Das Parlament
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Das Parlament
Nr. 15-16 / 05.04.2004
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"Frauen haben oft ein anderes Verhältnis zur Macht"

Interview mit Gesine Schwan, Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten von SPD und Bündnis 90/Die Grünen
Am 23. Mai wählt die Bundesversammlung in Berlin einen neuen Bundespräsidenten. Nominiert für die Wahl wurden von CDU, CSU und FDP der inzwischen von seinem Amt zurückgetretende IWF-Vorsitzende Horst Köhler und von SPD und Grünen die Präsidentin der Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder, Gesine Schwan. Das Interview mit Horst Köhler erscheint voraussichtlich Anfang Mai.

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Frau Schwan, Sie sind über Nacht zu einer öffentlichen Figur geworden, deren Leben nun überall ausgebreitet und beschrieben wird. Wenn Sie Bundespräsidentin werden, wären Sie die erste Frau in diesem Amt. Was würde Sie von Ihren Vorgängern unterscheiden?

Gesine Schwan Ich will mich nicht in Absetzung von anderen definieren. Die Bundesrepublik hatte mit den meisten ihrer Bundespräsidenten viel Glück. Meine Wahl wäre ein Zeichen für viele Menschen. Ein Zeichen, dass überhaupt eine Frau ein so verantwortliches Amt übernimmt. Ein Stück Ermutigung. Es würde dazu anregen, nachzudenken, wie wir unsere Rollen füllen und leben, die wir in der Gesellschaft inne haben. Erfahrungen, die ich als Frau mit anderen Frauen teile, könnten fruchtbar werden. Frauen sind als Mutter in der Familie und in ihrer Rolle in Führungsaufgaben stark darauf ausgerichtet, Menschen zusammenzuführen. Das war in meiner Familie und bei meinen beruflichen Tätigkeiten ebenfalls stets ein starkes Motiv für mich. Frauen haben oft ein anderes Verhältnis zur Macht und zum Reiz von Macht.

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Mitunter wird beklagt, dass viele Politiker wenig lebendig wirken. Manche sagen, man erkenne zu wenig die Menschen hinter dem Amt. Auch dadurch seien sie nicht vertrauenswürdig. Sie scheinen ein sehr spontaner Menschen zu sein. Passt ein Amt überhaupt zu Ihnen, in dem man sehr diplomatisch sein muss?

Gesine Schwan Diplomatie, wie ich sie verstehe, muss kein Gegensatz von Lebendigkeit sein. Spontanität bedeutet für mich, nicht einfach ungefiltert zu sagen, was einem in den Kopf kommt. Das wäre nicht mit dem Amt vereinbar. Das Zentrale einer guten Diplomatie liegt darin, dass man eine eigene Position hat. Aber man muss die Position des Anderen stets mitdenken. Das erreicht man durch Einfühlung oder durch gedankliche Konstruktionen. Hierdurch vermeidet man unnötige Konfrontationen. Das ist eine Aufgabe, die ich gern übernehmen will und die der Spontaneität nicht entgegen steht. Ich halte es für eine gute Voraussetzung, dass ich SPD-Mitglied bin, mich aber oft kritisch geäußert habe. Im Amt als Bundespräsidentin bin ich an keine Parteidisziplin gebunden.

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Immer wieder wird der Vorwurf laut, Politiker seien nicht kompetent. Teilen Sie diese Sicht?

Gesine Schwan Ich würde nicht sagen, dass die Kompetenz der Politiker abgenommen hat. Aber die Komplexität, in der Politiker agieren müssen, ist heute weitaus größer als früher. Früher konnten die Politiker in einem sehr viel übersichtlicheren Feld handeln. Der Nationalstaat war in der Regel die Größe, in der man Politik machte, die man überschauen musste. Die Gesellschaften waren noch nicht so ausdifferenziert wie heute. Übrigens sind die Anforderungen an alle Menschen viel komplexer geworden, so eben auch an Politiker und Politikerinnen, und deshalb erscheinen sie manchmal weniger kompetent. Was nicht stimmt. Das Regieren ist unter Bedingungen der Globalisierung sehr viel schwerer geworden.

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Für Sie ist der Begriff des Vertrauens eine wichtig Kategorie. Wie wollen Sie den Wert des Vertrauen in der Politik verankern?

