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15. Wahlperiode
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Die Arbeit des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union in der 15. Wahlperiode

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union hat sich in der 15. Wahlperiode mit einer Reihe wichtiger europapolitischer Themen auseinandergesetzt und in der Europapolitik wiederholt parlamentarische Akzente gesetzt.

Der europäische Verfassungsprozess

Einer der Schwerpunkte der Arbeit des Ausschusses während der gesamten Wahlperiode war der europäische Verfassungsprozess. Zunächst galt es, die bereits während der 14. Wahlperiode begonnenen Beratungen des Europäischen Verfassungskonventes weiter parlamentarisch zu begleiten. Der Deutsche Bundestag war durch Prof. Dr. Meyer, einem ehemaligen Mitglied des Bundestages und stellvertretenden Vorsitzenden des Ausschusses, sowie seinem Stellvertreter, Herrn Altmaier, einem Mitglied des Ausschusses seit der 13. Wahlperiode, im Konvent vertreten. Solange der Konvent tagte, haben beide Parlamentarier dem Ausschuss in nahezu jeder Sitzung über den Stand der Arbeiten am Entwurf der Verfassung für Europa Bericht erstattet und viele Einzelfragen mit dem Ausschuss diskutiert. Auch die Regierungskonferenz über den Verfassungsvertrag wurde vom Ausschuss intensiv parlamentarisch begleitet. Von der Eröffnung der Konferenz am 4. Oktober 2003 bis zur Unterzeichung des "Vertrages über eine Verfassung für Europa" am 29. Oktober 2004 wurde der Ausschuss regelmäßig, häufig durch den Bundesminister des Auswärtigen Fischer, über den Stand der Beratungen unterrichtet. Zweimal stand Bundeskanzler Schröder dem Ausschuss in öffentlicher Sitzung zur Unterrichtung über Fragen des Verfassungsprozesses zur Verfügung. Bei der parlamentarischen Ratifizierung des Verfassungsvertrages nahm der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union die zentrale Rolle ein: Als federführender Ausschuss hat er mit seiner Beschlussempfehlung die fast einstimmige Annahme des Zustimmungsgesetzes durch das Bundestagsplenum am 12. Mai 2005 vorbereitet.
Insgesamt stand der Verfassungsvertrag auf der Tagesordnung von 37 Sitzungen des Ausschusses, davon elf Mal in öffentlicher Sitzung. In zwei öffentlichen Anhörungen haben die Mitglieder des Ausschusses einerseits ihren eigenen Wissensstand mit Hilfe von Sachverständigem weiter vertieft, andererseits einen Beitrag zur Information der Öffentlichkeit geleistet. Im Zusammenhang mit dem europäischen Verfassungsprozess hat der Ausschuss außerdem von seinem Sonderrecht nach Art. 45 GG Gebrauch gemacht, die Rechte des Bundestages gemäß Art. 23 GG gegenüber der Bundesregierung wahrzunehmen: Im Wege eines sog. plenarersetzenden Beschlusses hat der Ausschuss im Juni 2003 stellvertretend für den gesamten Bundestag zu einem Teil des Verfassungsentwurfes Stellung genommen und dabei klare Erwartungen an Inhalt und Qualität des Textes formuliert (Bundestags-Drucksache 15/1163).

