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November 10/1999
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ZWEITE STUFE DER ÖKOSTEUERREFORM

Bundestag beschloss Anhebung der Mineralölsteuer und der Stromsteuer

(fi) Der Bundestag hat am 11. November die zweite Stufe der ökologischen Steuerreform beschlossen. Das Parlament nahm die gleichl autenden Gesetzentwürfe von SPD und Bündnis 90/Die Grünen ( 14/1524) und der Bundesregierung ( 14/1668) mit 331 Ja­Stimmen bei 285 Nein­Stimmen und 2 Enthaltungen in der vom Finanzausschuss geänderten Fassung ( 14/2027, 14/2044) an. Gleichzeitig wurde ein Gesetzentwurf der F.D.P.­Fraktion über eine "ökologisch wirklich wirksame Umstellung der Besteuerung ohne Mehrbelastung für Bürger und Wirtschaft" ( 14/399) abgelehnt.

Der Finanzausschuss hatte die Gesetzentwürfe am 27. Oktober sowie am 3. und 5. November beraten und gegen die Stimmen von CDU/CSU, F.D.P. und PDS angenommen. Der F.D.P.­Gesetzentwurf wurde am 3. November gegen die Stimmen der Koalitionsfraktionen bei Enthaltung von CDU/CSU und PDS abgelehnt.

Beschlossen wurde eine Mineralölsteuererhöhung für Benzin und Diesel um jährlich 6 Pfennig pro Liter in vier Stufen von 2000 bis 2003. Gleichzeitig soll ab November 2001 die Einführung schwefelarmer und ab Januar 2003 die Einführung schwefelfreier Kraftstoffe durch eine Steuerdifferenz in Höhe von 3 Pfennig pro Liter gefördert werden. Beschlossen wurde ferner eine Steuererhöhung für Strom in Höhe von 0,5 Pfennig pro Kilowattstunde jährlich bis 2003. Der auf 50 Prozent ermäßigte Steuersatz für Strom, der zum Betrieb von Nachtspeicherheizungen oder zum Fahrbetrieb entnommen wird, wird je Stufe um 0,25 Pfennig pro Kilowattstunde erhöht. Der auf 20 Prozent ermäßigte Steuersatz für Unternehmen des produzierenden Gewerbes und der Land­ und Forstwirtschaft wird in den weiteren Stufen um je 0,1 Pfennig je Kilowattstunde angehoben.

Befreiung für GuD­Anlagen

Beschlossen wurde darüber hinaus, den Kreis der erneuerbaren Energieträger im Sinne des Stromsteuergesetzes zu erweitern. Zum einen wurde die Fördergrenze für die Stromerzeugung aus Wasserkraftwerken von 5 auf 10 Megawatt angehoben, zum anderen wurde bei Deponiegas, Klärgas und Biomasse auf eine Begrenzung verzichtet. Das Gesetz befreit ferner Einsatzstoffe in Anlagen mit Gasturbinen und nachgeschalteten Dampfturbinen (GuD­Anlagen) ohne Wärmeauskopplung mit einem elektrischen Wirkungsgrad von netto mindestens 57,5 Prozent von der Mineralölsteuer. Diese Sonderregelung wurde auf zehn Jahre je Anlage befristet und gilt für Anlagen, die nach 1999 errichtet werden.

Durch diesen Wirkungsgrad sollen Mitnahmeeffekte verhindert werden, indem bereits laufende Kraftwerke die Steuerbefreiung nicht erreichen. Andererseits müsse der Wirkungsgrad in absehbarer Zeit technisch erreichbar sein, um hocheffizienten Anlagen einen Startvorteil zu bieten. Bündnis 90/Die Grünen erklärten, es werde angestrebt, bei der Grundlast die Atomkraft durch umweltfreundlichere GuD­Kraftwerke zu ersetzen.

