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14. Wahlperiode
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DEUTSCHER BUNDESTAG Protokoll-Nr. 14/95
Ausschuss für Verbraucherschutz,
Ernährung und Landwirtschaft
14. Wahlperiode
22 38- 24 50



Wortprotokoll

der

95. Sitzung


des Ausschusses für Verbraucherschutz,
Ernährung und Landwirtschaft
(10. Ausschuss)


Mittwoch, 13. Mai 2002, 11.00 Uhr
(Berlin, Reichstagsgebäude, Präsidialebene, Sitzungssaal 2. S. 023)


Öffentliche Anhörung
zu dem Gesetzentwurf des Bundesrates

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung tierarzneimittelrechtlicher Vorschriften


Vorsitz: Peter Harry Carstensen (Nordstrand), MdB

ZUR TAGESORDNUNG SEITE


Einziger Punkt der Tagesordnung 7 - 108


Entwurf eines Gesetzes
zur Änderung tierarzneimittelrechtlicher
Vorschriften


- Drucksache 14/8613


dazu Stellungnahmen der Sachverständigen


- 14/651 Deutscher Bauernverband, Dr. Helmut Born -

- 14/721 Landestierärztekammer Rheinland-Pfalz, Dr. Rainer Schneichel

- 14/722 Bundestierärztekammer Bonn, Dr. Ute Tietjen

- 14/723 Bundesverband Praktischer Tierärzte e.V., Dr. Karlheinz Simon

- 14/724 Bundesverband für Tiergesundheit e. V., Dr. Martin Schneidereit







Der Vorsitzende: Ich eröffne die 95. Sitzung des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft zur öffentlichen Anhörung zu dem Gesetzentwurf des Bundesrates zur Änderung tierarzneimittelrechtlicher Vorschriften - Drucksache 14/8613 - und begrüße ganz herzlich vom Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Herrn PSt Berninger, die Mitglieder unseres und anderer Ausschüsse sowie weitere interessierte Gäste. Insbesondere begrüße ich aber die Damen und Herren Sachverständige in unserer Mitte, deren Namen aus der ausliegenden Liste zu entnehmen sind. Bedanken möchte ich mich insbesondere für Ihre Bereitschaft der kurzfristigen Einladung zu folgen, weil wir auch zwei Ersatzbenennungen, nämlich Frau Dr. Idel für Herrn Baumgart und Herrn Prof. Dr. Dr. Göbel für Frau Dr. Halle haben.
Von den Sachverständigen sind zum Teil Antworten auf den Fragenkatalog eingegangen, die auf den A-Drsn. 14/721 und 14/722 ausliegen, wofür ich angesichts der kurzfristigen Terminierung sehr danken möchte. Diese sind vorab an die Mitglieder des Ausschusses verteilt worden.
Weiterhin liegt eine Synopse auf A-Drs. 14/719 vor, in der die umfangreichen Änderungsvorschläge der Koalitionsfraktionen aufgeführt sind. Gegenstand der Anhörung ist allerdings der Entwurf des Bundesrates.
Hinsichtlich des zeitlichen Rahmens rechne ich mit einer Dauer von ca. zwei bis drei Stunden.
Ich möchte nunmehr die Sachverständigen bitten, mit einem kurzen Statement zu beginnen, um im Anschluss daran in die Fragen- und Antwortrunden einzutreten.

Prof. Dr. Ungemach, Bundestierärztekammer: Ich gebe hier die offizielle Meinung der Delegiertenversammlung der Bundestierärztekammer wieder, weil der Präsident selbst noch nicht da ist und kein politisches Statement abgeben kann. Die Bundestierärztekammer hat diesen Gesetzentwurf des Bundesrates in seiner gesamten Entwicklung intensiv mit verfolgt und war auch in die Formulierungen dieses Bundesratsentwurfs intensiv mit einbezogen. Sie hat den Entwurf zweimal in ihrer Delegiertenversammlung beraten und ich lese Ihnen den Beschluss vor, der mit großer Mehrheit und nur wenigen Gegenstimmen bei sieben Enthaltungen gefasst wurde.

Der Entwurf des Tierarzneimittelneuordnungsgesetzes stellt einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Transparenz und der Kontrollierbarkeit des Tierarzneimittelverkehrs und der Wirksamkeit des Tierarzneimittelrechts dar. Das Gesetz dient damit dem gesundheitlichen Verbraucherschutz, insbesondere der Unbedenklichkeit und Rückstandsfreiheit von Lebensmitteln tierischer Herkunft.
Die Bundestierärztekammer, die Gemeinschaft der deutschen Tierärztekammern und tierärztlichen Vereinigungen appelliert, trotz der mit dem Gesetz einhergehenden Erschwernisse und der Kritik im Detail, an die Fraktionen des Bundestages, den Entwurf zügig zu beraten und nach Möglichkeit noch in dieser Legislaturperiode zu verabschieden. Sie weisen darauf hin, dass der Bundesrat dem Entwurf einstimmig zugestimmt hatte und die Stellungnahme der Bundesregierung keine unüberwindlichen Hindernisse darstellen sollte. Die Bundestierärztekammer bittet die Bundesregierung und die Landesregierungen, den Bundestag bei der Beratung des Gesetzentwurfes kräftig zu unterstützen, damit ein Vermittlungsverfahren vermieden und das baldige Inkrafttreten des Gesetzes ermöglicht wird.
Das war der aktuelle Beschluss der Delegiertenversammlung der Bundestierärztekammer. Diese steht bei vielen Änderungen hinter dem Gesetz und Sie haben von uns einen ausführlichen Antwortkatalog erhalten, aus dem zu den einzelnen Fragen auch gewisse differierende Positionen zum Bundesratsentwurf hervorgehen. Diese werden von der Bundesregierung zum Teil schon in ihrer Synopse berücksichtigt, u. a. die Beschränkung der Abgabefrist von sieben Tagen auf Antibiotika, die Begrenzung der Arzneimittelvormischung und Fütterungsarzneimitteln auf antibiotische Wirkstoffe und dass auch zusätzlich weiterhin nichtantibiotische Wirkstoffe eingemischt werden können.
Die Bundestierärztekammer befürwortet sehr die im Bundesratsentwurf vorgesehene Erlaubnispflicht für die tierärztliche Hausapotheke, weil sie es als eines der wichtigsten Instrumente ansieht, eine Sicherheit im Tierarzneimittelverkehr zu gewährleisten. Sie ist deshalb sehr überrascht, dass in der letzten Synopse aus verfassungsrechtlichen Gründen die Regierungsfraktionen die Erlaubnispflicht offenbar zu streichen gedenken. Die Bundestierärztekammer appelliert deswegen noch einmal an die Runde, dieses Gesetz wirklich zu beraten. Es wird den Tierärzten Erschwernisse bringen, aber das tierärztliche Dispensierrecht und eine Transparenz zu erhalten und den Verbraucher nicht vor Rückständen, sondern auch vor Antibiotikaresistenzen zu schützen, ist ein ganz wichtiges Anliegen.

Dr. Richard Bröcker, Deutscher Bauernverband: Herr Vorsitzender, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir gehen davon aus, dass Sie mit der Änderung der tierarzneimittelrechtlichen Vorschriften den missbräuchlichen Umgang mit Tierarzneimitteln drastisch reduzieren, ihn möglichst total einstellen wollen und, was wir für besonders wichtig erachten, die tierärztliche Leistung stärker betonen möchten. Das würde darauf hinauslaufen, mehr Tierschutz und mehr Verbraucherschutz zu erreichen, denn diese beiden Formeln sind oberstes Gebot, wenn man über die verschiedenen Positionen intensiver nachdenkt.
Wir gehen mit dieser Zielsetzung auch konform, aber wir haben Zweifel und Bedenken, ob Sie dieses mit der vorgesehen Novellierung wirklich erreichen, ob Sie dieses Ziel in kürzester Frist, und Sie haben es offensichtlich ziemlich eilig mit dieser Novellierung, wirklich erreichen können. Unseres Erachtens finden die praktischen Gegebenheiten in der Landwirtschaft zu wenig Berücksichtigung, insbesondere die strukturellen Veränderungen, wenn man sich die Spezialisierungen in der Schweinehaltung oder der Geflügelhaltung ansieht. Wir glauben, dass die vorgesehenen Veränderungen diesen Entwicklungen nicht genügend Rechnung tragen.
Spezialisierung kann nur mit einem Management der Tiergesundheit einhergehen, d. h., in erster Linie vorbeugende Gesunderhaltung der Tierbestände und dies müsste stärker betont und berücksichtigt werden. Wir erwarten eine ganzheitliche Betreuung und Wartung der Bestände, man hat aber immer noch den Eindruck, dass der Gesetzgeber wie in alten Zeiten davon ausgeht, wenn ein Tier krank wird, wird der Tierarzt gerufen und beginnt seine kurative Tätigkeit. Dies sollte aber in Zukunft etwas anders sein. Hier vermissen wir auch die Spezialisierung in der Betreuung und Ausbildung von Fachtierärzten, denn hier scheint zunehmend ein Mangel zu entstehen.

Uns geht es also um eine vorbeugende Gesunderhaltung der Tiere und nicht erst eine Behandlung wenn die Tiere erkrankt sind. Natürlich wird auch dies der Normalfall weiterhin sein, aber das andere sollte ein höheres Gewicht bekommen. Wenn man sich heute die verschiedenen Diskussionen vor Augen hält zur Einführung von Qualitätssicherungssystemen, finden Sie hier entsprechende Ansätze, z. B. in dem neuen QS-System. Hier findet der Betreuungsvertrag zwischen Landwirt und Tierarzt eine besondere Bedeutung, denn er wird hier verbindlich vorgeschrieben. Hierauf lässt sich aufbauen und dies findet, das will ich einräumen, auch seine Berücksichtigung in einigen Teilen der Novellierung.
Ohne auf nähere Einzelheiten einzugehen, will ich doch schon zwei Dinge anschneiden, die die von mir angesprochenen Punkte eben nicht berücksichtigen. Das ist einmal die Befristung der Arzneimittelabgabe auf sieben Tage, welche in dieses Konzept überhaupt nicht passt, und zum Zweiten ist es das Verbot der Arzneimittelabgabe vor Einstallung der Tiere. Auch dieses lässt sich in ein Gesundheitsmanagement der Tierbestände nicht einbinden.

Dr. Norbert Lange, Tierärztekammer Sachsen-Anhalt: Ich will zunächst darauf hinweisen, dass ich in Vertretung unseres Präsidenten hier bin und eine Abstimmung in der Kürze der Zeit nicht möglich war. Zwei Schwerpunkte möchte ich ansprechen. Der erste ist, dass wir uns bei so wichtigen und dringenden Dingen wie dem Verbraucherschutz, in den ich auch den Tierschutz einschließe, nicht von einem Zeitfaktor treiben lassen. Ich möchte deshalb daran appellieren, sich die Änderungsvorschläge noch einmal anzuschauen und zu überdenken, jedenfalls aber nicht unbedingt in dieser Legislaturperiode durchzudrücken.
Zum Zweiten scheint mir die Praktikabilität vieler Änderungsvorschläge nicht gegeben zu sein. Die Sieben-Tage-Frist ist eine, denn es gibt eine ganze Reihe von Erkrankungen, die man prophylaktisch behandeln muss. In diesen Fällen kann man nicht warten bis die Krankheit auftritt, weil sie zu hohe Verluste für die Tierbestände bedeuten würde.
Ferner bedarf es eines genauen Hinschauens, wo und wie die Kontrollen genau stattfinden sollen. Denn ein effektiver Verbraucherschutz ist meiner Meinung nach dann gegeben, wenn das Endprodukt frei von Rückständen ist. Auf diese zwei grundsätzlichen Aussagen möchte ich mich beschränken, nicht zuletzt auf Grund der Tatsache, dass ich mich mit der Materie nur sehr kurzfristig beschäftigen konnte.

Dr. Anita Idel: Zunächst bitte ich um Verständnis, dass ich wegen meiner kurzfristigen Benennung den Fragenkatalog übers Wochenende nicht vollständig beantworten konnte. Ich verweise insoweit auf die ausliegende Tischvorlage.
Mir ist es besonders wichtig zu betonen, dass tatsächlich kein Zeitdruck besteht, den man auf Grund der Ausführungen meines Vorredners vermuten könnte. Es ist fast ein Jahr lang über den Gesetzentwurf ausführlich diskutiert worden, und ich bin der Meinung, dass kein Grund besteht zu sagen, hier würde kurzfristig etwas passieren. Ich bin der Überzeugung, der Gesetzentwurf muss in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden.
Es besteht absoluter Handlungsbedarf, wobei ich darauf hinweisen möchte, dass die Intention des Forschungsinstituts für Biologischen Landbau e. V. darin besteht, eine Ökologisierung der Landwirtschaft vor dem Leitbild des ökologischen Landbaues zu fördern, während wir hier über die Intensivtierhaltung sprechen. Aber gerade in der Intensivtierhaltung besteht Handlungsbedarf und von daher besteht auch die Notwendigkeit, diesen Gesetzentwurf so auch zu verhandeln.
Ich schließe mich im Wesentlichen den Vorschlägen, wie sie hier von Prof. Dr. Ungemach für die Bundestierärztekammer vorgetragen wurden, und wie sie im Fragenkatalog der Bundestierärztekammer auch nachzulesen sind, an.
Die Beschränkung der Sieben-Tage-Frist auf Antibiotika ist als Kompromissvorschlag gemeint, und ich denke, dieser ist zu akzeptieren. Ich halte es für unverzichtbar, die Erlaubnis für die tierärztlichen Hausapotheken im Gesetzentwurf zu behalten, wenngleich ich rechtlich nicht hinreichend orientiert bin, um die Begründung für die Stellungnahme der Bundesregierung nachzuvollziehen. Aber es hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass die Hürde für die Entziehung der Approbation eine zu hohe Hürde ist, wenn es um den Betrieb der hausärztlichen Apotheke geht.
Ich bin aber auch der Meinung, dass der Gesetzentwurf in einem wesentlichen Punkt nicht weit genug geht, weil er zwar eindeutig in der Lage ist, die Kontrollierbarkeit des Arzneimittelverkehrs zu befördern, oder in einigen Punkten überhaupt erst möglich zu machen, er ist aber nur in Grenzen geeignet, die tatsächlich verwendeten Tierarzneimittelmengen zu reduzieren. Er bietet die Voraussetzungen, durch die entsprechende Dokumentation vieles lege artis zu machen, muss aber deshalb nicht automatisch zu einer Reduzierung der Arzneimittelmengen führen.
Dies sollte er aber und deshalb habe ich den Vorschlag eines Praktikers aus der Arbeitsgemeinschaft kritische Tiermedizin vorgelegt, der im Rahmen eines Quotienten dahingeht, vergleichend zur Qualitätssicherung beizutragen, indem konkret der Arzneimittel- bzw. der Antibiotikaverbrauch je nach Sparte und Spezialisierungsrichtung auf den Betrieben vergleichend gewertet wird. So sind die Betriebe selber in der Lage vergleichend zu sehen, wo sie in einer anonymisierten Liste tatsächlich stehen. Das würde tatsächlich die Voraussetzungen schaffen, positive andere Managementmaßnahmen, die eben nicht über Tierarzneimittel oder Antibiotika erfolgen, positiv mit einfließen zu lassen. Ich denke, dass die Festschreibung eines solchen Quotienten notwendig ist.

