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14. Wahlperiode
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Protokoll-Nr. 14/35



DEUTSCHER BUNDESTAG
Ausschuss für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten
14. Wahlperiode
22 38-24 50


Wortprotokoll

der

35. Sitzung


des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
(10. Ausschuss)


am 13. März 2000, 11.00 Uhr
(Berlin, Reichstagsgebäude, Sitzungssaal 2. S. 023)


Öffentliche Anhörung zu den
Folgerungen aus dem Urteil des BVerfG
- 2 BvF 3/90- vom 10. Dezember 1987 -

zur
Hennenhaltungsverordnung
vom 6. Juli 1999



Vorsitz: Peter Harry Carstensen (Nordstrand), MdB

Einziger Punkt der Tagesordnung Seite



Folgerungen aus dem Urteil des BVerfG
- 2 BvF 3/90 - vom 10. Dezember 1987 -
zur
Hennenhaltungsverordnung vom 6. Juli 1999 6 - 54



Anlage 1: Sachverständigenliste 55 - 56
Anlage 2: Fragenkatalog 57 - 58
Anlage 3: Arbeitsunterlagen (Auszug) 59 - 61


Der Vorsitzende begrüßt die Sachverständigen (Anlage 1).

Er erinnert daran, dass der Ausschuss am 15. Dezember 1999 auf Antrag der Koalitionsfraktionen beschlossen habe, zu den Folgerungen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) vom 6. Juli 1999 zur Hennenhaltungsverordnung vom 10. Dezember 1987 eine öffentliche Anhörung durchzuführen. Hierbei gehe es insbesondere um die Frage, welche konkreten Vorgaben für die Hennenhaltungsverordnung aus dem Urteil abgeleitet werden müssen und inwieweit die Anforderungen der EG-Richtlinie 1999/74 des Rates vom 19. Juli 1999 zur Festlegung von Mindestanforderungen zum Schutz von Legehennen den Vorgaben des Urteils genügen.
Diese Anhörung erfolge im Rahmen der sog. Selbstbefassung, da eine Beratung der Verordnung, von der ein überarbeiteter Referentenentwurf des BML auf Ausschuss-Drucksache 14/244 vorliege, durch den Bundestag nicht vorgesehen sei. Daher könne der Ausschuss hierzu auch keinerlei Beschlüsse fassen.
Gleichwohl diene die Anhörung der Information der Abgeordneten, um zumindest indirekt Einfluss auf die Gestaltung der Verordnung nehmen zu können.
Der Bitte des Ausschusses entsprechend seien eine Reihe von Fragen vorab schriftlich beantwortet. Die entsprechenden Stellungnahmen würden als Ausschuss-Drucksache 14/260 bis 14/267 vorliegen.

Der Vorsitzende bittet die Sachverständigen um ein kurzes Eingangsstatement, um im Anschluss daran mit einer ersten Fragerunde zu beginnen.

Albert Huber, Deutscher Bauernverband (DBV), weist darauf hin, dass er aktiver Landwirt sei und seit ca. 40 Jahren Hühner halte. In seinem Statement werde er auf drei Bereiche eingehen: Zum einen auf die Stellungnahme des DBV vom 8. November zur Zukunft der deutschen Legehennenhaltung, dann auf die Stellungnahme der Arbeitsgruppe ?Haltungssysteme Legehennen? zur Weiterentwicklung moderner Haltungsformen (Anlage 3) sowie schließlich auf die Folgen einer verschärften Hennenhaltungsverordnung gegenüber der EU-Richtlinie vom Juli 1999 aus Sicht eines Praktikers und des Berufsstandes.
Zu erstens führt er aus, dass das Präsidium des Deutschen Bauernverbandes anlässlich einer Podiumsveranstaltung am 8. November 1999 eine Stellungnahme zur Zukunft der deutschen Legehennenhaltung abgegeben habe. Danach verfolge der DBV mit großer Sorge die aktuelle Diskussion über die Legehennenhaltung in Deutschland. Die Entwürfe für eine nationale Hennenhaltungsverordnung gingen weit über die entsprechende EU-Richtlinie vom Juli 1999 hinaus. Gerade weil sich die deutschen Landwirte und Hennenhalter dem Tierschutz gegenüber verpflichtet fühlten, würden sie unmissverständlich auf EU-einheitlichen Regelungen bestehen. Ebenso wichtig sei es, bei den anstehenden WTO-Verhandlungen Tierschutz-Standards für den internationalen Agrarhandel festzulegen. Die deutschen Legehennenhalter würden sich nicht einer Weiterentwicklung moderner Haltungssysteme verschließen. So habe der DBV zusammen mit dem Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG), mit der Wirtschaft und dem BML ein Modellvorhaben ins Leben gerufen, um eine Neuausgestaltung des Käfigs, eine sog. Kleingruppenhaltung, ausgestattet mit Sandbad, Sitzstange und Legenest in der Praxis zu testen. Dieses Modellvorhaben laufe in dieser Woche an, und zwar auch auf seinem Betrieb. Der DBV stelle insbesondere die Bereitschaft der betroffenen Wirtschaft heraus, modernere tierschutzgerechte Aufstallungsformen zu initiieren und weiter zu entwickeln.
Was die Stellungnahme der Arbeitsgruppe Legehennen-Haltungssysteme betreffe, so verweist er auf die entsprechende Arbeitsunterlage des ZDG, und zwar auf die Übersicht der dazu gehörigen Anlage auf Seite 16, in der die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Haltungsverfahren aufgezeigt würden. Als Praktiker kenne er alle diese unterschiedlichen Verfahren, weshalb er die in der Übersicht erfolgte Bewertung nur unterstreichen könne. Auch sein Betrieb habe Mitte der 60er Jahre die damals übliche Bodenauslaufhaltung auf die Käfighaltung umgestellt. Der Krankheitsdruck sei in der damaligen Bodenauslaufhaltung so groß geworden, dass Tiere nur im Wege einer entsprechenden Umstellung des Haltungssystems gesund erhalten werden konnten. Die Tiergesundheit sowie das stabile Sozialverhalten seien nach wie vor die zwei wichtigsten Vorteile der bisherigen Käfighaltung. Tiere vor Krankheiten zu schützen bedeute praktizierten Tierschutz sowie ein entsprechendes Höchstmaß an Verbraucherschutz. Die Vorteile der herkömmlichen Käfighaltung würden daher klar auf der Hand liegen, ebenso allerdings auch deren Nachteile, und zwar eingeengt sitzen zu müssen, kein Nest, kein Sandbad und keine Sitzstange zu haben.
Offen sei weiterhin die Frage, ob ein Tier bei Fehlen entsprechender Kriterien darunter leide oder ob nicht mehr Krankheit auch zu einem größeren Leiden führe. Auch sei zu fragen, ob nicht die starke Rang- und Hackordnung in einer großen Hühnerherde auch für die schwächeren Hennen schon Leiden bedeute. Dennoch verschließe man sich dem Wunsch der Gesellschaft nicht, dass die Hühner die ihnen angeborenen Verhaltensweisen auch erleben könnten. Auch die Legehennenhalter möchten glückliche Hühner in ihren Ställen haben. Denn nur gesunde, glückliche Hühner seien zu hohen Leistungen bereit. Mit dem vorhin erwähnten Modellvorhaben sei beabsichtigt, die Kleingruppenhaltung unter wissenschaftlicher Begleitung auf ihre Praxistauglichkeit zu überprüfen. Allerdings gebe es hier rechtliche Vorgaben seitens der EU, die von der Praxis her nicht nachvollziehbar seien. Das hier vorgesehene Haltungssystem sei auf seine Praxistauglichkeit hin nicht überprüft worden.
Was die Auswirkungen einer nationalen Hennenhaltungsverordnung betreffe, die schärfere Anforderungen als die geltende EU-Richtlinie enthalte, weist er darauf hin, dass bei anderen EU-Ländern, wie z. B. Holland, der Selbstversorgungsgrad bei Eiern in den letzten Jahrzehnten ständig gestiegen sei. Er liege dort zur Zeit bei 360 % des Eigenbedarfs. Im Vergleich dazu sei die Eigenbedarfsdeckung in Deutschland auf zur Zeit 70 % abgesunken. Dies bedeute, dass jedes dritte in Deutschland verzehrte Ei außerhalb Deutschlands gelegt werde. Diese Abnahme des Eigenversorgungsgrades stehe in engem Zusammenhang mit den Wettbewerbsnachteilen, denen man hier ausgesetzt gewesen sei.
Der jetzt vorliegende Entwurf einer nationalen Hennenhaltungsverordnung sehe eine wesentliche Schlechterstellung der deutschen Eierversorgung gegenüber den anderen EU-Staaten vor. Damit wäre eine Verlagerung der hiesigen Hühnerhaltung in andere Länder vorprogrammiert. Deutschland verfüge zur Zeit wohl weltweit über die höchsten Standards in diesem Bereich. Die sicherlich auch notwendige Weiterentwicklung dieser Standards sei allerdings so zu gestalten, dass eine weitere Abwanderung der Hennenhaltung ins Ausland vermieden werde. Tierschutz und Verbraucherschutz könnten dann am besten praktiziert werden, wenn die Hühnerhaltung in Deutschland erfolge. Wenn es nicht zu einer fairen Gleichstellung innerhalb der EU-Staaten komme, bestehe die Gefahr der weiteren Abwanderung der Hennenhaltung ins Ausland, womit die Existenz zahlreicher mittlerer Betriebe vernichtet würde.

Dr. Glarita Martin, Internationale Gesellschaft für Nutztierhaltung, Stuttgart, führt dazu aus, dass sie sich im Wesentlichen auf die Aspekte der Ethologie und der Hühnerhaltung beschränken wolle. Vorab weist sie allerdings darauf hin, dass das BVerfG festgestellt habe, dass die Vorschriften des Tierschutzgesetzes (TierSchG) verbindlich, also zu erfüllen seien, während die EU-Richtlinie nur Mindestanforderungen enthalte. Das Gericht hebe ausdrücklich hervor, dass gemäß § 2 Nr. 1 TierSchG kein artgemäßes Bedürfnis unangemessen zurückgedrängt werden dürfe. Dies gelte für alle Verhaltensbedürfnisse, die sich den Oberbegriffen artgemäße Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung zuordnen ließen. Nur das Bewegungsbedürfnis unterliege der weiteren Einschränkungsmöglichkeit, was jedoch nicht zu Schmerzen, vermeidbaren Leiden oder Schäden führen dürfe.
Dem BVerfG haben die Störungen, die bei der Futteraufnahme und beim Ruhen entstehen, ausgereicht, um die gesamte Verordnung von 1988 für nichtig zu erklären. Zusätzlich zu den Ausführungen über die Nichtigkeitsgründe habe das Gericht konkrete Ausführungen zu den Bedürfnissen der Legehennen gemacht und diese explizit genannt, und zwar das Scharren und Picken aus dem Funktionskreis Nahrungserwerb, dann die ungestörte Eiablage, die Eigenkörperpflege wie Staubbaden sowie schließlich das erhöhte Sitzen auf Stangen zum Ruhen und Schutzverhalten. Damit seien klare Vorgaben für den Inhalt einer neuen Verordnung gemacht worden.
Zu prüfen sei nun, ob die im Verordnungsentwurf vorgegebenen Mindestanforderungen die Grundbedürfnisse der Tiere befriedigen oder zurückdrängen. Für die in der Verordnung eingeführten ausgestalteten Käfige, mit denen die herkömmlichen Käfige ersetzt werden sollen, zeigten sich gravierende Mängel. So würden im Nahrungsverhalten kardinale Fehler gemacht. Die bestehenden Probleme würden in ihrer Bedeutung im Wesentlichen nicht erkannt. Zuerst sei festzustellen, dass eine Mindesttroglänge von 12 cm je Henne - so im Verordnungsentwurf vorgegeben - nicht ausreiche, um den Tieren eine ungestörte gleichzeitige Nahrungsaufnahme zu ermöglichen, da die Körperbreite durchschnittlich 14,5 cm betrage. Damit sei nicht einmal die Minimalforderung des BVerfG erfüllt.
Darüber hinaus habe das Gericht aus dem Funktionskreis Nahrungsaufnahme die Anforderung Scharren und Picken gefordert. Damit erkenne das Gericht an, dass zusammen mit der artgemäßen Ernährung nicht nur Futter zur physiologischen Sättigung zugänglich sein müsse, sondern auch die Möglichkeit zum Nahrungssuchverhalten bestehen müsse. Dies sei mit intensiver Schnabelbetätigung verbunden wie Ziehen, Reißen, Hacken, also Anstrengung und Beschäftigung mit Nahrungsobjekten. Wenn dieses genetisch determinierte Verhalten nicht an adäquaten Objekten wie dem Erdboden oder der Stroheinstreu ausgeführt werden könne, werde dieses Verhalten auf Ersatzobjekte umorientiert. So entstehe Federpicken und Kannibalismus. Das anfänglich harmlose Federpicken könne sich zu einer Pickstereotypie entwickeln, die eine schwere Verhaltensstörung darstelle und als ein deutliches Anzeichen für erhebliches Leiden gewertet werde. Hierzu gebe es neue wissenschaftliche Erkenntnisse. So befasse sich eine Wissenschaftlergruppe in Bern intensiv mit dem Thema Federpicken. Sie habe nachgewiesen, dass eine strohlose Umwelt bei Hennen zu chronischer Angst und Dauerstress sowie einer reduzierten Leistung des Immunsystems führe. Dies seien außerordentlich schwerwiegende Befunde, die endlich zur Kenntnis genommen werden müssten. An Stelle der Symptombekämpfung wie Lichtentzug und Schnabelkupieren müssten die Ursachen dieser Störungen beseitigt werden.
Die vorliegende Tabelle (Ausschuss-Drucksache 14/263) zeige, dass auch die Bedürfnisse der anderen Funktionsbereiche in den ausgestalteten Käfigen nicht ausgelebt werden könnten und dadurch teilweise Verhaltensstörungen entstehen würden. Hierzu gehöre die ungestörte Eiablage, die Eigenkörperpflege, das Sandbaden. So würden die Tiere auf dem Drahtboden baden. Auch sei der Unterschied zu dem bisherigen Käfig nicht erkennbar und ein erhöhtes Sitzen auf Stangen nicht möglich, weil diese zu tief platziert und zu kurz seien. Auch seien Sozialverhalten nicht möglich. Von einer stabilen Sozialordnung könne keine Rede sein.
Was die räumlichen Bedingungen in dem Käfig betreffe, verweist sie auf die entsprechende Übersicht AVIPLUS der erwähnten Tabelle. Hier handele es sich um eine neue Entwicklung aus dem Jahre 1999, die seitdem auf dem Markt sei. Diese Variante werde zur Zeit favorisiert und in verschiedenen Versuchsanstalten getestet. Eine vergleichbare Anlage werde in dem Betrieb von Herrn Huber überprüft. Aus der Übersicht gehe hervor, dass keine der notwendigen Verhaltensweisen durchgeführt werden könne.
Zusammenfassend sei zu sagen, dass in den bisher untersuchten ausgestalteten Käfigen alle Grundbedürfnisse in hohem Maße eingeschränkt seien, womit § 2 TierSchG eindeutig verletzt werde. Die Käfige würden nicht die Bedingungen erfüllen, die zur Aufrechterhaltung der ethologischen und physiologischen Körperfunktionen notwendig seien. Die bisherigen Probleme der intensiven Hühnerhaltung würden im Wesentlichen bestehen bleiben, in gewisser Hinsicht sogar verstärkt. Etwas mehr Raum in den Käfigen führe dazu, dass mehr Federpicken möglich sei, dass die Tiere mehr Bewegungsfreiheit hätten und sich deshalb an den Kloaken der Tiere über ihnen anpicken. So sei Kloakenpicken und entsprechender Kannibalismus in diesen Käfigen häufiger als in den herkömmlichen Käfigen. Eine Fluchtmöglichkeit bestehe nicht.
Die Einführung dieser Käfige durch die vorgesehene Verordnung diene der Unterstützung und Aufrechterhaltung bodenunabhängiger industrieller Betriebe. Darüber hinaus seien sie nicht getestet worden, weshalb der Tierhalter ein hohes Risiko eingehe. Notwendig sei daher, auf bewährte alternative Haltungssysteme wie die Boden-, Volieren- und Auslaufhaltung umzustellen, diese ggf. weiter zu entwickeln und mit Hilfe politischer Maßnahmen zu fördern. Diese Haltungssysteme könnten unter Einhaltung bestimmter Bedingungen sowohl die Bedürfnisse der Tiere als auch ökologische Aspekte der Hühnerhaltung berücksichtigen und damit auch dem Schutz des bäuerlichen Berufsstandes dienen.