Gesine Schwan Die gesellschaftlichen Voraussetzungen von Politik müssen verbessert werden. Wir müssen der Gesellschaft wieder mehr Vertrauenswürdigkeit geben. Bereiche, die inzwischen bei der Politik angesiedelt sind, müssen zurück in die Gesellschaft geführt werden. Die Bürger und Interessenvertretungen können viele Dinge selbst entscheiden, die Politik muss vieles gar nicht regeln. Wir sollten dazu einladen, in gesellschaftlichen Koalitionen für Mehrheiten zu werben und Zustimmungen zu gewinnen. Dass würde mehr Vertrauen schaffen. Für die Politik wird es sehr viel leichter sein, Reformen umzusetzen, wenn die Vorschläge dazu aus der Gesellschaft selbst kommen und die Gesellschaft diese Entscheidungen mitträgt. In den Demokratien, in denen die Gesellschaft teil hat an den Entscheidungen, ist das Vertrauen viel größer. Vertrauen steigert die Lösungsfähigkeit von Systemen.

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Unter mangelndem Vertrauen leiden auch autoritäre Systeme?

Gesine Schwan Ja. Und nicht nur die. Wir als Menschen vertrauen autoritären Persönlichkeiten viel weniger als liberalen. Wir trauen den autoritären Persönlichkeiten nicht, weil sie kein Selbstvertrauen haben. Nur wer sich selbst vertraut, bekommt auch von anderen das freiwillige Geschenk des Vertrauens. Vertrauen kann man nicht einfordern. Man bekommt es, oder man bekommt es eben nicht.

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Was heißt das für Sie persönlich?

Gesine Schwan Für das Amt, für das ich kandidiere, und auch für mich persönlich heißt das, dass man beim Handeln einen ständigen Vergleich mit den eigenen Maßstäben anlegen und sich fragen muss: Wo bin ich abgewichen, und ist diese Abweichung begründbar? In der Politik steckt man da natürlich auch in einem Dilemma, da man nicht nur von sich selbst und den eigenen Maßstäben abhängig ist, sondern von komplexen Handlungszusammenhängen und Sachzwängen. Man erfährt möglicherweise Dinge, die hoheitlich und geheim sind, kann sie aber nicht als öffentliche Begründung heranziehen.

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Sie betonen sehr stark den Aspekt der Gerechtigkeit. Haben Sie das Gefühl, dass der Begriff der Gerechtigkeit in der Diskussion über die Reformen und die Agenda 2010 der Bundesregierung zu kurz kommt? Oder muss der Gedanke der Gerechtigkeit in den Hintergrund treten, damit die Reformen überhaupt gelingen können?

Gesine Schwan Wenn die Reformen unter dem Aspekt der Gerechtigkeit gut ausgewiesen und begründet sind, dann werden sie leichter gelingen. Gesellschaften, die nicht völlig archaisch in Kasten denken, sondern in denen Gerechtigkeit eine Rolle spielt, lassen sich nicht auf längere Zeit manipulieren. Die Menschen mit ihren verschiedenen Erfahrungen haben ein ganz treffendes Gefühl für Gerechtigkeit.

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Können Sie das konkretisieren?

Gesine Schwan Jüngst sind die hohen Gehälter von Managern thematisiert worden. Das Argument ist dabei nicht: Die Manager verdienen das nicht, weil ihre Leistung nicht entsprechend ist. Sondern die These lautet: Man muss zu hohe Gehälter kritisieren, wenn aufgrund dessen ein Vertrauensverlust, ein Unterstützungsverlust bei den Belegschaften entsteht. So ein Gefühl entsteht aus unserem Empfinden: Das ist ungerecht. Diese Gefühl entsteht dann, wenn der durchschnittliche Arbeitnehmer andauernd ermahnt wird zu sparen und maßvoll zu sein, und der Vorstand einer Firma sich die Taschen füllt und das Unternehmen noch nicht einmal besonders erfolgreich führt. In Deutschland wird gerne proklamiert, dass wir in einer Leistungsgesellschaft leben und dass der Markt eine Gerechtigkeit von Leistung und Lohn schaffe. Das glaube ich nicht. Und jetzt zeigt sich mehr und mehr, je weniger es zu verteilen gibt, lenkt sich die Wahrnehmung der Gesellschaft wieder auf die Kategorie der Gerechtigkeit. Plötzlich müssen sich auch Manager, die überhaupt nicht mehr plausibel machen konnten, warum sie immer mehr Zulagen bekommen haben, mit Forderungen nach Gerechtigkeit auseinander setzen. Natürlich sind Menschen auch Produktionsfaktoren und natürlich wollen wir nicht als Hungerleider in einer Demokratie leben. Aber man muss in Menschen Partner sehen. Kantisch gesprochen sind sie nicht Instrumente, sondern Zweck an sich. Diese Anerkennung als gleichberechtigtes Gegenüber ist wichtig. Man muss mit den Menschen Pakte schnüren. Parteien, die gegensätzliche Interessen haben, aber einsehen, dass sie voneinander abhängig sind, werden in einem wohlverstandenen Eigeninteresse Vertrauen aufbauen.