Prof. Dr. Dr. Göbel: Als Mitarbeiter einer Universität und Humanmediziner am Institut für Mikrobiologie und Hygiene der Charité möchte ich aus der Sicht der Humanmedizin Folgendes ausführen:
Was ein Schläfer ist, wissen alle Anwesenden spätestens nach dem Krieg gegen den Terror. Ein Schläfer schlägt zu einer bestimmten Stunde auf ein bestimmtes Zeichen zu, und wir können dieses Bild ruhig nehmen in seiner Einzigartigkeit und fatalen Konsequenz, wenn wir es mit antimikrobieller Resistenz und entsprechend resistenten Bakterien zu tun haben. Deswegen ist es mir ein besonders Anliegen, dieses Problem zu schildern.
Wir haben bei im Moment noch sehr wenig klinisch apparenten Problemen mit Resistenzen und Multiresistenzen einen Anstieg, wir haben aber in der Folgetherapie Probleme, die resultieren in einer gesteigerten Morbidität in einer höheren Letalität und insgesamt in persönlichen und betriebswirtschaftlich relevanten Kosten.
Der Beitrag zur Ausbreitung dieser antibiotikaresistenten Bakterien erfolgt in gleicher Weise von der Landwirtschaft durch den Einsatz von Antibiotika dort und, das möchte ich nicht verhehlen, durch einen missbräuchlichen Einsatz von Antibiotika in der klinischen und ambulanten Humanmedizin. Es besteht ein Resistenzgenpool, den es zu reduzieren gilt. Daher meine Forderung auch bei der Beratung dieses Gesetzes: Erstens, Vorbeugung im allgemeinen Bereich, zweitens, eine strenge Indikationsstellung, drittens, strenge Therapieregeln im Sinne von SOPs (standard operation procedures).
Eine größtmögliche Transparenz bei der Vergabe und Verordnung von Antibiotika, ein flächendeckendes, regionales, nationales, internationales Surveillancesystem und eine bessere Koordination und Kooperation bei diesen Problemen im Zusammenwirken mit Veterinärbiologen, mit Lebensmittelmikrobiologen und Humanmedizinern muss das Ziel einer Neuregelung sein.

Prof. Manfred Kietzmann: Ich möchte mich zunächst entschuldigen, dass nichts Schriftliches von mir vorliegt, aber ich bin gestern Abend erst aus Schottland wiedergekommen und deshalb gab es hierfür keine Gelegenheit.
Ich möchte die Problemematik der Resistenzen, die Prof. Göbel gerade geschildert hat, aufgreifen. Ich glaube, das Damoklesschwert, das über uns allen schwebt, bei dem nicht nur Handlungsbedarf, sondern dringender Handlungsbedarf besteht, ist die Gefahr der Resistenzen und das Problem das wir haben ist, dass die Arzneimittelanwendung in vielen Bereichen der Medizin und der Anwendung am Tier kritisch zu hinterfragen ist.
Wir haben vor einiger Zeit eine statistische Auswertung von Herstellungsaufträgen für Fütterungsarzneimittel gemacht und haben dabei zeigen können, dass sehr viel fehlerhafte Medikationen erfolgt sind. Es handelt sich dabei nicht um Peanats, sondern um 12.000 Herstellungsaufträge in Schleswig-Holstein. Wo liegen z. B. die Gründe für massive Unterdosierungen, und zwar nicht leichte Unterdosierungen, sondern solche, die im Bereich von 10 % der vorgeschriebenen Dosierung liegen. Hier gibt es einfache Gründe, die ich auf zwei reduzieren möchte.
Der eine ist, dass wir seit 1976 das Arzneimittelgesetz haben, dass der Prozess der Nachzulassung seitdem läuft, dass wir im Handel Arzneimittelvormischungen haben, um die es hier heute auch geht und die in keinster Weise geeignet sind, eine Therapie sinnvoll zu betreiben, weil sie massive Unterdosierungen zur Folge haben.
Das Zweite ist, dass natürlich auch durch Tierärzte im Zusammenwirken mit Landwirten bei der Medikation Fehler gemacht werden, die ich im Detail nicht weiter ausführen will. Ich meine aber, hier besteht dringender Handlungsbedarf im Sinne der Bereinigung des Arzneimittelmarktes. Es kann einfach nicht sein, dass 1976 ein Gesetz in Kraft getreten ist, dessen Übergangsfrist im Grunde heute immer noch nicht zu Ende ist.
Die eben schon mehrfach angesprochene Dauer der Behandlung von sieben Tagen halte ich für eine dringende Notwendigkeit und halte die vorgesehene Regelung für schon relativ liberal. Es kann einfach nicht sein, dass ein Landwirt über den Einsatz von Antibiotika, die für die Gesundheit von Mensch und Tier so wichtige Arzneimittel sind, entscheidet, und der Tierarzt nur der Lieferant dieser Arzneimittel ist. In diesem Sinne halte ich die vom Bundesrat vorgeschlagenen Regelungen, die in vieler Hinsicht schon Kompromisse bedeuten, für sinnvoll und dringlich.
Abschließend möchte ich von einem Gerichtsverfahren berichten, in dem ich erfahren habe, dass jeder Landwirt mindestens zwei, manchmal drei oder vier Tierärzte hatte, und der angeklagte Tierarzt letztlich nur Arzneimittellieferant war. Das zeigt, dass hier einiges im Argen liegt und dringender Handlungsbedarf besteht. In diesem Sinne wünsche ich mir, dass dieses Gesetz schnell verabschiedet wird und wir die Probleme gemeinsam lösen können.

Dr. Rainer Schneichel: Ich spreche hier im Auftrag eines Ausschusses für Arzneimittel- und Verbraucherschutz, angesiedelt bei einer Landestierärztekammer und der Entwurf des sog. Tierarzneimittelneuordnungsgesetzes ist von denen, die ihn erarbeitet haben und denjenigen, die ihn auf Seiten der Tierärzteschaft unterstützen, vorgestellt worden mit dem Hinweis, dass er unerlässlich ist, um die Folgen des Schweinemastskandals aufzuarbeiten.
Nach unserer Auffassung ist der Schweinemastskandal jedoch inzwischen aufgearbeitet, denn die entsprechenden Fälle sind inzwischen zumindest erstinstanzlich verurteilt worden. So muss man davon ausgehen, dass das derzeitige Arzneimittelgesetz in seiner heutigen Fassung seine Schlagkraft bewiesen hat.
Ich gehe davon aus, dass man auf der Basis dieser Theorie den neuen Gesetzentwurf diskutieren kann und auch sollte. Ich bin der Meinung, das tierärztliche Dispensierrecht ist kein Selbstzweck und genauso wie die Verschreibung von Tierarzneimittlen, die der Tierhalter in der Apotheke einlösen kann, dient es der Versorgung der Patienten mit Arzneimitteln. Das heißt, wir haben heute im Grunde genommen schon zwei Wege, die diese Versorgung sicherstellen.
Für mich ist es unerfindlich und überraschend, dass der Gesetzentwurf einen zuverlässigen Tierarzt erster Klasse schafft, der Arzneimittel abgeben darf und einen weiteren, weniger zuverlässigen Tierarzt schafft, der Arzeimittel verschreiben darf, die man in der Apotheke einlösen kann. Entkoppelt von dieser politisch geprägten Diskussion, die natürlich auch in der Tierärzteschaft zum Teil kontrovers diskutiert wird, ist die Frage, im Hinblick auf die Merkwürdigkeit dieser unterschiedlich zuverlässigen Tierärzte im Umgang mit demselben Risiko, ob das ursprünglich zur Rettung des Dispensierrechts angedachte Tierarzneimittelneuordnungsgesetz im Vergleich zum geltenden Recht in Bezug auf die Versorgung der Patienten des Tierarztes mit Arzneimitteln in dieser Form notwendig ist.
Vielleicht sollte man hierbei auch das kritische Problem der Autobahntierärzte ansprechen, denn dabei sind diese Autobahntierärzte mit Sicherheit nicht die, denen man das Wort reden muss. Das muss man ganz klarstellen, dass hier ein Problem besteht, das angegangen werden muss, wobei das geltende Recht deren Verstöße bereits geahndet hat.
Auf der anderen Seite sollte man eine Ausgrenzung überregional tätiger, weil evtl. spezialisierter, Tierärzte aus dem Wettbewerb mit weniger qualifizierten Berufskollegen nicht befördern. Ich denke, der Gesetzentwurf kann lediglich den Verkehr mit Arzneimitteln regeln und nicht den Verkehr zwischen Tierärzten.
Aus der Sicht des praktischen Tierarztes, also desjenigen, der die tierärztliche Wissenschaft in der Praxis umsetzen soll, ist daher der Gesetzentwurf in der vorliegenden Form weder notwendig noch zweckmäßig. Es werden vielmehr die Befugnisse des Tierarztes im Umgang mit Arzneimitteln gegenüber dem geltenden Recht so verändert, dass in den Kernbereich der tierärztlichen Tätigkeit eingegriffen wird. Das heißt, der Auftrag der Erhaltung der Tiergesundheit und damit der Verbrauchergesundheit wird damit stark eingeschränkt.
Unter das Kuratel des Gesetzentwurfs gestellt, könnte der Tierarzt weder eine zeitgerechte Versorgung seiner Patienten mit Arzneimitteln bewirken, noch an diesen die Arzneimittel anwenden oder anwenden lassen, falls sie denn tiermedizinisch erforderlich sind. Ich gehe davon aus, dass der Gesetzentwurf von der Fehlvorstellung geprägt ist, dass nicht die tierärztliche Wissenschaft, sondern deren Einengung durch gesetzliche Normen gesunde Tiere und Lebensmittel produzieren soll. Dies ist meines Erachtens wichtig in der Wahrnehmung der schwierigen Aufgabe, die wir hier alle gemeinsam zu bewältigen haben.
Ich möchte auf ein kurzes Beispiel hinweisen, das die Anwendung, Abgabe und Verschreibung von Arzneimitteln im geltenden Recht anschaulich macht und auf das beschränkt ist, was nach den Regeln der tierärztlichen Wissenschaft gerechtfertigt ist. Dies bedeutet, dass kein weiteres Gesetz eine Minimalisierung dieses Arzneimitteleinsatzes vorschreiben kann, es sei denn, es ziele darauf ab, die Tiere leiden zu lassen mit der Folge, dass dann von solchen Tieren, die in der Behandlung nicht zum Zug kämen, entsprechend Lebensmittel gewonnen würden. Das heißt, die Minimalisierung des Arzneimitteleinsatzes ist unter den jetzigen rechtlichen Gegebenheiten bereits gewährleistet und nach wie vor sehr wichtig.
Wir möchten nicht durch ein Zuviel an Arzneimitteln gesunde Tiere haben, sondern durch die tierärztliche Kunst und natürlich auch durch die Akzeptanz der Landwirtschaft für diese tierärztliche Kunst. Nur mit dem entsprechenden Wissen aus Studium und Praxis können wir den Arzneimitteleinsatz minimieren, nicht aber den Gesetzentwurf ohne genaue Prüfung seiner einzelnen Regelungen überstülpen lassen.

Ich habe keine Lust, als Tierarzt Aufnahmen von Tieren zu kommentieren, die krank und leidend sind, nur weil ich Arzneien nicht verabreichen durfte, obwohl dort im Zweifel auch die Haltungsbedingungen und das Stallmanagement nicht stimmt. Der Tierarzt hat die Tiere so zu behandeln wie er sie vorfindet. Verbesserungen der Tierhaltungen, wenn sie denn erforderlich sind, sollten bewirkt werden. Dies ist aber nicht Sache des Arzneimittelgesetzes, sondern die anderer Gesetze und Verordnungen. Unbestritten besteht auch hier Handlungsbedarf, aber die Therapie erkrankter Tiere muss uneingeschränkt unter Wahrung der Antibiotikaleitlinien möglich sein.

Dr. Martin Schneidereit: Lassen Sie mich zunächst eine Vorbemerkung machen. Wir haben diesen Gesetzentwurf als Bundesratsentwurf zugestellt bekommen und vor sechs Tagen eine Synopse der Regierungskoalition hierzu erhalten. Von beiden Dokumenten bin ich nicht überzeugt, dass sie einfach verabschiedet werden könnten.
Es gibt einige Ungereimtheiten und wir haben in der Kürze der Zeit bei einer oberflächlichen Prüfung in der Synopse nicht alles das wiedererkennen können, was in der Stellungnahme der Bundesregierung angesprochen war.
So ist z. B. das Strecken und Verdünnen der Fertigarzneimittel doch nicht so in einen Paragraphen aufgenommen worden, wie es uns nach erster Prüfung erschienen ist. Wenn das so ist, ist mein Kommentar zu dieser speziellen Frage überholt und ich habe einen neuen Kenntnisstand. Man muss aber zunächst den Gesetzentwurf sehen um zu überblicken, was dabei rauskommt.
Unsere Unternehmen und die Industrie arbeiten sehr nachdrücklich nach dem Prinzip, Fertigarzneimittel in hoher Qualität und Wirksamkeit auf den Markt zu bringen. Der Begriff, Herstellung durch den Hersteller, Behandlung durch den Tierarzt, sollte deshalb durchgängig im Arzneimittelgesetz seinen Niederschlag finden. Dies tut er auch und im vorliegenden Gesetzentwurf sind hierzu Verbesserungen erwirkt worden. Ich möchte trotzdem auf zwei oder drei Punkte eingehen, bei denen ich Fragezeichen habe.
Die §-13-Herstellung durch die Mischfutterhersteller - also die sog. Herstellung auf Verschreibung durch die Mischfutterindustrie - wird nur dann funktionieren können, wenn es der Industrie möglich ist, mit gangbaren Sicherheitsanforderungen arbeiten zu können. Ansonsten wird dieser sehr sichere Weg der Fütterungsarzneimittelherstellung weiter austrocknen. Auch der Punkt der vorsieht, mehrere Arzneimittelvormischungen einmischen zu können in ein Fütterungsarzneimittel bedarf meines Erachtens nochmals der Überprüfung. Hier sollte geprüft werden, ob die Hürden wirklich so gelegt sind, dass das Primat der Zulassung einer Vormischung pro Fütterungsarzneimittel tatsächlich optimal erreicht wird.
Ein zentraler Punkt unserer Industrie ist die vorgesehene Änderung der Mitteilungspflicht in § 47 des Entwurfs. Hier möchte die Bundesregierung eine Erweiterung der Mitteilungspflichten vom Hersteller an den Tierarzt, und zwar über sämtliche Liefermengen eines Jahres etablieren, um ein flächendeckendes quantitatives Mengenerfassungssystem für Antibiotika einzuführen. Wenn dies der Grund ist, wird sich die Industrie einem solchen quantitativen Erfassungssystem nicht verschließen, aber ein solches System muss inhaltlich aussagefähig und für die Industrie finanziell tragbar sein und es muss alle Sektoren und Faktoren einbeziehen, die für ein solches System notwendig sind.
Ich glaube nicht, dass die ursprüngliche Begründung des Bundesrates zutrifft, dass man mit strengeren Meldepflichten Überwachungsdefizite vermeiden oder ersetzen kann. Aus unserer Erfahrung würde dies nicht funktionieren. Wir müssen deshalb zu einem System kommen, das die Mengen regional so erfasst, dass die Wissenschaft wirklich Resistenzaussagen machen kann, wofür einige Faktoren notwendig sind.