RA Dr. Eisenhart von Loeper, führt dazu aus, dass er vor ca. 20 Jahren zusammen mit Frau Dr. Martin im Rahmen der Internationalen Gesellschaft für Nutztierhaltung intensiv daran gearbeitet habe, dass die Legehennenbatteriehaltung abgeschafft werde. Dazu habe es eine Reihe von Gerichtsentscheidungen gegeben. Inzwischen liege nun das Urteil des BVerfG vor. In diesen 20 Jahren seien den Tieren unnötigerweise erhebliche Leiden und Schäden zugefügt worden. Eine Umstellung der Haltungssysteme sei überfällig und werde von der Gesellschaft den Tieren gegenüber geschuldet.
Er begrüße es, dass der Ausschuss sich mit diesen Fragen befasse, da es ja letztlich um eine Umsetzung der Regelungen des Tierschutzgesetzes gehe. Für vertretbar halte er die Übergangsfrist für Altanlagen gem. § 7 Abs. 2, wonach Legehennen noch bis zum 31. Dezember 2002 in den bisherigen Käfigen gehalten werden könnten, und zwar deshalb, weil die Einzelfallregelung, die das Gesetz über § 48 Verwaltungsverfahrensgesetz (VVerfG) eröffne, mit einigen Unsicherheiten verbunden sei, so dass insofern Rechtssicherheit geschaffen werde. Allerdings sei die Verwaltungsbehörde auf Grund des BVerfG-Urteils nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, die unanfechtbaren Genehmigungsbescheide zurückzunehmen.
Für nicht akzeptabel halte er allerdings die nach § 7 Abs. 1 vorgesehene Übergangsregelung bis zum 31. Dezember 2011, weil sie das bisherige Haltungssystem fortschreibe, worauf er noch näher eingehen werde. Was die Regelung für ausgestaltete Käfige betreffe, so sollte diese Regelung nach seiner Auffassung sofort Geltung haben, was positiv zu bewerten wäre. Allerdings werde auch die Auffassung vertreten, dass diese Regelung erst ab dem Jahre 2003 Geltung haben solle. Dies halte er allerdings angesichts des BVerfG-Urteils nicht für vertretbar.
Zu den besonderen Anforderungen an Käfige gem. § 6 des Verordnungsentwurfes verweist er auf die entsprechenden Ausführungen von Frau Dr. Martin.
Zur Begründung seiner Auffassung verweist er darauf, dass das BVerfG in seinem Urteil einen doppelten Kontrollmaßstab angelegt habe, und zwar zum einen im Hinblick auf den § 2 Nr. 1 TierSchG, und zwar die Frage, ob die Grundbedürfnisse der Tiere in den Käfigen erfüllt seien oder nicht. Da mit den jetzigen Käfigen das ungestörte Schlafen und die gleichzeitige Nahrungsaufnahme verhindert werde, liege ein Verstoß gegen § 2 Nr. 1 TierSchG vor. Der zweite Kontrollmaßstab setze bei der europarechtlichen Betrachtung an. Beides seien tragende Gründe, die für sich genommen bereits zu einer Bindungswirkung des Urteils führten und insofern zwingend seien.
Weiterhin gebe es den Grundansatz im Urteil, dass die Grundbedürfnisse der Tiere im Käfig nicht befriedigt werden können. Hier sei der europarechtliche Ansatz der schwerwiegendere, wonach auf Grund wissenschaftlicher Erkenntnisse der Batteriekäfig wegen seiner kleinen Größe und seines sterilen Umfelds das Wohlbefinden der Hennen erheblich beeinträchtige. Dieser Ansatz sei im Wesentlichen identisch mit dem Ansatz des § 17 Nr. 2 b TierSchG, wonach es sich genau genommen um eine Verletzung eines Straftatbestandes handele, und zwar hinsichtlich des Batteriekäfiges insgesamt, also nicht nur in der Größe von 450 m2. Diese Strafnorm dürfe in keinem Falle verletzt werden, was in die Verordnungsgebung Eingang finden müsse, und zwar auch hinsichtlich der Übergangsregelung. So erscheine es unvereinbar, dass noch bis zum Jahre 2011 Verstöße gegen die Strafnorm durch den Verordnungsgeber sanktioniert werden.

Prof. Dr. Gerhard Robbers, Universität Trier, erklärt, dass er nur zu den juristischen Zusammenhängen Stellung nehmen werde. Nach seiner Auffassung gebe es zwei Hauptkontroversen hinsichtlich der Auslegung des BVerfG-Urteils, was auch Auswirkung auf die Ausgestaltung der neuen Hennenhaltungsverordnung habe.
Die erste Kontroverse betreffe die Frage, ob es numerische Größenvorgaben des BVerfG-Urteils gebe. Zwar habe das BVerfG die Mindestfläche von 450 m2 und die Mindesttroglänge von 10 cm für gesetzeswidrig erklärt, darüber hinaus aber keine numerischen Mindestgrößen festgelegt. Insbesondere habe es keine Aussage dazu gemacht, dass das Produkt aus der durchschnittlichen Länge und Breite einer Henne die Mindestfläche des Käfigs vorgeben müsse, sondern vielmehr in den entscheidenden Passagen wiederholt darauf hingewiesen, dass eine Hennenhaltungsverordnung von den wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Grundbedürfnisse der Hennen ausgehen müsse. Diese Grundbedürfnisse dürften sehr wohl angemessen - aber nicht darüber hinaus - zurückgedrängt werden. Ein volles Ausleben aller Bedürfnisse sei nach dem Urteil nicht erforderlich. Bei der Frage der Angemessenheit müssten neben den rechtlich geschützten Interessen der Tierhalter auch die relevanten Überlegungen der Wirtschaftlichkeit mit einbezogen werden.
Hinsichtlich der 450 m2 Fläche und 10 cm Troglänge treffe das BVerfG jenseits der Vorstellung der Gesetzeswidrigkeit eine Aussage numerischer Hinsicht weder ausdrücklich noch implizit. Darüber habe es auch nicht entscheiden müssen.
Bei der Ausgestaltung einer neuen Verordnung müssten die jeweils neuesten tiermedizinischen und verhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse einbezogen, ein angemessener Ausgleich erzielt und die Bedürfnisse der Hennen dürften nicht wie in der Vergangenheit zurückgedrängt werden. Insbesondere müssten die Hennen gleichzeitig ungestört schlafen und fressen können. Dies habe das Gericht ausdrücklich festgestellt.
Ohne eine verfassungsrechtliche Bindungswirkung zu beanspruchen, lege die Entscheidung des Gerichtes nahe, dass bei einer Neuregelung auch weitere artgemäße Bedürfnisse wie geschützte Eiablage, Eigenkörperpflege und erhöhtes Sitzen auf Stangen berücksichtigt werden müsse. Dies sei tunlichst zu beachten. Sollten diese Bedürfnisse mehr als angemessen zurückgedrängt werden, wäre vorstellbar, dass das BVerfG in einem neuen Verfahren eine entsprechende neue Verordnung wiederum für gesetzeswidrig erklären würde.
Die zweite Kontroverse betreffe den Bestandsschutz bestehender Anlagen. Hierzu werde bisweilen teilweise erklärt, dass das BVerfG den Bestandsschutz vorhandener und genehmigter Anlagen insofern beschränkt habe, als es gesagt habe, dass der Bestandsschutz vorbehaltlich besonderer Bestimmungen gelte. Dies sei in der Tat so. So stelle das Gericht ausdrücklich fest, dass die vorhandenen Käfiganlagen, die bestandskräftig genehmigt worden seien, nur vorbehaltlich besonderer weiterer Bestimmungen Bestandsschutz genießen. Es wäre aber unplausibel anzunehmen, dass das BVerfG zunächst betone, dass die vorhandenen Anlagen Bestandskraft hätten, gleichzeitig aber etwa über § 48 VVerfG diese Genehmigungen insgesamt wieder zurückgenommen werden müssten. Dies wäre kontradiktorisch. § 79 Abs. 2 BVerfGG bedeute, dass die erteilten Genehmigungen in ihrem Bestand und in ihrer Rechtmäßigkeit nunmehr fingiert würden. Man setzt also voraus, dass sie rechtmäßig seien, da sie Grundlage von bestehenden Genehmigungen sind.
Das BVerfG habe auch nicht, wie teilweise behauptet, eine positive Stellungnahme zur Strafbarkeit der Käfighaltung abgegeben. Das Gericht habe vielmehr auf eine Mitteilung der EU-Kommission hingewiesen, indem erhebliche Beeinträchtigungen des Wohlbefindens in der herkömmlichen Käfighaltung festgestellt worden seien. Weiterhin habe der Bundesgerichtshof Leiden definiert als erhebliche Beeinträchtigungen des Wohlbefindens. Allerdings könne die Terminologie des Gemeinschaftsrechts nicht ohne weiteres in die Terminologie des deutschen Strafrechtes übertragen werden.

RA Wolfgang Schindler, erklärt, dass er das Land Nordrhein-Westfalen vor dem BVerfG im Verfahren zur Nichtigkeit der alten Hennenhaltungsverordnung vertreten habe, weshalb er mit den Einzelheiten sehr vertraut sei. Im Übrigen begrüße er, dass mit dem Fragenkatalog auch versucht werde, mögliche wirtschaftliche Folgen einer korrekten Anwendung des Tierschutzgesetzes zu klären. Gleichwohl sei festzustellen, dass eine Hennenhaltungsverordnung das Gesetz lediglich konkretisieren dürfe. Der vorliegende Entwurf einer neuen Hennenhaltungsverordnung zeige in aller Deutlichkeit, dass er vor allem die Forderungen des Gesetzes nach einer verhaltensgerechten Unterbringung entsprechend dem europäischen Kompromiss industriefreundlich abmildern wolle. Der wiederum eine Nichtigkeit bewirkende Widerspruch zum Gesetz und zu der Entscheidung des BVerfG sei unübersehbar.
Zu den weiteren Ausführungen verweist er auf die von ihm vorgelegte Übersicht zu den Folgerungen aus dem Urteil des BVerfG auf Ausschuss-Drucksache 14/264. Die dem Urteil des Gerichtes entsprechende Liste von Haltungskriterien zeige, dass Hennenhaltungsverordnung und EU-Richtlinie bis auf die Futtertrogbreite identisch seien. Das offensichtliche Bestreben des Ministeriums sei erklärlich, obwohl andererseits nicht übersehen werden könne, dass die Folgen der letzten ?eins-zu-eins?-Umsetzung eine nichtige Verordnung gewesen sei. Wie die Tabelle ebenfalls deutlich zeige, seien die Forderungen des Gerichtes völlig anders als der Inhalt des neuen Verordnungsentwurfes.
Wenn sich die Antwort auf eine Frage, so z. B., ob den Hennen Sandbaden ermöglicht werden müsse, nicht aus dem Gesetz ergebe, müsse dies ausgelegt werden. Hierzu stehe das BVerfG-Urteil zur Verfügung. Im Rahmen der Auslegung sei es völlig unerheblich, ob bestimmte Aussagen des Gerichtes von der sog. Bindungswirkung nach § 31 BVerfGG erfasst seien oder nicht. Kein einziges Wort des Urteils sei für die Auslegung unerheblich. Auch wenn das BML ganze Teile des Urteile ignoriere, bleibe dies als Ganzes Maßstab für jeden, der das Gesetz korrekt anwenden müsse, wie z. B. Staatsanwaltschaften und Gerichte. Dort finde dann die mittlerweile verbreitete interessengesteuerte Minimalisierung des Urteils ihr Ende. Strafanzeigen durch die Tierschutzverbände würden anstehen. Dies zeige Anlage 5 der erwähnten Übersicht.
Schließlich beglückwünscht er den ZDG dazu, dass es ihm gelungen sei, eine verhaltensgerechte Unterbringung von Legehennen fast 30 Jahre gegen das Gesetz, teilweise geschützt durch eine nichtige Verordnung, weitgehend zu verhindern. Lieber wäre es ihm allerdings, angesichts der ca. 1 Mrd. in der Käfighaltung verschlissener Hennen zu einem Erfolg zu gratulieren, der in der Zukunft liegen könne. Unter Führung des ZDG könnten die deutschen Hennenhalter zu europäischen Marktführern artgerecht erzeugter Produkte werden, wenn man die gesetzlichen Rahmenbedingungen, die den Unterschied zwischen leidensfähigen Geschöpfen und Industrieprodukten wiedergeben, endlich akzeptieren und nicht bekämpfen würde. Er bitte daher darum, dass die gesetzliche Vorschrift, um deren Anwendung bzw. Auslegung es im Wesentlichen gehe, nämlich § 2 des Tierschutzgesetzes, nicht aus den Augen zu verlieren (Anlage 6 der Übersicht).

Dr. Ronald Steiling, ZDG, erklärt, dass bei dem Erlass einer neuen Hennenhaltungsverordnung nicht nur das BVerfG-Urteil vom 6. Juli 1999, sondern auch die EG-Richtlinie vom 19. Juli 1999 zu berücksichtigen sei. Diese Richtlinie, die bis zum 1. Januar 2002 in nationales Recht umgesetzt werden müsse, sei das Ergebnis jahrelanger intensiver Gespräche in allen Gremien. Sie basiere insbesondere auf der Stellungnahme des Wissenschaftlichen Veterinärausschusses, die dieser nach mehrjähriger Arbeit im Herbst 1996 vorgelegt habe. Dieser Bericht über das Wohlbefinden der Hennen stelle das gegenwärtig gesamte verfügbare Wissen zu diesem Thema dar, womit sich die Richtlinie auf dem neuesten wissenschaftlichen Stand befinde. Abweichungen von der Richtlinie wären nur dann vertretbar, wenn neue wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen. Aus Sicht des ZDG sei dies allerdings nicht der Fall, und zwar insbesondere auch deswegen nicht, weil die darin vorgesehenen ausgestalteten Käfige sich noch in der Erprobungsphase befinden. Hinzu komme, dass die Richtlinie selber vorsehe, dass bis zum 1. Januar 2005 der Kommission ein neuer Bericht vorzulegen sei, und zwar über die Ergebnisse der Haltungsformen, die in der Richtlinie vorgesehen seien. Aus diesem Grunde wäre es kontraproduktiv, wenn man jetzt über die Richtlinie hinausgehen würde.
Eine ?eins-zu-eins?-Umsetzung der Richtlinie, für die der ZDG auch eintrete, stehe auch nicht im Widerspruch zum BVerfG-Urteil. Was die Feststellung des BVerfG betreffe, so habe es nicht die Käfighaltung als solche für unzulässig erklärt. Auch habe der Senat des Gerichtes entgegen zahlreicher Stimmen keinen Mindestflächenbedarf je Legehenne festgeschrieben. Das Gericht habe ausschließlich im Rahmen einer negativen Abgrenzung festgestellt, dass eine Käfigbodenfläche von 450 m2 nicht ausreiche. Welchen Flächenbedarf eine Henne benötige, habe das Gericht ausdrücklich offen gelassen. Im Übrigen sei dies eine wissenschaftliche und nicht juristische Frage.
Ähnliches gelte für die Futtertroglänge. Hier stimme er mit Prof. Dr. Robbers nicht ganz überein. Das Gericht habe zwar erklärt, dass eine Futtertroglänge von 10 cm pro Legehenne nicht ausreichend sei, um das Bedürfnis der Tiere nach Nahrung und Flüssigkeitsaufnahme zu gewährleisten. Dabei sei das Gericht allerdings davon ausgegangen, dass es ein Grundbedürfnis der gleichzeitigen Nahrungsaufnahme gebe. Im Falle der ad libitum-Fütterung, wonach den Tieren also den ganzen Tag über Nahrung zur Verfügung stehe, sei dies nicht erforderlich. Insofern werde auch der neue Verordnungsentwurf diesem Anliegen des Gerichtes gerecht. So werde dort bei der Alternativhaltung unterschieden zwischen dem Fall des ständigen Futterangebotes und dem Fall des nicht ständigen Futterangebotes. Während im Fall des ständigen Futterangebotes 10 cm als ausreichend angesehen werden, halte man im Fall des nicht ständigen Futterangebotes 12 cm für erforderlich. Dies sei auch der Ansatz des ZDG für die ausgestalteten Käfige. Insofern entspreche auch die EG-Richtlinie den Ausführungen des BVerfG-Urteils.
Darüber hinaus weise das Gericht an mehreren Stellen darauf hin, dass der Verordnungsgeber einen Ausgleich zwischen den Belangen des Tierschutzes und den rechtlich geschützten Interessen der Tierhalter zu erreichen habe. All diesen Anforderungen werde die EG-Richtlinie gerecht und daher sei man für eine ?eins-zu-eins?-Umsetzung der Richtlinie. Würde die nationale Hennenhaltungsverordnung über die Anforderungen der EG-Richtlinie hinausgehen, käme es zu eklatanten Wettbewerbsverzerrungen. So habe Deutschland gegenwärtig einen Selbstversorgungsgrad zwischen 60 und 72 % und einen Importbedarf von 5,3 Mrd. Eiern und sei insofern mit weitem Abstand das größte Importland der EU. Die Importlücke könnte durch die Niederlande oder Dänemark gedeckt werden, die einen Überschuss von 7,1 bzw. 1,3 Mrd. Eiern hätten.
Würde man die Anforderungen der nationalen Verordnung erheblich erhöhen, würde der Selbstversorgungsgrad in Deutschland auf ca. 30 % sinken, was einen Verlust von Arbeitsplätzen in allen Branchen - Mischfutter, Geflügelschlachtereien, Legehennenhaltungsbetriebe - in Höhe von 7.800 zur Folge hätte. Dies würde insbesondere die bäuerlichen Betriebe betreffen, da diese nicht in der Lage wären, die erhöhten Produktionskosten zu tragen. Auch würde das Tierschutzproblem in Drittländer verlagert werden. So sei in Tschechien kürzlich eine Anlage für 1,5 Mio. Legehennen genehmigt worden. In Ungarn stehe eine Anlage, die für 8 Mio. Legehennen geplant sei. Diese Eier würden sicherlich nach Deutschland importiert werden. Aus diesen Gründen der Wettbewerbsverzerrung habe der Bundeslandwirtschaftsminister wiederholt erklärt, dass er an dem vorgesehenen Verordnungsentwurf festhalten werde, da weitere Wettbewerbsverzerrungen nicht zulässig wären. Der ZDG erwarte, dass der Minister zu diesem Wort stehe.

