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Architektur und Kunst
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Kunstkonzept Reichstagsgebäude beschlossen

Der Verwirklichung des alle drei Baukomplexe umfassenden Gesamtkonzeptes liegt der Gedanke zugrunde, daß die Ausstattung dieser drei Baukomplexe des Deutschen Bundestages in Berlin mit Kunstwerken sich nach der jeweiligen historischen oder politischen Bedeutung der Bauten richten muß. Ein besonderes Augenmerk gilt der Gestaltung des Reichstagsgebäudes, das aufgrund seiner wechselvollen und an Bezügen zum Schicksal der Deutschen so reichen Geschichte sowie durch den für die parlamentarische Arbeit zentralen Plenarsaal den bedeutendsten Komplex darstellt.

Für dieses Bauwerk erhalten daher überwiegend deutsche Künstlerinnen und Künstler von internationalem Ruf, nicht zuletzt aus den neuen Bundesländern, Gestaltungsaufträge, insbesondere solche, die sich bevorzugt mit Themen deutscher Politik und Gesellschaft auseinandergesetzt oder diese sogar wesentlich mitbestimmt und geprägt haben. Zugleich sind Künstlerinnen und Künstler aus den Ländern der ehemaligen Vier Alliierten mit Aufträgen bedacht worden, weil die Anwesenheit dieser vier Mächte in Berlin für die Geschicke der Stadt und des unmittelbar an der Mauer liegenden Reichstagsgebäudes eine entscheidende Rolle gespielt hat.

Die aktuellen standortbezogenen Kunstwerke werden ihre sinnvolle Ergänzung finden durch vorhandene Kunstwerke aus der Kunstsammlung des Deutschen Bundestages und eine Einheit "Geschichte parlamentarischer Arbeit im Reichstagsgebäude in künstlerischen und zeitgenössischen Dokumenten".

Diesem Konzept folgend, sind bisher Gespräche mit folgenden Künstlerinnen und Künstlern aufgenommen worden:

Georg Baselitz Christian Boltanski Grischa Bruskin
Hanne Darboven Rupprecht Geiger Anselm Kiefer
Gotthard Graubner Hans Haacke Bernhard Heisig
Jenny Holzer Markus Lüpertz Georg Karl Pfahler
Sigmar Polke Gerhard Richter Ulrich Rückriem
Emil Schumacher Rosemarie Trockel Günther Uecker

Das Kunstkonzept für das Reichstagsgebäude ist Bestandteil des Gesamtkonzepts der Bauvorhaben des Deutschen Bundestags im Spreebogen. Für das Paul-Löbe- und das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus wählte der Kunstbeirat beschränkte Wettbewerbe bzw. Kolloquien als Form der Vergabe. Hingegen liegt die Herausforderung, der sich die Künstlerinnen und Künstler im Reichstagsgebäude stellen müssen, in der Einbeziehung des bereits vorhandenen historischen Baubestandes, der Einflußnahmen auf die Architektur Grenzen setzt. Daher bot es sich an, Künstlerpersönlichkeiten direkt zu beauftragen, Werke für ausgewiesene Orte des Parlamentssitzes zu konzipieren.

Modell: Gestaltung des Andachtsraums im Reichstagsgebäude von Günther Uecker
Modell: Gestaltung des Andachtsraums im Reichstagsgebäude von Günther Uecker

Auf Empfehlung der Sachverständigen wurde beschlossen, daß im Reichstagsgebäude vornehmlich deutsche Künstlerinnen und Künstler vertreten sein sollen, die mit ihren Werken nachhaltig das zeitgenössische internationale Kunstgeschehen geprägt haben. Zugleich sollen Kunstschaffende aus den Ländern der ehemaligen Vier Alliierten an der künstlerischen Ausgestaltung des Parlamentssitzes mitwirken.

Architekt Sir Norman Foster repräsentiert dabei Großbritannien. Ebenso sind Frankreich durch Christian Boltanski vertreten (historische Installation), die USA durch Jenny Holzer (Stele mit digitaler Leuchtschrift) und die ehemalige Sowjetunion durch Grischa Bruskin (Reihung allegorischer Bildtafeln).

Ankäufe

Darüber hinaus wird ein Teil der Kunst-am-Bau-Mittel für Ankäufe verwendet. So sollen auf Wunsch des Kunstbeirats Arbeiten der folgenden Künstlern erworben werden:

Gerhard Altenbourg Jürgen Böttcher-Strawalde Christo und Jeanne Claude
Carlfriedrich Claus Lutz Dammbeck Hermann Glöckner
Wolfgang Mattheuer Walter Stöhrer

Von Gerhard Altenbourg , einem der bedeutendsten oppositionellen Künstlern in der DDR, soll ein Landschaftschaftsaquarell aus dem Jahr 1953 angekauft werden.