Wir, als Industrie, können nur die Mengen erfassen, die an die einzelne Tierarztpraxis, also an die Region geht. Dies geht aber nicht stallgenau, denn die Tierärzte fahren zum Teil 20, 30 oder 40 km. Darum brauchen wir weitere Erfassungsstufen, die weitere und zusätzliche Informationen bieten. Hier müssen auch die öffentlichen Apotheken eingebunden werden, um neue Umgehungswege zu verschließen. Last not least machen solche Resistenzmonitorings nur Sinn, wenn sie auch vergleichend mit der Humanmedizin erhoben werden können. Also brauchen wir im Arzneimittelgesetz auch eine entsprechende Erfassungsstufe für diese Arzneimittel.

Dr. Karl-Heinz Simon: Der Gesetzentwurf wird mit sehr vielen, zum Teil groben Verstößen begründet und unser Verband ist im Gegensatz dazu der Auffassung, dass dem in der Vergangenheit nur von wenigen Tierärzten begangenen vorsätzlichen und wiederholten Verstößen gegen arzneimittelrechtliche Vorschriften der sorgfältige Umgang der überwiegenden Mehrzahl der Tierärzte mit ihrem Dispensierrecht gegenübersteht. Hieraus leitet sich nach unserer Auffassung auch ab, dass ein zeitgemäßes Anforderungsprofil durch das Tierarzneimittelneuordnungsgesetz berücksichtigt und erkennbar werden muss. Hierzu möchte ich aus der Vielzahl Ihrer Fragen, die wir beantwortet haben, drei bis vier Einzelprobleme wenigstens schlagwortartig fixieren.
Das ist einmal die notwendige schnelle Verfügbarkeit von Tierarzneimitteln aus der tierärztlichen Hand, die bei einem hohen Infektionsdruck das Gebot der Stunde ist. Das schließt nach unserer Auffassung auch die sachgerechte Verdünnung von Arzneimitteln ein, wenn keine geeigneten Konzentrationen zur Verfügung stehen. Eine besondere Problematik ergibt sich bei der Umwidmung von Tierarzneimitteln, besonders dann, wenn sie durch den Tierhalter angewandt werden dürfen.
Ein Wort zur tierärztlichen Klientel im Klein- und Heimtierbereich. Das im vorliegenden Gesetzentwurf dominierende Denken, generelle Verbote könnten auftretende Missstände unterbinden, trifft alle im Kleintiersektor tätigen Tierärzte unverhältnismäßig. Wenn man bedenkt, dass mehr als die Hälfte aller Phamazeutika, die von Herstellern und Vertreibern verkauft werden, an nicht Lebensmittel liefernden Tieren eingesetzt und angewandt werden.
Im Kleintiersektor kommt hinzu, dass der Kunde den Kleintierarzt mit der Sofortmedizin im Humanbereich vergleicht, und hier ist die Medikamentenbereitstellung etwa im Krankenhaus oder durch die Krankenschwester möglich. Therapeutisch notwendiger und sinnvoller Medikamenteneinsatz in der Tierarztpraxis oder Klinik wird aber in bestimmten Fällen, die im Gesetz vorgesehen sind, verweigert, so dass z. B. die ausgebildete Tierarzthelferin umgewidmete Arneimittel nicht anwenden darf. Dies sind Punkte, die unbedingt überdacht werden müssen.
Ein Wort zur Verfügbarkeit von zugelassenen Arzneimitteln. Wir alle wissen, dass die zugelassenen Arzneimittel erheblich rückläufig sind, dass es vor allem für seltene Spezies, wie die sog. minor species kaum zugelassene Arzneimittel gibt. Stichworte sind hier Fisch, Bienen, Kaninchen oder Ziegen, so dass die Problematik der Umwidmung immer mehr in den Vordergrund treten wird. Hier muss bei der Reglementierung, die ansteht, der ganze Sektor in aller Breite überdacht werden.
Gestatten Sie noch ein Wort zur Kontrolle. Wir alle wissen, dass der Verbraucher nach rückstandsfreien Lebensmitteln aus tierischer Herkunft ruft. Der Staat muss also kontrollieren, auch wenn bewiesen ist, dass eine vollständige Kontrolle nicht funktioniert, wobei durch QS nunmehr Gott sei Dank eine Linie erkennbar wird, dass durch die freiwillige Kontrolle und Qualitätssicherung der konventionellen Landwirtschaft sich ein synergetischer Effekt ergeben könnte, indem man staatliche Kontrollen mit gesetzlich notwendigen Kontrollen verbindet. Dies würden wir als einen Weg sehen, um nicht immer von der Kontrolle abzulenken, die nicht möglich sein wird, aus Sicht der bisherigen Kontrollorgane.
Der Bundesverband der Tierärzte befürwortet tierarzneimittelrechtliche Änderungen, weist aber auch an Hand der von mir aufgezeigten Problematik darauf hin, dass mit so rigiden einseitigen Verbotsregelungen wieder neue Gesetzesverstöße provoziert werden würden.
Ein Wort noch zur verfassungsrechtlichen Situation. Es bestehen offensichtlich erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Gesetzentwurf, die sich insbesondere auf den Entzug der Erlaubnis zur Herstellung von Arzneimitteln im Therapienotstand und auf den Komplex der tierärztlichen Hausapotheken beziehen. Einen Tatbestand in diesem Zusammenhang möchte ich herausgreifen. Beim Entzug der Approbation werden an den Tatbestand höhere Anforderungen gestellt als jetzt an den vorgesehenen Entzugstatbestand der Hausapothekenbetriebserlaubnis.
Faktisch jedoch kommt der Entzug der Betriebserlaubnis einem Berufsausübungsverbot im Hinblick auf die tierärztliche Praxis gleich. Wirtschaftlich wäre der Tierarzt damit so gestellt, als wenn ihm die Approbation entzogen ist, die er im Normalfall nach Ablauf von fünf Jahren aus verfassungsrechtlichen Gründen wieder erwerben kann. Hier ist also sicherlich Handlungsbedarf notwendig.
Nachdem die Resistenzen und die Antibiotika eine zentrale Rolle spielen, möchte ich hier nur noch zwei Zahlen und Fakten wiedergeben. Wenn wir den Antibiotikaeinsatz im human- und tierärztlichen Bereich vergleichen, so gibt es zwei Zahlen aus den Jahren 1997 und 1999. In diesem Zeitraum hat sich der Einsatz von antibiotischen Futterzusatzstoffen um 50 % reduziert. In der behandelnden Tiermedizin hat sich der Antibiotikaeinsatz leicht reduziert und im Humanbereich ist er im gleichen Zeitraum über 10 % gestiegen. Es ist außerdem festzustellen, dass die eingesetzten Mengen im Humanbereich um das Doppelte höher liegen, als die im Veterinärbereich.

Der Vorsitzende: Ich bedanke mich für Ihre Statements und das Einhalten der verabredeten Zeit und habe jetzt einige Wortmeldungen für die erste Fragerunde.

Abg. Kersten Naumann: Wie schätzen Sie die Probleme des Bezuges von Arzneimitteln deutscher Landwirte auf dem europäischen Binnenmarkt ein und sind durch die Änderungen des vorliegenden Gesetzentwurfs des Bundesrates gegenüber geltendem Recht die Hürden für einen illegalen Bezug hoch genug, oder wird es eher zu einer Zunahme der schwarzen Schafe kommen?
Ferner würde mich die Zusammensetzung der vorgesehenen Kommission für die Erarbeitung der Antibiotika-Richtlinie interessieren.
Ich bitte Sie ferner um Ihre Einschätzung, wie Sie die Auswirkungen des Gesetzentwurfs hinsichtlich der Forderung nach mehr Aus- und Fortbildung und effizienteren

Kontrollen sehen. Vielleicht kann mir auch jemand erklären, was es mit der Veti-Data-Akademie auf sich hat.

Abg. Ulrich Heinrich: Mir ist aufgefallen, nachdem hier massive verfassungsrechtliche Bedenken von Herrn Dr. Simon vorgetragen wurden, dass wir bei der Auswahl der Sachverständigen einen hier wichtigen juristischen Sachverstand nicht eingeladen haben. Insoweit fehlt für diese Frage ein kompetenter Ansprechpartner, so dass wir die Klärung dieser Frage noch nachholen müssen, denn sie ist für mich sehr wesentlich. Wir haben in der Vergangenheit leider wieder feststellen müssen, dass durch sehr schnelle Gesetzgebungsverfahren die Sorgfältigkeit in solchen Dingen darunter gelitten hat. Aber nun zu meinen Fragen.
Meines Erachtens sind drei Bereiche anzusprechen. Erstens, welche Auswirkungen hat der Gesetzentwurf auf die Wirtschaftlichkeit im Anwendungsbereich der Tierärzte und der Industrie? Zweitens, wird der Verbraucherschutz durch dieses Gesetz erhöht und ggf. in welchen signifikanten Merkmalen? Drittens, welche Auswirkungen ergeben sich im Hinblick auf den Tierschutz?
Dazu an Dr. Schneichel, der als einziger die Frage des Tierschutzes angesprochen hat die Bitte zu erläutern, in welchem Zusammenhang die postulierten Beeinträchtigungen zu sehen sind. Spielt hierbei die Sieben-Tage-Regelung eine Rolle und währe dieser Schaden durch eine andere Fristenregelung zu beheben?
Die zweite Frage betrifft die QS-Situation. Herr Dr. Simon, Sie haben hier die Hoffnung geäußert, es könnten Synergieeffekte entstehen, die die Zusammenfassung und Bündelung staatlicher und privater Kontrollen bewirken könnten. Inwieweit kann das QS-System auf Grund der lückenlosen Dokumentationspflicht gewisse Dinge von vornherein erledigen, die jetzt in diesem Gesetzentwurf geregelt werden sollen. Diese Frage geht auch an den Bauernverband.
An Herrn Schneidereit und Herrn Dr. Simon die Frage, was bedeutet es eigentlich, wenn wir hier strenge Regelungen nach Maßstäben für Lebensmittel liefernde Tiere verabschieden würden, obwohl, wie wir gerade gehört haben, 50 % der Arzneimittel im Bereich der nicht Lebensmittel liefernden Tiere angewandt werden.

Abg. Albert Deß: Ich war bis 1996 Rinderhalter, bis der Betrieb aufgegeben werden musste, und hatte über 100 Stück Vieh im Stall, und ich hatte überhaupt kein Problem, ebenso wie meine Berufskollegen, den Einsatz von Tierarzeneimitteln sauber zu dokumentieren. Dies habe ich im übrigen freiwillig und aus eigenem Interesse getan, weil es seinerzeit gesetzlich nicht vorgeschrieben war, um nachvollziehen zu können, welche Behandlungen erfolgreich waren und welche nicht. Jetzt aber zu Ihnen, Prof. Dr. Kietzmann.
Ich kann Ihre Aussage hier so nicht stehen lassen. Wenn Sie pauschal die Anklage erheben, die Bauern würden mehrere Tierärzte nehmen um an möglichst viele Tierarzneimittel heranzukommen. Es ist ein absoluter Schmarren, so etwas in einer öffentlichen Anhörung zu erzählen. Ich habe deswegen drei Tierärzte gehabt, weil auch bei diesen das Fachwissen sehr unterschiedlich ist. Wenn ich sehe, dass in der Humanmedizin manchmal sieben oder acht Ärzte aufgesucht werden müssen, bis ein Arzt erkennt, welche Krankheit der Patient hat und wenn ich selbst fünf Jahre einer Cortison-Behandlung unterzogen war, bis der Arzt gemerkt hat, dass diese Behandlung vollkommen falsch ist, das Cortison abgesetzt hat und ich heute wieder gesund bin, dann kann ich nur sagen, so viel Blödsinn habe ich in der Tierarzneimittelmedizin noch nicht erlebt. Da müssten sich Humanmediziner zunächst mal anschauen, ob sie nicht selbst 30 bis 40 % der Antibiotika einsparen könnten, wenn sie zutreffende Diagnosen stellen würden.
Ich möchte hier die Frage stellen, wie sich der Zusammenhang erklärt, dass in der Tiermedizin wesentlich weniger Antibiotika eingesetzt werden als in der Humanmedizin. Ferner bitte ich Frau Dr. Idel um ihre Einschätzung, wie sie das Problem sieht, das jetzt Millionen von Deutschen in die ganze Welt ausschwärmen, dort Lebensmittel essen, die überhaupt nicht nach deutschen Gesetzen hergestellt werden und deren Konzentration an Arzneimittelrückständen möglicherweise das Maß überschreiten, das in den übrigen 11 Monaten in Deutschland zusammenkommt. Können sich nicht auch auf Grund dieses Umstandes Resistenzen entwickeln?
Was die Nachvollziehbarkeit anbelangt, lassen Sie mich auf Folgendes hinweisen: Ich bin Vorsitzender einer Genossenschaft und wir verkaufen im Jahr 150.000 Tonnen Butter, Käse und Lebensmittel. Wir können über die EDV heute für zwei, drei oder fünf Jahre exakt nachvollziehen, wo welche Mengen gelandet sind. Und wenn die Verbraucher mit Kreditkarte einkaufen würden, könnten wir auch die Namen derer noch feststellen, die die Lebensmittel erworben haben. Hier ist, so glaube ich, die Industrie gefragt, ihr System im EDV-Bereich aufzubauen, so dass man aufs Gramm genau feststellen könnte, wo die jeweiligen Mengen hingegangen sind. So könnte meines Erachtens der Missbrauch massiv eingedämmt werden.
Zum Schluss noch eine Frage, zu der ich gern eine Wette anbieten würde. Bis heute Abend habe ich eine Tasche voll Antibiotika aus der Humanmedizin aus Berliner Apotheken, wenn ich dies gerne möchte. Was gedenken Sie hier zu tun, um so etwas in Zukunft zu vermeiden? Werden Apotheken dann auch zugesperrt, wenn Antibiotika abgegeben werden, ohne dass entsprechende Verschreibungen vorgelegt wurden?

Abg. Peter Bleser: Mich wundert zunächst einmal der Dissens zwischen der Bundestierärztekammer und der Landestierärztekammer, der hier eklatant ist. Wenn das in einem Berufsverband vorkommt, muss man sich fragen, ob man schon abgehoben ist oder noch Praxiskenntnis für sich in Anspruch nehmen kann. Selbstverständlich muss alles dafür getan werden, damit Resistenzen verhindert werden und dass der Gesundheitsschutz das höchstmögliche Niveau erreicht. Nur frage ich mich, ob man mit noch mehr Papier und noch mehr Dokumentation dieses Ziel erreichen kann oder ob es nicht besser ist, mit der Kontrolle des Fertigproduktes oder mittels vorhergehender Stichkontrollen dem Problem Herr zu werden. Dann hat man nämlich ganz konkrete Aussagen.
Als Praktiker habe ich an Herrn Dr. Schneichel eine Frage. Wenn ich auf meinem Hof drei Tierärzte bestelle, die voneinander nichts wissen und partout gegen das Gesetz verstoßen will, und jeder dieser Tierärzte verschreibt mir für sieben Tage Medikamente, dann bin ich doch jederzeit in der Lage, diese Medikamente später rechtswidrig einzusetzen, wenn die Bevorratung entsprechend war. Damit wird man also dem Problem nicht Herr werden. Hierzu hätte ich gerne eine Erläuterung, ob dies tatsächlich eine Verbesserung der Praxis wäre.
Die zweite Frage an Sie zielt auf die Behandlung von Mehrfacherkrankungen, z. B. Husten und Durchfall. Wie sehen die Möglichkeiten nach dem Gesetzentwurf zur Dosierung von einzelnen Arzneimitteln aus? Gibt es hier Einschränkungen oder gibt es aus Ihrer Sicht keine besonderen Veränderungen gegenüber dem jetzigen Gesetzeszustand?
Alle Sachverständigen haben darauf hingewiesen, dass ein großer Unmut vorhanden ist, dass dieses Gesetz jetzt noch durch den Deutschen Bundestag gepeitscht werden soll. Ich habe natürlich Verständnis dafür, dass man glaubt, im Herbst keine Gelegenheit mehr dazu zu haben. Dem Berufsstand ist es aber nicht zuzumuten, dass man mit diesen jetzt noch weiter verschärften Vorgaben dem eigenen Bürokratius noch einmal frönt und letztlich, das ist das Schlimme dabei, dem Verbraucher keinen Gefallen tut. Er fühlt sich nicht einmal sicherer, sondern es entstehen lediglich Kosten und Wettbewerbsverzerrungen, die dem Anspruch auf höherwertige Nahrungsmittel leider nicht gerecht werden.