Prof. Dr. Martin Kutscha, Berlin, erklärt, dass er sich auf die strittigen Punkte beschränken werde. So gehe es zum einen um die Auslegung des § 2 TierSchG. Hierzu habe nach seiner Auffassung das BVerfG eine bindende Auslegung gem. § 31 Abs. 1 BVerfGG vorgenommen, was demnach für den künftigen Verordnungsgeber absolut zu berücksichtigen sei.
Von Prof. Dr. Robbers und Dr. Steiling sei die Behauptung aufgestellt worden, dass das BVerfG keinerlei numerische Mindestgrößen vorgegeben habe. Das Gericht mache jedoch unter Punkt C 3 folgende Aussage: ?Aus dem Produkt von Länge und Breite der Tiere ergibt sich ein Flächenbedarf für jede Henne in der Ruhelage, der die vorgesehene Mindestbodenfläche überschreitet.? Hier gehe das BVerfG eindeutig davon aus, dass das Produkt von Länge und Breite einen Mindestflächenbedarf beinhalte, und zwar 690 cm2. Richtig sei, dass es keine maximale Größe vorgebe.
Ebenso verhalte es sich mit der Mindestlänge des Futtertroges, und zwar würden hier 15 cm gelten an Stelle der 12 cm, wie dies der Verordnungsentwurf vorsehe. Er habe den Eindruck, dass mit dem Verordnungsentwurf eine Art Delegitimierung des BVerfG-Urteils betrieben werde.
Was die Anwendbarkeit der EG-Richtlinie betreffe, so sei dort in § 13 Abs. 2 ausdrücklich formuliert, dass diese Richtlinie nicht das Recht der Mitgliedstaaten beeinträchtige, ihrerseits strengere Anforderungen zu stellen, als dies die Richtlinie vorsehe. Solche strengeren Anforderungen würden sich genau aus dem BVerfG-Urteil ergeben, nämlich nach § 2 TierSchG. Während an anderer Stelle die EU durchaus bindende Vorgaben mache, handele es sich hier nur um Mindestvorgaben. Hier sei das nationale Recht eindeutig strenger.
Zur strittigen Frage der Bestandskraft und der Rechtswidrigkeit führt er aus, dass grundsätzlich in der deutschen Rechtsordnung ein rechtswidriger Verwaltungsakt, also eine rechtswidrige Genehmigung, Bestandskraft habe. Diese gelte im Interesse der Verkehrssicherheit weiter, es sei denn, sie sei nichtig, was er hier allerdings nicht annehme. Unstrittig sei allerdings die Rechtswidrigkeit dieser Verwaltungsakte. Nach § 48 Abs. 1 VVerfG könnten solche rechtswidrigen Verwaltungsakte zurückgenommen werden. Hierbei habe das öffentliche Interesse an der Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes Vorrang.
Der Vertrauensschutz könnte allerdings bei der Frage des Vermögensausgleiches nach § 48 Abs. 3 VVerfG eine Rolle spielen. Hier müsse allerdings eine Interessenabwägung stattfinden, wobei es überhaupt fraglich sei, ob es einen Vertrauenstatbestand auf der Seite der Geflügelzüchter gebe. Jedenfalls bestünde die Möglichkeit, durch eine Änderung der Besatzdichte einen genehmigungsfähigen Zustand herzustellen.
Abschließend hält er es für sehr bedenklich, wenn der Verordnungsentwurf die nach der nichtigen Verordnung ausgestalteten Käfige noch bis zum Jahre 2002 für zulässig halte. Hier werde offenbar die Frage der Rechtswidrigkeit mit der Frage der Bestandskraft verwechselt. Notwendig sei es, die Mindestvorgaben des BVerfG im Verordnungsentwurf zu berücksichtigen, wenn nicht sogar noch mehr.

Dr. Klaus Damme, Lehr- und Versuchsstation für Kleintierzucht der Bayerischen Landesanstalt für Tierzucht, Kitzingen, bestätigt, dass man national über die Anforderungen der EG-Richtlinie hinausgehen könne. Allerdings sei es notwendig, dass in der Praxis auch noch eine kostendeckende Produktion möglich sei, da ansonsten in Deutschland keine Eierproduktion mehr stattfinden werde.
Die Landesanstalt habe versucht, die hierzu vorhandene Literatur und Daten zu sammeln und auszuwerten. So sei festzustellen, dass es zwar eine gewisse Varianz hinsichtlich der Gesamtkostenschätzung gebe, aber der Grundtenor aller wissenschaftlichen Publikationen zu dieser Thematik sei eindeutig. Danach führe eine Vergrößerung des Platzangebotes im Käfig oder jeder Wechsel auf alternative Haltungssysteme zu einem Anstieg der Produktionskosten. Was die Festkosten betreffe, so betrügen auf der Grundlage konkreter Angaben der Stalleinrichtungsunternehmen die konventionellen Kosten eines Käfigplatzes 15 DM, ein sog. Enriched Cage führe zu 22 DM pro Hennenplatz, während dieser bei einer Volierenhaltung zwischen 15 und 30 DM liege, je nach Bestandsgröße.
In Abhängigkeit von der Aufstellungsdichte könne man sehr gut die Festkosten der Gebäude erheben. Schwieriger sei die Kostenerhebung im Bereich der Arbeitskosten und der variablen Kosten. So sei vorgeschrieben, dass die Aufzucht der Junghennen in dem System erfolgen solle, in dem später die Legehenne gehalten werde. Eine Volierenaufzucht koste etwa 1 DM mehr als eine Käfigaufzucht.
Der Futterbedarf sei von der Gesellschaft für Ernährung für verschiedene Systeme errechnet worden. So benötige eine in einer Voliere gehaltene Henne ca. 5 % mehr Futter, eine in Bodenhaltung gehaltene Henne 10 % mehr Futter. Der entsprechende Erhaltungsbedarf liege bei einer Freilandhenne infolge der Bewilligungsmöglichkeiten um 15 % höher.
Im Bereich der Verluste zeige sich ein sehr unterschiedliches Bild. So gebe es Betriebe, die im Alternativbereich zum Teil sogar weniger Verluste hätten als bei der Käfighaltung. Allerdings dürfe man hierbei das Produktionsrisiko nicht vernachlässigen, was monetär kaum quantifizierbar sei. So sei das Risiko in Alternativsystemen der Kannibalismus wesentlich höher. Auch sei das Risiko durch Ekto- und Endoparasitenbefall sowie das Infektionsrisiko allgemein höher. Eine Kokzidiosebehandlung sei nur noch möglich, wenn man danach Absetzfristen einhalte, d. h., dass die Eier entsorgt werden müssten, was wiederum zu erheblichen finanziellen Einbußen führe. Auch habe man in Freilandhaltung erhöhte Verluste durch Raubwild sowie Greifvögel.
Was die Arbeitsbelastung betreffe, so benötige ein Betriebshalter, der in alternative Haltung umsteige, eine bessere Ausbildung. Er benötige ein größeres Wissen über Herdenverhalten, über Hygiene und Tierschutz im prophylaktischen Bereich, und der Betreuungsaufwand sei größer.
Dies sei gerade das Problem, denn man wolle eine bäuerliche Produktion und Direktvermarktung ankurbeln. Auch ein bäuerlicher Betrieb müsse mindestens zwischen drei- und fünftausend halten, um davon leben zu können, wenn er in der Lage sei, alle Eier direkt zu vermarkten. Die Arbeitsorganisation entsprechender Betriebe sehe so aus, dass 80 % der Arbeit auf die Vermarktung entfallen. Steige er auf ein System um, das vom Betreuungsaufwand und der Automatisierung aufwendiger sei, habe er weniger Zeit für die Vermarktung.
Zusammengefasst lasse sich feststellen, dass die Produktionskosten in der ersten Umstellungsstufe auf Käfige von 550 cm2 mit Krallenabrieb um ca. 7 % anstiegen. Dabei sei allerdings noch nicht berücksichtigt, dass durch die Herausnahme eines Tieres aus dem Käfig etwa 20 % in Alternativsysteme investiert werden müsse, wenn der Betrieb den Bestand halten wolle. Bei einem Wechsel von der Käfighaltung zu einer Bodenhaltung mit neun Tieren pro Quadratmetern Bewegungsfläche würden Mehrkosten zwischen 15 und 37 % anfallen, bei einem moderat belegten Volierensystem 15 % Mehrkosten und bei 8 bis 9 Hennen in der Bodenhaltung 37 % Mehrkosten. Dies sei deckungsgleich mit entsprechenden Kosten eines sog. Enriched Cage. Bei einem Übergang von konventioneller Käfighaltung auf Freilandhaltung würden sich Mehrkosten in Höhe von 50 bis 70 % ergeben.
Wenn man sich die Situation in den USA vor Augen halte, so werde dort in Käfigen mit 350 cm2 produziert, weshalb man dort im Vergleich zu Europa 7 % geringere Kosten habe. Bei einem Übergang auf Käfige mit 550 cm2 liege die Kostendifferenz bereits bei 15 % wie dies die Übersicht Nr. 3 seiner Stellungnahme zeige (Ausschuss-Drucksache 14/260).
Weltweit habe man heute noch einen Anteil an der Eierproduktion in Höhe von 1,7 %. 37 % der Eier würden heute bereits in China produziert. Länder wie Indien, die Türkei oder auch China würden damit anfangen, Eier zu exportieren. 30 % unserer Eier würden nicht als Schaleneier gehandelt, sondern gingen direkt in die Eierindustrie. Es sei nicht zu erwarten, dass diese 30 % in Alternativhaltungssystemen produziert würden. Diese müssten kostengünstig produziert werden und würden nach Kilogramm abgerechnet.
Das unterstützenswerte Ziel, tiergerechtere Haltungssysteme in der EU durchzusetzen, sollte flankiert werden durch Verbraucheraufklärungsmaßnahmen und finanzielle Umstellungshilfen für bereits jetzt umsteigende Landwirte. Parallel dazu sollte gesetzlich die Eierkennzeichnung vorgeschrieben werden, um die hiesige Produktion zu unterstützen.

Prof. Dr. Hans-Wilhelm Windhorst, Universität Vechta, erklärt, dass er nur zu den Fragen 8 bis 12 Stellung nehmen werde. Zur Frage, inwieweit das BVerfG wirtschaftliche Aspekte bei seiner Entscheidung bewertet habe, sei festzuhalten, dass es einige Argumente des Landes Nordrhein-Westfalen und der Bundesregierung aufgegriffen habe, ohne jedoch zu einer eigenen Bewertung der dort getroffenen Aussagen zur Wirtschaftlichkeit zu gelangen und auf mögliche Wettbewerbsverzerrungen insbesondere gegenüber Drittländern einzugehen. Die ökonomischen Gesichtspunkte in der Urteilsbegründung würden sogar vollständig ausgeblendet und die Argumentation ausschließlich aus dem Blickwinkel der Sicherung der Grundbedürfnisse der Legehennen geführt, was angesichts der Klageschrift des Landes Nordrhein-Westfalen auch verständlich werde.
Zu der Frage nach dem Anstieg der Produktionskosten infolge der neuen Hennenhaltungsverordnung verweist er weitestgehend auf die Ausführungen von Dr. Damme sowie seine vollständige Stellungnahme hierzu.
Zu den Auswirkungen auf die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Eiproduktenindustrie sei allerdings zu ergänzen, dass häufig nicht bekannt sei, dass ca. 20 bis 25 % der gelegten Eier, in Alternativsystemen bis zu 30 %, nicht direkt in den Handel gelangen können, sondern zu Eiprodukten verarbeitet werden müssten. Eine deutliche Erhöhung der Kosten der Rohware würde unausweichlich dazu führen, dass die deutsche Eiproduktenindustrie im internationalen Rahmen nicht mehr konkurrenzfähig wäre. Die Orientierung der Lebensmittelindustrie zu Anbietern in Drittländern werde die Folge sein.
Bei allen Entscheidungen sei daher zu bedenken, und zwar unabhängig davon, ob Eier in Käfigen oder alternativen Systemen produziert werden, dass eine marktorientierte Eierproduktion immer nur dann möglich sei, wenn es dazu parallel die Erzeugung von Eiprodukten gebe.
Zur Frage der Bedeutung evtl. Wettbewerbsnachteile infolge erhöhter Erzeugerkosten, auch im Falle ausgestalteter Käfige, weist er auf Folgendes hin: So würde das Inkrafttreten der Verordnung dazu führen, dass in einem Standardkäfig künftig nicht mehr fünf, sondern nur noch vier Legehennen gehalten werden können. Die Folge wäre eine Verringerung der Eierproduktion in Deutschland um 14 %. Damit würde man in Deutschland nur noch einen Selbstversorgungsgrad in Höhe von 58 % erreichen, denn 1998 habe man noch 89,2 % der Hennen in Beständen mit mehr als 3.000 Stellplätzen in Käfigen gehalten.
Würde man zu einer weiteren Verschärfung kommen, z. B. durch eine Vergrößerung der Troglänge auf 12 cm, würde der Versorgungsgrad voraussichtlich auf 50 % absinken. Die Folge wären nicht nur vermehrte Importe aus Drittländern, sondern auch eine Beeinträchtigung der Konkurrenzfähigkeit der Betriebe, insbesondere in den Hochburgen der Hennenhaltung im Nordwesten Deutschlands, aber auch in Holland.

Zur Frage 11, der Beurteilung der Probleme der Drittlandimporte, verweist er auf folgende Zahlen: So würden zur Zeit in Deutschland ca. 18,4 Mrd. Eier verbraucht, wovon in Deutschland nur 13,5 Mrd. erzeugt würden. Eingeführt würden ca. 6,2 Mrd. Eier, davon 1,1 Mrd. indirekt als Eiprodukte. Gleichzeitig würden 1,3 Mrd. Eier ausgeführt, davon 0,4 Mrd. als Eiprodukte.
Der in der Regel genannte Selbstversorgungsgrad in Höhe von 72 bis 73 % sei nur insofern richtig, als dabei die Exporte nicht eingerechnet würden. Der Marktanteil der deutschen Produktion betrage zur Zeit nur 66 %. Dies bedeute, dass ein Drittel aller Eier bzw. Eiprodukte eingeführt würde. Eine Verschärfung der Anforderungen würde zu einer schnellen Steigerung führen. Drittlandimporte würden in der EU zur Zeit eine geringe Rolle spielen. So würden die Eier überwiegend innerhalb der EU gehandelt. Allerdings würde die EU-Richtlinie sowie das BVerfG-Urteil dazu führen, dass die Drittlandimporte zunehmen werden, da die Ausfälle infolge der Anwendung der EU-Richtlinie nicht durch Neuanlagen schnell genug kompensiert werden könnten.
Die Staaten, die im Wesentlichen für Drittlandimporte in Frage kommen, seien zum einen die mittel- und osteuropäischen Staaten sowie Weißrussland, die Ukraine und einige nordafrikanische Staaten und schließlich Kanada, die USA, Mexiko und Brasilien. In Tabelle 8 (Ausschuss-Drucksache 14/268) sei ein Vergleich der entsprechenden Produktionskosten enthalten. Insbesondere gegenüber den USA und Kanada werde man nicht die geringste Chance haben, sich am Markt zu behaupten, wenn die WTO eine Marktöffnung herbeiführe. Die Auswirkungen würden sich jedoch nicht allein auf die Legehennenhaltung beschränken, sondern auch auf die Eiproduktenindustrie, die Mischfutterindustrie und die Hersteller von Haltungsgeräten.
Zur Frage 12 verweist er darauf, dass zur Zeit in Deutschland in Käfigbatterien der konventionellen Art ca. 90 % der Legehennen gehalten werden, in der Volierenhaltung 0,3 %, in der Bodenhaltung 6,3 %, in der intensiven Auslaufhaltung ca. 0,4 %, in der Freilandhaltung ca. 3,7 %.
In einigen EU-Staaten würden deutlich höhere Anteile bei der Käfighaltung erreicht, in anderen EU-Staaten weitaus geringere. Die Konsequenz werde sein, dass die Eierproduzenten in den jeweiligen EU-Staaten in unterschiedlicher Weise von der neuen EU-Richtlinie betroffen sein werden. Gegenwärtig sei kaum abzuschätzen, wie die Konsumenten, sofern ihnen die neuen Rahmenbedingungen überhaupt bewusst sind, reagieren werden. Es stelle sich die Frage, ob sie in Zukunft bereit sein werden, deutlich mehr für das Ei zu zahlen, oder ob sie durch ihr Kaufverhalten die weitgehende Beibehaltung der Käfighaltung, wenngleich in modifizierter Form, durchsetzen werden, weil sie trotz aller Bekundungen, dass sie diese Haltungsform für Legehennen ablehnen, ganz überwiegend zum billigen Ei greifen. Jüngste Untersuchungen in den Niederlanden hätten gezeigt, dass trotz Informationen über die Haltungsform der Konsument überwiegend zum billigen Ei greife.
Wenn es gelingen sollte, einen Außenschutz im Rahmen der WTO-Verhandlungen zu erreichen, so dass keine Eier aus konventioneller Käfighaltung oder daraus erzeugte Eiprodukte auf den EU-Markt gelangen, werde es wahrscheinlich zu einer allmählichen Reduzierung des Anteils der in Käfigen gehaltenen Legehennen kommen. Der Preisvorteil gegenüber den in anderen Haltungsformen erzeugten Eier werde jedoch noch auf längere Sicht diese Haltungsform in der Spitzenstellung verbleiben lassen, insbesondere auch dann, wenn die Hygienevorteile in das Bewusstsein der Konsumenten dringen.
Sollte jedoch ein Außenschutz im Rahmen der WTO-Verhandlungen nicht gelingen, ergebe sich eine völlig andere Situation. Ob die Konsumenten in der EU dann zu billigeren importierten Eiern greifen oder sich stärker den in der EU unter den bestehenden Verordnungen produzierten, aber teureren Eiern zuwenden werden, könne kaum vorhergesagt werden. Eindeutig beantworten lasse sich die Frage für die Verarbeiter von Eiprodukten. Sie würden sich weitgehend an den günstigeren Angeboten aus Drittländern orientieren.