"Investitionsverhinderung"

Die Opposition kritisierte dies massiv und betonte, der elektrische Wirkungsgrad sei nicht aufgrund sachlicher Erwägungen festgesetzt worden. Der skandinavische Energiekonzern Vasa Energy habe angekündigt, das in Lubmin bei Greifswald geplante Kraftwerk werde voraussichtlich nach Osteuropa verlegt, falls der Wirkungsgrad nicht erreicht werden könne. Dies zeige, so die Opposition, dass es sich bei der Ökosteuer um ein "Investitionsverhinderungsprogramm" handele. Die von der Koalition angestrebte Senkung der Rentenversicherungsbeiträge durch das zusätzliche Steueraufkommen sei zudem noch ungewiss. Dem widersprachen Bundesregierung und Koalition. Im Übrigen habe die Konzernzentrale von Vasa Energy signalisiert, am Erreichen des Referenzwertes von 57,5 Prozent arbeiten zu wollen. Die Anlage in Lubmin werde möglicherweise als erste Anlage in Deutschland den genannten Wirkungsgrad erreichen.

Der Bundestag lehnte einen Änderungsantrag der CDU/CSU­Fraktion ( 14/2065) mit 336 Nein­Stimmen bei 218 Ja­Stimmen und 66 Enthaltungen ab. Die Union hatte beantragt, auf die Begünstigung von GuD­Anlagen zu verzichten, weil der Energiemix bei der Stromerzeugung dadurch zugunsten des Energieträgers Gas verändert würde. Das gleiche Anliegen verfolgte die F.D.P. in ihrem Änderungsantrag ( 14/2071) unter Hinweis auf massive negative Auswirkungen auf die Arbeitsplätze in der deutschen Braunkohleindustrie und im gesamten Anlagebau. Er wurde mit 332 Nein­Stimmen bei 245 Ja­Stimmen und 40 Enthaltungen abgelehnt.

Beschlossen wurde schließlich die Halbierung der Steuersatzanhebungen auf Gas, Öl (Diesel), Erdgas und Flüssiggas für den öffentlichen Personennahverkehr, wobei auch Anrufsammeltaxen, und zwar auch mit Benzin betriebene, von dieser Regelung profitieren. Die Fischzucht­ und Teichwirtschaftsunternehmen werden bei der Stromsteuer den Unternehmen der Land­ und Forstwirtschaft gleichgestellt. Behindertenwerkstätten, deren Tätigkeitsfeld zum produzierenden Gewerbe oder zur Land­ und Forstwirtschaft zählt, werden den begünstigten Unternehmen ebenso gleichgestellt wie die kommunalen Eigenbetriebe. Die Regelungen, durch die Behindertenwerkstätten, Eigenbetriebe und die Teichwirtschaft und Fischzucht begünstigt werden, treten erst in Kraft, wenn die Europäische Kommission dafür die beihilferechtliche Genehmigung erteilt hat. Im Übrigen tritt das Gesetz zum 1. Januar 2000 in Kraft.

Keine Entfernungspauschale

Die F.D.P. hatte in ihrem Gesetzentwurf vorgeschlagen, die Kilometerpauschale in eine verkehrsmittelunabhängige Entfernungspauschale umzuwandeln, die Kraftfahrzeugsteuer abzuschaffen und auf die Mineralölsteuer umzulegen. Dies lehnte die Koalition unter Hinweis auf den Koalitionsvertrag ab, der die Kilometerpauschale weiterhin vorsehe.

Keine Mehrheit fanden im Plenum Entschließungsanträge der PDS ( 14/2040, 14/2042), in denen gefordert wird, die Ökosteuer­Einnahmen zur Finanzierung eines ökologischen Umbauprogramms zu verwenden und einen sozialen Ausgleich herzustellen. Der Schienenverkehr und der öffentliche Personennahverkehr sollten zudem von der erhöhten Energiebesteuerung ausgenommen werden.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/1999/bp9910/9910031
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