Der Vorsitzende: Meine Frage geht an Prof. Göbel und Prof. Kietzmann. Herr Prof. Göbel, was Sie gesagt haben, ist nachzuvollziehen. Aber wo finden Sie entsprechende Regelungen in diesem Gesetzentwurf oder in der Synopse der Koalitionsfraktionen, die Ihnen die Möglichkeiten eröffnen, die Sie einfordern?
Auch an Sie die gleiche Frage, Herr Prof. Kietzmann. Sie haben Resistenzen und fehlerhafte Medikationen angesprochen sowie die Untersuchungen in Schleswig-Holstein. Werden diese durch den vorliegenden Gesetzentwurf verhindert? Das, was angesprochen ist, betraf fehlerhaftes Handeln, das auch bisher nicht gesetzeskonform war. Eine Gesetzesänderung kann sich aber nicht auf das fehlerhafte, also gesetzeswidrige Handeln beziehen, sondern die Änderung soll bewirken, dass gesetzeskonformes Handeln verändert wird. Wir können schließlich auch einen Mord nicht verhindern, obwohl er gesetzlich verboten ist.
Ich habe jedenfalls noch nicht begriffen, wie denn durch das neue Gesetz fehlerhaftes Handeln, wie es auch von Ihnen sicherlich richtigerweise angeführt worden ist, verhindert werden kann.
Sie haben auch darauf hingewiesen, dass Tierärzte Medikamente an Landwirte abgeben, die dann von diesen Landwirten angewendet werden. Gehen Sie davon aus, dass Landwirte eine wesentlich schlechtere Ausbildung haben als Tierärzte und nicht in der Lage sind, Tierarzneimittel anzuwenden, wohl gemerkt, nicht zu verschreiben, sondern anzuwenden und dies auch über einen längeren Zeitraum als sieben Tage in Ihrem Betrieb zu managen?
Ich will dabei auch darauf hinweisen, dass vieles von dem, was wir als Fehlverhalten diskutieren und was Anlass für die Änderung des Tierarzneimittelgesetzes gewesen sein mag, nicht das Fehlverhalten von Landwirten betrifft, sondern zu einem großen Teil Fehlverhalten von Tierärzten gewesen ist.
Frau Dr. Idel, Sie haben von Intensivtierhaltung gesprochen. Ich habe den Eindruck, dass auf den Betrieben, auf denen intensiv Tiere gehalten werden, weniger Probleme mit Tierschutz und falscher Anwendung von Medikamenten bestehen, als in den Betrieben, wo konventionell extensiv gehalten wird. Dies entspricht jedenfalls der Erfahrung aus meinem Wahlkreis. Wenn sich dort der Tierschutz einschalten muss, dann sind dies in der Regel nicht die intensiv bewirtschafteten Betriebe.
Die zweite Frage betrifft die Untersuchung aus dem Haus Düsse und Untersuchungsergebnisse aus Dänemark, wo über die Mortalität von in ökologischen und in konventionellen Betrieben berichtet wird, die um das Dreifache höher sind oder die Sterblichkeit bei Ferkeln, die bei Untersuchungen im Haus Düsse dokumentiert sind. Geht es hier nicht auch um Fragen des Tierschutzes, wenn es um die Medikamentation geht?
An Herrn Dr. Schneichel eine Frage zu den Brieftauben, deren Medikation im Entwurf des Bundesrates noch nicht enthalten ist, die aber von den Regierungsfraktionen offenbar mit in die Neuregelung einbezogen werden sollen. Es wird meines Erachtens Gründe gegeben haben, warum der Bundesrat die Brieftauben in § 60 Absatz 1 herausgenommen hat und ich möchte dies im Rahmen dieser Anhörung gerne dokumentiert haben.
Meine letzte Frage betrifft die Standardzulassungen, die wir in einigen Bereichen, in denen keine Tierarzneimittel zur Verfügung stehen, haben. Sind Standardzulassungen von Medikamenten eine Frage, die in diesem Gesetz geregelt werden, oder gibt es hier irgendwelche Vorschriften, die dieses verhindern können?

Abg. Jella Teuchner: Wir wollen heute hier die Sachverständigen anhören, wenn allerdings denen die Möglichkeit gegeben wäre, auch Abgeordnete zu befragen, könnte man natürlich schon fragen, wie Bayern sich im Bundesrat verhalten hat, als das Gesetz eingebracht wurde. Von daher ist die Kritik etwas an den Haaren herbeigezogen.
An die Bundestierärztekammer zur Häufigkeit von Kontrollen die Frage, wird das Gesetz dem Anspruch der besseren Kontrolle gerecht und wie ist die Frage der Hofmischungen aus Sicht der Bundestierärztekammer zu sehen?
Herrn Dr. Göbel möchte ich fragen, wie die von ihm angesprochene bessere Koordination und Vorbeugung vonstatten gehen soll? Die Kontrolle ist Aufgabe der Länder, was also ist in den Ländern notwendig, um die Kontrollen zu verbessern? Ferner haben Sie ausgeführt, die Landwirtschaft trage zu Resistenten bei. Ich bitte Sie, näher auszuführen, wie Sie die Frage der Resistenzen aus Ihrer Sicht sehen.

Prof. Ungemach, Bundestierärztekammer: Zur Frage, wie die Antibiotika-Expertenkommission zusammengesetzt sein soll, kann ich Folgendes sagen: Die jetzige Expertengruppe, die die Antibiotika-Leitlinien entwickelt hat, hat sich aus Vertretern der Bundestierärztekammer und der Arbeitsgemeinschaft der Leitenden Veterinärbeamten zusammengesetzt. Ferner waren Mikrobiologen, Praktiker und andere externe Sachverständige Mitglied dieser Gruppe. Diese Gruppe existiert auch heute noch, sozusagen auf Abruf, wenn eine Änderung der Antibiotika-Leitlinien erforderlich werden sollte.
Nach den Vorstellungen der Bundesregierung sollte, wenn ich das richtig verstanden habe, eine neue Kommission geschaffen werden, wenn die Leitlinien Rechtsverbindlichkeit erlangen. Genaue Informationen über die Vorstellung der Bundesregierung liegen mir allerdings nicht vor. Die Bundestierärztekammer hat in diesem Zusammenhang immer gesagt, geeignet wäre ein Gremium, das heute schon existiert, die sog. Kommission F, die nach dem Arzneimittelgesetz schon festgelegt ist für die Zulassung von Tierarzneimitteln. Hier bedürfte es allenfalls einer Erweiterung um wenige Experten, um eine geeignete Kommission zu schaffen. Das ist mein Kenntnisstand zu einer solchen Expertengruppe.
Dann wurde eine Frage zu Veti-Data gestellt. Hierbei handelt es sich um ein Beratungssystem, das in meinem Institut an der Universität Leipzig im Zusammenhang mit dem Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin derzeit aufgebaut wird. Es ist entstanden auf Wunsch der Bundestierärztekammer und von Seiten des Bundesverbandes der praktischen Tierärzte, um den Tierärzten bei allen Fragen zur sachgerechten Anwendung von Tierarzneimitteln Rat zu geben.

Speziell geht es um Beratung zur Wirkung von Arzneimitteln, zu Nebenwirkungen und zum richtigen Aussuchen von Arzneimitteln und zu arzneimittelrechtlichen Fragen. Es handelt sich um einen vorwiegend elektronischen und telefonischen Beratungsdienst, der heute schon zur Verfügung steht.
Zur Frage nach den Standardzulassungen ist zu sagen, dass diese im § 36 des Arzneimittelgesetzes vorgesehen sind und es gibt einige Standardzulassungen speziell für Fische. Das Problem der Standardzulassung liegt in dem sehr langwierigen Verfahren, das in Zusammenarbeit der BGVV und dem Bundesinstitut für Arzneimittel laufen muss und unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass dieses Instrument der Standardzulassung sehr sehr schwerfällig arbeitet.
Wir haben z. B. bereits 1998, als sich durch die Rückstandshöchstmengenverordnung mögliche Therapielücken abzeichneten, den Standardszulassungsausschuss gebeten, einige Standardzulassungen für wichtige Arzneimittel zu machen, für die sich kein Hersteller zu interessieren scheint. Es ist aber bis heute nichts Wesentliches passiert. Die Zeit zeigt, wie lange solche Standardzulassungsverfahren brauchen.
Zur Hofmischung ist zu sagen, dass dies ein Begriff ist, den es im Arzneimittelgesetz so nicht gibt. Dies ist ein Terminus, mit dem man beschreibt, dass Arzneimittel als Vormischung oder als Arzneimittel selbst in das betriebseigene Futter eingemischt werden. Dieser Vorgang ist insofern vom Arzneimittelgesetz abgekoppelt, als nach der Einmischung nichts mehr in Verkehr gebracht wird.
Diese Hofmischung wird im herkömmlichen Sinne weiter möglich sein. Es wird auch nach der Neuregelung möglich sein, Tiere im Bestand über das Futter auch im Akutfall mit Arzneimitteln zu versorgen. Dies gilt jedenfalls, so lange zur oralen Verabreichung zugelassene Arzneimittel verwendet werden. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Arzneimittelvormischungen ausschließlich für Fütterungsarzneimittel verwendet werden können und damit auch nicht mehr in die Hände des Tierhalters gelangen. Also wäre es in Zukunft nicht mehr möglich, eine Arzneimittelvormischung in das Futter durch den Tierhalter einmischen zu lassen. Dies ginge nur noch in den pharmazeutischen Betrieben. Das Problem, das hierbei immer wieder diskutiert wurde war, dass einige Arzneimittel verloren gehen würden, die heute verwendet werden.

Der Vorsitzende: Dieses hat natürlich für den landwirtschaftlichen Betrieb erhebliche steuerliche Konsequenzen, weil dann der volle Steuersatz von 16 % für die gesamte Mischung zu bezahlen ist. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass hier Mehrbelastungen auftreten, denn bisher zahlt der Landwirt nur den halben Steuersatz auf die Vormischung.

Prof. Dr. Ungemach: Ich wollte dies nicht von der steuerlichen Seite betrachten, sondern unter arzneimittelrechtlichen und Arneimittel-Sicherheitsgesichtspunkten, und zwar auch unter dem Aspekt der tierschutzgerechten Versorgung. Hier kann ich kein Problem erkennen, denn es gibt eine ausreichende Palette von zugelassenen Arzneimitteln zur oralen Verabreichung an Nutztiere.
Nach Auskunft des BGVV wurden die Zulassungen getrennt, so dass wir jetzt getrennte Arzneimittelvormischungen, die ausschließlich zur Herstellung von Fütterungsarzneimitteln zu verwenden sind, und eine ganze Reihe von oral zu verabreichenden Arzneimitteln haben, die direkt über das Futter im Betrieb eingesetzt werden können. Danach ist nicht zu erwarten, dass unter therapeutischen oder tierschutzrechtlichen Aspekten eine Lücke in der Versorgung auftreten wird.

Abg. Kersten Naumann: Eine Nachfrage zu der angesprochenen Akademie. Es handelt sich also um eine staatliche Akademie, bei der Tierärzte unentgeltlich u. a. über das Internet Informationen bekommen können.

Prof. Dr. Ungemach: Es wird zur Zeit ein nicht Profit orientiertes Beratungssystem an der Universität Leipzig zusammen mit dem Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz aufgebaut. Es wird allerdings auf Dauer nicht möglich sein, diesen Dienst völlig kostenneutral anzubieten. Dies kann unser Institut nicht leisten. Es ist daher beabsichtigt, für diesen Beratungsdienst eine Gebühr von etwa 30 Euro pro Jahr einzuführen.

Präsident Prof. Dr. Pschorn, Bundesärztekammer: Es ist noch die Frage offen, wie sich der neue Gesetzentwurf auf die Kontrollen auswirkt. Es ist darauf hinzuweisen, dass der Vollzug, also die Kontrollen durch die Länder zu bewerkstelligen sind, der Gesetzentwurf nur insofern auf die Kontrollen wirken kann, dass er entsprechende Voraussetzungen schafft. Die Bundestierärztekammer ist der Auffassung, dass wesentliche Verbesserungen in dem vorliegenden Gesetzentwurf oder auch in der Synopse der Regierungskoalition enthalten sind, die die Voraussetzungen für effektive Kontrollen durch die Länder verbessern. Letzten Endes hängt aber der Erfolg der Kontrollen auch von der Bereitschaft der Länder ab, die diesjährigen Defizite, seien sie technischer oder personeller Art, zu beseitigen. Diese Frage kann allerdings der Gesetzentwurf direkt nicht beeinflussen.