Prof. Dr. Rudolf Wolffram, Lehrstuhl für Marktforschung, Universität Bonn, weist darauf hin, dass er sich im Wesentlichen mit den ökonomischen Auswirkungen der Hennenhaltungsverordnung befassen werde. Dabei werde es nicht um den Gegensatz Ökonomie und Tierschutz gehen, sondern um eine entsprechende Synthese. Was den Tierschutz betrifft, so weist er darauf hin, dass zum einen die Grenzen des Handlungsspielraums im Tierschutz nicht durch Auflagen des BVerfG oder nationaler bzw. EU-Vorlagen gezogen werden, sondern maßgebend hierfür seien die Auflagen an den Grenzen der EU, die vorgegeben werden durch die Außenhandelsregelungen nach Abschluss der WTO-Verhandlungen. Zum anderen sei das Eiergeschäft ein Zehntelspfenniggeschäft. So würden marginale Wettbewerbsverschiebungen zu drastischen Produktionsverlagerungen führen.
Zur Frage nach 7 a sei vorher die Frage zu beantworten, ob einem maßnahmebedingten Kostenanstieg eine entsprechende Preiserhöhung gegenüberstehe. Er gehe davon aus, dass die Kosten um einen Pfennig infolge der Produktionseinschränkung anstiegen. Dies bedeute für die Konkurrenzländer innerhalb der EU, dass sich die Gewinnsituation hier in Deutschland um ca. 50 % erhöhe. Durch diese Verbesserung der Erlössituation auf dem deutschen Markt komme es zum einen zu einer Umlenkung der Drittlandexporte aus den stark exportorientierten Ländern. Wenn die Menge nicht reiche, würden die Mengen, die für andere EU-Länder vorgesehen seien, ebenfalls auf den deutschen Markt drängen. Außerdem werde der Gewinnanstieg in Deutschland zu Produktionsanreizen führen, was zu einem weiteren Angebotsdruck führen werde. Dies bedeute für die Preisbildung, dass die Preisanhebung maximal dem Transportkostenanteil der exportorientierten EU-Länder entsprechen könne. Dies würde dann nicht die Kostensteigerung decken.
Was den Verordnungsentwurf betreffe, so entspreche er weitestgehend den Auflagen des BVerfG mit einer gravierenden Ausnahme. So müssten die Legehennenhalter, die bereits über Käfige mit einer Fläche von 550 cm2 verfügten, allerdings einer Troglänge von nur 10 cm, ihre Produktion voraussichtlich um ca. 20 % reduzieren. Eine Aufstockung käme für diese Betriebe nicht in Frage, da zum einen die Investitionskosten zu hoch seien, darüber hinaus der Kapitalbedarf sehr hoch sei und schließlich die rechtlichen Unklarheiten zu einer entsprechenden Planungsunsicherheit führten. Damit werde dieser Marktanteil verloren gehen. Sollte eine entsprechende neue Regelung eingeführt werden, müsste dies europaweit geschehen, und zwar zum gleichen Zeitpunkt und mit gleicher Ausgestaltung.
Zu der Frage einer ?eins-zu-eins?-Umsetzung sei vorher wiederum die Frage zu klären, ob die tierschutzbedingten Kostenerhöhungen durch einen entsprechenden Außenschutz kompensiert würden. Dies führe wiederum zu folgenden drei Fragen: Wie hoch ist der EU-Außenhandelsschutz gegenüber Drittländern? Dieser betrage in diesem Jahr 3,6 Pfennig pro Ei. Außerdem könne man davon ausgehen, dass in der nächsten WTO-Runde weitere Zollsenkungen - um ca. 36 % - vorgenommen werden. Damit würde der Zoll auf 2,3 Pfennig pro Ei sinken. Dies würde genau zu dem Zeitpunkt wirksam, wenn die Übergangsregelungen der Verordnung auslaufen.
Eine weitere Frage sei der Umfang der Wettbewerbsvorteile der konkurrierenden Drittländer. Wie bereits ausgeführt, hätten insbesondere die USA, Ungarn und Tschechien erhebliche Standort- und Kostenvorteile, und zwar in der Größenordnung von 4 Pfennigen auf Grund niedrigerer Futter- und Gebäudekosten infolge geringerer Auflagen und günstigerer Produktions- und Vermarktungsstrukturen.
Die dritte Frage sei, wie hoch der wettbewerbsneutrale Anpassungsspielraum in der EU für Kostensteigerungen auf Grund tierschutzbedingter Auflagen sei. Dieser Betrag lasse sich wie folgt errechnen: So müssten vom Außenschutz die Wettbewerbsvorteile der Konkurrenzländer abgezogen werden unter Berücksichtigung der Transportkosten. Dies führe zu folgendem Ergebnis: Bei dem derzeitigen Zollsatz hätten die USA noch einen Nachteil in Höhe von 1 bis 1,5 Pfennig pro Ei, bei Ungarn und Tschechien liege der Betrag bei Null. Bei einem Zollsatz von 2,3 Pfennigen hätten die USA einen Vorteil von 0,5 Pfennig, während der Vorteil bei Tschechien z. B. bei 1,5 Pfennig liegen würde. Die Folge wäre, dass es zu einer erheblichen Verlagerung der Hennenhaltung ins Ausland käme, wobei sich die Situation der Legehennen auf Grund der dortigen Haltungsbedingungen erheblich verschlechtern würde. Hinzu käme, dass der Import von getrockneten und gefrorenen Eiprodukten zunehmen werde und damit auch entsprechende Hygieneprobleme für die Bevölkerung. Insgesamt werde die Eierproduktion in der Europäischen Union, aber auch in Deutschland, erheblich abnehmen, und zwar voraussichtlich von 90 Mrd. auf 30 Mrd.
Was die Alternativsysteme betreffe, so hätten sie keine nennenswerten Expansionsmöglichkeiten, da die Zahlungsbereitschaft für die entsprechend teuer produzierten Eier relativ gering sei. Ein besonderes Problem sei hierbei, dass ein nur geringer Angebotsüberhang bereits zu drastischen Preiseinbrüchen führe. Dies alles werde zu erheblichen volkswirtschaftlichen Verlusten führen. So werde der Rückgang der Inlandserzeugung um eine Mrd. Eier zu einer Übertragung der Wertschöpfung auf Drittländer in einer Größenordnung von 50 Mio. DM führen. Auch habe der Rückgang von einer Mrd. Eier einen Verlust von 1.200 Arbeitsplätzen zur Folge.
Abg. Marianne Klappert möchte von Prof. Dr. Robbers wissen, ob er den vorliegenden Entwurf einer Hennenhaltungsverordnung für gerichtsfest halte, da die bisherigen Ausführungen der Sachverständigen doch sehr unterschiedliche Auffassungen hierzu deutlich machten.

Abg. Ulrich Heinrich bittet Frau Dr. Martin um nähere Erläuterungen dazu, dass nach ihren bisherigen Ausführungen eine Vergrößerung des Platzangebotes für die Legehennen nicht zu einem friedlicheren Verhalten, sondern zu mehr Aggressivität zwischen den Tieren führe.

Abg. Peter Bleser weist darauf hin, dass nach den Ausführungen des DBV und von Prof. Dr. Wolffram die Tierschutzstandards in Europa nur im Rahmen internationaler Vereinbarungen erhöht werden könnten. Eine Beschränkung auf nationale Regelungen führe lediglich zu einer Verlagerung der Produktion in Niedrigstandardländer. Er habe daher die Frage, inwieweit die Chancen beurteilt werden, entsprechende Standards auf WTO-Ebene durchzusetzen, und ob es hierzu bereits Positionen anderer WTO-Länder gebe.

Abg. Eva-Maria Bulling-Schröter bittet ebenfalls um Beantwortung der Frage, ob der vorliegende Entwurf einer Hennenhaltungsverordnung für gerichtsfest gehalten werde.

Der Vorsitzende schließt hieran die Frage an, unter welchen Voraussetzungen es zu einer erneuten Entscheidung des BVerfG kommen könnte. Auch bitte er um eine Stellungnahme zu der Frage der Wettbewerbsfähigkeit vor dem Hintergrund der anstehenden WTO-Verhandlungen. An Dr. Damme stellt er die Frage, ob die Vorgaben hinsichtlich Tiergesundheit, Produkt, Qualität und Arbeitsqualität ausreichend fundiert oder ob noch weitere Untersuchungen erforderlich seien. Schließlich bittet er die Sachverständigen angesichts der unterschiedlichen Ausführungen zu den Fragen des Bestandsschutzes und der Feststellung von Mindestgrößen um nähere Präzisierungen.

Albert Huber, DBV, geht davon aus, dass auch die Hennenhalter in den übrigen EU-Ländern Interesse an einheitlichen rechtlichen Rahmenbedingungen haben, und zwar sowohl innerhalb der EU als auch gegenüber den Drittländern. Sollte dies nicht möglich sein, müsste es in Ländern mit höheren Standards Ausgleichszahlungen geben. Allerdings sei er über entsprechende Verhandlungen nicht informiert. Gleichwohl sei es unerlässlich, im Falle höherer nationaler Standards auch für einen entsprechenden Außenschutz zu sorgen, da es ansonsten zu einer Verlagerung der Produktion in andere Länder komme, insbesondere nach Osteuropa. Daher sollte sich Deutschland auch gegen die Errichtung dortiger riesiger Anlagen wenden und dafür Sorge tragen, dass die Gesichtspunkte in die Beitrittsverhandlungen einbezogen werden.

Dr. Glarita Martin erklärt, dass es nicht richtig sei, dass ein höheres Platzangebot für die Hennen zu einer größeren Aggressivität zwischen den Tieren führen werde. Vielmehr sei das Verhalten, das zu Kannibalismus und teilweise auch Todesfällen führe, durch ein umgewandeltes Nahrungsaufnahmeverhalten bedingt. Es gebe zwei Formen des Kannibalismus. So könne sich zum einen Kannibalismus aus Federpicken ergeben, das sich zu einem regelrechten Hacken entwickeln könne. Die andere Form sei der sog. Kloakenkannibalismus. So würde die für das Legen ausgestülpte Kloake nicht sofort wieder eingestülpt, was auch mit dem Leistungsdruck der Tiere zu tun habe. In den neuen Käfigen hätten die Tiere etwas mehr Platz. Hier habe man festgestellt, dass die Tiere auf dem Käfigboden die auf den Sitzstangen sitzenden Hennen besser beobachten können und zu einem entsprechenden Kloakenpicken verleitet werden.
Die Antwort könne allerdings nicht heißen, das Platzangebot zu reduzieren, um diesen Kannibalismus zu vermeiden, sondern die Antwort könne nur heißen, dass man ein sehr viel größeres Platzangebot benötige. Die Tiere müssten fliehen und sich zurückziehen können, um den Aggressionen auszuweichen. Da es sich letztlich um ein gestörtes Nahrungsaufnahmeverhalten handele, müssten die Bedingungen zur Nahrungsaufnahme verbessert werden. Dies heiße nicht nur Futter ad libitum, sondern betreffe auch die Einstreu, die unabdingbar für eine Geflügelhaltung sei, da sich die Tiere mit dieser Einstreu nahrungsbezogen beschäftigen könnten und dann auch nicht zu Federpicken oder Kloakenpicken verleitet würden. Dieser Gesichtspunkt werde zwar von der Praxis noch nicht durchgehend anerkannt, sei aber ein ethologisch eingehend untersuchter Zusammenhang, der auch dementsprechend zur Kenntnis genommen werden sollte. Ohne eine entsprechende Einstreu würden chronische Angstzustände entstehen, was auch zu einer Störung des Immunsystems führen könne, wozu es eingehende Untersuchungen gebe. Diese Frage der Einstreu sei ein ganz entscheidender Punkt.

Der Vorsitzende stellt die Frage, wie groß die Käfigeinheiten sein müssten, um Verhaltensstörungen wie Kannibalismus und Federpicken der Hennen zu vermeiden.

Dr. Glarita Martin erklärt darauf, dass man dies nicht quantifizieren könne. Vermeiden ließe es sich allerdings mit einer alternativen Haltung, wie dies nach dem System Natura möglich wäre (Ausschuss-Drucksache 14/263, S. 3). Hier hätten die Tiere die ganze Bodenfläche, die eingestreut werden könne, zur Verfügung. Dies diene der Bewegung, Nahrungssuche und auch dem Staubbaden. Nur auf diese Weise könnten Verhaltensstörungen vermieden werden. Weiterhin erläutert sie das Käfigsystem AVIPLUS für 10 Hennen (Ausschuss-Drucksache 14/263, S. 3). Daran werde deutlich, dass nicht 10 Hennen in einem Käfig Platz hätten. Bei der Übersicht handele es sich um zwei Käfige, die an der Rückseite aneinander stoßen, und zwar mit einem durchgehenden Sandbad. Da auf der Sitzstange nicht alle Tiere gleichzeitig Platz hätten, würden sich auch immer einige Tiere unten auf dem Käfigboden aufhalten. Die unten sitzenden Hennen könnten dann sehr bequem die auf den Stangen sitzenden Hennen anpicken. Dies sei eine übliche Verhaltensweise und auch von früheren Großraumkäfigen bekannt, wie man sie in der Schweiz mit mehr als 10 Tieren ausprobiert habe. Diese Käfige seien verboten worden, da sie zu einem vermehrten Kannibalismus geführt hätten. Was das Käfigsystem AVIPLUS betreffe, sei das dort vorgesehene Sandbad zu klein. Insofern könne dort weder das Sandbaden noch das Nahrungsaufnahmeverhalten in der sog. Einstreu ausgeführt werden.

Prof. Dr. Gerhard Robbers weist zu der Frage eines möglichen zweiten Verfahrens vor dem BVerfG darauf hin, dass er sich hierzu lediglich auf die vom BVerfG ausdrücklich offen gelassene Frage bezogen habe, ob nämlich das Zurückdrängen von weiteren artgemäßen Verhaltensweisen wie Sandbaden oder Körperpflege angemessen sei oder nicht. So eine Frage wäre vom BVerfG im Falle eines zweiten Verfahrens hierzu zu prüfen, wozu es z. B. im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens kommen könnte. Dies könne durch ein Bundesland - wie in diesem Falle durch Nordrhein-Westfalen - eingeleitet werden, wenn es die neue Verordnung für gesetzeswidrig halte.
Er halte den vorliegenden Entwurf einer neuen Hennenhaltungsverordnung im Übrigen für gerichtsfest. Das immer bestehende Prozessrisiko halte er für relativ gering, da es bei der Prüfung nicht nur um die Belange des Schutzes der Tiere gehe, sondern um die Frage, inwieweit es zwischen ihnen und den Belangen der Tierhalter einen angemessen Ausgleich gebe. Bemerkenswert sei auch, dass das BVerfG ausdrücklich keine Käfiggröße für einen Hennenplatz bindend festgelegt habe, was durchaus möglich gewesen wäre, sondern vielmehr alle numerischen Größen in den Gesamtkomplex ?angemessener Ausgleich zwischen den beiderseitigen Interessen? gestellt habe.
Konkludent habe das Gericht festgestellt, dass der Verordnungsgeber nicht berechtigt gewesen sei, das Schlafbedürfnis der Hennen, wie geschehen, zu Gunsten wirtschaftlicher Interessen zurückzudrängen - mehr nicht. Dieser angemessene Ausgleich zwischen beiden Interessen sei die zentrale Frage und werde durch die neue Verordnung hergestellt.

Auf Frage des Vorsitzenden, ob das Gericht Mindestgrößen festgelegt habe, verweist Prof. Dr. Robbers darauf, dass das BVerfG erklärt habe, dass das Tierschutzgesetz keine Höchststandards vorgebe. Allerdings müsse man auf Grund allgemeiner Erwägungen, korrespondierender Grundrechte sowie rechtlicher Interessen anderer von einem gewissen Höchstschutz ausgehen.
Was den Mindeststandard betreffe, so habe das BVerfG lediglich festgestellt, dass der Vergleich zwischen der numerischen Größe einer Henne und dem vorhandenen Platz in herkömmlichen Käfigen zeige, dass dieser Platz nicht ausreiche. Ab welcher Größe der Platz ausreichend sei, habe es allerdings nicht festgestellt.
Zum Bestandsschutz habe das BVerfG festgestellt, dass vorhandene Käfiganlagen in ihrem Bestand geschützt bleiben. Dies schließe allerdings nicht aus, dass der Verordnungsgeber diese Anlagen irgendwann einmal verbiete. Nach der neuen Verordnung sei ein Verbot ab dem Jahre 2003 vorgesehen. Gesetz- wie Verordnungsgeber seien frei, eine Neuregelung hierzu zu treffen. Die Fragen des Bestandsschutzes betreffen Gerichte und Verwaltung, wobei eine ganze Reihe unterschiedlicher Fallkonstellationen zu berücksichtigen seien, die das BVerfG im Einzelnen nicht ausdifferenziert habe, wozu er auf seine schriftliche Stellungnahme verweise. Letztlich sei es eine Frage der Gerichte und der Verwaltung, hierüber zu entscheiden.

