Das Parlament
Mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen

Das Parlament
Nr. 41-42 / 04.10.2004
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Karl-Otto Sattler

Ein Unikum aus dem Saarland

Beste Lage für Gegenwartskunst

Die Adresse ist von der besseren Art. Der Boulevard Unter den Linden und die Neue Wache direkt vor Augen, nebenan die ehrwürdige Humboldt-Universität: Am Festungsgraben, mitten im Zentrum Berlins, unterhält neuerdings das kleine Saarland als einziges Bundesland eine eigene Kunstgalerie in der Hauptstadt. Zur Eröffnung zeigt momentan der preisgekrönte saarländische Maler Lukas Kramer unter dem Titel "Lichtfluss und Grünraum" eine Reihe seiner Werke (bis 5. November). Zuweilen wird eben aus der Not eine Tugend: Das Licht der Welt erblickt hat diese Stätte, weil sich die Saarbrücker "Botschaft" in Berlin nicht für Präsentationen der Bildenden Kunst eignet.

Diese missliche Situation behagte Staatssekretärin Monika Beck nicht: "Das hat mich umgetrieben", erzählt die Leiterin der Saar-Dependance in Berlin. Beck will sich in der Hauptstadt nicht nur für politische und wirtschaftliche Interessen ihres Bundeslandes einsetzen: "Ich möchte auch unserer Kulturszene eine Plattform an der Spree bieten." So traten mit ihrer Hilfe im Laufe der Jahre mehrere saarländische Literaten wie etwa Ludwig Harig, Johannes Kühn oder Alfred Gulden bei Lesungen auf, Chöre, Jazzensembles oder die Musikhochschule aus dem Südwesten der Republik gaben Konzerte in Berlin. Bei der Bildenden Kunst indes herrschte noch ein Defizit.

Anstoß für die Künstler

Die Staatssekretärin und ihre Mitarbeiter begaben sich auf die Suche und wurden fündig: im Palais am Festungsgraben, in dem noch andere Kultureinrichtungen wie beispielsweise der Künstlerklub Möwe residieren. Das Mitte des 18. Jahrhunderts errichtete Gebäude, das zu DDR-Zeiten die "Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft" beherbergte, gehört dem Bezirk Mitte. Als Sponsor der neuen Galerie bezahlt eine saarländische Firma aus Merzig für die ersten drei Jahre die Miete. Beck: "Kein anderes Bundesland präsentiert seine heimische Kunstszene in der Hauptstadt nun so umfassend wie die Saar."

Konzipiert ist das Projekt als Kooperation zwischen der Landesvertretung und dem Saarländischen Künstlerhaus: Diese Saarbrücker Institution, ein Forum für Ausstellungen und Konzerte, ist verantwortlich für das Programm der Berliner Galerie und dessen Gelingen. Das monetäre Engagement der Landesvertretung soll sich künftig auf die Organisation der Empfänge bei Vernissagen beschränken. Das Saarländische Künstlerhaus wird von der Saarbrücker Regierung getragen, aber in Selbstverwaltung geführt: Rund 150 Künstler und Autoren gehören einem Verein unter dem Vorsitz von Martin Buchhorn an.

In der Galerie sind jährlich sechs Ausstellungen geplant; zudem sollen Schriftsteller ihre Texte vorstellen können. Eine Schau ist jedes Jahr reserviert für einen jener saarländischen Künstler, die als Stipendiaten der Landesvertretung mit deren finanzieller Unterstützung ein Jahr lang in der Hauptstadt arbeiten können. Vier Expositionen gestaltet das Saarbrücker Künstlerhaus mit saarländischen Kunstschaffenden. Eine Schau pro Jahr ist Künstlern aus dem lothringischen Mosel-Departement vorbehalten: Diese Einbindung der französischen Nachbarn in das Berliner Haus soll die Öffnung zu Europa zum Ausdruck bringen.

So sehr sich das Saarland mit einer eigenen Galerie profiliert, so prominent der Ort ist: Der Erfolg ist damit noch nicht garantiert - vor allem im Umfeld einer äußerst vielfältigen Kulturszene wie in Berlin. Da sind kreative Ideen nötig. So meint denn auch Staatssekretärin Beck: "Wir geben die Initialzündung, wir schaffen einen Rahmen, behaupten müssen sich die Künstler aber selbst."


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2005.