Dr. Richard Bröcker, Deutscher Bauernverband: Es ist nach dem Qualitäts- und Sicherungssystem kurz QS gefragt worden. Dieses Qualitätsssicherungssystem soll übergreifend über alle Stufen von der Futtermittelwirtschaft bis zum Lebensmittelhandel in Zukunft für die konventionelle Produktion greifen. In diesem Zusammenhang wird auf der landwirtschaftlichen Stufe, neben der schon seit einem halben Jahr geltenden Dokumentation für Arzneimittel, dem gesetzlich vorgeschriebenen Bestandsbuch, gefordert, dass jeder Landwirt bzw. Tierhalter einen Betreuungsvertrag mit einem Tierarzt nachweisen muss. Gemeint ist tatsächlich ein Tierarzt und nicht mehrere. Dies schließt natürlich nicht aus, dass man in Absprache mit dem betreuenden Tierarzt für entsprechende Fragen Spezialisten hinzuzieht. Entscheidend ist also der Abschluss eines Betreuungsvertrages mit einem gesamtverantwortlichen Tierarzt für die Betreuung des Tierbestandes.
Vor diesem Hintergrund denke ich, dass man auch die Sieben-Tage-Regelung des vorliegenden Entwurfs in Zusammenhang mit einem solchen Betreuungsvertrag auch erweitern kann. Hier sind auch bereits andere Zahlen im Raum, die Bundesregierung schlägt jetzt 28 Tage vor. Dann sollte man sich zumindest auch im europäischen Umfeld umsehen, denn z. B. die Dänen haben eine Regelung bis 35 Tage. Hier wären aus unserer Sicht in Verbindung mit einem solchen Betreuungsvertrag Lösungen denkbar.
Dabei ist bei zu kurzen Fristen zu bedenken, dass der eine oder andere versucht sein könnte, an dem betreuenden Tierarzt vorbei sich zusätzlicher Mittel zu bedienen. In vielen Fällen ist es zudem auch notwendig, die Behandlung über einen längeren Zeitraum als sieben Tage durchzuführen.
Ich habe bereits eingangs darauf hingewiesen, dass wir das Behandlungsverbot vor Einstallung der Tiere kritisieren. Wenn ich Tiere neu einstalle, den Betrieb gut kenne und die Lage aus der näheren Warte der Tierhalter betrachte, dann ist es eben in manchen Fällen notwendig, dass man eine Prophylaxe betreibt. Dies, mit einem Tierarzt abgesprochen, macht es notwendig, dass man die erforderlichen Medikamente auch zur Verfügung stellt, auch, wenn die Tiere erst zwei oder drei Tage später eingestallt werden. Es ist eine praktische Gegebenheit, an der man sich nicht stoßen sollte. Das Zusammenspiel zwischen Tierarzt und Landwirt solle es zulassen, hierüber noch einmal nachzudenken.
Der Vorsitzende hat gefragt, ob denn Landwirte nicht in der Lage seien, Medikamente ordnungsgemäß einzusetzen. Ich behaupte, dass mancher Spezialist inzwischen so viel aus der Erfahrung heraus weiß, wie mancher Tierarzt, mit dem er zusammen arbeitet. Insofern kann ich getrost sagen, dass die Tierhalter wissen, wie sie mit den Medikamenten umgehen müssen. Insofern ist es auch nicht mit Risiken behaftet, wenn man dem Tierhalter unter der Verantwortung des Tierarztes Medikamente in die Hand gibt.
Noch ein Wort zu den Hofmischungen. Arzneimittelvormischungen im landwirtschaftlichen Betrieb sind, hier müsste man das EU-Recht näher durchforsten, grundsätzlich innerhalb der EU in Frage zu stellen. Insofern kommen wir wohl nicht daran vorbei, dies längerfristig zu verbieten. Hinweisen möchte ich aber auf die Bedenken der Futtermittelindustrie, die Sorge haben, dass die Anforderungen an die Futtermittelhersteller so hoch gehängt werden, dass hier Probleme entstehen.
Es muss aber möglich bleiben, dass die Arzneimittelvormischungen über die Mischfutterindustrie ordnungsgemäß bis in den Betrieb hineinkommen. Prof. Dr. Ungemach hat zu Recht darauf hingewiesen, dass ich natürlich Medikamente vor Ort in das Futter einmischen kann. Ich habe aber von den praktischen Gegebenheiten her Zweifel, ob dies so problemlos geschehen kann. Von der Rechtslage her ist es sicher möglich, von den praktischen Gegebenheiten erscheint es mir fraglich, ob entsprechende Dosiereinrichtungen vor Ort zur Verfügung stehen.
Was die steuerliche Frage anbelangt, trifft es sicher zu, was hier gesagt worden ist. Wenn die Arzneimittel über die Futtermittel eingemischt werden, schlägt sich dies auf das gesamte Futtermittel nieder. Hier wird nicht differenziert in einen Teil Medikament und in den Teil der Futtermittel.

Dr. Norbert Lange, Tierärztekammer Sachsen-Anhalt: Zur Frage von Frau Naumann, ob es möglich ist, so hohe Hürden einzubauen, dass eine illegale Einfuhr von Arzneimitteln nicht mehr möglich ist, bestehen aus meiner Sicht Zweifel, ob dies möglich ist. Im Moment haben wir viele Dokumente, mit denen verfolgt werden soll, wo die Arzneimittel geblieben sind.
Wir haben einen Arzneimittelabgabe- und -anwendungsbeleg, Bestandsbücher und auch seitens der Industrie die Möglichkeit zu sagen, wo die antibiotikahaltigen Arzneimittel hingegangen sind, dann allerdings hört es auf. Dies würde auch reichen, wenn die Kontrollen funktionieren. Wir werden es aber letztendlich nie verhindern können, dass auf Grund der unterschiedlichen Gesetzeslagen auch illegale Einfuhren von Arzneimitteln möglich sein werden. Sowohl die bestehende Rechtslage als auch der vorliegende Entwurf bieten genügend Möglichkeiten zu effektiven Kontrollen.
Die Industrie wird sich aber nicht bis aufs Gramm festlegen lassen können, wo sie ihre Arzneimittel oder Antibiotika gelassen hat. Wir haben bestimmte Vertriebsregeln, die wir nach dem Arzneimittelgesetz einzuhalten haben und die den Weg der Arzneimittel bis zum Tierarzt verfolgen. Dies muss für den Verantwortungsbereich der Industrie auch genügen.
Was die Hofmischungen angeht, würde ich Prof. Ungemach zustimmen, dass es genügend Arzneimittel gibt, die über den oralen Futtermittelweg verabreicht werden können. Wir haben auch noch gar nicht darüber gesprochen, dass ein Großteil auch über die Tränke verabreicht werden kann, obwohl auch dies ein Weg ist, den man nicht aus den Augen verlieren sollte.
Sicher wird es so kommen, dass die Arzneimittelvormischungen an Bedeutung verlieren. Es ist jedoch so, dass der Tierarzt mit einer Rezeptgebühr weniger verdient, als über die Abgabe von Arzneimittelvormischungen. Jedenfalls sind die Möglichkeiten zur Therapie nach wie vor gegeben.
Die Anforderungen, die an die Mischfutterwerke gestellt werden, gleichen letztendlich einem pharmazeutischen Unternehmen. Das wird für das Prämix sicherlich nicht förderlich sein.
Die Brieftaube und die minor species sind eine Sache, die auch der Industrie auf den Nägeln brennt. Wir werden es nicht schaffen, für eine minor species wie etwa Kaninchen, Ziegen oder auch Schafe spezielle Arzneimittel zuzulassen, so dass hier Umwidmungen und Anwendungen von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, die nur für andere Tierarten zugelassen sind, möglich bleiben müssen.

Dr. Anita Idel: Die Frage von Herrn Deß an mich ging davon aus, dass wir in Deutschland die beste Situation hinsichtlich der Tierarzneimittelüberwachung haben und Gefahren dann entstünden, wenn man Deutschland über den Frankfurter Flughafen verlassen habe. Ich denke, wir haben es in Deutschland auch besonders nötig vor dem Hintergrund des Stichwortes Intensivtierhaltung. Ich habe Anlass darauf Bezug zu nehmen, weil ich gerade von einer Recherche aus Namibia zurückgekommen bin und eben auch deshalb das Stichwort Haltungsbedingungen nenne.
Wenn ich mir die Situation der dort gehaltenen Fleischrinder anschaue, wo in der Regel kein Antibiotikaeinsatz stattfindet und man bedenkt, dass dieses Land wesentlich mehr zu verlieren hat, wenn es zu Unregelmäßigkeiten kommt, weil es Zugang zum europäischen Markt hat und Unregelmäßigkeiten von Einzelnen das ganze Land treffen würde, besteht dort ein viel größerer Druck der Produzenten, sich angemessen und gesetzestreu zu verhalten.
Sie, Herr Vorsitzender, haben Ihre Frage an mich mit der Formulierung eingeleitet, Sie hätten den Eindruck, dass es in der konventionellen Tierhaltung geregelter zuginge, als in anderen Haltungsformen. Wir haben hierzu allerdings keine Zahlen und deshalb muss sich hier etwas ändern. Grundsätzlich bin ich so optimistisch davon auszugehen, dass der gute konventionelle Landwirt von heute der gute Ökolandwirt von morgen ist. Uns fehlen allerdings Zahlen, die ich vorhin mit dem Quotienten und dem Umgang mit Arzneimitteln angesprochen habe.
Sie haben das konkrete Beispiel Düsse angesprochen. Hier geht es um den ökologischen Landbau und ich denke, dass sich das Forschungsinstitut für biologischen Landbau zum jetzigen Zeitpunkt nicht hätte vergrößern müssen, wenn nicht Forschungsbedarf bestehen würde, gerade im Bereich des ökologischen Landbaus. Es ist also selbstverständlich so, dass nicht nur im Bereich des konventionellen, sondern auch im Bereich des ökologischen Landbaus Forschungsbedarf besteht. Bei Letzterem bezieht sich das allerdings im Wesentlichen auf Nachholforschungsbedarf infolge fehlender Förderung in der Vergangenheit.
Was die katastrophalen Ferkelausfälle bei Düsse betrifft ist interessant, dass in dem von Düsse selber gegebenen Kommentar gesagt wird, es müsse Änderungen in den Fütterungs- und Haltungsbedingungen geben. Dabei wird überhaupt nicht Bezug genommen auf die Notwendigkeit, in der Zucht etwas zu ändern. Es wird zwar gesagt, mit welchen Herkünften man gearbeitet hat, es wird aber nicht gesehen, dass teilweise der zweite Schritt vor dem ersten gemacht wird, wenn wir in Sachen Haltung und Fütterung Regelungen schaffen, aber die Zucht letztendlich an ganz andere Haltungsbedingungen angepasst war.
Was den Bedarf an Qualitätssicherung betrifft, möchte ich Beispiele ansprechen, von denen ich meine, dass sie im Gesetzentwurf bisher nicht genügend festgeschrieben werden. Zum Beispiel die Frage, welche Antibiotika eingesetzt werden. Die zur Debatte stehende Regelung sagt nur, dass dokumentiert werden muss, was eingesetzt wird und eingesetzt werden kann, was erlaubt ist. Dass ich aber vielleicht schon zu Beginn meiner Therapie mit etwas beginne, was ich vielleicht nur für den Ausnahmefall bereithalten sollte, ist in dem Sinne nicht erfasst. Dies wäre bei der guten Praxis, wie sie bei den Antibiotika-Leitlinien gemeint ist, enthalten, müsste aber tatsächlich im Gesetz festgeschrieben werden.

Der Vorsitzende: Das können Sie doch nicht im Gesetz festschreiben, es ist doch vielmehr Sache des Tierarztes, was er verschreibt.

Dr. Anita Idel: Was ich festschreiben kann, ist die Veröffentlichung dessen, wer, was und mit welchem Erfolg einsetzt. Dabei ist die Veröffentlichung in anonymisierter Form gemeint, in der sich jedoch jeder selbst wiederfinden kann. Das ist dann sowohl eine Qualitätskontrolle für den Betrieb als auch für den Tierarzt.

Der Vorsitzende: Es tut mir Leid, aber das habe ich nicht verstanden. Ich will Ihnen aber gerne die Gelegenheit geben, dies nochmals zu erläutern, denn wir sind hier, um zu erfahren, was machen wir falsch und was machen wir richtig. Ich habe jedenfalls einige Probleme mit dem Gesetzentwurf, denn ich habe das Gefühl, dass wir dort nicht regeln was uns eigentlich bedrückt hat. Und an der Stelle sagen Sie, im Gesetzentwurf solle geregelt werden, welche Antibiotika zuerst eingesetzt werden dürfen.

Dr. Anita Idel: Nicht dürfen, sondern werden. Nochmals zum ersten Punkt, denn dieser ist der Wichtigste. Dieser Gesetzentwurf bietet die Möglichkeit besserer Kontrolle. Deshalb sollte diesem Gesetzentwurf auch zugestimmt werden, weil er einen Graubereich, der sich entwickelt hat, Einhalt bieten kann. Das ist der erste und entscheidende Punkt.
Der zweite Punkt betrifft die Frage, wie ich dazu beitragen kann, dass die verabreichten, veräußerten Antibiotikamengen reduziert werden. Das sollte ein weiteres Ziel sein. Ich gehe nicht davon aus, dass hier das maximal Mögliche getan wird. Hier besteht Handlungsbedarf und es gibt zum Beispiel die Möglichkeit, spartenabhängig für die jeweilige Milch- oder Ferkel- bzw. Fleischproduktion die eingesetzten Mengen zu erheben.
Ich bin davon überzeugt, dass so eine Quotierung auch von Seiten der Landwirte gerne angenommen werden würde, weil man sich dann auch besser selber einschätzen kann, wo man eigentlich steht. Das heißt, dass ich mein gesamtes Tierhaltungsmanagement mit einbeziehe und innerhalb dieses Managements der Einsatz der Antibiotika ein Teil dessen ist.
Dann wird der Betrieb letztendlich besser dastehen, der im vorbeugenden Bereich mehr geleistet hat und nicht nur schnell therapiert, sondern im Vorfeld zur Verhinderung des Auftretens von Krankheiten beigetragen hat. Festgeschrieben werden soll sicherlich nicht, denn das stünde im Gegensatz zur Therapiefreiheit, welches Medikament der Tierarzt einsetzt, sondern die Dokumentation der eingesetzten Medikamente im Vergleich zu anderen Betrieben. Dies ermöglicht eine Vergleichbarkeit der Sparten der jeweiligen Betriebe und der Tierarztpraxen.

Prof. Dr. Dr. Göbel: Herr Vorsitzender, wahrscheinlich haben Sie mit meinen Äußerungen die gleichen Probleme, wie Sie sie eben mit den von Frau Dr. Idel hatten. Zunächst einmal erscheint es mir nicht ganz richtig, wenn man hier polemisiert und wie Sie auch bemerkt haben, ich sage das zu Herrn Deß, man sollte nicht aus den Fehlhandlungen bestimmter Leute ableiten, dass man in gleicher Weise in einem anderen Sektor fortfahren könnte.

Aber nun konkret zu der Frage, die Sie gestellt haben. Ich habe das Gesetz sehr schnell durchflogen unter dem Aspekt, dass es Probleme im humanmedizinischen Bereich gibt und dass wir in der Tat entweder keine oder keine belastbaren Daten haben, um tatsächliche Handlungsrelevanz daraus abzuleiten. Mein Ansatz dabei war die Frage, was würde ich mir denn wünschen, was sollte man tun? Ich muss allerdings zugestehen, dass ich weder fachkompetent bin als Tierhalter und auch nicht fachkompetent bin als Veterinärmediziner. Ich habe mich also laienhaft gefragt, wie man mit den geltenden Dokumentationspflichten oder deren Erweiterung zu belastbaren Daten kommt. Ich räume dabei ein, dass die Kontrolle sicherlich in einem Betrieb mit vielen Rindern oder unterschiedlichen Tieren schwierig ist, aber ich wünsche mir die Zahlen.
Da stellt sich die Frage, abzuwägen zwischen dem Aufwand und den Kosten, die eingesetzt werden müssen, um belastbare Daten zu erhalten. Wie das im Gesetz oder durch Rechtsverordnung im Einzelnen zu lösen ist, das zu beantworten bin ich nicht kompetent. Aber dass Handlungsbedarf besteht, darüber denke ich, besteht Konsens.

Der Vorsitzende: Herr Prof. Göbel, Grundlage der Anhörung ist der Entwurf des Bundesrates, wobei wir wissen, dass die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung geschrieben hat, sie wolle selbst einen Entwurf vorlegen. Dieses ist nicht geschehen, sondern man hat sicherlich aus Zeitgründen die Änderungen in der vorliegenden Synopse zusammengefasst. Wir sind im Konsens, dass das Problem der Antibiotika in der Nahrungskette gelöst werden muss und dass es Möglichkeiten geben muss, dort etwas zu ändern. Dazu gibt es überhaupt keine Diskussion. Frage ist, ob der hier vorliegende Gesetzentwurf das, was Sie gerne möchten, regelt und dazu müssen wir in unserer nächsten Sitzung den Finger heben. Deshalb stellt sich mir die Frage, wird es mit der Neuordnung dieses Gesetzes tatsächlich geregelt oder bietet die bestehende Rechtslage ausreichende Handlungsoptionen?