Von Jürgen Böttcher-Strawalde , der in Dresden eine Gruppe oppositioneller Maler um sich scharte, zu denen der Maler A.R. Penck gehörte, und der als Filmemacher und Performer die traditionellen Abgrenzungen der Kunstgattungen überwand, sollen drei Gouachen angekauft werden.

Eine 1986 farbig angelegte Zeichnung von Christo und Jeanne Claude zur spektakulären Verhüllung des Reichstagsgebäudes soll angekauft werden. Das Projekt wurde in zwei Jahrzehnten von den Künstlern vorangetrieben und konnte schließlich, nicht zuletzt durch das Engagement der damaligen Bundestagspräsidentin, Prof. Dr. Rita Süssmuth, realisiert werden.

Carlfriedrich Claus , mit dem kurz vor seinem Tod Gespräche über einen Ankauf im Reichstagsgebäude geführt wurden, wird mit einer Neu-Installation des "Experimentalraums Aurora" von 1993 vertreten sein. In seiner historisch-politischen Auseinandersetzung beharrte Claus auf den Utopien des Kommunismus und galt als Gegner der offiziellen DDR-Kultur.

Von Lutz Dammbeck , der als Maler, Filmemacher und Multimediaspezialist in der DDR u.a. mit seinem Herakles-Projekt einen oppositionellen historisch-kritischen Standpunkt einnahm, sollen Blätter aus den Herakles-Notizen angekauft werden.

Von Hermann Glöckner , dem wichtigsten konstruktivistisch-konkreten Künstler in der DDR, der sein Konzept gegen den staatlich verordneten sozialistischen Realismus durchgehalten hatte, wurden drei charakteristische Arbeiten der Jahre 1969, 1974 und 1980 angekauft.

Von Wolfgang Mattheuer , dem neben Bernhard Heisig führenden Vertreter der Leipziger Schule in der Malerei der DDR, wurden zwei Gemälde angekauft: "Der eine und die Andere" und "Panik II", beide aus dem Jahre 1989.

Von Walter Stöhrer , einem wichtigen deutschen Vertreter der gestisch expressiven Malerei wurde eine in Mischtechnik übermalte Radierung von 1995 angekauft

Dauerleihgabe

Auch Joseph Beuys wird im Reichstagsgebäude vertreten sein. Als Dauerleihgabe stellt das Institut für Auslandsbeziehungen (ifa) die Arbeit "Tisch mit Aggregat" zur Verfügung. Diese Figuration, mit der sich Beuys zwischen 1958 und 1986 beschäftigt hat, besteht aus einem aus Bronze gegossenen Tisch, einem Aggregat, zwei Kugeln und einem Verbindungskabel. Zentrales Motiv ist der Fluß natürlicher und technisch erzeugter Energie, also jenes Spannungsreservoir, aus dem das Leben sich speist und die Zivilisation erst möglich wurde.

Fotografie des Kunstwerkes: Tisch mit Aggregat

Als weitere Dauerleihgabe wird eine architektonische Bronzeskulptur von Otto Freundlich an repräsentativem Ort ausgestellt. Die Arbeit "Sculpture Architecturale" datiert von 1934/35 und ist das fünfte Exemplar von sechs Abgüssen. Otto Freundlich gehört zur "Pioniergeneration der Abstrakten". Die Abbildung seiner Skulptur "Der neue Mensch" auf dem Plakat zur Ausstellung "Entartete Kunst" von 1937 sowie seine Deportation und Ermordung im Konzentrationslager Lublin-Maidanek stehen stellvertretend für die Leiden von Juden und Avangarde-Künstlern unter der Herrschaft der Nationalsozialisten. Die Skulptur von Otto Freundlich im Deutschen Bundestag setzt auch für viele andere verfolgte und bis heute ungenügend gewürdigte Künstler ein Zeichen der Wiedergutmachung.

Aus dem Bestand des Deutschen Bundestags

Die aktuellen standortbezogenen Kunstwerke werden ihre Ergänzung finden durch vorhandene Werke aus der Kunstsammlung des Deutschen Bundestags. Zudem wird die historische Dimension des Gebäudes anhand der Ausstellung "Geschichte parlamentarischer Arbeit im Reichstag in künstlerischen und zeitgenössischen Dokumenten" im Kuppelinnenraum (Handlauf am Plenarsaaloberlicht) für die Öffentlichkeit erläutert.

Das Mahnmal zum Gedenken an die Reichstagsabgeordneten, die von den Nationalsozialisten verfolgt und ermordet wurden, soll wieder im Reichstagsgebäude aufgestellt werden. Die Künstlerin Katharina Sieverding hatte Anfang der 90er Jahre für die heutige Abgeordnetenlobby im Plenarsaalbereich eine großformatige, fünfteilige Fotoarbeit geschaffen, die sowohl Zerstörung als auch Wiedergeburt thematisiert.

Quelle: http://www.bundestag.de/bau_kunst/berlin/kunst/k_konzept
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