RA Wolfgang Schindler erklärt zur Frage des Bestandsschutzes, dass sie die Klärung einer Vorfrage voraussetze, ob nämlich das BVerfG die objektive Strafbarkeit der Käfighaltung bejaht habe oder nicht. Nach seiner Auffassung habe das BVerfG-Urteil diese Frage bejaht, indem es folgende Mitteilung der EU-Kommission: ?Es ist klar, dass der Batteriekäfig wegen seiner kleinen Größe und seines sterilen Umfelds das Wohlbefinden der Hennen erheblich beeinträchtigt.? Dieser Hinweis auf das Zitat der Kommission könne nur so interpretiert werden, dass das BVerfG-Urteil bestätige, dass die Hennen in Batteriekäfigen erheblich leiden, was ein Synonym der erheblichen Beeinträchtigung des Wohlbefindens sei. Diese Aussage sei bisher noch von niemandem überzeugend entkräftet worden und für die Frage des Bestandsschutzes von ausschlaggebender Bedeutung. So habe jemand, der an der Begehung weiterer Straftaten gehindert werde, keinen Anspruch auf Entschädigung noch darauf, entsprechende Anlagen weiter zu betreiben. Daher bitte er die Kollegen, die hierzu eine andere Auffassung vertreten, um eine entsprechende Begründung.
Die Frage, ob der Entwurf einer neuen Hennenhaltungsverordnung gerichtsfest sei bzw. der Interpretation des Begriffes ?verhaltensgerechte Unterbringung nach § 2 TierSchG? durch das BVerfG-Urteil entspreche, verneint er. So habe das BVerfG zu den Grundbedürfnissen folgendes ausgeführt: ?Ob daneben auch weitere artgemäße Bedürfnisse wie insbesondere das Scharren und Picken, die ungestörte und geschützte Eiablage, die Eigenkörperpflege, zu der auch das Sandbaden gehört oder das erhöhte Sitzen auf Stangen ... unangemessen zurückgedrängt werden, kann offen bleiben. Zur weiteren Bestimmung und Verdeutlichung der Anforderungen des § 2 Nr. 1 Tierschutzgesetz an eine Käfighaltung von Legehennen und damit zugleich zur Bestätigung des gefundenen Ergebnisses kann auf normative Texte und amtliche Dokumente zurückgegriffen werden.? Mit den ?amtlichen Dokumenten? meine das Gericht die Mitteilung der Europäischen Kommission vom 11. März 1998 sowie die Empfehlungen des Europarates zur Käfighennenhaltung. Zur weiteren Verdeutlichung stelle das Gericht folgendes fest: ?Wegen der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Grundbedürfnisse von Hennen in der Käfighaltung, die der Verordnungsgeber nach § 2 a, § 2 Nr. 1 TierSchG ... beachten muss, ist schließlich noch auf die Mitteilung zu verweisen.? Dies bedeute, dass das Gericht auf amtliche Dokumente verweise, woran sich der Verordnungsgeber hinsichtlich der Grundbedürfnisse zu orientieren habe.
Zum Sandbaden laute die Empfehlung der Kommission wie folgt: ?... die Motivation im Staub zu baden ist nach wie vor besonders stark, selbst bei Tieren die auf Drahtgitterböden gehalten werden.? Das Sandbaden gehöre begrifflich zur Eigenkörperpflege, was das BVerfG-Urteil für ein Grundbedürfnis halte. Es sei kein Grund ersichtlich, warum der Verordnungsgeber auf das Sandbaden verzichten könne.
Zu der Frage des Mindestflächenbedarfs verweist er auf die Aussage des BverfG: ?Aus dem Produkt von Länge und Breite der Tiere ergibt sich ein Flächenbedarf für jede Henne in der Ruhelage, der die vorgesehene Mindestbodenfläche überschreitet.? Hiermit lege das Gericht eindeutig 690 cm2 als Mindestbedarf für das ungestörte Ruhen fest. Der einzige Grund, warum das Gericht dies nicht ausdrücklich erklärt habe, sei der, dass es voreilige Schlüsse im Hinblick auf einen Gesamtbedarf habe vermeiden wollen. So gebe es in der Mitteilung der EU-Kommission Hinweise auf den Flächenbedarf, an der sich der Verordnungsgeber zu orientieren habe. Darin heiße es: ?Selbst bei einem Platzangebot von 800 cm2 pro Tier in einer Gruppe von fünf Tieren können jedoch nicht alle Verhaltensweisen (wie Kopfkratzen, Körperschütteln und Aufplustern des Gefieders) ausgelebt werden, selbst wenn sich die Tiere den vorhandenen Raum teilen. Gemeinsame Erfahrungen mit Systemen mit größeren Kolonien zeigen, dass eine Fläche von 1.000 cm2 pro Tier es den Hennen ermöglicht, eine große Vielfalt von Verhaltensweisen auszuleben.? Vom Wissenschaftlichen Veterinärausschuss der Kommission werde zum Flügelschlagen, das ein wesentliches Verhaltungsbedürfnis sei, ein Mindestplatzbedarf von 860 cm2 festgestellt. Insofern sei er zu dem Ergebnis gekommen, dass mindestens 900 cm2 erforderlich seien.
Als Gegner dieser Auffassung werde man argumentieren, dass es dem Gericht nur um eine angemessene Berücksichtigung dieser Verhaltensbedürfnisse gehe. Dies sei im Grundsatz richtig. Allerdings habe es auch Aussagen zur Angemessenheit gemacht. So werde seine Interpretation des § 2 - Verhaltensgerechte Unterbringung - daran deutlich, dass das Bedürfnis der Nahrungsaufnahme nicht nur generell befriedigt sein müsse, sondern hierbei auch ganz spezielle Anforderungen wie die gleichzeitige Nahrungsaufnahme. Dass entsprechende Defizite ausreichten, die Verordnung für nichtig zu erklären, zeigten den anzusetzenden Maßstab. Sicherlich müsse es bei der Frage der Reduzierung der Verhaltensbedürfnisse zu einer Abwägung kommen, da auch der Tierschutz seine Grenzen habe. Hierbei sei man jedoch streng an das BVerfG-Urteil gebunden. So habe das Gericht die Verhaltensbedürfnisse aufgezählt, auf die Mitteilung der EU-Kommission verwiesen und zur Abwägung Folgendes ausgeführt: ?Der Verordnungsgeber muss mithin entsprechend dem in § 1, § 2 TierSchG vom Gesetzgeber vorgezeichneten Interessenausgleich einen ethisch begründeten Tierschutz befördern, ohne die Rechte der Tierhalter übermäßig einzuschränken.?
Danach sei der Interessenausgleich bereits vom Gesetzgeber vorgezeichnet. So erlaube § 2 Nr. 2 Besatzdichten bis zur Schmerz- und Leidensgrenze. Wenn man hierbei § 1 einbeziehe, wonach ohne vernünftigen Grund keine Schmerzen und Leiden verursacht werden dürfen, ergebe sich in Verbindung mit dem Wort ?vermeidbar? in § 2 Nr. 2 Raum für eine Abwägung. § 2 Nr. 1 gelte allerdings uneingeschränkt, wonach Grundbedürfnisse wesentlich zu berücksichtigen seien.
Was den Käfig als generelle Unterbringungsform betreffe, so halte er sie für rechtswidrig, weil es keinen Streit darüber geben werde, dass die Verhaltensbedürfnisse jedenfalls weiter zurückgedrängt werden als in anderen alternativen Haltungsformen, und weil nach den Feststellungen der EU-Kommission die Kosten für die Unterbringung in einer Voliere identisch seien mit denen in einem angereicherten System. Für diese zusätzliche Zurückdrängung einer ganzen Reihe weiterer Verhaltensbedürfnisse gebe es keinerlei Rechtfertigung.
Für das Argument von Betrieben, dass sie in ihrer Existenz gefährdet seien, habe er grundsätzlich Verständnis. Andererseits sei es eine Tatsache, dass jede Industrie über die Änderung bestehender Rahmenbedingungen stöhne, so auch hier. Die genannten Zahlen hierzu würden im Wesentlichen nicht korrekt sein. So würden bei den Prognosen hinsichtlich zusätzlicher Importe und drohender Abwanderungen von Betrieben ins Ausland das Beispiel Schweiz nicht berücksichtigt. Ein Vergleich sei durchaus zulässig, da der schweizer Verbraucher die Möglichkeit habe, zwischen billigen Importeiern oder den teueren Alternativeiern zu wählen. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass heute genau so viele Eier in der Schweiz produziert werden wie vor 20 Jahren. Auch würden von den 85 % der Personen, die sich seinerzeit gegen eine Käfighaltung ausgesprochen hätten, heute 72 % das alternative teurere Ei kaufen. Entscheidend sei hierfür auch, dass man die schweizer Verbraucher entsprechend habe motivieren können, was auch hier möglich wäre, und zwar mittels einer entsprechenden Kennzeichnung. In der Schweiz sei es gelungen, dass die Mehrheit der Verbraucher das alternative Ei kaufen, und zwar nicht nur aus Gründen des Tierschutzes, sondern auch deshalb, weil es über eine hohe Produktqualität verfüge und ein Regionalprodukt sei.
Was den Flächenbedarf betreffe, so fordere das BVerfG an keiner Stelle, dass der Verordnungsgeber neben den Vorgaben der genannten Mitteilung noch eine Abwägung vornehmen müsse und damit die Mitteilung quasi wieder relativiere.

Der Vorsitzende nimmt Bezug auf die Äußerung von RA Schindler, dass nach dessen Auffassung auch der neue Verordnungsentwurf der Bundesregierung nicht den Vorgaben des BVerfG-Urteils entspreche. Daher stelle sich die Frage, ob zu erwarten sei, dass Nordrhein-Westfalen möglicherweise erneut ein Normenkontrollverfahren einleiten würde.

RA Wolfgang Schindler antwortet darauf, dass das Normenkontrollverfahren seinerzeit weniger aus Gründen des Tierschutzes, sondern vielmehr aus politischen Gründen gegenüber der alten Bundesregierung eingeleitet worden sei. Insofern sei vom jetzigen Bundeslandwirtschaftsminister nicht zu befürchten, dass auch gegen eine neue Verordnung wieder ein Normenkontrollverfahren eingeleitet werde. Dies sei das Problem aus Sicht des Tierschutzes. Womit lediglich gerechnet werden könne, seien Strafanzeigen gegenüber Käfighaltern. Hierbei würden die Gerichte natürlich die Entscheidung des BVerfG berücksichtigen.

RA Dr. Eisenhart von Loeper erklärt, dass er die Ausführungen von RA Schindler in den wesentlichen Punkten unterstreichen könne. Allerdings sei noch ein Punkt klärungsbedürftig gegenüber den Ausführungen von Prof. Dr. Kutscha.
Wenn die neue Verordnung so zu verstehen wäre, dass die Übergangsregelung eine weitere Genehmigungspraxis bis Ende 2002 gestatten würde im Sinne der alten Genehmigungsbescheide, dann würde er dies für einen schwerwiegenden Verstoß gegen die Bindungskraft des Urteils des BVerfG ansehen. Er habe den vorliegenden Verordnungsentwurf so verstanden, dass er mit dem Inkrafttreten auch ohne Übergangsregelung Geltungskraft erhalten solle, nicht aber die alte Praxis noch bis zum Ende 2002 Gültigkeit haben dürfe. Angesichts der Feststellung der Nichtigkeit der alten Verordnung sei nach seiner Auffassung eine Fortschreibung der alten Praxis in keiner Weise zulässig.
Hinsichtlich der Flächengröße 690 cm2 halte er dies als Produkt von Länge und Breite für eine bindende Vorgabe des BVerfG für das ungestörte Ruhen des Tieres. Bemerkenswert sei weiterhin, dass das BVerfG ungeachtet seiner Feststellung der Nichtigkeit infolge der Verletzung des ungestörten Schlaf- und Fressbedürfnisses weitere, aber nicht entscheidungserhebliche Bedürfnisse explizit genannt habe, und zwar erhöhtes Sitzen auf Stangen, Eigenkörperpflege, wobei dieser Begriff im Gesetz gar nicht enthalten sei, sondern nur der Begriff Pflege. So spreche es bei § 2 Nr. 1 von der ?Pflege des Wohlbefindens der Tiere im weit verstandenen Sinne?. Diese Aussage habe ein erhebliches Gewicht. Dies sei im Zusammenhang zu bewerten. So könne aus der Tatsache, dass es sich bei den vom Gericht festgestellten Verstößen gegen das Grundbedürfnis nach ungestörter Ruhe und gleichzeitiger Nahrungsaufnahme um relativ geringe Verstöße handele, andere Bedürfnisse dagegen wie das Sandbaden und die ungestörte und geschützte Eiablage im Käfig wesentlich stärker beeinträchtigt werden als das Schlaf- und Fressbedürfnis der Tiere, gefolgert werden, dass diese Bedürfnisse unangemessen zurückgedrängt werden.

Dr. Ronald Steiling, ZDG, wendet sich dagegen, dass in dieser Anhörung Sätze des BVerfG von RA Schindler nur unvollständig zitiert werden. Was die Grundbedürfnisse betreffe, so sei klar, dass es sich hierbei um die gleichzeitige Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme handele sowie um gleichzeitiges Ruhen. Daneben würden im Urteil andere artgemäße Bedürfnisse erwähnt. ?Ob daneben auch weitere artgemäße Bedürfnisse wie insbesondere das Scharren und Picken, die ungestörte und geschützte Eiablage, die Eigenkörperpflege, zu der auch das Sandbaden gehört oder das erhöhte Sitzen auf Stangen durch die in § 2 Abs. 1 und 2 alter Hennehaltungsverordnung getroffenen Regelungen über die Käfighaltung unangemessen zurückgedrängt werden, kann offen bleiben.? Dies unvollständige Zitieren sei nicht fair.
Darüber hinaus sei es eine Dreistigkeit, in der verteilten Übersicht zu Ausschuss-Drucksache 14/264 in der Anlage 2 des Zitates des BVerfG lediglich vom Scharren und Picken, der ungestörten und geschützten Eiablage, der Eigenkörperpflege, zu der auch das Sandbaden gehöre, und dem erhöhten Sitzen auf Stangen zu sprechen. Das BVerfG habe diese Frage ausdrücklich offen gelassen. Gegenstand seiner Prüfung sei die alte Hennenhaltungsverordnung gewesen. Zu der neuen vorgesehenen Verordnung habe es, und zwar bewusst keinerlei Ausführungen gemacht. Es habe lediglich festgestellt, dass es weitere artgemäße Bedürfnisse wie das Scharren und Picken usw. gebe, habe aber bewusst offen gelassen, ob die alte Hennenhaltungsverordnung insoweit die Interessen der Tiere unangemessen zurückdränge. Im Übrigen seien in der neuen Verordnung Sitzstangen, Nest und Sandbad ausdrücklich aufgeführt.
Zur Frage, ob das BVerfG die 690 cm2 als Mindestfläche festgeschrieben habe, sei festzustellen, dass diese Zahl nicht im Urteil stehe. Vielmehr heiße es auf Seite 49: ?Aus dem Produkt von Länge und Breite der Tiere ergibt sich nämlich ein Flächenbedarf für jede Henne in der Ruhelage, der die vorgesehene Mindestbodenfläche überschreitet." Mit vorgesehener Mindestbodenfläche sei natürlich die alte Hennenhaltungsverordnung gemeint, nicht dagegen die Mindestbodenfläche einer neuen Hennenhaltungsverordnung. Allerdings sei diese Diskussion auch insofern obsolet, als § 6 der neuen Verordnung vorsehe, dass die Mindestbodenfläche 750 cm2 betrage, die damit über der Mindestbodenfläche der alten Verordnung liege.
Diese Frage der Mindestbodenfläche spiele deshalb eine Rolle, da es bestandsgeschützte Anlagen gebe, die jetzt umgerüstet werden müssten, wenn man jetzt direkt ohne Übergangsfrist eine neue Fläche fordere. Auch hierzu habe sich das BVerfG eindeutig erklärt. ?Neue Käfiganlagen sind nicht mehr nach der Hennenhaltungsverordnung vom 10. Dezember 1987 genehmigungsfähig.? Ganz am Ende des Urteils heiße es dann: ?Vorhandene Käfiganlagen, die auf unanfechtbar gewordenen Genehmigungen beruhen, bleiben in ihrem Bestand geschützt. Freilich gilt dies gem. § 79 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG nur vorbehaltlich besonderer, den Bestandsschutz begrenzender gesetzlicher Vorschriften.?
Das BVerfG hätte diesen klarstellenden Satz am Ende des Urteils niemals aufgenommen, wenn es nicht davon ausgehen würde, dass genehmigte vorhandene Anlagen in ihrem Bestand geschützt seien.
Dies bedeute, dass ein Legehennenhalter diese alten Anlagen weiter betreiben dürfe. Allerdings sei es dem Bundesgesetz- und Verordnungsgeber unbenommen festzulegen, dass die Käfighaltung von heute auf morgen abgeschafft werde. Allerdings würde dies die Frage notwendiger Entschädigungen aufwerfen. Der Bestand von genehmigten Anlagen sei geschützt. Daher sehe sowohl die EG-Richtlinie als auch der neue Verordnungsentwurf Übergangsfristen vor, um den Legehennenhaltern die Möglichkeit zu geben, sich auf die neuen Vorgaben einzustellen.
Ob die vorgesehenen Übergangszeiten ausreichend seien, sei eine zweite Frage, wenn man davon ausgehe, dass eine normale Käfighaltungsanlage eine Betriebsdauer von 25 Jahren habe. Zwischen diesen Fragestellungen sei entsprechend zu unterscheiden. Insofern wende er sich gegen den Versuch den Eindruck zu erwecken, dass das BVerfG indirekt über den neuen Verordnungsentwurf entschieden habe.
Abschließend verweist er nochmals auf die Notwendigkeit, einen gerechten Interessenausgleich zwischen den Belangen des Tierschutzes und den rechtlich geschützten Interessen der Tierhalter vorzunehmen. Darauf habe das BVerfG dreimal im Urteil hingewiesen. So gehe es neben den Belangen des Tierschutzes um die in Artikel 12 und Artikel 14 GG verankerte Berufsfreiheit und Eigentumsgarantien im Hinblick auf die Rechte der Tierhalter. Auch hier seien Eingriffe möglich. Erfolgten sie jedoch in unzulässiger Weise, hätten sie Entschädigungsleistungen zur Folge.

