Anstatt der ursprünglich geplanten Zusatzversicherung mit einem Pauschalbeitrag wird ab 1. Juli 2005 ein Sonderbeitrag von 0,4 Prozent des Bruttolohns von gesetzlich Versicherten erhoben. Der hälftige Arbeitgeberanteil wird wegfallen. Außerdem wird die für Anfang 2006 geplante Beitragserhöhung für das Krankengeld von 0,5 Prozent vorgezogen und ein halbes Jahr früher gelten. Im Gegenzug sollen die Krankenkassen verpflichtet werden, die Versicherungsbeiträge um 0,9 Prozent zu senken und so die Zusatzbelastung auszugleichen. Für die nach Angaben der Krankenkassen rund 500.000 bereits abgeschlossenen Verträge sieht das Gesetz eine Möglichkeit vor, sie aus Gründen des Vertrauensschutzes wieder aufzulösen.
In der Debatte lieferten sich Regierung und Opposition einen kräftigen Schagabtausch mit gegenseitigen Schuldzuweisungen. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) verteidigte vehement die Neuregelung: "Wenn ein Weg, den man gehen wollte, zu Belastungen führt, die man nicht will, dann haben wir kein Problem, das wieder zu korrigieren." Den mit der Union ausgehandelten Kompromiss bezeichnete sie als eine "Mini-Kopfpauschale", die sich als extrem bürokratisch und zu teuer erwiesen habe. Daher sei seit Wochen über eine versichertenfreundliche und sozialverträgliche Lösung verhandelt worden. Die Union habe dazu keinen einzigen Vorschlag geliefert, sagte die Ministerin im Hinblick auf die unionsinternen Differenzen bei der Zahnersatzregelung. Sie schlage sich "in die Büsche" und drücke sich vor der Verantwortung. Die Regierung halte jedoch am gemeinsam mit der Union beschlossenen Leistungskatalog und Leis-tungsumfang beim Zahnersatz fest. Lediglich die Finanzierung werde neu geregelt.
"Vertrauens- und Vertragsbruch"
Die Union warf der Ministerin ihrerseits Untätigkeit bei der Umsetzung der gemeinsam beschlossenen Lösung vor: "Sie waren von Anfang an nicht gewillt, die Vereinbarung umzusetzen", sagte die CDU-Abgeordnete Annette Widmann-Mauz. Die Koalition kündige den Gesundheitskompromiss des vergangenen Jahres mit Vorsatz auf. Die verworfene Vereinbarung sei besser gewesen als die jetzige Neuregelung, denn mit dem prozentualen Sonderbeitrag müssten nun Gutverdiener in der gesetzlichen Krankenversicherung bis zu 11 Euro für den Zahnersatz zuzahlen. Das werde freiwillig Versicherte zum Wechsel in die private Krankenversicherung treiben. Im Hinblick auf die Versicherten, die auf den Kompromiss vertraut haben und bereits entsprechende Verträge abgeschlossen haben, sagte die Gesundheitsexpertin der Union: "Dies ist nicht nur ein Vertrauensbruch, dies ist auch Vertragsbruch."
Gleichzeitig bestritt Wolfgang Zöller (CDU/CSU) das von der Ministerin angeführte Argument der ungewöhnlich hohen Verwaltungskosten. Sachverständige hätten die von der Koalition genannten Zahlen nicht bestätigt. Die Regierung trage dazu bei, dass die Akzeptanz von Reformen in der Bevölkerung schwinde.
Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses Klaus Kirschner (SPD) kritisierte die Opposition hingegen, mit der Zahnpauschale "den Einstieg in die Kopfpauschale, bei der der Generaldirektor genau so viel zahlen muss wie die Putzfrau", gewollt zu haben. Das sei unsolidarisch. Für die Grünen-Abgeordnete Birgitt Bender ist die Neuregelung versichertenfreundlich und wettbewerbsfördernd. Positiv sei auch eine Entlastung bei den Lohnnebenkosten.
Dies bestritt Dieter Thomae (FDP). Das Gesetz werde nicht wie von der Regierung erwartet zu Beitragssatzsenkungen führen, weil die Krankenkassen hoch verschuldet seien.