Koalition und Union unterschiedlicher Meinung über Chemikalienpolitik
Berlin: (hib/ROR) Die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen begrüßen in einem Antrag ( 15/2666) den Vorschlag der EU-Kommission für eine Chemikalienverordnung, um die prioritären Ziele des im Februar 2001 vorgelegten Weißbuches "Strategie für eine zukünftige Chemiepolitik" zu erreichen. Mit der freiwilligen Selbstverpflichtung von 1997 habe sich die deutsche chemische Industrie zur Einhaltung anspruchsvoller Umwelt- und Sicherheitsstandards verpflichtet. Hinter dieses Niveau dürfe eine europäische Regelung nicht zurückfallen. Damit es nicht zu Nachteilen für die europäische Industrie komme, müsse es das Ziel sein, die Anforderungen der Verordnung auch für Importprodukte geltend zu machen. Außerdem sei sicherzustellen, dass Hersteller und nachgeschaltete Anwender gemeinsam in Abhängigkeit von ihrer Leistungsfähigkeit die Produktverantwortung wahrnehmen und ein fairer Lastenausgleich erfolgt. Im Hinblick auf den Tierschutz müsse angestrebt werden, doppelte Wirbeltierversuche zu verhindern, eine gemeinsame Nutzung von Daten seitens der Unternehmen vorzuschreiben und die Anwendung alternativer, tierversuchsfreier Testmethoden verbindlich zu etablieren. Des Weiteren müsse der Zugang von Verbraucherinnen und Verbrauchern zu relevanten Informationen über mögliche Risiken von Chemikalien oder von Produkten, die schädliche Chemikalien beinhalten können, sichergestellt sein. Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich für praktikable Regelungen einzusetzen, die die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen im Blick haben und diese Ziele zu geringstmöglichen Kosten zu erreichen.
Die CDU/CSU-Fraktion fordert die Bundesregierung in einem Antrag ( 15/2654) auf, die Auswirkungen der neuen EU-Chemiekalienpolitik zu prüfen. Aus diesem Grund solle die Europäische Kommission dazu veranlasst werden, eine umfassende Studie, die alle relevanten Folgen erfasst, bei einer unabhängigen Stelle in Auftrag geben. Die Union beruft sich hierbei auf den EU-Verordnungsvorschlag zur Neuordnung des europäischen Chemikalienrechts. Das in diesem Entwurf enthaltene, einheitliche Chemiekalienkontrollsystem REACH (Registrierung, Bewertung, Zulassung, und Beschränkung chemischer Stoffe) führe laut zahlreicher Studien zu einer "massiven Beeinträchtigung der Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der europäischen Wirtschaft." Der Verordnungsentwurf stehe sowohl im Widerspruch zu den Zielen von Lissabon zur europaweiten Beschäftigung und den industriepolitischen Zielen als auch zu den umwelt- und tierschutzpolitischen Prioritäten der EU. Daher sieht die Union Handlungsbedarf bei der Bundesregierung, sich für eine erhebliche Vereinfachung des Entwurfs einzusetzen. Die Verhandlungen im Ministerrat sollten nicht abgeschlossen werden, bevor die Ergebnisse einer unabhängigen Studie vorliegen.