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Frau Schwan, was lieben Sie an Deutschland?

Gesine Schwan Dieses Land hat nach 1945 große Anstrengungen gemacht, bei der Integration der Flüchtlinge aus dem

Osten, beim Aufbau eines neuen Wirtschaftssystems, das partnerschaftlich ist. Deutschland hat sich kulturell im Westen verankert. Sehr wichtig ist für mich, dass es für

Nachbarn bisher jedenfalls - wir hoffen, dass es so bleibt - ein vertrauenswürdiges Land geworden ist. Außerdem liebe ich die deutsche Kultur. Ich bin ein großer Musikanhänger. Ich könnte mir mein Leben ohne deutsche Musik gar nicht denken. Fast hätte ich sogar Musik studiert.

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Und was missfällt Ihnen an Ihrem Land?

Gesine Schwan Den Deutschen fehlt es leider bisweilen etwas an Humor. Etwas mehr Form von

lockerer Selbstdistanz fände ich angenehm und würde auch unserem Bild im Ausland gut tun. Aber das trifft natürlich nicht auf alle Deutschen zu.

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Sie sind Präsidentin der Viadrina in Frankfurt an der Oder. Sie sprechen neben Englisch und Französisch auch fließend Polnisch. Ein Drittel der Studenten an Ihrer Universität sind Polen. Die EU-Erweiterung steht kurz vor der Tür. Wenn Sie Deutschland - insbesondere die neuen Bundesländer - und Polen betrachten, wie empfinden Sie die Länder?

Gesine Schwan In Polen ist bislang das offene und demokratische Austragen von Konflikten wenig geübt worden. Das polnische Freiheitsverständnis ist vor allem durch eine lange individualistische Adelstradition geprägt, die alles gerne "unter sich" regelte. Hinzu kommt eine antistaatliche Haltung, die sich aus zwei Jahrhunderten Besatzungen ergibt, die die polnischen Teilungen zur Folge hatte. Die polnische Gesellschaft hat eine Debattenkultur bisher nicht internalisiert, wobei im Konflikt um den Irak ein wichtiger Schritt getan wurde und in den großen Zeitungen "Gazeta Wyborcza" und "Rzeczpospolita" der Einsatz sehr wohl diskutiert wurde. Das Verhältnis Deutschland Polen ist bisher nicht besonders symmetrisch. Die meisten Deutschen hegen negative Vorurteile gegen Polen und sprechen kein polnisch. Viele Polen sprechen aber Deutsch. Außerdem sind die Polen auch an Deutschland viel interessierter als umgekehrt. Aber gerade darin, im offenen Blick, sind die Polen den Deutschen politisch-kulturell überlegen. Sie schauen, auch unabhängig von der EU-Osterweiterung, viel zuversichtlicher in die Zukunft. Zuversicht ist nicht nur ein zentrales Moment einer demokratischen politischen Kultur, sondern auch eine wichtige Voraussetzung für die Tatkraft eines Volkes.

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Mit der EU-Erweiterung werden von Deutschland Arbeitsplätze abwandern. Wie kann Deutschland diesen Verlust wett machen?

Gesine Schwan Wenig spricht dafür, dass nach dem 1. Mai 2004 noch einmal eine Welle von Arbeitsplatzverlagerungen einsetzt. Das geschah vor allem in den ersten Jahren nach dem Fall der Mauer. Die EU-Erweiterung eröffnet die Chance zu intensiverer wirtschaftlicher Kooperation mit Mittelosteuropa und zu leichterer Investitionen dort. Wenn deutsche Unternehmen dort intelligent Märkte erschließen und dies zur Stabilisierung und Ausweitung innovativer Produktion auch in Deutschland nutzen, ist das zu unser aller Vorteil. Mehr Kreativität ist in Deutschland auch von Unternehmerseite gefragt. Darüber hinaus brauchen wir ein Klima zwischen den Sozialpartnern, das Flexibilität durch kontrollierte Kooperation und daraus erwachsendes Vertrauen begünstigt.

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Als Präsidentin einer Hochschule beschäftigen Sie sich viel mit Bildungspolitik. Sie sind skeptisch gegenüber der Forderung nach Eliteuniversitäten.

Gesine Schwan Ich halte mehr von der Forderung nach Spitzenleistung. Jede Person kann sie erbringen, wenn sie optimal ihre Talente entwickelt und wirksam werden lässt. Diese Anstrengung - die durchaus Spaß machen kann - sollte dem einzelnen wie dem Gemeinwohl dienen.

