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14. Wahlperiode
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Reisebericht

"Frauen 2000, Gleichstellung, Entwicklung und Frieden für das 21. Jahrhundert"
vom 05. bis 09. Juni 2000 in New York

Dienstag, 06.06.2000

Gespräch mit Botschafter Dr. Kastrup

Der deutsche Botschafter bei den VN bezeichnete die Konferenz als Ausdruck der Tatsache, dass sich die VN gewandelt hätten. Bei Gründung der Organisation habe noch die Vermeidung eines Krieges im Vordergrund gestanden, heute stünden verstärkt Menschenrechte und - als Teil davon Frauenrechte - im Blickpunkt.
Zur Frage einer Folgekonferenz bezeichnete er es als fraglich, ob 5 Jahre einen geeigneten Zeitraum bildeten. Wie hier erkennbar werde, wollten die Staaten, die sich damals schon nur mit Mühe zur Unterzeichnung bereitgefunden hätten, heute eher "das Rad zurückdrehen". Es würde nicht wirklich über neue Trends gesprochen, sondern über Bewahrung des Zustandes von Peking. Vielleicht sollten weniger feste Zeitabstände vereinbart werden, sondern man könne Verbündete suchen, um die notwendigen Schritte nach und nach anzugehen.
Anschließend ging er allgemein auf die Struktur der VN ein und die wesentlichen Probleme. Hierbei sprach er zum einen die veränderte Aufgabe der Friedenssicherung und die Frage der Berechtigung zum Eingreifen bei sog. Internen Konflikten an sowie andererseits strukturelle Probleme der Organisation, die bislang nicht in der Lage gewesen sei, Reformen zu beschließen, die der Realität Rechnung tragen.

Zu Fragen nach der Wahrnehmung der Konferenz in der Öffentlichkeit wies Botschafter Dr. Kastrup darauf hin, dass die seriöse Presse berichte, aber die Aufmerksamkeit könne durchaus größer sein. So habe es bislang keine Fernsehberichte gegeben. Die Wahrnehmung in amerikanischen Medien spiegele allerdings auch die Einstellung des Landes zu den VN wieder, die sich nicht zuletzt in Beitragsschulden deutlich zeige.
Thematisiert wurde in diesem Zusammenhang auch die schlechte Organisation der Konferenz, die keine gut zugänglichen Informationen biete und z.B. mit stundenlangen Wartezeiten auf die Ausweise verbunden war.

Zur Diskussion, ob nach 5 Jahren eine weitere Konferenz stattfinden solle, wurde seitens der Abgeordneten zu bedenken gegeben, dass man ohne feste zeitliche Vorgabe einen Leerlauf befürchte. Botschafter Dr. Kastrup meinte, Folgeveranstaltungen dürften keinesfalls aus dem Blick geraten, wobei Deutschland und die EU insgesamt, in deren Rahmen man ja agiere, immer konzeptionell eine zukunftsweisende Rolle gespielt hätten. Zur Verabschiedung des Dokuments meinte er, es sei besser, ein Dokument zu verabschieden, das Dissenzen offenlege als jede Lösung mitzutragen. In der Delegation herrschte deutlich die Meinung vor, es sei besser, sich auf 5 Jahre als festes Ziel einer Konferenz festzulegen, da hierdurch auch ein gewisser Druck erzeugt werde.


Frühstück der Parlamentarierinnen der deutschen Delegation mit BM Dr. Bergmann

Im anschließenden Gespräch berichtete die Ministerin über Gespräche auf EU-Ebene und die Notwendigkeit, auf die Beitrittskandidaten einzuwirken. Eine Kompromissbereitschaft der EU werde nicht als ein Zurückfallen hinter Peking empfunden werden können, man wolle aber andere Positionen notfalls streichen, um ein Scheitern der Erklärung insgesamt zu verhindern.