Prof. Dr. Dr. Göbel: Ich nehme das zur Kenntnis und räume es gerne ein. Sie haben mich aber gefragt, wie in der Kürze der Zeit dazu Stellung zu nehmen ist. Ich möchte dazu einen Vorschlag machen. Ich weiß auch nicht, wie Sie das Problem der Abhandlung in kürzester Zeit regeln können oder regeln wollen. Es gibt aber die Möglichkeit in anderen Ländern, z. B. in Dänemark, ich verweise hierzu auf Danmap 2000, die Erfassung belastbarer Daten anzugehen. Ob die Einführung eines solchen Systems auf der Grundlage geltenden Rechts oder durch eine Änderung zu erreichen ist, vermag ich nicht zu sagen.
Was ich aber sagen kann, ist, dass wir diese Daten brauchen, weil wir sonst immer wieder die Diskussion haben werden, dass wir hier die Spitze eines Eisberges sowie ein biologisches Problem haben. Bei meinen wissenschaftlichen Überlegungen stelle ich jedenfalls immer wieder fest, dass die Datenlage nicht so ist, wie sie sein sollte. Wenn Sie mich nach persönlichen Eindrücken fragen, will ich sagen, dass ich als Humanmediziner erstaunt bin, wenn ich höre, dass da verdünnt werden darf, dass ein hochwirksames Antibiotika im Futter in einer ungeahnten Menge beigemischt werden darf, und solche Medikamente über die Tränke verabreicht werden.
Wir haben zwar auch im humanmedizinischen Bereich Probleme mit den Standards, insbesondere damit, worauf wir die tägliche Feindosis beziehen sollen. Ich habe hierfür keine Lösung, aber ich stelle die Frage. Im Zeichen der Überalterung einer Gesellschaft und einer Multimorbidität der Bevölkerung ist tatsächlich auch der Hospitalaufenthalt und die dort auftretende Selektion ein Riesenproblem. Das ist eine biologische Zeitbombe die tickt.
Ich gebe Herrn Deß davon abgesehen gerne zu, dass in der Humanmedizin erheblicher Handlungsbedarf besteht und ich schäme mich eigentlich für die Humanmedizin, dass wir dort, gerade was den Umgang mit Antibiotika angeht, noch viel zu viel falsch machen.

Prof. Dr. Manfred Kietzmann: Ich möchte versuchen, eine nicht emotionale Äußerung zu der ersten an mich gerichteten Frage, die vier Tierärzte in einem Betrieb betreffend, zu geben. Ich habe nichts dagegen, sondern befürworte es vielmehr, wenn Spezialisten dazugezogen werden, aber was ich meinte und meines Erachtens auch gesagt habe ist, dass es Tierärzte gibt, einige wenige hoffentlich, die überhaupt nicht spezialisiert sind und wenn, einzig und allein auf die manuelle Abgabe von Arzneimitteln. Diesen Tierärzten muss das Handwerk gelegt werden. Da bietet das neue Gesetz sehr wohl einen wunderbaren Anhaltspunkt, denn durch die Beschränkung des Abgabezeitraums erreicht man es beispielsweise, dass Tierärzte, deren Praxisgebiet ganz Deutschland abdeckt, ihr Wesen in der Form nicht mehr fortsetzen können.
Einige Tierärzte versorgen sogar andere Länder mit und diese Tierärzte können nur ein- oder zweimal im Jahr einen Tierbestand besuchen, weil sie es physisch gar nicht schaffen, dort überall zu sein und diese Tierärzte wären dann gezwungen, praktisch jeden Bestand wöchentlich aufzusuchen, was sie nicht erreichen können. Aus diesem Grund ist seinerzeit das Wort täglich in die tierärztliche Hausapotheke aufgenommen worden.
In einem Punkt gebe ich Ihnen allerdings Recht, das Resistenzproblem ist ein globales. Allerdings muss ich hier auch sagen, es war im Fernsehen für jeden Bürger zu sehen, dass wir uns mit den Shrimps die Resistenzen nach Deutschland holen, da ist der wesentliche Punkt die Kontrolle, und zwar die Kontrolle importierter Lebensmittel. Und in diesem Punkt ist leider seitens der Politik überhaupt nicht reagiert worden. Man hat großes Aufhebens gemacht um Chloramphenicol-Rückstände im Fischmehl, hat aber die Shrimps, die in die Humanernährung gehen, überhaupt nicht zur Kenntnis genommen.

Der Vorsitzende: Herr Prof. Kietzmann, jetzt muss ich auch die Regierung hier noch in Schutz nehmen. Denn hier müssen wir uns über die Größenordnung auch mal klar werden. Die Humanmediziner haben hier einen Grenzwert von 40 mg pro Kilogramm Körpergewicht angegeben und wir haben nicht mal 500 mg Chloramphenicol auf dem ganzen Lastwagen gefunden.

Prof. Dr. Manfred Kietzmann: Entschuldigen Sie, aber wir reden hier offensichtlich von verschiedenen Dingen. Ich habe die Monitor-Sendung angesprochen, in der zu sehen war, wie in Thailand schaufel- und kiloweise Norfloxacin und Chloramphenicol in die Shrimpsfarmen geschaufelt wurden.

Der Vorsitzende: Die Shrimps, die ich angesprochen habe, kamen nicht aus Aquakulturen. Das waren Wildfänge.

Prof. Dr. Manfred Kietzmann: Dann reden wir in der Tat von verschiedenen Dingen. Ich wollte Ihnen nur in dem Punkt Recht geben, dass es durchaus ein globales Problem mit Resistenzen gibt. Die Fachtierärzte sollten sich dann allerdings auch bemüßigt fühlen, und das unterlegt wiederum die Untersuchung aus Schleswig-Holstein, dass in ca. 80 % der Verordnung von Fütterungsarzneimitteln als Diagnose Dinge genannt sind, wie Husten und Durchfall. Husten und Durchfall sind aber keine Diagnosen einer Erkrankung, sondern das Ergebnis einer laienhaften Beobachtung. Denn Husten und Durchfall sind Dinge, die jeder normale Mensch bei sich selbst feststellen kann und dann einen Arzt hinzuzieht, um ihm zu sagen, ich habe dieses oder jenes Symptom und möchte gerne wissen, welche Krankheit dem zugrunde liegt.

Der Vorsitzende: Wird dies durch den vorliegenden Gesetzentwurf geändert?

Prof. Dr. Manfred Kietzmann: Ja, auf der Basis werden nämlich heute Antibiotika verordnet, und wenn wir die Antibiotika-Leitlinien implementieren, die Behandlungsdauer entsprechend beschränken, die Herstellung und Verfütterung von Fütterungsarzneimitteln durch das Verhindern des Herstellungsauftrages und der Hofmischung reduzieren, und die Präsenz des Tierarztes im Betrieb wirklich durchsetzen, dann erreichen wir eine ganze Menge.
In einem Punkt bin ich vielleicht missverstanden worden. Es geht mir nicht um die Anwendung eines Arzneimittels durch den Landwirt, denn diese ist in den §§ 57/58 Arzneimittelgesetz geregelt. Es geht darum, dass die Entscheidung über eine Behandlung von jemandem zu fällen ist, der sich dieses Thema in einem fünfjährigen Studium angeeignet hat. Das ist aber nur jemand, der Tiermedizin studiert hat.
Natürlich hat der Landwirt die Fähigkeit unter Aufsicht und Verantwortung eines Tierarztes ein Tierarzneimittel zu injizieren, bzw. oral zu verabreichen. Aber welches Tier welches Medikament bekommt, dazu sollte man allein die tierärztliche Sachkunde als in Betracht kommende Basis sehen. Deshalb ist die Beschränkung des Abgabezeitraumes wesentlich.
Ein letzter Hinweis zu den Standardzulassungen. Auch hier muss ich meiner Kritik etwas Lauf lassen, denn § 36 des Arzneimittelgesetzes gibt es vor. Ich bin in dem Sachverständigenausschuss für Standardzulassungen seit sieben oder acht Jahren tätig. Der Ausschuss hat seitdem einmal getagt und der Ausschuss hat im schriftlichen Verfahren mehrere Arzneimittel, darunter zwei für Bienen, durchgeboxt, aber die Vorschläge, die von der BTK in Abstimmung mit der Tierärzteschaft seinerzeit in den Ausschuss gekommen sind, das war im November oder Dezember 1998, sind seitdem nicht bearbeitet worden.
Ich habe gerade letzte Woche ein Schreiben vom Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bekommen, worin ich gebeten werde, ich möge mich doch gefälligst darum kümmern, dass Monographien erstellt werden. Das sehe ich allerdings überhaupt nicht als meine Aufgabe an. Das heißt, hier liegt organisatorisch, bezogen auf die Erstellung von Standardzulassungen, einiges im Argen. Dabei könnten Standardzulassungen für minor species ein wunderbarer Weg sein, seien es Fische, Kaninchen, Ziegen usw.

Der Vorsitzende: Darf ich nochmals ganz konkret nachfragen. Werden diese fehlerhaften Medikationen, die Sie in Schleswig-Holstein festgestellt haben, durch welche Fassung auch immer, verhindert?

Prof. Dr. Manfred Kietzmann: Das sind verschiedene Punkte. Ich habe gesagt, wir müssen endlich mal die Nachzulassung zu einem erfolgreichen Ende führen. Es gibt Arzneimittelvormischungen von dieser und jener Firma, mit denen Sie keine wirksamen Spiegel erreichen, wenn Sie dieses Medikament gemäß Herstellerangabe ins Futter mischen. Es gibt ganz extreme Negativbeispiele, die ich hier auch namentlich nennen könnte, was aber vielleicht nicht weiterführt. Auf der anderen Seite werden sicherlich von Tierärzten auch Fehler bei der Dosierungsfestlegung gemacht, ebenso bei Behandlungsdauern usw.
Wir haben uns aber wirklich sämtliche Herstellungsaufträge des Jahres 1998 in Schleswig-Holstein angesehen, nach allen Regeln der Statistik ausgewertet und die Mehrzahl der Fälle enthält fehlerhafte Verordnungen. Die Kontrolle ist eben nicht in der Lage, dem nachzukommen. Das heißt, Verbesserung der Kontrolle, Einführung von Qualitätsmanagementsystemen, die im Sinne einer internen Kontrolle diese Fehler ausschließen, kann dazu beitragen, die Arzneimittel- und Therapiesicherheit im Sinne des Verbraucher- und Tierschutzes zu verbessern.

Der Vorsitzende: Herr Prof. Kietzmann, noch einmal die Frage: Wird dies durch eine der Fassungen dieses Gesetzentwurfes geändert?

Prof. Dr. Manfred Kietzmann: Ja, selbstverständlich, aber nicht in allen Punkten, weil die Möglichkeiten der Kontrolle beschränkt sind. Ferner gibt es andere Punkte die beschränkt sind, z. B. die Zahl der Personen, finanzielle Mittel etc.

Dr. Reiner Schneichel: Zunächst einmal vielen Dank Herr Dr. Kietzmann, dass sie eine Lanze für den tierärztlichen Sachverstand gebrochen haben. Ich denke, das ist der Punkt, der entscheidend ist bei dem Einsatz von Medikamenten, der eine Behandlung durch den Tierarzt voraussetzt und die rein mechanische Anwendung ist ein zweites Ding. Im Zusammenhang mit der mikrobiellen Resistenz möchte ich auf Folgendes hinweisen:
Wir haben heute schon Antibiotika-Leitlinien, die eigentlich im medizinischen Bereich richtungsweisend sind. Die Humanmedizin ist neidisch darauf, was wir in der Tiermedizin schon erreicht haben. Diese Antibiotika-Leitlinien sind im heutigen Gesetz in der tierärztlichen Hausapothekenverordnung in den §§ 12 und 13 bereits festgeschrieben. Unser Ausschuss wehrt sich dagegen, dass diese Leitlinien Gesetzescharakter bekommen, weil die Juristen sagen, das geht nicht.
Wenn ich daran denke, dass in der Humanmedizin nach meinem Kenntnisstand ein Antibiogramm von den Kassen erst beim zweiten oder dritten Antibiotika-Wechsel bezahlt wird, dann können Sie sich vorstellen, wo die größeren Probleme sind. Das heißt aber nicht, dass wir das in der Tiermedizin nicht beachten müssten.
Herr Heinrich hatte konkret gefragt, wie ich dazu komme, hier den Tierschutz anzuführen. Wir sehen durch den vorliegenden Entwurf des Bundesrates in nicht unerheblichem Maße Einschränkungen unserer Therapiefreiheit und Therapiemöglichkeiten. Diese Einschränkungen führen dazu, dass Sie manche Therapien nicht durchführen können.
Es gibt Probleme mit dem Einsatz von Fütterungsarzneimitteln. Für Rheinland-Pfalz gibt es noch ein Werk, das diese Fütterungsarzneimittel produziert. Dieses Werk wird sich nach Aussagen der Geschäftsführung aber aus diesem Segment verabschieden. Wir werden also deutschlandweit die Flächendeckung nur schlecht realisieren können. Dies bedeutet, dass die Versorgung mit Fütterungsarzneimitteln zeitlich verzögert eintritt und ich weiß nicht, ob das dem Wohl der Tiere gut tut und den Behandlungserfolg sichert. Ich denke, das sind Sachen, die man nicht außer Acht lassen sollte. Die Verschärfungen im § 56 a, dem Umwidmungsparagraphen, führen ebenfalls zu Problemen beim Einsatz von Arzneimitteln, vor allem, wenn man sich die minor species vor Augen hält. Hier kommt es schon zu Therapieengpässen.
Herr Bleser hat angesprochen, wie es zu dieser Diskrepanz in der tierärztlichen Meinung kommt. Die Diskussion um dieses Tierarzneimittelneuordnungsgesetz ist aus meiner Sicht, und damit stehe ich nicht alleine, einseitig gelaufen. Wir hatten im Bereich des Bundesrates in keiner Form die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen. Ich könnte, wenn man die Struktur kennt, gern noch erläutern, wie das über den Agrarausschuss, den Unterausschuss und dann wieder am 1. Februar im Bundesrat gelaufen ist.
Bei diesem Verfahren kann man auch verstehen, warum keine Änderungen reinkamen und wenn man das Protokoll liest, dann weiß man auch, warum eine 16 : 0-Abstimmung zustande kam. Das ist eigentlich das, was wir bemängeln und deswegen haben wir einen eigenen Ausschuss gegründet, der länderübergreifend aus ganz Deutschland und der Schweiz Fachleute einbindet, und wir sind der Meinung, man kann so ein Gesetz nicht rein pharmakologisch begründet ändern.
Ich gebe zu, dass ich in Pharmakologie und Pharmakokinetik nicht der ausgewiesene Fachmann bin, aber ich bin tagtäglich seit vielen Jahren in der Praxis und muss vor Ort in der Situation entscheiden, liegt ein Herzinfarkt vor oder nicht und wie therapiere ich. Ich kann dann nicht erst eine Kommission einberufen, die mir im Nachhinein sagt, bei Beachtung dieser oder jener Situation hätte man das anders machen können. Wir entfernen uns einfach weit weg von dem, was in tiermedizinischer Praxis Standard ist. Das sollten wir nicht außer Acht lassen und ich sehe in dem Gesetzentwurf keine Verbesserung.
Wir haben zur Zeit eine eindeutige Regelung, dass nur für den Fall des Behandlungsziels die Medikamente abgegeben werden dürfen. Mit der Sieben-Tage-Frist machen Sie punktuell sogar eine Öffnung, denn wenn ich eine Behandlung für drei Tage habe, aber für sieben Tage Medikamente abgeben darf, frage ich mich, wo da die Verbesserung kommt. Der Tierarzt darf zur Zeit nicht mehr abgeben, als notwendig ist. Dies ist strafbewehrt, für Tierärzte drei Jahre und für Landwirte ein Jahr. Ich bin nach wie vor der Meinung, wir müssen den tierärztlichen Sachverstand in die einzelnen Punkte einbringen.
Dann gab es vom Vorsitzenden noch die Frage bezüglich § 60 Arzneimittelgesetz zu den Brieftauben. Ich möchte vorsichtshalber auf die Anhörung und das Protokoll aus dem nordrhein-westfälischen Landtag Nr. 13/499 vom 21.02. dieses Jahres verweisen, damit ich nicht in Gefahr laufe, hier wichtige Dinge zu vergessen und damit wir uns grundsätzliche Wiederholungen ersparen können.
Hier ging es darum, aus der Brieftaube, die einen besonderen Status durch § 60 hat, ein Lebensmitteltier zu machen mit allen Konsequenzen. Wenn wir daran denken, dass wir heute bereits durch eine EU-Vorschrift, die sog. Anhang I bis IV-Produkte, wobei IV die sind, die wir bei Lebensmittel liefernden Tieren nicht einsetzen, II sind die ohne Wartezeit und I und III sind der Rest, dann ist hier geregelt, was wir eigentlich dürfen. Sollten die Brieftauben Lebensmitteltier werden, dann werden alle Produkte, die in der Ziffer IV stehen, für die Anwendung ausgeschlossen, was einen Therapienotstand gebe und auch eine tierschutzrelevante Situation bedeuten würde.