Abg. Marianne Klappert stellt die Frage, ob die im Urteil angeführte Durchschnittsbreite einer Henne von 14,5 cm akzeptiert werde.

Der Vorsitzende bittet ergänzend um Antwort darauf, inwiefern eine gleichzeitige Nahrungsaufnahme möglich sein müsse.

Dr. Ronald Steiling, ZDG, erklärt, dass er die Frage der Breite einer Henne als Jurist nicht beurteilen könne. Dies sei auch nicht die entscheidende Frage, sondern vielmehr die Feststellung des BVerfG, dass ein Grundbedürfnis der Hennen die gleichzeitige und ungestörte Nahrungsaufnahme sei. Daraus folge, dass alle Hennen gleichzeitig Platz am Futtertrog haben müssten. Hierzu sehe die neue Verordnung zu Alternativhaltungssystemen folgende differenzierte Lösung vor: Wenn die Tiere nach der ad libitum-Fütterung die Möglichkeit haben, den ganzen Tag über Futter aufzunehmen, halte man eine 10 cm Kantenlänge des Futtertroges für ausreichend, wie dies auch in der Stellungnahme des Europarates vorgesehen sei. Haben die Hennen dagegen kein ständiges Futterangebot, dann müsse die Troglänge mindestens 12 cm betragen. Entscheidende Frage sei daher, ob es ein ständiges Futterangebot gebe oder nicht.

Prof. Dr. Martin Kutscha verweist anfangs auf den allgemeinen Grundsatz der Juristerei, wonach ein Richter normalerweise nicht selber rechne. Manchmal ließen sich allerdings gewisse Zahlen nicht vermeiden. Hierzu verweist er nochmals ausdrücklich auf den Satz des BVerfG, dass sich aus dem Produkt von Länge und Breite des Tieres ein Mindestflächenbedarf ergebe. Dieses Produkt der Durchschnittsgröße ergebe unzweideutig 690 cm2. Da der Verordnungsentwurf allerdings nur 600 cm2 Bodenfläche vorsehe, würde das Gericht voraussichtlich, sofern es bei dieser Größe bleibe, die Verordnung aufheben. Entscheidend hierfür sei, dass das Gericht auf seiner bindenden Interpretation zu § 2 TierSchG aufbaue. So dürften nach der gesetzgeberischen Wertung - ?... zwar die Bewegungsbedürfnisse eines Tieres bis zu der in Nr. 2 (§ 2 TierSchG) umschriebenen Grenze eingeschränkt werden, nicht hingegen seine anderen in Nr. 1 angesprochenen Grundbedürfnisse, wie insbesondere Schlafen sowie Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme.?
Dies bedeute, dass es bei diesen beiden Grundbedürfnissen keinerlei Spielraum gebe, sondern nach Auffassung des BVerfG nur bei der Möglichkeit zur artgemäßen Bewegung.
Hieraus leite sich zwingend ab, dass der Käfighalter mindestens die Durchschnittsgröße, also das Produkt von Länge und Breite gewährleisten müsse. Insofern wäre der Verordnungsentwurf aus zwei Gründen nicht gerichtsfest, und zwar einmal hinsichtlich der vorgesehenen Durchschnittsfläche von 600 cm2 sowie der Troglänge von nur 12 cm, während das Gericht 15 cm pro Henne angegeben habe.
Weiterhin habe das Gericht unmissverständlich erklärt, dass eine Haltung nach der alten Hennenhaltungsverordnung auf Grund eines Verstoßes gegen § 2 TierSchG unzulässig sei.
Von dieser Frage sei die Frage des Bestandsschutzes strikt zu trennen. So seien auch rechtswidrige Genehmigungen durchaus bestandskräftig, sofern sie nicht nichtig seien. Mit dem vorhin zitierten Satz des BVerfG, dass die bereits vorhandenen Anlagen bestandskräftig seien, habe es voraussichtlich zum Ausdruck bringen wollen, dass die damals erteilten Genehmigungen nicht nichtig seien. In diesem Falle wären sie nicht bestandskräftig.
Gleichwohl seien diese Genehmigungen rechtswidrig, womit nach § 48 VVerfG, die Möglichkeit bestehe, diese rechtswidrigen Verwaltungsakte zurückzunehmen. Hinsichtlich einer möglichen Entschädigungspflicht müsse eine Abwägung stattfinden nach § 48 Abs. 3 des VVerfG. Dies bedeute, dass nicht in voller Höhe entschädigt werden müsse. Im Übrigen seien Einschränkungen der Artikel 12 und 14 des BVerfG möglich, wobei Artikel 14 Abs. 2 GG sogar von der Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums durch den Gesetzgeber spreche. So nehme das Tierschutzgesetz eine entsprechende Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums vor. Es handele sich insofern nicht um eine Enteignung und nur die wäre nach § 14 Abs. 3 entschädigungspflichtig. Daher enthalte das Gesetz durchaus Spielraum und er erwarte daher nicht, dass es zu unübersehbaren Schadensersatzforderungen komme.

Zu entsprechenden Befürchtungen, dass es bei höheren nationalen Standards zur Abwanderung von Hennenhaltern ins Ausland komme, erklärt er, dass dies auch in anderen Wirtschaftsbereichen ein immer wieder gerne vorgetragenes Argument sei. Allerdings habe sich herausgestellt, dass trotz hoher Standards in Deutschland eine entsprechende Verlagerung von Arbeitsplätzen in die Dritte Welt nicht stattgefunden habe. Trotz hoher arbeitsschutzrechtlicher Bestimmungen würden vielmehr Arbeitsplätze nach Deutschland verlagert. Insofern sei die hierzu erfolgte Aussage rein spekulativer Natur.

Dr. Klaus Damme, BLT, erklärt auf Befragung, dass der Legehennenhalter Pohlmann in Bayern über 600.000 Legehennen verfüge und Mitglied im Bayerischen Geflügelwirtschaftsverband sei. Er habe eindeutig erklärt, dass er im Falle einer Verschärfung der Haltungsvorschriften auf Grund seiner Lieferverträge seine Anlagen aufstocken müsste. Da er in Bayern hierfür keine Genehmigung erhalten würde, würde er entsprechende Anlagen ins Ausland verlagern.
Was den Kostenvergleich verschiedener Systeme betreffe, so gebe es hierzu noch keine wissenschaftlich fundierten Untersuchungen, die vergleichbar seien. So gebe es bis auf Rute keine Institution, von der sowohl konventionelle Käfige als auch vergrößerte, ausgestattete Käfige, Boden- und Volierensysteme als auch Freilandhaltung parallel miteinander verglichen werden. Dies wäre Grundlage für einen entsprechenden fundierten Kostenvergleich. Daher müsse man zu dieser Frage auf Feldstudien, auf Vergleiche verschiedener Systeme mit unterschiedlichem Management, unterschiedlicher Fütterung und unterschiedlichen Herkünften ausweichen.
Allerdings gebe es in Sachsen von Dr. Klemm eine Feldstudie zum Arbeitsbedarf in der Boden- und Freilandhaltung. Hier liege der Arbeitsbedarf zwischen 25 und 35 AKH, also Arbeitsstunden für 100 Hennen pro Jahr. Bei der Käfighaltung liege dieser Faktor in Abhängigkeit von der Bestandsgröße zwischen zwei und 10 Arbeitsstunden pro Jahr. Hier liege also der Arbeitseinsatz beim Zwei- bis Zehnfachen. Dies hänge ab von der Frage, ob es viele verlegte Eier gebe, die eingesammelt werden müssten, wie intensiv die Einstreupflege sei. Dies sei sehr variabel.
Was die Arbeitsqualität betreffe, so seien einerseits die Belange des Tierschutzes zu berücksichtigen, aber auch die Belange der Beschäftigten. Wenn bei einer Volierenhaltung einen Tag nicht gefegt werde, gebe es dort erheblichen Staub. So habe er zwei Mitarbeiter, die auf Grund einer Stauballergie vorzeitig ausscheiden bzw. in den Ruhestand gehen mussten. Diese Probleme seien in den alternativen System größer als in der Käfighaltung. Zwar sei man auch dabei, hier Verbesserungen im Hinblick auf den Arbeitsschutz zu entwickeln. Trotzdem würden die Produktionskosten hier höher sein. Insofern sei auch zu berücksichtigen, dass rechtliche Anforderungen auch in der Praxis umsetzbar sein müssten. Wenn z. B. eine 15 cm lange Sitzstange in einer Bodenhaltung gefordert werde, gleichzeitig aber vermieden werden soll, dass sich die Hühner von unten an die Kloake picken, dann erfordere dies einen bestimmten Abstand zur Sitzstange in der Höhe. Dies führe dazu, dass in der Praxis die Sitzstange in den Rost integriert werde, da ansonsten mit den Aufbauten für die Sitzstange so viel Widerstand zum Nest geschaffen werde, was wiederum zu einer hohen Zahl verlegter Eier in der Einstreu führe, womit man dann nicht mehr zurecht komme.
Wenn weiterhin für 10 Hennen ein Tränkenippel gefordert werde, führe dies dazu, dass zwischen den Nippeln künftig nur noch ein Abstand von 10 cm gegenüber den jetzt bestehenden 24 cm bestehe.
Unstreitig sei, dass bei einer restriktiven Fütterung eine gleichzeitige Nahrungsaufnahme möglich sein müsse. Andererseits seien die Hennen in der Lage, bis zu 80/100 g Futter im Kropf zu speichern. So würde bei einer zweimaligen Fütterung von jeweils 80 g das Futter bereits nach einer viertel Stunde aufgenommen sein. Das bedeute, dass eine Henne innerhalb einer halben Stunde den gesamten Tagesfutterbedarf aufnehmen könne.
Insofern sollte man sich darüber im Klaren sein, dass die Wirtschaft bei kostenträchtigen Auflagen versuche, dem durch Änderungen in der Zucht zu begegnen. So werden z. B. Hühner teilweise restriktiv gefüttert, um durch ein entsprechend niedrigeres Gewicht rechtlichen Auflagen zu entsprechen. Dies könne nicht der Sinn entsprechender Regelungen sein. Sinnvoller wäre es daher, bei einer Troglänge von 10 cm zu bleiben, dafür aber zu fordern, dass immer wieder frisches Futter angeboten werde. So habe man eine Reihe von Bodenhaltungen, wo die Fressplatzbreite nur 4 cm betrage. Da aber die Fütterungskette alle zwei Stunden in Betrieb gesetzt werde, habe die Henne die Möglichkeit, achtmal am Tage Futter aufzunehmen, womit der Druck am Trog entfalle. Dies sei der entscheidende Punkt. Ein Kompromiss wäre daher, bei restriktiver Fütterung eine Troglänge von 12 cm festzulegen, bei einer ad libitum-Fütterung 10 cm. Dies würde den Vorgaben des BVerfG entsprechen und wäre auch von den Landwirten akzeptabel.

Dr. Glarita Martin erklärt, dass man unterscheiden müsse zwischen der Käfighaltung sowie der Volieren- und Bodenhaltung. Bei Käfigen sei festgelegt, dass die Futtertrogbreite der Körperbreite des Tieres entspreche. In diesen Käfigen sei die Nahrungsaufnahme das einzige, womit sich die Tiere beschäftigen könnten.
Den Tieren sei eigentlich angeboren, den ganzen Tag über nach Nahrung zu suchen. So gehe es nicht nur um die reine Nahrungsaufnahme und Sättigung des Tieres, sondern auch um die Beschäftigung mit der Nahrungsaufnahme als solcher. Dies und das damit verbundene ständige Scharren und Picken sei genetisch bedingt. Mit der Aufnahme von sehr konzentriertem Futter werde zwar eine Sättigung des Tieres erreicht, nicht aber dem übrigen nahrungsbezogenen Verhaltensbedürfnis entsprochen. Diese Möglichkeit bestehe auch in ausgestalteten Käfigen nicht. Daher suchten sich die Tiere dort andere Objekte, und dies seien in der Regel die gefiederten Artgenossen sowie die Käfigwände, die dann Gegenstand ihres Pickens würden. Wenn dann das Futterband in Betrieb gesetzt würde, würden sich alle Hennen gleichzeitig darauf stürzen, weil ihnen dies angeboren sei. Dieses soziale Verhalten sei der entscheidende Punkt und bedeute, dass eine Troglänge von 10 cm angesichts einer durchschnittlichen Körperbreite von 14 cm nicht ausreiche. Hennen, die keinen Platz am Futtertrog hätten, versuchten, sich unter den dort befindlichen Hennen durchzuschieben. Dieses Verhalten erfolge unabhängig von der unbestrittenen Tatsache, dass jede Henne im Laufe des Tages satt werde. Diese Erkenntnisse habe sie bereits vor 25 Jahren in einem entsprechenden Gutachten niedergelegt. Dieser Kampf um den Futterplatz habe auch zu einer Beeinträchtigung der Knochenstabilität geführt.
Insofern würden weder 10 noch 12 cm Troglänge ausreichen, da das BVerfG nicht nur ein gleichzeitiges, sondern auch ein ungestörtes Fressen gefordert habe. Dieser Futterkampf führe zu einem enormen Stress, denn es sei eine Utopie, von den Hennen zu erwarten, sich angesichts des wiederholten Nahrungsangebotes bei der einzelnen Fütterung zurückzuhalten. Im Übrigen würde eine restriktive Fütterung auch dem Gesetz widersprechen. Gewisse Einschränkungen hiervon seien allenfalls möglich, wenn es eine Einstreu gebe. Dies beruhe auf eingehenden wissenschaftlichen Untersuchungen, insbesondere von schweizer Kollegen, was letztlich dazu führe, dass die Käfighaltung eine artgerechte Haltung nicht erlaube. Wolle man den entsprechenden Anforderungen in einem Käfig gerecht werden, wäre er nicht mehr rentabel.

Prof. Dr. Rudolf Wolffram erklärt, dass er zu der Frage, inwieweit entsprechende Standards Gegenstand der WTO-Verhandlungen seien, keine Informationen habe.
Im Übrigen werde es nicht möglich sein, diese Standards der EU international durchzusetzen, da es sich hierbei um eine Art verdeckter Zölle handeln würde, was der EU nicht möglich wäre. Insofern habe die deutsche und europäische Käfighaltung ökonomisch auf Dauer keine Chance.
Was den Hinweis auf die häufige Kritik der Legehennenhalter an entsprechenden Auflagen betreffe, so handele es sich hier um per Gesetz vorgegebene ökonomische Rahmenbedingungen, die nicht unterlaufen werden könnten. Weiterhin handele es sich um homogene Güter, für die es keine Preisdifferenz gebe.
Zur die Situation in der Schweiz sei festzustellen, dass es dort einen Selbstversorgungsgrad von 60 % gebe, der notwendige Import also 40 % umfasse. Da dort das durchschnittliche Einkommensniveau jedoch höher sei als in Deutschland, sei dort auch die Bereitschaft größer, alternativ erzeugte teurere Eier zu kaufen.