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Was muss für künftige Studentengenerationen getan werden?

Gesine Schwan In möglichst autonomen Hochschulen sollen künftige studentische Generationen forschen und methodisch reflektiert lernen können. Zentral für den Erfolg ist eine intensive persönliche Kommunikation zwischen Lehrenden und Lernenden. Dafür und aus weiteren Gründen müssen die Hochschulen erheblich besser finanziert werden. Neue Prioritäten im Staatsbudget und private Zuwendungen sollen zu einer derartigen

Wissenschafts- und Bildungsoffensive beitragen. Insbesondere Stiftungen sollten weiter gesetzlich gefördert werden.

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Ihr Lebenspartner Peter Eigen hat gesagt, dass Sie sehr stark von einem inneren Wertesystem geprägt sind. Können Sie das beschreiben?

Gesine Schwan Die Grundwerte, nach denen ich mich richte, sind eine Zusammenfassung des christlichen Glaubens. Ich verstehe mich als Geschöpf Gottes und fühle mich verantwortlich und verpflichtet, etwas aus mir zu machen, verantwortlich für die Mitschöpfung der Welt. In der Liebe Gottes zu leben, heißt für mich, diese Liebe weiter zu geben. Das klingt vielleicht sehr persönlich und intim. Aber Liebe hat viele Facetten: Die grundsätzliche Zuwendung gegenüber anderen Menschen, der Versuch zu erfassen, was sie Gutes wollen und in ihnen Menschen mit gleichem Anspruch in gleicher Würde zu sehen. Ich fühle mich verpflichtet, meine eigenen Talente dafür einzusetzen. Ich glaube, es würde mir sehr schwer fallen, aktiv zu sein und die nötige Zuversicht aufzubringen, wenn ich die Welt so verstehen müsste, dass sie letztlich absurd ist, in die Irre führt oder einfach nur kalt ist und wir isoliert und verloren in ihr herum treiben. Ich habe Vertrauen in die Welt.

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Und wovor haben Sie Angst?

Gesine Schwan Im Moment habe ich keine Angst. Aber ich habe Angst gekannt. Das ist eine schwierige Erfahrung. Als mein Mann starb, sah ich keinen Ausweg. Ich sah keinen Weg, den ich gehen konnte. Diese Angst hat mich aber gleichzeitig auch wieder zu mir zurück geführt und mich schließlich stark gemacht. Ich konnte nach dieser Erfahrung aktiv auf die Welt zuzugehen. Die Angst, etwas nicht zu schaffen, hat etwas Lähmendes. Aber wenn man es einmal geschafft hat, sie zu überwinden, ist man freier.

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Ist die deutsche Gesellschaft eine ängstliche Gesellschaft?

Gesine Schwan Die deutsche Gesellschaft hat ein

unglaublich hohes Sicherheitsbedürfnis. Zum Teil ein viel größeres als die Nachbarvölker. Deshalb kann man den Umkehrschluss ziehen und sagen: Sie hat viel Angst. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen, angefangen mit geopolitischen. Der Blick zurück in die Vergangenheit, der Vertrauensverlust, den wir durch den Nationalsozialismus an uns selbst erlitten haben. Aber, ich glaube, wenn man von besonderen Sicherheitsbedürfnissen der Deutschen spricht, dann darf man vor allem den 30-jährigen Krieg nicht auslassen. Der 30-jährige Krieg hat die deutsche Bevölkerung auf ein Drittel reduziert und hat 30 Jahre lang Verwahrlosung moralischer und materieller Art hinterlassen. Danach entstand keine politische Gesellschaft sondern der Obrigkeitsstaat. Die Obrigkeit hat in ihrer Kleinstaaterei durch Trennung versucht, Frieden aufrecht zu erhalten. Das alles verweist darauf, dass die spontane Zuneigung gegenüber anderen Menschen in unserer Gesellschaft sehr erschwert worden ist.

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Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, einen politischen Wunsch jenseits ihrer Kandidatur für das Amt des Bundespräsidenten, was wäre das?

Gesine Schwan Ich möchte gerne dazu beitragen, dass die unglaublich feindselige Art, in der Konflikte gesellschaftlich ausgetragen werden, die Abwehr anderen Menschen gegenüber, überwunden wird. Ich wünsche mir, dass man auf breiterer Ebene erkennt, welches motivierende Potenzial darin liegt, die anderen nicht als Bedrohung sondern als Partner und Freunde zu sehen.

Das Interview führte Annette Rollmann.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
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