauszögern der Entscheidung aber Krach mit der SPD, womöglich sogar das Ende der Koalition.

Dabei macht der Plan der SPD, die künftige Verwaltungsstruktur an den bestehenden Planungsregionen auszurichten, durchaus Sinn. Namhafte Wissenschaftler bestätigten das im Verlaufe des letzten Jahres mehrfach, zuletzt der Kieler Veraltungsrechtler Albert von Mutius. Innenminister Timm wiederholte seine Argumentation zuletzt sogar als Gastredner vor der PDS-Basis: "Schon jetzt arbeiten viele Behörden in der Viererstruktur: Gerichte, Arbeits-, Schul-, Versorgungs- und Straßenbauämter." Was liege näher, als die gesamte Verwaltung dieser Struktur anzupassen. Rund 180 Millionen Euro Verwaltungskosten jährlich könne man auf diese Weise einsparen, rechnete Timm vor, bei einmaligen Reformkosten von 40 Millionen Euro. Um den damit einhergehenden Personalabbau sozial verträglich zu gestalten, gebe es jedoch ein Zeitfenster. 2006/07 gingen zahlreiche Landesbedienstete planmäßig in den Ruhestand. "Um diesen Umstand für die Reform auszunutzen, müssen die gesetzlichen Grundlagen noch in dieser Legislatur gelegt werden", betonte Timm. Daher sei Eile geboten.

Als sich am Abend des 23. März die Türen zur zweiten Sitzung des Koalitionsausschusses schlossen, saß der Optimismus mit im Raum. Ritter hatte zuvor verkündet: "Wir werden uns heute auf den Zeitplan verständigen." Drei Stunden später war der Deal zwischen den Regierungsparteien perfekt: Der Landtag soll noch im Mai einen Grundsatzbeschluss zur Verwaltungsreform fassen und neben der künftigen Aufgabenverteilung zwischen Land, Kreisen und Kommunen auch über die Anzahl der Kreise bestimmen. Dazu werde ein Modell erarbeitet. Es werde dem Prinzip der "Einräumigkeit der Verwaltung" folgen. Dabei sollen "Planungs-, Entscheidungs-, Vollzugs- und Kontrollaufgaben auf einer Ebene" liegen. Wenn damit die Zahl der Kreise auch nicht festgelegt ist, der Bezug zu den vier Planungsregionen und damit zum Vier- oder Fünf-Kreise-Modell liegt auf der Hand.

Regierungschef Ringstorff freut sich: "Die Diskussion über die Reform ist damit wieder im Landtag." Dort gehöre sie auch hin. Auch PDS-Chef Ritter ist froh: Egal, wie der Landtag entscheidet, hat er das Gesicht gegenüber der Basis gewahrt. Als sicher hingegen gilt in Schwerin, dass die Abgeordneten der SPD und etliche der PDS einem Vier- oder Fünf-Kreise-Modell zustimmen werden.

Ob damit die Reform eine Chance hat und Ringstorffs Optimismus berechtigt ist, wird sich dennoch erst während der Landtagssitzung im Mai zeigen. CDU-Fraktionschef Eckhardt Rehberg hält nämlich wenig von einer voreiligen Grenzziehung, neigt eher zur Meinung der PDS-Basis: Erst die Aufgaben, dann die Struktur. Zudem sieht er noch einen verfassungsrechtlichen Aspekt: "Solange nicht der Nachweis erbracht ist, dass die Landkreise in der bestehenden Struktur die neuen Aufgaben nicht erbringen können, ist eine Neuaufteilung der Kreise rechtlich höchst fragwürdig." Klaus Walter


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