Rede der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Dr. Christine Bergmann, vor dem Plenum (General Assembly)

Bundesministerin Dr. Bergmann erklärte in ihrer Rede, in Peking sei eine Flamme entzündet worden für die Durchsetzung der Gleichberechtigung. Nun müssten alle gemeinsam dafür sorgen, dass diese weiterbrenne und verhindern, dass sie absichtlich oder versehentlich gelöscht werde. Frauenrechte seien Menschenrechte. Der wichtigste Erfolg auf diesem Weg sei das Optionale Protokoll zu CEDAW. Ziel müsse sein, dass dieses Protokoll von allen Staaten unterzeichnet werde. Deutschland werde vor Ende des Jahres den Ratifizierungsprozess einleiten. Zusammenarbeit aller sei nötig, so dass die grundlegenden Rechte der Frauen in der ganzen Welt respektiert würden und Gewalt gegen Frauen in allen Formen kriminalisiert werde. Als weitere Ziele nannte sie die größere Teilhabe von Frauen an Entscheidungspositionen in der Politik und dem Privaten Sektor und Verstärkung der Möglichkeiten für Männer und Frauen, Familienleben und Beruf zu vereinbaren sowie die Möglichkeiten für mehr Mädchen und Frauen, die Ausbildung in Berufen mit einer aussichtsreichen Zukunft zu ergreifen. Diesen Weg verfolge man in Deutschland. Dabei wies sie in ihrer Rede auf das Programm "Frau und Beruf" hin. Es seien weiter gesetzliche Maßnahmen zur Förderung der gleichberechtigten Teilhabe von Frauen in der öffentlichen Verwaltung und in der Wirtschaft geplant. Außerdem werde man besonders darauf hinwirken, Frauen die Möglichkeiten nahezubringen, die sich ihnen durch die neuen Informationstechnologien bieten. In den nächsten fünf Jahren wolle man den Anteil der weiblichen Internet-Nutzer auf 50 % steigern und den Anteil von Frauen in Schulungen und Studien im Bereich der neuen Informationstechnologien auf 40 %. Die Ministerin unterstrich außerdem die Notwendigkeit, dass Männer sich mehr an der Familienarbeit beteiligen und verwies für Deutschland auf das in der parlamentarischen Beratung befindliche Erziehungsgeldgesetz, das Müttern und Vätern gleichzeitig die Möglichkeit einräumt, Erziehungsurlaub zu nehmen. Zum Thema "Gewalt gegen Frauen" sprach sie das in Deutschland hierzu 1999 vorgestellte Programm an, das erstmals ein umfassendes Konzept zum Kampf gegen die Gewalt an Frauen enthalte: Vorbeugung gegen Gewalt, Arbeit mit Tätern, Verbesserung der Netzwerke zur Unterstützung der Opfer, verbesserte Bewußtseinsbildung in der Öffentlichkeit und gesetzliche Maßnahmen. Abschließend wies sie auf die Bedeutung des gender mainstreaming in der deutschen Politik hin. Die Bundesregierung habe sich zum Ziel gesetzt, die Integration von Gleichstellungspolitik als dauerhafte Aufgabe in allen Politikfeldern und allen Bereichen durchzusetzen, in den die Regierung Verantwortung trage.