Die Erweiterung der Europäischen Union

Zu den wichtigsten europapolitischen Themen der 15. Wahlperiode zählte außerdem die Erweiterung der Europäischen Union. Zu nennen ist zunächst der Beitritt von acht mittel- und osteuropäische Staaten sowie Maltas und Zyperns am 1. Mai 2004. Diesem historischen Schritt waren intensive Beratungen nicht nur über die Ausgestaltung der Beitrittsverträge, sondern auch über die Erfüllung der Beitrittsbedingungen durch die künftigen Mitgliedstaaten vorausgegangen. Der parlamentarische Prozess, der lange vor der 15. Wahlperiode begonnen hatte, konnte am 3. Juli 2003 mit der fast einstimmigen Zustimmung des Deutschen Bundestages zum Beitrittsabkommen erfolgreich abgeschlossen werden. Auch hier war der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union als federführender Ausschuss maßgeblich an der Vorbereitung der Entscheidung des Deutschen Bundestages beteiligt. Zu diesem Zweck hat er unter anderem drei öffentliche Sitzungen zum Themenkomplex Erweiterung abgehalten und drei Delegationsreisen unternommen, um sich in Polen, Lettland und Litauen sowie Bulgarien und Rumänien ein Bild von den Erfolgen, aber auch den Schwierigkeiten des Beitrittsprozesses zu machen. Der Stand der Beitrittsvorbereitungen der einzelnen Staaten und der Gang der Verhandlungen über das Beitrittsabkommen waren regelmäßiger Tagesordnungspunkt der Ausschusssitzungen. Mit der parlamentarischen Ratifizierung des Beitrittsabkommens war die Ausein-andersetzung des Ausschusses mit dieser Thematik jedoch nicht beendet: Er hat sich sowohl ein halbes wie auch ein ganzes Jahr nach dem 1. Mai 2004 von Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft über die Auswirkungen der Beitritte neuer Mitgliedstaaten auf die Bundesrepublik Deutschland unterrichten lassen. Dies hat deswegen zukunftweisende Bedeutung, weil die Erweiterung der Europäischen Union mit der Aufnahme der zehn neuen Mitgliedstaaten noch nicht abgeschlossen ist: Das Beitrittsabkommen mit Bulgarien und Rumänien ist bereits unterzeichnet und die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei und Kroatien haben begonnen. Auch diese Prozesse waren in der zurückliegenden Legislaturperiode Gegenstand der Arbeit des Ausschusses.

Der Haushalt der Europäischen Union

Die sog. Finanzielle Vorausschau ist der langfristige Rahmen für die finanzielle Ausstattung Europäischen Union. Mit ihr wird in großen Zügen festgelegt, wie viel Geld der Europäischen Union zur Verfügung stehen und wofür es ausgegeben werden soll. Zugleich wird darüber verhandelt, welcher Mitgliedstaat welchen Beitrag leisten muss und welche Zahlungen er erwarten darf. Die Planung für den Finanzrahmen für die Jahre 2007 bis 2013 hat im Verlauf der 15. Wahlperiode begonnen und war seit Februar 2004 mehrfach Gegenstand der Beratungen im Ausschuss. Hier standen dem Ausschuss der Bundesminister des Auswärtigen Fischer, der Bundesminister der Finanzen Eichel und die für den Haushalt zuständige EU-Kommissarin Dr. Schreyer zur Unterrichtung zur Verfügung. Die Forderung der Bundesregierung nach einer angemessenen Begrenzung des EU-Haushaltes, der zu einem beträchtlichen Teil von Deutschland mitgetragen wird, fand im Ausschuss breite Unterstützung.

Parlamentarische Kontrolle der Europapolitik der Bundesregierung

Als Fachausschuss für die Fragen der europäischen Integration hat der Ausschuss nicht nur über die "großen" Themen der deutschen Europapolitik beraten, sondern auch an zahlreichen Einzelentscheidungen maßgeblich mitgewirkt: Als federführender Ausschuss hat er über 38 nationale Vorlagen, 52 Entschließungen des Europäischen Parlaments und 122 Dokumente des Rates der Europäischen Union beraten. Mit 321 nationalen Vorlagen, 840 Ratsdokumenten und 149 Entschließungen des Europäischen Parlaments hat er außerdem die meisten "Mitberatungen" im Deutschen Bundestag übernommen. Mitberatung bedeutet, dass der Ausschuss die Beratungen des federführenden, fachlich zuständigen Ausschusses verfolgt und ggf. aus integrationspolitischer Sicht ergänzen kann. Außerdem gehört es zur ständigen parlamentarischen Kontrolle der deutschen Europapolitik, dass der Ausschuss die Tagungen des Europäischen Rates und die Sitzungen der verschiedenen Formationen des Ministerrates verfolgt und sich darüber berichten lässt. Ergänzend wird der Ausschuss regelmäßig durch Mitglieder der Bundesregierung über die in ihr Ressort fallenden europapolischen Weichenstellungen unterrichtet. Neben den bereits erwähnten Sitzungen mit Bundeskanzler Schröder, dem Bundesminister des Auswärtigen Fischer und dem Bundesminister der Finanzen Eichel standen dem Ausschuss unter anderem der Bundesminister des Inneren Schily, der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Clement, die Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Künast und die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Wieczorek-Zeul Rede und Antwort.