Allerdings sind wir auch hier der Humanmedizin voraus, wenn man sich die Tonnen an Metrodinazol, die in dem Anhang IV stehen, ansieht, die in der Humanmedizin tagtäglich verschrieben werden, dann sind diese bei uns schon seit Jahren tabu. Das vielleicht in Kürze zu dem Problem mit den Brieftauben.
Der Vorsitzende: Was war denn der Grund, die Brieftauben dort herauszunehmen?

Dr. Reiner Schneichel: Wenn ich die Begründung des Bundesrates richtig im Kopf habe, war der Grund der, dass die Brieftauben in den Lebensmittelkreislauf kommen, obwohl man unterscheidet zwischen Brieftauben und Fleischtauben. Die Fleischtauben gelangen in den Lebensmittelkreislauf und diese sind in § 60 nicht enthalten. Die Brieftauben, die als Sporttauben im Einsatz sind, sollen einmal problematisch sein, weil nicht auszuschließen ist, dass sie in den Lebensmittelkreislauf gelangen, zum Zweiten gibt es in den §§ 48/49 und 50 des AMG die Möglichkeit, frei verkäufliche Arzneimittel in den Verkehr zu bringen und mir ist seinerzeit von den zuständigen Leuten in Nordrhein-Westfalen berichtet worden, dass dort karzinogene Stoffe im Einsatz sind und diese wollte man aus der Freiverkäuflichkeit damit herausnehmen. Ich habe entgegnet, dass man das dann durch ein Verbot auch im Vorfeld tun müsste. Soweit meine laienhafte Meinung dazu.
Zur flächendeckenden Versorgung mit spezialisierten Tierärzten weiß ich, dass im tierärztlichen Bereich in Deutschland allenfalls 10 Kollegen sind, die man als ausgewiesene Fachleute für Wirtschaftsgeflügel anerkennt. Alleine das zeigt schon bei 16 Bundesländern, wie schwierig es wird, dort eine Flächendeckung zu erreichen. Die Kollegen müssen natürlich über weite Strecken fahren und ich arbeite mit einem dieser Kollegen im Bereich der Wirtschaftsgeflügelhaltung konsiliarisch zusammen, weil ich mich selbst nicht in der Lage sehe, das ordentlich zu lösen. Dieser Mann hat eine Anfahrt von 200 km und wir sind froh, dass wir dieses Know how mit einbeziehen können, um unsere Arbeitsleistung zu optimieren. Auch das schützt uns sicherlich nicht davor, dass dieser Fachmann auch mal Fehler macht oder tiermedizinisch falsch eingeschätzte Situationen entstehen. Dies wird es auch in Zukunft geben und dies kann auch kein Gesetz der Welt verhindern. Wenn jemand eine falsche Diagnose stellt und eine falsche Therapie anordnet, dann ist dies nicht gesetzlich zu regeln.

Dr. Martin Schneidereit: Ich will zunächst auf die Frage von Frau Naumann antworten die gefragt hat, ob wir europäische oder nationale Regelungen haben, die einen illegalen Bezug von Tierarzneimitteln wirkungsvoll verhindern könnten. Ich glaube, das deutsche Arzneimittelgesetz geht da einen sehr guten Weg und stellt durch das Primat der Zulassung sicher, dass wir zunächst national zugelassene Arzneimittel verwenden müssen. Es gibt aber auch eine Öffnungsklausel in verschiedenen Paragraphen, die bei Therapienotstand die Anwendung ausländischer Arzneimittel zulässt. Ich glaube, dass diese Regelung ganz gut funktioniert und sehe hier keinen Verengungsbedarf.
Zur Frage von Herrn Heinrich kann ich nur bestätigen, was der Kollege Dr. Simon gesagt hat im Hinblick auf die Verteilung des Einsatzes von Antibiotika im Klein-, Hobbytierbereich und für Lebensmittel liefernde Tiere im Verhältnis 50 : 50. In der Tat gehen etwa 50 % der Zulassungen der Arzneimittel in den Hobbytierbereich und diese haben keine verbraucherschutzrelevante Funktion. 50 % gehen in den Lebensmittel liefernden Bereich und darüber sollten wir sprechen, weil wir Regelungsbedarf sehen. Es ist im Übrigen auch bei den Umsätzen so, 48 % der Tierarzneimittelumsätze einschließlich der Impfstoffe wurden im Hobbytierbereich getätigt und dies ist eine legitime Einkommensquelle für Tierärzte und man sollte diesen Bereich nicht totregeln, weil er keine Regulierungsnotwendigkeit hat.
Natürlich sieht es anders aus, wenn wir über Mengen sprechen. Wenn Sie 40 Mio. Schweine mit einem Schlachtgewicht von 100 kg in Deutschland produzieren, dann haben Sie eine andere Biomasse, als wenn Sie 40 Mio. Katzen zu 3 kg behandeln. Da Antibiotika streng nach Körpergewicht dosiert werden, brauchen Sie im Großtierbereich eine erheblich größere Menge.
Zur Wirtschaftlichkeit der Neuregelung, Herr Heinrich, möchte ich nur eine Ausführung machen zur Meldepflicht. Es wurde von anderen Sachverständigen auch das quantitative Erfassungssystem für Antibiotika angesprochen. Dieses gibt es in anderen Ländern der Europäischen Union und wir werden uns dem in Deutschland auch nicht verschließen. Es ist aber ganz wichtig, dass die anderen Beteiligten im Antibiotika- und Arzneimittelbereich ebenfalls einbezogen werden. Hier muss man darüber nachdenken, ob es wirklich der Sache nützt und wir bessere Informationen über die Resistenzsituation in Deutschland bekommen, wenn wir nur den Meldepfad von pharmazeutischen Herstellern und Tierarzneimittelherstellern zur tierärztlichen Praxis haben und sonst nichts. Dies ist völlig unzureichend. Wir brauchen hier ein umfassendes System, das uns wirklich Hinweise gibt, wo wir stehen.
Herr Vorsitzender, Sie hatten noch zwei Themen angesprochen, die Fischhaltung und die Brieftauben. Zu beiden noch eine kurze Anmerkung. Sie sind, glaube ich, in Ihrer Funktion als Verbandspräsident der Fischereiwirtschaft, zumindest waren Sie dies einmal, mit einer guten Erinnerung an Standardzulassungen aufgefallen. Mir waren sie nicht mehr so geläufig, denn es gibt in der Tat kaum welche, die wirklich als Standardzulassungen zugelassen sind. Dies hat einen einfachen Grund. Wenn eine Firma eine Standardzulassung betreibt, steht diese allen offen. Warum soll aber eine Firma, die Geld mit einem Produkt verdienen will und muss, eine Zulassung betreiben, die dann jeder nutzen kann und jedem offen steht?
Einen weiteren Punkt bei den Fischzulassungen, wo in der Tat ein großes Defizit besteht, möchte ich an einem Beispiel aufzeigen. Ein großes Unternehmen in Deutschland, das im Antibiotikasektor arbeitet, hat ein sehr wirksames Antibiotikum als Fischtherapeutikum weiterentwickelt, in einer flotierenden Formulierung, bei der das Futter an der Wasseroberfläche steht. Diese Entwicklung wurde vom Vorstand dieses Unternehmens gestoppt, weil man gesagt hat, wir wollen nicht, dass auf der Spiegelfrontpage unser Firmenlogo steht, wir, Firma XY würden dieses Produkt ins Wasser kippen. Hier ist die Politik wirklich gefragt, wo die Abschätzung ist. Wir können als Industrie nur Investitionen tätigen, bei denen wir zumindest auf längere Sicht irgendwo auch ein return of investment finden können.
Noch ein Satz zur Brieftaube. Herr Dr. Schneichel hat das schon erwähnt. Es gibt bei den Brieftauben keine Verbraucherschutzrelevanz. Erstmal gibt es nicht so viele Brieftaubenzüchter wie manche Leute glauben mögen, und Brieftauben werden nicht gegessen. Jedenfalls werden sie nicht in den Verkehr gebracht und wer seine Brieftauben trotzdem isst, bei dem muss ich feststellen, dass Selbstmord nicht strafbar ist. Wenn jemand seine nicht Lebensmittel liefernden Heimtiere isst, und die Brieftaubenzüchter wissen, was sie mit ihren Sporttieren tun, dann ist das seine Sache. Man kann nicht alles regeln, und ich appelliere an die Politik, regeln Sie nicht alles zu Tode.
Ein weiteres Stichwort wurde von Frau Teuchner zur Hofmischung gegeben. Ich darf auch hier versuchen, noch ein paar Fakten beizutragen. Es wurde von einem Sachverständigen gesagt, dass alle Schweine Antibiotika bekommen. Dem möchte ich zwei Zahlen entgegenstellen, und zwar die eines großen Mischfutterwerkes im Münsterland. Von 450.000 t hergestelltem Fertigfutter für Schweine pro Jahr waren genau 3 % medikiertes Futter, also nur 3 % Fütterungsarzneimittel. Dies betraf nicht nur die Verschreibung, sondern den Herstellungsauftrag.
Eine letzte Bemerkung dazu. Die vor einigen Monaten getroffene Entscheidung des Parlamentes, die Mehrwertsteuer von 9 auf 16 % auf Fütterungsarzneimittel anzuheben, hat bei den Mischfutterwerken schon zu einem erheblichen Rückgang der Fertigfütterungsarzneimittel-Herstellung geführt. 20 % der Medikationen gingen über Fütterungsarzneimittel, und dieses verringert sich um den Faktor 10. Man darf also hier die Wirkung von Politik nicht unterschätzen, und diese geht manchmal in eine Richtung, die wir vielleicht gar nicht alle richtig gesehen haben und auch nicht gewollt haben.

Der Vorsitzende: Die Frage ist nur, Herr Dr. Schneidereit, ob es weniger geworden ist oder ob jetzt anders eingemischt wird, vielleicht zu Hause, weil ich dann nur noch die 16 % für das Tierarzneimittel bezahlen muss.

Dr. Schneidereit: Ich habe nicht von einem Rückgang der Gesamtmengen gesprochen. Es geht um Umgehungswege und ich will nicht aus der Schule plaudern, denn das wäre zu weit hergeholt. Sie müssen aber als Volksvertreter die Gesamtwirkungen der Gesetzgebung überlegen, und wenn hier mit einem Steuerhebel versucht wird, das Fütterungsarzneimittel, das ein sehr sicheres Produkt ist, herunterzufahren, dann suchen sich die kranken Tiere Umgehungswege und werden anders behandelt.

Dr. Karlheinz Simon: Es sind noch einige Fragen übriggeblieben, die auch speziell an mich gerichtet waren. Herr Heinrich hat mich z. B. mit der Verfassungsproblematik identifiziert, und dies ist auch durchaus richtig. Mein Verband hat schon immer Bedenken gehabt, dass das generelle Herstellungsverbot des Tierarztes einen riesigen Einschnitt in seine tierärztliche Tätigkeit bedeutet und es ist offensichtlich so, dass die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme auch erkannt hat, dass bei der Aberkennung bzw. Zulassung der tierärztlichen Hausapotheke hier auch eine Verfassungsfrage im Raum steht. Wir haben diese Überreglementierung von Haus aus in Frage gestellt. Wir befinden uns hier also in guter Gesellschaft der Bundesregierung.