Treffen mit Flavia Pansieri, stellvertretende Vorsitzende von UNIFEM

Frau Pansieri erklärte, UNIFEM habe sich im Rahmen des Peking + 5 Prozesses bemüht, die Entwicklungsländer zu aktivem Beitrag zu ermutigen. Die Diskussionen in den letzten Monaten seien sehr politisch gewesen, nun sei zweifelhaft, ob man eine Übereinstimmung finden könne, da eine Reihe von Ländern den Konsens blockieren. Die Frauenrolle habe sich positiv verändert, wenn auch noch nicht hinreichend. Wichtig sei die Verpflichtung gegenüber der Pekinger Plattform und Mechanismen, die es ermöglichen, den Fortschritt zu messen. Nur in bestimmten Bereichen sei bislang eine sozusagen rechnerische Messung möglich, dort, wo exakte Ziele gesetzt seien. Manche Ziele seien auch benannt worden, aber wieder in Vergessenheit geraten. UNIFEM vertrete die Ansicht, dass Globalisierung auch für Frauen nicht nur negative Konsequenzen habe, wie dies von manchen Ländern gesehen werde. Sie verwies auf die Durchführung eines Diskussionsforums im Internet zu den 12 kritischen Punkten der Pekinger Plattform, dessen Erfahrungen man ausgewertet und veröffentlicht habe. Man habe festgestellt, dass Frauen gerade aus dem Süden sich sehr stark beteiligen. Aus der Erfahrung habe man die Konsequenz gezogen, dass man noch stärker mit modernen Medien arbeiten müsse, um mehr Frauen zu erreichen. Zu der Aufgabenstellung von UNIFEM erläuterte sie, dass es drei Kernbereiche gebe: ökonomische Stärkung (empowerment) der Frauen, politische Stärkung und Menschenrechte. Frauen müssten auch an Friedensprozessen aktiv beteiligt sein. Dazu habe die Organisation verschiedene Aktivitäten ergriffen. Dies sei von Bedeutung, um auch in Zeiten, in denen normale Strukturen nicht funktionieren, eine Beteiligung von Frauen sicherzustellen.

Auch Frau Pansieri hielt es für notwendig, in einem regelmäßigen Abstand (wie 5 Jahren) erneut Konferenzen durchzuführen. Rückschritte träten dann ein, wenn eine Überwachung fehle. So gehe in Osteuropa die Beteiligung der Frauen zurück. Gerade dort, wo die Demokratie noch nicht so weit entwickelt sei, bedeute eine solche Ziellinie eine wichtige Maßgabe. Außerdem würden Beispiele gesetzt, die wieder positive Auswirkungen auf andere hätten. Man brauche statistische Werte, weil sich nur dann auch die Haushaltsmittel "bewegen" würden (i.S.v. Untersuchung der Auswirkungen auf Frauen und Männer). Gender Budgeting werde erfolgreich z.B. in Südafrika bereits betrieben. Gefragt nach ihrer Einschätzung zum Abschlussdokument erklärte sie, sie zweifle am Konsens, sei aber zuversichtlich, dass es ein gutes Dokument geben werde und ggf. Vorbehaltserklärungen von einigen Seiten. Die Verhandlungen im Vorfeld seien von Regierungsvertretern - oftmals solchen, die Peking nicht miterlebt hätten und geneigt seien, die alten Fragen wieder "aufzurollen", geführt worden. Hier seien nun erfahrene Regierungsvertreter anwesend, so dass sie auf einen positiven Ausgang hoffe. Zu ihrer Organisation wies sie darauf hin, dass UNIFEM das kleinste Programm der VN sei. Die Ergebnisse der Arbeit würden vor allem im Internet (unifem.undp.org) publiziert. Gefragt nach der praktischen Arbeit, erläuterte Frau Pansieri, es handele sich um Arbeit in Entwicklungsländern, auch durch andere Entwicklungsprogramme sowie Arbeit mit Regierungen und NGOs im Bereich politische und ökonomische Stärkung der Frauen sowie zum Bereich Menschenrechte. Als Beispiel ging sie auf Burkhina Faso ein. Dort habe die Produktion eines Stoffes durch Frauen zur Bildung einer Arbeitsgruppe geführt, die die Produkte gemeinsam am internationalen Markt anbieten (z.b. bei The Body Shop). Dies führe zu höherem Verdienst. Gleichzeitig würden die Frauen ein Training erhalten, damit die Produkte konkurrenzfähig sind.

Quelle: http://www.bundestag.de/ausschuesse/archiv14/a13/a13_rb02
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