Intensive Kontakte zur europäischen Ebene

Zu den nach außen sichtbarsten Aktivitäten des Ausschusses gehört die Pflege regelmäßiger Kontakte zu den Entscheidungsträgern der europäischen Institutionen und Treffen mit Vertretern anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union. So waren neben EU-Kommissionspräsident Prodi viele der für Deutschland wichtigsten Mitglieder der Kommission zu Gast im Ausschuss: EU-Kommissar Verheugen stand dem Ausschuss zwei Mal als das für Fragen der Erweiterung zuständige Mitglied zur Verfügung, ein weiteres Mal als Vizepräsident der EU-Kommission und für die Industriepolitik zuständige Kommissar. Auch die für den Haushalt der Europäischen Union zuständige Kommissarin Dr. Schreyer hat den Ausschuss zwei Mal besucht. Weitere Gesprächpartner waren der für Regionalpolitik zuständige Kommissar Barnier, der Kommissar für Außenbeziehungen Patten und der Kommissar für Landwirtschaft, Entwicklung des ländlichen Raums und Fischerei Dr. Fischler. Als weitere wichtige Persönlichkeiten seien - stellvertretend für viele - der Hohe Repräsentant der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik Solana, der EU-Antiterror-Koordinator de Vries und der Direktor von Europol Ratzel genannt. Bei derartigen Gesprächen im Ausschuss handelt es sich nicht um Höflichkeitstermine: In der Regel gehört zu einem solchen Zusammentreffen nach einem einleitenden Vortrag eine anschließende Diskussionsrunde, in der die Gesprächspartner sich nicht selten kritischen Fragen stellen müssen. Da viele dieser Gespräche in öffentlichen Sitzungen stattgefunden haben, konnte sich auch die interessierte Öffentlichkeit einen Eindruck von diesen europäischen Persönlichkeiten machen. Außerdem hat der Ausschuss seine Tradition fortgesetzt, im Vorfeld der jeweils halbjährlich wechselnden EU-Ratspräsidentschaft dasjenige Land, das die Präsidentschaft als nächstes übernehmen wird, zu besuchen, um dort mit Regierungsvertretern und Parlamentariern über die Zielsetzungen der kommenden Monate zu beraten. Im Laufe der 15. Wahlperiode sind Delegationen des Ausschusses nach Italien, Irland, die Niederlande und Luxemburg gereist. Eine geplante Reise nach Großbritannien musste wegen der Ankündigung von Neuwahlen zum 16. Deutschen Bundestag abgesagt werden.

Starke interparlamentarische Beziehungen

Der Austausch mit Parlamentariern aus anderen EU-Mitgliedstaaten, Beitrittsländern und Beitrittskandidaten ist unverzichtbarer Teil der Arbeit des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union. Er hat im Laufe der 15. Wahlperiode zahlreiche Gespräche mit Delegationen von Europaausschüssen anderer EU-Mitgliedstaaten und fast allen Beitrittsstaaten geführt, oft in einer öffentlichen Ausschusssitzung, gelegentlich auch im kleineren Rahmen. Hinzu kamen Gespräche mit Parlamentariern aus EU-Anrainerstaaten wie Marokko und Norwegen.
Der besondere Stellenwert der deutsch-französischen Beziehungen wird durch die Intensität der gegenseitigen Besuche und die Themenwahl deutlich: Im Februar 2003 trafen sich Mitglieder der Europaausschüsse des Bundestages und der französischen Nationalversammlung in Stuttgart, um gemeinsam über den im europäischen Verfassungskonvent entstehenden Entwurf zu beraten. Bei einer gemeinsamen Sitzung im September 2003 in Paris standen zusätzlich zum Verfassungsvertrag die Weiterentwicklung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, die Erweiterung der Europäischen Union und die Kohäsionspolitik auf der Tagesordnung. Beim Gegenbesuch einer Delegation des französischen Europaausschusses im März 2005 wurden die absehbaren Probleme bei der Ratifizierung des Verfassungsvertrages ebenso erörtert wird die Zukunft der sog. Lissabon-Strategie und die Finanzielle Vorausschau 2007 bis 2013. Auch zu Polen pflegt der Ausschuss intensive parlamentarische Beziehungen: Im Februar 2003 konnte der Ausschuss eine Delegation des Europaausschusses des polnischen Sejm und des Europa- und Auswärtigen Ausschusses des Senats zu Gesprächen in Berlin begrüßen. Im Juni reiste eine Delegation zu gemeinsamen deutsch-französisch-polnischen Gesprächen im Rahmen des sog. Weimarer Dreiecks nach Warschau. Dabei wurde eine gemeinsame Resolution zum bevorstehenden Beitritt Polens, den Arbeiten des Konvents an einem Verfassungsvertrag und der künftigen Zusammenarbeit im Weimarer Dreieck verabschiedet. Im Januar 2004 war der Ausschuss selbst Gastgeber deutsch-französisch-polnischer Gespräche in Berlin.