Prof. Dr. Hans-Wilhelm Windhorst ergänzt zur Situation in der Schweiz, dass auf Grund der dort höheren Anforderungen die Eiprodukteneinfuhr innerhalb von fünf Jahren um 30 % gestiegen sei mit der Folge, dass die gesamte Eiproduktenindustrie in der Schweiz zum Erliegen gekommen sei, und zwar deshalb, weil der Käufer überwiegend auf das billige importierte Ei zurückgegriffen habe, womit in Deutschland ebenfalls gerechnet werden müsse. Im Übrigen sei bei dem Selbstversorgungsgrad von 60 % auch zu berücksichtigen, dass diese Eier nicht alle aus der Alternativhaltung kommen, sondern auch aus in den letzten Jahren eingeführten Käfighaltungen. 30 % der Eierproduzenten in der Schweiz hätten in den letzten Jahren aus ökonomischen Gründen die Produktion eingestellt.
Zu den Auswirkungen einer Umsetzung der EU-Richtlinie bemerkt er, dass innerhalb der Europäischen Union zur Zeit 90 Mrd. Eier erzeugt werden. Bei einer Umsetzung der Richtlinie würde die Produktion pro Jahr um 15 bis 18 Mrd. Eier sinken. Dies bedeute, dass man zwischen 70 bis 100 Mio. neue Legehennenplätze benötige, um den dargestellten Produktionsrückgang zu kompensieren. Allerdings wäre es illusorisch zu glauben, dass sich dies in der Übergangszeit bis zum Jahre 2011 angesichts der notwendigen investiven Entscheidungen und Genehmigungsverfahren zeitgerecht erreichen ließe. Die Folge hiervon werde eine entsprechende Verlagerung der Produktion in Länder sein, in denen die Produktions- und investiven Kosten so niedrig seien, dass der Absatz in Europa auf Grund der entsprechenden Nachfrage noch rentabel bleibe.
Was die Drittlandimporte betreffe, so führe die Europäischen Union zur Zeit zwischen 50 und 420 Mio. Schaleneier - also nicht Eiprodukte - ein. Diese relativ hohen Schwankungen hingen davon ab, ob Exportsubventionen gezahlt werden oder nicht. Die größten Eierexporteure außerhalb der EU seien die USA, China, die Türkei, Thailand und Kanada, die zur Zeit insgesamt weniger als 5 Mrd. Eier ausführten. Wenn der dargestellte Produktionsrückgang in Europa nicht kompensiert werden könne, müssten diese genannten Exportländer ihre Ausfuhr innerhalb einer kurzen Zeit verdrei- bzw. vervierfachen. Dies werde in einigen Staaten gelingen.
Was die Kostenseite allein bei Futter und der Junghenne betreffe, so hätten die USA die niedrigsten Kosten. 1998 die USA mit 13,60 DM, danach Brasilien mit 17,00 DM, Indien mit 19,00 DM, Thailand mit 19,15 DM und Deutschland schon damals mit 23,20 DM. Damit liege Deutschland um ca. 10,00 DM über den entsprechenden Produktionskosten in den USA.
Wenn der Außenschutz infolge der WTO-Verhandlungen weiter reduziert werde, könne man davon ausgehen, dass die genannten Exportstaaten den mitteleuropäischen Markt mit entsprechenden Eiern versorgen werden. Diese Entwicklung finde schon im Bereich des Geflügelfleisches statt, wo insbesondere Thailand und Brasilien auf Grund von Kostenvorteilen den europäischen Markt in zunehmendem Maße bedienten. Zu dieser Entwicklung werde es auch bei der Eierproduktion kommen. Ein Hauptimporteur werde Mexiko sein, das ein entsprechendes Assoziierungsabkommen mit der EU abgeschlossen und bereits in den letzten Jahren erhebliche Investitionen getätigt habe.
Dieser Druck in Europa infolge der Umsetzung der EU-Richtlinie würde noch erheblich zunehmen, wenn sich die Situation für die deutschen Hennenhalter auf Grund über die EU-Richtlinie hinausgehende nationale Anforderungen verschärfen würde.

Abg. Eva-Maria Bulling-Schröter möchte wissen, in welcher Weise der Transport dieser importierten Eier erfolge und warum sie nicht entsprechend deklariert seien. Hieran bestehe ein starkes Interesse der Verbraucher, der zunehmend regionale Produkte nachfrage.

Abg. Marianne Klappert möchte wissen, wie viele kleinere bäuerliche Betriebe mit einer Produktion zwischen 3.000 und 5.000 Eiern es in Deutschland noch gebe und was seitens der Politik erforderlich wäre, um diesen Betrieben den Umstieg auf alternative Haltungssysteme zu ermöglichen. Weiterhin weist sie kritisch darauf hin, dass ein deutscher Eierproduzent, der in Deutschland einem Berufsverbot unterliege, nun versuche, in anderen Ländern mit niedrigeren Standards eine Eierproduktion zu betreiben, wie z. B. in Ungarn mit einer Anlage mit 7 Mio. Legehennen. Hier sei auch die Europäischen Union gefordert, im Rahmen der Beitrittverhandlungen darauf hinzuwirken. dass sich die Beitrittsländer frühzeitig zu entsprechenden EU-Standards verpflichten.

Der Vorsitzende bemerkt dazu, dass in der nächsten Sitzungswoche ein Gespräch mit Vertretern der Beitrittsländer der ersten Runde mit dem Ausschuss vorgesehen sei, wo diese Fragen mit angesprochen werden können. Weiterhin habe sich auch EU-Kommissar Günther Verheugen zu dieser Frage in einem Brief an Dr. von Loeper (der Anlage Ausschuss-Drucksache 14/266) geäußert und auf das EU-Recht verwiesen. Allerdings würde die EU-Richtlinie nicht den Forderungen der Tierschutzverbände entsprechen. Gleichwohl habe man sich im Ausschuss immer dafür stark gemacht, dass Verbesserungen der Haltungsbedingungen von einer EU-weiten Geltung abhängig gemacht werden, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Für eine abschließende Bewertung sei die entscheidende Frage, inwieweit sich Forderungen des Tierschutzes betriebs- und volkswirtschaftlich auswirken, da eine entsprechende Gesamtbetrachtung unerlässlich sei.

Albert Huber, DBV, erklärt, dass eine Grundvoraussetzung für notwendige Umstellungen in den kleinen bäuerlichen Betrieben gleiche Wettbewerbsbedingungen auf EU-Ebene seien. Zur Zeit gebe es eine Reihe von Wettbewerbsnachteilen, so z. B. beim Hennengewicht und der Auslauffläche. Sollte es weitere Auflagen geben wie z. B. die 12 cm Futtertroglänge, habe er die Befürchtung, dass insbesondere mittelgroße Betriebe ihre Produktion verlagern würden. Andererseits sei man daran interessiert, dass neben der Vermarktung auch die Produktion in der Region erhalten bleibe.
Weiterhin verweist er auf die bereits erwähnte Übersicht zur Bewertung der Legehennenhaltungsverfahren aus der Stellungnahme des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft (Anlage 3). Hier stelle sich die Frage, inwieweit bei einer Gesamtabwägung und der entsprechenden Berücksichtigung der Verhaltensgrundbedürfnisse die Anforderungen der Tiergesundheit vernachlässigt werden dürften. So sei wissenschaftlich erwiesen, dass in der Bodenauslaufhaltung eine sechs- bis achtfach höhere Erkrankungsrate der Tiere gegenüber der Käfighaltung bestehe. Eine Erkrankung der Tiere bedeute kein Wohlbefinden, also Leiden. Hier sei zu fragen, inwieweit dies mit dem Tierschutzgesetz vereinbar sei. Nach seiner Auffassung dürften die in der angesprochenen Übersicht niedergelegten Erkenntnisse nicht außer Acht gelassen werden, wonach die alternativen Haltungsformen fast durchweg Mängel hinsichtlich der Tiergesundheit zur Folge haben. Was die Verhaltensbedürfnisse betreffe, so gebe es hier zweifellos bei der Käfighaltung hinsichtlich der Möglichkeiten zur Bewegung und zum Scharren eindeutige Nachteile.
Hinsichtlich der Arbeitsplatzbedingungen gebe es im Bereich der alternativen Haltung eine sehr viel höhere Staubbelastung, auch einen größeren Zeitaufwand. Schließlich schneide die Käfighaltung auch hinsichtlich der Produktqualität deutlich besser ab als die alternative Haltung. Sei das Tier gesund, gebe es auch gesunde und rückstandsfreie Produkte. So sei bei der Freilandhaltung der Tierarzeimitteleinsatz problematisch, da die Ausscheidungen von den Hennen wieder aufgenommen würden. Hier gebe es keine Trennung zwischen Tier und Kot.
Was die Situation in der Schweiz betreffe, so gehe es der dortigen Geflügelwirtschaft sehr schlecht. Der Produktionsrückgang nehme weiter zu, da die schweizer Verbraucher seit dem Beitritt Österreichs zur EU verstärkt dort ihre Eier einkaufen würden. Zur Zeit würde fast jedes zweite in der Schweiz konsumierte Ei importiert. Sollte die nationale Hennenhaltungsverordnung mit höheren Auflagen verbunden werden, befürchte er, dass es in Deutschland zu ähnlichen Entwicklungen wie in der Schweiz komme.

Dr. Glarita Martin bemerkt zu der Frage der Tiergesundheit, dass die entsprechenden Bedingungen in der Bodenhaltung vor allem in früheren Jahren nicht sehr ideal gewesen seien, da die Besatzdichte angesichts des Konkurrenzdruckes durch die Käfighalter vergrößert worden sei. Allerdings gebe es eine Reihe von Landwirten, die die Boden- und Volierenhaltung unter einwandfreien hygienischen und ökologischen Bedingungen durchführten. Voraussetzung hierfür sei eine qualitativ gute Einstreu, die dazu führe, dass der Kot sofort gebunden und in Verbindung mit dem Stroh biologisch abgebaut werde, was man aerobe Umsetzung nenne. Damit würde eine Art humusartige Substanz entstehen, die unter der Voraussetzung einer nicht zu großen Besatzdichte und genügend Licht zu einem mikrobiologischen Gleichgewicht führe. Zwar seien weiterhin Krankheitskeime vorhanden, aber nur limitiert. Dies habe den Vorteil, dass sich die Tiere immunisieren könnten, was in der Käfighaltung nicht möglich sei.
Staub trete insbesondere dann auf, wenn die Einstreu zu trocken sei. Wenn jedoch die Einstreu wie beschrieben entsprechend qualitativ gut sei, verfüge sie auch über einen bestimmten Feuchtigkeitsgrad zwischen 20 und 40 %, was eine entsprechend starke Staubentwicklung verhindere. Insofern sei die alternative Haltung, wie z. B. die Bodenhaltung, nicht von vornherein hygienisch bedenklicher. Entscheidend sei die Art und Weise, wie sie durchgeführt werde, was natürlich auch entsprechende Kenntnisse und Zeit erfordere. Für die notwendige Umstellung der Landwirte auf Alternativsysteme könnten die Fördermöglichkeiten der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes verwendet werden. Auch habe man in Baden-Württemberg im Tierschutzrat Empfehlungen zur tiergerechten Legehennenhaltung ausgearbeitet. Diese Empfehlungen betreffen nur alternative Systeme und enthielten Anforderungen, die über die Verordnung hinausgehen.
Diese einzelbetriebliche Förderung sollte allerdings nur den alternativen und nicht wie bisher auch den konventionellen Haltungssystemen zur Verfügung stehen, um entsprechende Anreize zur Umstellung zu schaffen.
In diesem Zusammenhang halte sie auch eine Art konzertierter Werbekampagne unter Beteiligung der staatlichen Stellen, der Wirtschaft, des Tierschutzes und der Forschung für erforderlich, um, wie seinerzeit in der Schweiz anlässlich des Verbotes der Käfighaltung, für alternative Haltungssysteme, insbesondere auch bei den Verbrauchern, gezielt zu werben. Diese seien auch zunehmend bereit, entsprechend höhere Eierpreise zu zahlen.

RA Dr. Eisenhart von Loeper dankt für die Aufmerksamkeit, die der Ausschuss diesem nicht einfachen Thema widme, und für die souveräne Verhandlungsführung des Vorsitzenden. Im Übrigen appelliert er nochmals an die Beteiligten, das BVerfG-Urteil ernst zu nehmen. Es handele sich hier um einen Konsens, der gerade zum jetzigen Zeitpunkt, in dem eine neue Verordnung vorbereitet werde, besondere Bedeutung habe, da sie im Einklang mit den entsprechenden Vorgaben stehen müsse. So enthalte das Urteil eine Reihe neuer Ansätze, zu denen auch der Begriff Grundbedürfnisse gehöre, die in § 2 TierSchG angesiedelt seien. Diese Grundbedürfnisse der Tiere, denen die Grundrechte der Tierhalter gegenüberstehen, könnten nur bei unverhältnismäßigen Eingriffen begrenzt werden. Dies bedeute, dass aus Gründen des effektiven Tierschutzes, der nach Aussage des BVerfG zum Gemeinwohl gehöre, Grundrechte eingeschränkt werden können. Im Übrigen gebe es eine Globalisierung nicht nur im wirtschaftlichen, sondern gewissermaßen auch im rechtlichen, und zwar im EU-Raum. So erlaube es die EU in einzelnen Regelungsbereichen ausdrücklich, dass einzelne Mitgliedstaaten eine Vorreiterrolle einnehmen. Auch bei der Einführung des bleifreien Benzins im Umweltbereich seien national Akzente gesetzt worden, wobei es gleichzeitig gelungen sei, dies auch wirtschaftlich umzusetzen. Insofern unterstütze er die Forderung, wirtschaftliche und rechtliche Aspekte in Einklang zu bringen. Ergänzend dazu würden sicherlich flankierende Maßnahmen erforderlich sein, wie z. B. im Bereich der Kennzeichnung, der Öffentlichkeitsarbeit sowie dem Bereich der steuerlichen Entlastungen.
Zur strittigen Frage der numerischen Größen neige er eher doch der Auffassung zu, dass das BVerfG angesichts der genannten Körpermaße Mindestgrößen für die Bodenfläche und die Trogbreite vorgegeben habe. Dies gewinne auch Bedeutung vor dem Hintergrund, dass Pflege des Wohlbefindens der Tiere in weit verstandenem Sinne eine eindeutige Vorgabe sei.
Hinsichtlich der Frage des Bestandsschutzes erinnert er daran, dass der Verordnungsgeber der Verordnung, die für nichtig erklärt worden sei, bereits 1987 einen Übergangscharakter verliehen habe. Eine Dauerlösung sei also nie beabsichtigt gewesen. Nach § 48 VVerfG sei ein Vertrauensschutz der Betreiber nur dann gerechtfertigt, wenn das Vertrauen schutzwürdig sei. Sei dem Halter jedoch bei Antragstellung der vorläufige Charakter der zugrunde liegenden Verordnung bekannt und liegen zu diesem Zeitpunkt ernst zu nehmende gerichtliche Entscheidungen vor, die auf eine erhebliche Beeinträchtigung des Wohlbefindens der Tiere im Käfig hinweisen, und berücksichtige man schließlich die Tatsache, dass sowohl Staatsminister Jürgens als auch PSt von Geldern bei der seinerzeitigen Verabschiedung der Verordnung im Bundesrat zum Ausdruck gebracht hätten, dass die vorgesehenen Haltungssysteme nicht den Verhaltensanforderungen der Tiere dienen, so sei letztlich kein Raum für eine entsprechende Vertrauensschutzwürdigkeit. Bestehe aber ein entsprechendes schutzwürdiges Vertrauen nicht, so gebe es auch keine Entschädigung gemäß § 48 VVerfG.
Die Relevanz der öffentlichen Interessen, die eine Rücknahme des rechtswidrigen und unanfechtbar gewordenen Bescheides gebieten, steige durch die Feststellung des BVerfG, dass der Batteriekäfig zu erheblichen Beeinträchtigungen des Wohlbefindens der Tiere führe. Damit kehrten strafrechtliche Elemente wieder, die in § 17 Nr. 2 TierSchG genannt seien. Aus diesen Gründen seien Entschädigungsansprüche von Legebatteriehaltern eindeutig zu verneinen, auch bei einzelfallbezogenen Entscheidungen nach § 48 VVerfG auf Grund der Schwere des Verstoßes und der mangelnden Schutzbedürftigkeit im Hinblick auf die Zukunft.

Prof. Dr. Gerhard Robbers weist darauf hin, dass für den Verordnungsgeber eine eigenständige verfassungsrechtliche Pflicht bestehe, jeweils nach den neuesten wissenschaftlichen und ökonomischen Erkenntnissen die erforderliche Abwägung vorzunehmen, zu der er nach dem Tierschutzgesetz verpflichtet sei. Falsch wäre es, den wissenschaftlichen Stand der Mitteilung der Kommission von 1998 auf Dauer festzuschreiben. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse seien bei der Ausarbeitung der neuen Verordnung zu berücksichtigen. Die erwähnte Mitteilung der EU-Kommission sowie die entsprechenden Empfehlungen des Europarates seien deshalb vom BVerfG berücksichtigt worden, da sie zum damaligen Zeitpunkt den wissenschaftlichen Stand wiedergegeben hätten.