Dann ist gefragt worden, welche Auswirkungen es auf die Kleintiermezidin betreibenden Tierärzte hätte, wenn so viel Reglementierung sie trifft, wenngleich sie überhaupt nichts mit Lebensmittel liefernden Tieren zu tun haben. Hier möchte ich meine vorherige Aussage noch einmal bekräftigen, dass die Sicht dieses Gesetzentwurfes durch sehr viele Verbotstatbestände geprägt ist und meint, das alles in den Griff zu kriegen. Bei dem Ansatz des Gesetzentwurfs ist dies auch nachvollziehbar, weil auch der Bundesrat weiß, dass man keine gesonderten Regelungen für Nutztieranwendungen und Kleintieranwendungen machen kann.
Wir haben vielmehr in der Tat eine ganz große Zahl von sog. Gemischtpraxen, die sowohl Klein- und Heimtiere als auch Nutztiere behandeln. Aus diesem Grund, so vermute ich, ist dieses strikte Verbotsdenken entstanden. Man hat aber offensichtlich doch nicht alle Konsequenzen dabei berücksichtigt.
Wenn Sie z. B. überlegen, dass zwar der Gesetzentwurf in § 56 a eine Ausnahme für den Klein- und Heimtierbereich vorsieht, in dem bei der Umwidmung auch andere zugelassene Arzneimittel als die für die Zieltierart verwendet werden dürfen, dann wird dies sofort wieder eingeschränkt, als nur der Tierarzt diese Arzneimittel anwenden darf. Ausgenommen sind hier nur oral-, äußerlich und intramammer anzuwendene Arzneimittel. Wir waren von Haus aus gegen diese Listung, weil z. B. die rektale Anwendung vergessen wurde.
Wenn ich aber schon Listen mache, dann müssen sie aber auch komplett sein. Wenn wir also bei dieser Anwendungsproblematik bleiben, würde sich ergeben, dass, wenn ein für die Tierart nicht zugelassenes Arzneimittel in Form von Zäpfchen, Injektionen, Infusionen verabreicht werden soll, dieses nicht vom qualifizierten Hilfspersonal des Tierarztes noch vom Tierbesitzer selber gegeben werden dürfte.
Ich könnte Ihnen aber jede Menge von Einzelfällen nennen, wo z. B. der Tierbesitzer zur Vermeidung von Schockzuständen bei chronisch kranken Tieren das Medikament sofort einsetzen muss. Er kann seinen Hund nicht erst noch durch die ganze Stadt fahren, bis er zur Tierarztpraxis kommt. Das sind die verhängnisvollen Auswirkungen für die ganzen Kleintier behandelnden Tierärzte. Wir wollen als Tierärzte zwar weiter ein einheitliches Dispensierrecht, aber man muss bei der Abfassung der Verbotstatbestände irgendwo überlegen, ob man nicht doch durch bessere Kontrollen die vermeintlichen Missstände eher in den Griff bekommt, als das man alles verbietet bekommt.
Sie haben nachgefragt, wie sich mit dem QS-System in Zukunft bessere Kontrollen gestalten lassen würden. Ich möchte vorausschicken, dass sich der gesamte tierärztliche Berufsstand einig ist, dass wir als Tierärzte eine effektive Kontrolle aller Glieder am Tierarzneimittelvertrieb und Einsatz fordern. Das heißt, es muss der Hersteller, der Vertreiber, die Tierarztpraxis und der Landwirt kontrollierbar sein und dies nicht stichprobenartig. Denn die Kontrolltätigkeiten der Bundesländer haben sich in den letzten Jahrzehnten naturgemäß nur auf Stichproben beziehen können oder wollen und dies hat gezeigt, dass Missstände eintreten können, wenn mit regelmäßigen Kontrollen nicht zu rechnen ist.
Wenn man genau wüsste, wo größere Mengen bestimmter Arneimittel regelmäßig hingeliefert werden, hätte die Überwachung ganz andere Ansatzpunkte als wenn ich eine Kleintierpraxis kontrolliere, die ein Produkt bezieht, was im Anhang IV steht, also verbotene Stoffe, obwohl hier ein Einsatz an Lebensmittel liefernden Tieren nicht erfolgt und der Einsatz auch zulässig ist. Dies ist nicht besonders effektiv. Es geht hier vor allem um die Mengen im Vertrieb. Man muss wissen, wo die großen Mengen permanent hingeliefert werden. Dann habe ich auch als Kontrollinstanz bessere Anhaltspunkte für effektive Kontrollen.
Wenn aber die Tierärzteschaft einhellig effektivere Kontrollen fordert, kommt sofort die zuständige Länderbehörde und fragt uns, wie sie bei dem bestehenden Personalstand, der weiter abgebaut wird, mehr kontrollieren soll als vorher. Hier setzt mein optimistischer Gedanke ein. Wenn das QS-System funktioniert, woran ich glaube, dann ist eine Nachvollziehbarkeit der Qualitätssicherung der Urproduktion möglich. In diesem Sicherungsablauf ist ein Teil das Betreuungsverhältnis des betreuenden Tierarztes mit dem Landwirt. Auch wir betonen dabei die Betreuung durch einen Tierarzt pro Tierart. Andernfalls würde man zu den alten Zuständen wohl schnell zurückkehre. Dabei ist im Bedarfsfall selbstverständlich die Hinzuziehung eines tierärztlichen Facharztes, wie sie auch Dr. Bröcker bereits skizziert hat, notwendig und entspricht auch unserer Auffassung.
Wenn jetzt eine neutrale Instanz dieses QS-System überprüft, würde ihr sicherlich auffallen, wenn hier etwas nicht stimmt. Bei allen Betrieben, in denen alles stimmt, braucht die staatliche Kontrolle nicht eingreifen. In den Fällen, wo Auffälligkeiten auftreten, könnte die staatliche Kontrolle gezielte Hinweise für entsprechende Prüfungen erhalten. Wenn aber dieses System, aus welchen Gründen auch immer, nicht funktioniert, dann bin ich der Meinung, wird eine Kontrolle auch nichts anderes erbringen als früher.
Wenn man an diesem entscheidenden Punkt nicht wirklich Neues kreiert, ist das alte wie jedes neue Gesetz genauso schwer zu kontrollieren. Wir gehen deshalb so weit, dass wir fordern oder uns wünschen, dass die Bundesregierung mit Zustimmung der Bundesländer eine allgemeine Verwaltungsvorschrift erlässt, um endlich einmal den Ausreden, die seit Jahrzehnten im Raum stehen, dass man nicht besser kontrollieren konnte, aus welchen Gründen auch immer, ein Ende bereitet wird. Wenn wir in Zukunft einen einheitlichen Level haben, an dem alle mitwirken müssen, dann kann sich keiner mehr herausreden, dass die Kontrolle nicht funktionieren konnte. Dieses ist mit entscheidend, ob künftig eine effektive Kontrolle laufen kann oder nicht.
Zu den Leitlinien und der Dokumentation muss man doch in Erinnerung rufen, dass es sich der tierärztliche Berufsstand 1999 freiwillig auferlegt hat, die Antibiotika-Leitlinien für unser Land zu konzipieren. Wir sind damit den europäischen Vorstellungen der Dachorganisation der Tierärzte gefolgt, der sog. Föderation der Tierärzte Europas und dies auch nicht zuletzt unter dem Eindruck dessen was in Dänemark, Holland und Irland in dieser Sache bezüglich der Monitoring-Systeme und der Bestandsbetreuung gelaufen ist. Wir, als deutsche Tierärzte, haben damals freiwillig und ohne Zwang die Leitlinien geboren, wenngleich unter vielen Geburtswehen. Dass diese fortgeschrieben werden müssen, ist heute schon gesagt worden.
Jetzt herzugehen und in das Gesetz noch näher Reglementierungen der schriftlichen Art festzulegen und dem Tierarzt, der sie nicht so erfüllt, gleich wieder ein Vergehen ans Bein zu binden, wo nicht einmal staatlicherseits ein Monitoring-System geschaffen wurde, über das Zusammenspiel der verkauften Tierarzneimittel und der Antibiotikamengen und der eingesetzten Antibiotikamengen, das wäre eine völlig verfrühte Geschichte.
1999 hat uns der Staat versprochen, ein Monitoring-System zu schaffen und man hat einen kurzen Moment auch eine Zukunftsvision gehabt. Seit 1999 ist in dieser Richtung nichts mehr passiert. Wir praktischen Tierärzte bitten deshalb darum, nicht uns wieder über zu reglementieren und zu verlangen, dass jede Abweichung von den Leitlinien punktgenau dokumentiert werden muss, denn diese mündet ins Leere, weil es keine Folgen für diese Dinge gibt. Alles was Frau Idel gefordert hat, kann erst dann sinnvoll sein, wenn staatlicherseits ein Monitoring-System etabliert wird.

Dr. Anita Idel: Nur noch eine kleine Anmerkung, weil mich Dr. Simon eben persönlich angesprochen hatte. Ich würde Sie bitten, nochmal in die Tischvorlage zu schauen, denn es geht mitnichten darum, alle Tierärzte zu kriminalisieren. Es geht vielmehr darum, tatsächlich eine Vergleichbarkeit zwischen Praktiken sowohl auf Seiten der Tierarztpraxen als auch auf Seiten der landwirtschaftlichen Betriebe zu ermöglichen und es gibt bereits Tierärzte, die so verfahren und positive Erfahrungen sammeln.

Der Vorsitzende: Ich bin gerade darauf hingewiesen worden, dass es noch ein Problem gibt, das bisher nicht geregelt worden ist. Es betrifft die Varroatose. Da gibt es eine Klage eines Tierarztes in Bayern und dies ist in dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht geregelt. Hat hierzu noch jemand eine Anmerkung, vielleicht Herr Dr. Simon oder Herr Dr. Schneichel?

Prof. Dr. Pschorn, Bundestierärztekammer: Die Klage in Bayern bezieht sich eigentlich nicht auf die mangelnde Regelung, sondern auf die Praxis, die dort gepflegt wurde, nämlich die Abgabe von Arzneimitteln ohne Rezept. Der Vertriebsweg steht dort zur Diskussion, aber nicht die mangelnde gesetzliche Regelung.

Der Vorsitzende: Ich bin darauf hingewiesen worden, dass es sowohl in der Vorlage des Bundesrates als auch in der Synopse der Regierungskoalition eine Lücke gibt, wo diese Geschichten nicht geregelt sind. Meine zweite Frage betrifft die Schafhalter und die Probleme, die auf diese zukommen können.
Bei den Schafhaltern ist der Umgang mit Arzneimitteln und die Art der Behandlung mit ihrem Tierarzt und ihren Tierarzneimitteln anders als in den geschlossenen Stallungen meines Nachbarn, der dort 70 Kühe stehen hat. Probleme gibt es aber auch bei der Behandlung von Bienen und anderen minor species.

Prof. Dr. Ungemach: Bei den Bienen geht es speziell um den Wirkstoff Ameisensäure, der auch zugelassen gewesen ist zur Behandlung der Varroatose, der aber derzeit von der pharmazeutischen Industrie nicht mehr vertrieben wird. Hier geht es darum, ob die Bienenhalter ihn selbst beziehen können. Es ist ein normalerweise nicht verschreibungspflichtiger Stoff, bei dem aber die Frage offen ist, ob er apothekenpflichtig ist oder nicht. Ich glaube, das Problem hat sich aber insoweit geklärt, als man seinerzeit fälschlicherweise davon ausgegangen ist, dass Varroatose eine meldepflichtige Erkrankung ist, was sie aber nicht mehr ist, im Gegensatz zu früher. Damit kann man annehmen, dass es sich mit den jetzt bestehenden gesetzlichen Regelungen lösen lässt.

Prof. Dr. Kietzmann: Es gab hier die Diskrepanz zwischen Tierseuchenrecht und Arzneimittelrecht und man hat sich bei diesen behördlichen Maßnahmen auf das Tierseuchenrecht berufen und gesagt, es ist eine Seuchenbekämpfung, so dass die Behörde Arzneimittel beziehen könnte. Es handelt sich aber nach meinen Erkenntnissen nicht um die Ameisensäure, sondern ein Pyretroid, das als Präparat zugelassen war und die Behörde gegen das Arzneimittelrecht, aber in der Argumentation des Tierseuchengesetzes große Mengen des Medikaments bezogen und an die Tierhalter abgegeben hat. Das war wiederum arzneimittelrechtlich unzulässig und das ist auch derzeit strittig.

Dr. Schneichel: Zu den Bienen kann ich aus meiner rheinland-pfälzischen Sicht sagen, dass das Ministerium in einer offiziellen Veröffentlichung mitgeteilt hat, dass man diese Medikamente an drei Stellen abholen kann, also wie Prof. Dr. Kietzmann schon ausgeführt hat, unter Umgehung der AMG-Vorschriften.

Der Vorsitzende: Das sind dann also die Bienen-Fixerstuben.

Dr. Schneichel: Zu den Problemen bei Schafen habe ich mich juristisch belehren lassen, dass das Problem der Antibiotika-Leitlinien bei Schafen noch ein anderes Problem auslöst. Wir haben bei Schafen die sog. Moderhinke und diese Erkrankung ist ein Komplex mehrerer Erreger, die dabei eine Rolle spielen. Wenn die Antibiotika-Leitlinien mit Gesetzescharakter uns hier binden würden, würde das bedeuten, wir könnten, weil es ein chronisches Problem ist, Antibiotika nur nach Erregernachweis anwenden und der Erregernachweis fällt nach Aussage der entsprechenden Professoren sehr schwer.
Diese Moderhinke ist aber natürlich eine Schäferkrankheit. Nur wie will man den Schäfer dazu bringen, dies mit einem Arzneimittelgesetz besser zu händeln, damit dort der Antibiotika-Einsatz auch zurückgeht.

Dr. Simon: Nachdem sich offenbar niemand ganz klar über das Schaf zu reden traut, möchte ich die Sache vielleicht doch noch mal auf den Punkt bringen. Die Sieben-Tage-Regelung und eine Schafherde, das ist eine Utopie. Auch 21 Tage sind für den Schäfer eine Utopie, weil er ganz andere Dinge gewöhnt ist. Wenn eine Regelung geschaffen wird, die den Schäfer treffen soll, dann muss natürlich hier mindestens auf der Basis eines eindeutigen Bestands-Betreuungsverhältnisses, das nicht nur auf dem Papier steht und Dokumentationen verlangt, aufsetzen. Sonst kann man auf keinen Fall für den Schäfer eine Ausnahme machen, weil hier in jedem Fall eins klar ist, dass nämlich der liberalste Umgang mit Medikamenten im Schafbereich stattfindet.
Der Vorsitzende: Ich halte es für wichtig, dass Sie dies nochmal gesagt haben, weil dieses natürlich auch ein sehr grundsätzliches Problem ist. Diejenigen, die in der Schafshaltung, im wesentlichen in der Nebenerwerbslandwirtschaft, tätig sind, unterliegen einem größeren Strukturwandel als die Vollerwerbslandwirte. Dort sagen die Leute, wir haben zwar Lust, zwei oder drei Stunden in der Nebenerwerbslandwirtschaft zu arbeiten, wir haben aber keine Lust, noch so viel aufzuschreiben. Ich bewerte das jetzt nicht, aber das ist natürlich ein Problem.

Prof. Dr. Pschorn, Bundestierärztekammer: Ich will niemandem widersprechen, aber noch etwas ergänzen. Man muss natürlich bei den Schafen unterscheiden zwischen dem Schafhalter, den Sie jetzt expressis verbis angesprochen haben und dem Wanderschäfer. Speziell auf den trifft zu, was Herr Dr. Simon hier vorgetragen hat. Im Übrigen ist das, was im Bereich der Schafe bis jetzt gelaufen ist, durch das bestehende Gesetz nicht abgedeckt, wäre aber besser abgedeckt durch die Neuordnung, wenn diese Ausnahmeregelung im Verein mit einer Bestandsbetreuung Gesetzeskraft bekäme. Dies wäre jedenfalls besser als die jetzige Situation.
Ich glaube aber, die Probleme entstehen nicht bei dem Schafhalter der vor Ort stationär seine Grundstücke und Schafe hat, sondern für den, der durchs Land zieht.

Der Vorsitzende: Ich bedanke mich bei Ihnen allen ganz herzlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, für die intensive Anhörung, die wir gehabt haben. Es ist deutlich geworden, dass es Verzahnungen zwischen der Human- und der Veterinärmedizin gibt. Ich bin in einem kleinen landwirtschaftlichen Betrieb aufgewachsen; deswegen verfüge ich über eine hohe Immunität und bei uns gab es bei zwei Gelegenheiten immer Hühnersuppe; entweder war das Huhn krank oder mein Vater war krank. Insofern sieht man hier die Verzahnung zwischen Human- und Tiermedizin.

Ich bedanke mich bei Ihnen allen, wünsche Ihnen einen gute Nachhauseweg und wir werden Ihnen das Protokoll, bei dem wir wegen der vier Anhörungen in kurzer Folge etwas unter Druck sind, nach Fertigstellung zusenden. Damit schließe ich die Sitzung.

Der Vorsitzende schließt die Sitzung um 13.40 Uhr
Quelle: http://www.bundestag.de/ausschuesse/archiv14/a10/a10_sitz_95
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