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132/2006
Datum: 04.05.2006
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heute im Bundestag - 04.05.2006

Experten: Statt Steuern zu erhöhen bei den Ausgaben kürzen

Haushaltsausschuss (Anhörung)/

Berlin: (hib/VOM) Die zur öffentlichen Anhörung des Haushaltsausschusses geladenen Sachverständigen haben sich am Donnerstagvormittag dafür ausgesprochen, zur Konsolidierung des Bundeshaushalts verstärkt auf Ausgabenkürzungen statt auf Steuererhöhungen zu setzen. Gegenstand der Anhörung war der Entwurf der Bundesregierung für das Haushaltbegleitgesetz 2006 ( 16/752), mit dem unter anderem der allgemeine Mehrwertsteuersatz und der Regelsatz der Versicherungssteuer zum 1. Januar 2007 von 16 auf 19 Prozent angehoben werden sollen. Gleichzeitig will die Regierung den Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung um zwei Prozentpunkte auf 4,5 Prozent senken. Diese Absenkung will sie mit einem Prozent aus dem Aufkommen der Mehrwertsteuererhöhung finanzieren. Johannes Hoffmann von der Deutschen Bundesbank hielt einen stärkeren Fokus auf den Abbau von Steuervergünstigungen für geboten. Auch wenn mit Hilfe des Haushaltbegleitgesetzes die Drei-Prozent-Neuverschuldungsgrenze des Maastrichter Vertrages wieder eingehalten werden könnte, so würde dies keine Entwarnung bedeuten. Eine Kürzung des Konsolidierungsumfangs wäre nicht angezeigt, so Hoffmann. Die Politik sei gefordert, angesichts von Staatsausgaben in Höhe von fast der Hälfte des Bruttoinlandsprodukts die Möglichkeit zur Ausgabenkürzung zu berücksichtigen. Auch aus Sicht des Chefvolkswirts der Allianz Gruppe und der Dresdner Bank, Michael Heise, wäre die geplante Mehrwertsteuererhöhung nicht erforderlich, wenn Ausgabendisziplin gewahrt würde, um die Maastricht-Verschuldungsgrenze zu erreichen. Im Hinblick auf die Verantwortung für künftige Generationen wäre es nach Meinung Heises besser, die Ausgaben zu senken statt Steuern zu erhöhen. In das gleiche Horn stieß Karl Heinz Däke vom Bund der Steuerzahler. Eine Mehrwertsteuererhöhung in Zeiten steigender Steuereinnahmen sei ein Novum und widerspreche jeder ökonomischen Vernunft, klagte Däke. Der Bund, der noch an 402 Unternehmen beteiligt sei, könnte weiter privatisieren, wobei die Erlöse ausschließlich zur Schuldentilgung verwendet werden sollten. Die jährliche Steuerverschwendung beim Bund schätzte Däke auf 10 bis 12 Milliarden Euro. Der Präsident des Bundesrechnungshofes, Dieter Engels, sprach dagegen von lediglich 2 Milliarden Euro Steuerverschwendung. Mit dem Subventionsabbau allein ist seiner Meinung nach eine kurzfristige Haushaltskonsolidierung nicht möglich. Das Einsparvolumen werde häufig überschätzt. Zwar sei die Eigenheimzulage gestrichen worden, doch zeigten sich die Einspareffekte erst über mehrere Jahre verteilt. Auch der Kompromiss zur Finanzierung des Kohlenbergbaus könne nicht von heute auf morgen gekippt werden. Die strukturellen Haushaltsprobleme seien aber so groß, dass mit der Sanierung begonnen werden müsse. Nils Busch-Petersen, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Berlin-Brandenburg, hielt den "Vorzieheffekt" der Konsumenten, die Anschaffungen in diesem Jahr vornehmen würden, um der höheren Mehrwertsteuer ab 2007 zu entgehen, für eine Legende. Wenn es ihn überhaupt gebe, dann habe er keine nachhaltige Wirkung. Der Handel habe kaum Spielräume, der harte Wettbewerb schließe eine Überwälzung der Steuererhöhung auf die Kunden nahezu aus. Busch-Petersen befürchtet ein Ansteigen der Schattenwirtschaft und der Schwarzarbeit. Nach Darstellung von Kristina van Deuverden vom Institut für Wirtschaftsforschung in Halle ist die Konsumschwäche der privaten Haushalte noch lange nicht überwunden. Der aktuelle Aufschwung werde von der Außenwirtschaft angetrieben. Positiv bewertete sie, dass die Lohnnebenkosten durch den geringeren Arbeitslosenversicherungssatz gesenkt werden. Den Preiseffekt aufgrund der Mehrwertsteuererhöhung bezifferte sie auf gut einen Prozent. Als Alternative zur Mehrwertsteuererhöhung schlug Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin eine höhere durchschnittliche Belastung der Kapitaleinkommen und des Vermögens vor. Auch die kommunale Grundsteuer und die Erbschaftsteuer seien in Deutschland relativ niedrig. Allerdings gelte hier der Grundsatz "Die Masse füllt die Kasse", sodass bereits mittlere Einkommen erfasst werden müssten. Einen Demografie-Solidaritätszuschlag empfahl Professor Eckart Bomsdorf von der Kölner Universität. Ähnlich wie beim Solidaritätszuschlag für die neuen Länder könnte seiner Meinung nach ein Fonds geschaffen werden, um den demografischen Wandel zu begleiten. Auch Bomsdorf nannte die Erhöhung der Mehrwertsteuer unumgänglich. Sein Kölner Kollege Professor Clemens Fuest plädierte dafür, die Mehrwertsteuer lediglich um einen Prozentpunkt anzuheben, um im Gegenzug den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung abzusenken. Die darüber hinaus gehende Steuererhöhung sei dagegen konjunkturschädlich. Matthias Lefarth von Zentralverband des Deutschen Handwerks sah Einsparmöglichkeiten beim Budget der Bundesagentur für Arbeit, die fast 20 Milliarden Euro für den zweiten Arbeitsmarkt ausgebe. Die Auswirkungen der Mehrwertsteuererhöhung auf die Kosten der Handwerkerstunde bezifferte er auf etwas über einen Euro.
Quelle: http://www.bundestag.de/aktuell/hib/2006/2006_132/01
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