RA Wolfgang Schindler erklärt, dass es für einen, der mit der Materie nicht so vertraut sei, auf Grund der unterschiedlichen Aussagen in dieser Anhörung schwierig sei, zu einer eigenen Schlussfolgerung zu kommen. So seien hier gemachte Aussagen zum Teil nicht belegt. Auch würde die Aussage des DBV, nur glückliche Hühner seien leistungsfähig, zu dem Schluss führen, dass man an der Leistung erkennen könne, ob die Hühner leiden. Dieser Schluss sei jedoch seit 20 Jahren widerlegt. Auch sei die indirekte Behauptung, dass die Tiere in Käfigen gesund seien, abwegig. So sei man in den einzigen relevanten Untersuchungen in den Niederlanden zu dem Ergebnis gekommen, dass die Tiere in der alternativen Haltung durchaus gesund seien. Die Aussage, dass die Käfighaltung für die Tiere sehr viel gesünder sei, entbehre daher jeglicher Grundlage, da es über die kommerzielle Haltung noch keinerlei Untersuchungen, lediglich in Holland, gebe.
Im Übrigen stelle er fest, dass nicht einmal der Versuch unternommen worden sei, seine Auffassung zu entkräften, wonach der neue Entwurf einer Hennenhaltungsverordnung dem BVerfG-Urteil widerspreche. Das Urteil sei zu dieser Aussage insgesamt heranzuziehen und nicht punktuell. Danach stehe fest, dass die Mindestbodenfläche wenigstens 900 cm2 betragen müsse. Weiterhin müssten Scharren und Picken, eine geschützte Eiablage, Sandbaden und Aufbaumen gewährleistet sein. Diese Bedürfnisse könnten in den angereicherten Käfigen nur unvollkommen, das Sandbaden überhaupt nicht, berücksichtigt werden. Auch stelle das Urteil fest, dass objektiv die herkömmliche Käfighaltung strafbar sei. Im Übrigen enthalte das Urteil keinerlei Hinweise zu den angeblichen negativen wirtschaftlichen Folgen, vor denen in einer Reihe von Stellungnahmen gewarnt worden sei. So habe ein Gutachten von Prof. Dr. Wolffram die Aussage enthalten, dass die Forderung nach einer Mindestbodenfläche von 550 cm2 den Verlust von 9.181 Arbeitsplätzen zur Folge habe. Die Grundannahmen dieses Gutachtens seien zumindest als irreführend zu betrachten. So gingen die Berechnungen des Gutachtens nach einer Schätzung des DGS von Kostensteigerungen zwischen 2 und 4 Pfennigen aus. Das Gutachten des ZDG habe dann als Kostensteigerung den Mittelwert 3 Pfennig zugrunde gelegt. Da das Gericht auf diese Argumente nicht eingegangen sei, könne man davon ausgehen, dass sie bei der Entscheidung keinerlei Rolle gespielt hätten.
Hinsichtlich der Klagen der Branchen könne er die Ausführungen von Prof. Dr. Kutscha nur unterstreichen und verweist hierzu nochmals auf die Situation in der Schweiz. So würden dort heute nicht weniger Eier produziert als vor 20 Jahren. Im Übrigen habe die Zahl der Arbeitsplätze, die mit der Eiererzeugung in Verbindung stehen, um 20 % zugenommen. Auch habe der schweizer Käufer heute die Wahl zwischen einem Käfigei zu 25 Rappen sowie einem alternativ erzeugten Ei zu 45 Rappen.
Dies sei ein erheblicher Preisunterschied, der in Deutschland nicht so groß sein müsste. Wenn man weiterhin berücksichtige, dass in der Schweiz ca. 70 % der Verbraucher auf die alternativ und heimatnah erzeugten Eier zurückgreife, sei nicht einsehbar, warum dies nicht auch in Deutschland möglich sein sollte.
Zu dem Hinweis seitens der Geflügelwirtschaft, dass es in der Schweiz zu Betriebsschließungen in der Größenordnung von 33 % gekommen sei, entgegnet er, dass sich in Deutschland auf Grund der Konzentration der Eiererzeugung in den letzten 20 Jahren die Zahl der Betriebe auf ein Drittel reduziert habe.
Was die richtige Tatsache betreffe, dass es in der Schweiz zu Importerhöhungen gekommen sei, so beruhten diese darauf, dass sie für die Herstellung von Eiindustrieprodukten in der Schweiz Verwendung finden, die für den EU-Raum vorgesehen seien. Dieser Importzuwachs lasse allerdings keinerlei Prognose darüber zu, wie der Verbraucher in Deutschland entscheide, wenn er die Wahl zwischen einem Kä-figei und einem um ca. 20 % teureren Alternativei habe.
Zu dem Vorwurf, er habe das BVerfG nicht seriös zitiert, laute der entscheidende Satz, den er inhaltlich wiedergegeben habe, wie folgt: ?Ob daneben auch weitere artgemäße Bedürfnisse, wie insbesondere das Scharren und Picken, die ungestörte und geschützte Eiablage, die Körperpflege, zu der auch das Sandbaden gehört, oder das erhöhte Sitzen auf Stangen durch die in § 2 Abs. 1 usw. Hennenhaltungsverordnung getroffenen Regelung über die Käfighaltung unangemessen zurückgedrängt werden, kann offen bleiben.? Damit wolle das Gericht zweierlei ausdrücken. So sei es zur Feststellung der Nichtigkeit nicht notwendig, auf weitere Bedürfnisse der Tiere einzugehen. Weiterhin sei es bemerkenswert, dass das Gericht auf die Bedürfnisse im Einzelnen eingehe. Um auszudrücken, dass es keiner weiteren Begründung bedürfe, hätte es den Satz wesentlich kürzer fassen können. Dies habe er mit seiner inhaltlichen Wiedergabe des Satzes zum Ausdruck bringen wollen, was keineswegs den Vorwurf der Unseriosität rechtfertige.
Im Übrigen sei der Hinweis, die im BVerfG-Urteil angegebene Mindestfläche von 690 cm2 werde durch die in der neuen Verordnung vorgegebene Mindestfläche von 750 cm2 sogar überschritten, unseriös, da von diesen 750 cm2 nur 600 cm2 für das Stehen der Henne nutzbar seien. Hinzu komme, dass die neue Verordnung für eine Übergangszeit von drei Jahren 450 cm2 und 550 cm2 für weitere 11 Jahre zulasse. Auch sei es nicht richtig, dass die neue Verordnung das Sandbaden vorsehe.
Auch hinke der Vergleich mit der Kernenergie, da das Betreiben von Kernkraftwerken keine Straftat darstelle, während die Käfighaltung objektiv den Tatbestand der Tierquälerei erfülle. Das Argument der Arbeitsplatzbedingungen greife nicht. Wenn es im Zuge der Umstellung auf alternative Haltungssysteme auf Grund höherer Staubentwicklungen zu Frühverrentungen von Beschäftigten gekommen sei, so liege dies daran, dass die entsprechenden Arbeitsplatzschutzbestimmungen nicht eingehalten worden seien.

Dr. Klaus Peter Linn, ZDG, erklärt, dass in der neuen Hennenhaltungsverordnung, und zwar in § 6, sehr wohl das Sandbaden vorgesehen sei. Hinsichtlich der Tiergesundheit gebe es zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen, die belegten, dass die Gesundheit der Tiere in der Käfighaltung größer sei als in der alternativen Haltung. Auch könne dies durch die praktischen Tierärzte vor Ort belegt werden. Zur Frage der Zahl der Legehennenhalter weist er darauf hin, dass es 1996 in Deutschland insgesamt 220.000 Legehennenhalter gegeben habe. Die offiziellen Tierzählungen würden allerdings erst bei einer Tierhaltung über 3.000 Hennen einsetzen. So liege die Zahl der Haltungen von 1998 mit 3.000 bis 5.000 Hennenplätzen bei 273, mit 5.000 bis 10.000 Hennenplätzen bei 443, mit 10.000 bis 30.000 Hennenplätzen bei 375, mit 30.000 und mehr Hennenplätze bei 252. Das Gros der Betriebe seien also Kleinsthaltungen unter 3.000 Hennenplätze, für die die Eierproduktion ein weiteres wirtschaftliches Standbein sei.
Was die WTO-Verhandlungen betreffe, so hätten die amerikanischen Delegationsmitglieder in den Vorgesprächen eindeutig zu erkennen gegeben, Fragen des Tierschutzes in den anstehenden WTO-Verhandlungen nicht zu erörtern, geschweige denn, entsprechende Standards in die WTO-Vereinbarungen aufzunehmen. Argument sei, dass nur wissenschaftlich fundierte Fakten erörtert werden könnten. Die Ethologie würde allerdings wissenschaftlichen Ansprüchen nicht immer gerecht werden. Für die europäischen Produzenten werde es daher sehr schwer sein, sich künftig auf dem Weltmarkt zu behaupten. Auf Grund der Wettbewerbsnachteile deutscher Produzenten innerhalb Europas würden insbesondere kapitalschwache bäuerliche Betriebe nicht überleben können. Eine ?eins-zu-eins?-Umsetzung der EU-Richtlinie in deutsches Recht sei daher gerade für diese Betriebe unverzichtbar. Der Tierschutz sollte hier nicht zur Strukturbereinigung beitragen.

Dr. Ronald Steiling, ZDG, weist die Aussage zurück, dass das weitere Betreiben einer Käfighaltung in Deutschland eine Straftat darstelle. Wäre dies so, müsste man dem BVerfG den Vorwurf machen, eine Anstiftung zur Straftat begangen zu haben, da es am Ende des Urteils formuliert habe, dass vorhandene Käfiganlagen, die auf unanfechtbar gewordenen Genehmigungen beruhen, im Bestand geschützt bleiben. Im Übrigen habe das BVerfG den Verordnungsgeber verpflichtet, einen Ausgleich zwischen den Belangen des Tierschutzes und der Legehennenhalter zu schaffen. Dieser gerechte Ausgleich sei in der EG-Richtlinie enthalten, die auf den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhe. Es gebe auch deshalb keinen Grund, hiervon abzuweichen, da gemäß Artikel 10 der Richtlinie die Kommission dem Rat bis zum 1. Januar 2005 einen auf der Grundlage einer Stellungnahme des Wissenschaftlichen Veterinärausschusses erstellten Berichtes über die verschiedenen Systeme zur Haltung von Legehennen vorzulegen habe. Selbst die EU-Kommission habe hinsichtlich der Ausgestaltung der Käfige noch keine feste Meinung, da es noch keine abschließenden Ergebnisse über die ausgestalteten Käfige gebe. Deshalb sei eine ?eins-zu-eins?-Umsetzung der EG-Richtlinie geboten, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Auch dies sei nach EU-Recht eine Aufgabe des Binnenmarktes, womit auch den rechtlich geschützten Interessen der Tierhalter entsprochen werde.

Prof. Dr. Martin Kutscha weist darauf hin, dass das BVerfG zum Interessenausgleich zwischen den Belangen des Tierschutzes und der Tierhalter zwei konkrete Vorgaben gemacht habe, und zwar zum einen zur Mindestgröße pro Henne bezogen auf das Schlafbedürfnis und zum anderen zur Mindestgröße des Troges. Hieran müsse sich die neue Verordnung mindestens messen lassen. Diese Mindestgrößen seien einzuhalten, was nach dem jetzigen Entwurf nicht sagen könne. Auch sollte das BVerfG rechtspolitisch ernst genommen werden, was zur Zeit zum Teil leider nicht der Fall und auch im Hinblick auf das Verhalten der Bevölkerung wichtig sei.
Die Frage des DBV, ob Deutschland nicht weltweit eine Chancengleichheit haben solle, verneint er. Dies könne die nationale Rechtsordnung nicht gewährleisten. So müsse man damit leben, dass das deutsche Recht bestimmte höhere Anforderungen stelle, und zwar sowohl hinsichtlich der Tiere als auch hinsichtlich des Menschen als Arbeitskraft. Politisch ergebe sich daher auch für die staatlichen Stellen die Aufgabe, sich dafür einzusetzen, dass beim Handel entsprechende Vorgaben beachtet werden, um damit auch zu einer Anhebung der entsprechenden Standards in anderen Ländern beizutragen.

Dr. Klaus Damme erklärt, dass man insgesamt für eine tiergerechte Legehennenhaltung eintrete, die national auf EU-Ebene und auch weltweit zunehmen solle. Auf der Ebene der EU seien die Weichen bereits gestellt worden, und zwar gebe es einen sanften Ausstieg aus der Käfighennenhaltung bis zum Jahre 2012. Diese Übergangszeit sei auch erforderlich, denn bei einem abrupten Ausstieg würden zahlreiche Betriebe den Einstieg in die alternative Haltung nicht mehr leisten können.
Was die 12 cm Troglänge betreffe, so könne durch Selektion das Verhalten der Tiere verändert werden, was sich am Beispiel der Verhaltensstörungen wie aggressives Picken und Kannibalismus zeige. So habe man auf Grund einer Nichtbeachtung dieser Verhaltensmerkmale und die Selektion in Einzelkäfigen Herkünfte, die diese Verhaltensstörungen deutlich stärker zeigten als früher. Zum Teil müsse man damit rechnen, dass sich dann, wenn man bei anderen Merkmalen direkt selektiere - Veränderung der Legeleistung, Reduzierung des Körpergewichtes, Veränderung der Futteraufnahmemöglichkeit der Tiere - diese Änderung in den Leistungsmerkmalen, auch in Änderungen der Futteraufnahme manifestierten. Er kenne keine Studie, die mit aktuellen Hybriden und Herkünften Stress-, Futteraufnahmeverhalten bei unterschiedlichen Futterangeboten und unterschiedlicher Troglänge eingehend getestet habe. Der Stress einer Henne dürfte deutlich abgebaut sein, wenn den Hennen sechs- bis zehnmal pro Tag Futter frisch angeboten werde. Daher schlage er den Kompromiss vor, dass für Betriebe, die nur restriktiv füttern, eine Troglänge von 12 cm gefordert werde. Hiermit könnte die Praxis leben.

Nach Auffassung von Prof. Dr. Windhorst müssten sich Ökonomie und Tierschutz nicht widersprechen. Nachhaltige Tierproduktion sei nur dann möglich und umsetzbar, wenn sie rentabel sei. Wenn es eine marktorientierte Eierproduktion in Deutschland mittelfristig geben solle, sei es erforderlich, die EG-Richtlinie in ihrer bisherigen Form umzusetzen und national keine Verschärfungen vorzunehmen, da dies die Konkurrenzfähigkeit deutscher Hennenhalter nachhaltig beeinflussen würde. Auch sollte man noch einmal darüber nachdenken, ob nicht alle Beteiligten mit dem Kompromissvorschlag des BLT leben könnten.
Was die Deklarierung betreffe, so sei sie von verarbeitetem Geflügelfleisch nicht erforderlich, wohl aber, wenn es als Frischfleisch auf den Markt komme. Bei Eiern könne man dies auf den Kleinverpackungen entsprechend der Länderbuchstaben entnehmen. Der jetzige Vorstoß für eine sog. Dreifachkennzeichnung - z. B. D-D-D, also Brut, Aufzucht, Produktion und Verpackung in Deutschland - würde für die Transparenz im Markt sehr viel beitragen. Dies würde den Verbraucherinteressen sicherlich entgegenkommen.

Auf Einwand des Vorsitzenden bestätigt er, dass die Kennzeichnungen für den Verbraucher deutlicher erkennbar sein müssen. Herkunfts- und Qualitätssicherung seien eine der großen Forderung der nächsten Zukunft. Problematisch seien allerdings weniger die Kleinverpackungen als vielmehr die locker verpackte Ware.

Prof. Dr. Rudolf Wolffram wirft Rechtsanwalt Schindler vor, dass er keinen Beweis für seine ökonomischen Aussagen angetreten habe. Im Übrigen handele es sich bei seinem zitierten Gutachten nicht um ein Gefälligkeitsgutachten.
Was die Kosten betreffe, so habe man hier nachgefragt, wie auch bei Dr. Damme. Man habe allerdings keine genauen Kosten erfahren. Dass es allerdings zu einem Kostenanstieg kommen werde, müsste auch einem Juristen klar sein. Da der Verband mit einer Kostensteigerung zwischen 2 bis 4 Pfennigen rechne, habe man den Mittelwert genommen. Entscheidend sei jedoch die Tatsache, dass es zu einem Kostenanstieg komme, und die Frage, wie sich die Produktion in der Bundesrepublik weiter entwickeln werde, ob es zu Preissteigerungen komme und wenn ja in welcher Höhe. Sollten die Preise um einen Pfennig steigen, dann verblieben nach Abzug der Transportkosten für die EU-Mitgliedsländer Gewinne von 0,5 Pfennig pro Ei, was also 50 % in der Eierproduktion bedeute. Auf Grund der Kostenerhöhungen werde es auch zu entsprechenden Verdrängungen auf dem Markt kommen. Tatsache sei auch, dass Wertschöpfungen in einer Größenordnung von ca. 500 Mio. DM und Arbeitsplätze verloren gingen, seien es 7.800 oder 9.800. Dies bedeute insgesamt gravierende Veränderungen im gesamten Produktionsbereich, was insbesondere in den strukturschwachen Gebieten zu einer Erhöhung der Arbeitslosigkeit führen würde. Ein Gegenbeweis dieser Prognose sei bisher nicht angetreten worden.
Im Übrigen unterstreiche er, dass nationale Anforderungen, die über die EU-Richtlinie hinausgingen, aus Wettbewerbsgründen nicht akzeptabel seien. Tatsache sei auch, dass kapitalstarke Betriebe ihre Produktion nach Osteuropa verlagern würden. Dies zeichne sich bereits ab. Es müsse daher ernsthaft die Frage gestellt werden, ob man sich diesen Verlust bei der Wertschöpfung und dem Arbeitskräftebesatz leisten könne. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass den berechtigten Belangen des Tierschutzes durch solche Entwicklungen nicht mehr, sondern weniger entsprochen werde.

Der Ausschuss dankt den Sachverständigen für die umfangreichen Auskünfte dieser sehr sensiblen Materie. Gleichwohl verhehle er nicht auf Grund der auch unterschiedlichen Aussagen die Schwierigkeit, sich eine eigene Meinung zu bilden für den notwendigen Ausgleich zwischen den Belangen des Tierschutzes auf der einen und denen der Tierhalter auf der anderen Seite.


Der Vorsitzende schließt die Anhörung 15.30 Uhr.

Quelle: http://www.bundestag.de/ausschuesse/archiv14/a10/a10_sitz_35
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