Parlamentarische Zusammenarbeit im Rahmen der COSAC

Als Konferenz der Europaausschüsse der Parlamente der Mitgliedstaaten und des Europäischen Parlamentes bietet die COSAC einen einzigartigen Rahmen für den multilateralen Erfahrungs- und Gedankenaustausch der auf Europafragen spezialisierten Parlamentarier. Da an den Treffen Abgeordnete aus den Beitrittskandidaten mit einem Sonderstatus teilnehmen, können außerdem wichtige Kontakte zu künftigen EU-Partnern geknüpft werden. Neben der Debatte über einzelne aktuelle Themen der Europapolitik bildet die Frage einer effizienten parlamentarischen Beteiligung an der europäischen Integration einen regelmäßigen Schwerpunkt der Debatten. Gemeinsam mit Vertretern des EU-Ausschusses des Bundesrates hat der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Delegationen zu COSAC-Treffen in Kopenhagen (2002), Athen (2003), Rom (2003), Dublin (2004), Den Haag (2004), Luxemburg (2005) und London (2005) entsandt.

Öffentliche Sitzungen - ein Beitrag zu Transparenz und Bürgernähe der Europapolitik

Mit insgesamt 18 öffentlichen Sitzungen hat der Ausschuss einen Beitrag zur Öffentlichkeitsarbeit des Deutschen Bundestages geleistet: mehr als jede fünfte Sitzung des Ausschusses war öffentlich. Zudem hat er auf diesem Wege wichtige Themen der europapolitischen Debatte an Interessierte herangetragen. Themen dieser Sitzungen waren mehrfach die Beratungen des Europäischen Konvents, der Entwurf des Verfassungsvertrages und die Erweiterung der Europäischen Union. Auch die bereits erwähnten öffentlichen Sitzungen mit Bundeskanzler Schröder hatten aktuelle Entwicklungen der Europäischen Union zum Gegenstand: Die Krise des europäischen Verfassungsprozesses, die Debatte über eine Beitrittsperspektive für die Türkei und die Reform des Stabilitäts- und Wachstumspaktes. Im Rahmen öffentlicher Sitzungen fanden außerdem Gespräche mit dem damaligen EU-Kommissionspräsidenten Prodi und dem seinerzeit für die Erweiterung der Europäischen Union zuständigen EU-Kommissar Verheugen statt. Weitere Sitzungen widmeten sich wichtigen Einzelthemen wie der Dienstleistungsrichtlinie oder dem Verbraucherschutz. Der Gedankenaustausch mit Parlamentarierdelegationen aus europäischen Partnerstaaten erfolgte ebenfalls häufig öffentlich: In der 15. Wahlperiode fanden drei Sitzungen mit französischen Abgeordneten, zwei Sitzungen mit polnischen Parlamentariern und eine Sitzung mit dem Europaausschuss der niederländischen Abgeordnetenkammer statt. Das lebhafte Interesse der Öffentlichkeit lässt sich an der Tatsache ablesen, dass die Besuchertribüne im Europasaal regelmäßig bis auf den letzten Platz besetzt war.
Quelle: http://www.bundestag.de/ausschuesse/archiv15/a20/bilanzen/bilanz_15wp_text
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