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Debatte
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Wortlaut der Reden

Dr. Klaus-Dieter Feige, Bündnis 90/GRÜNE Dr. Dagmar Enkelmann, PDS/Linke Liste >>

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist nicht ganz leicht, am Tag der Abstimmung über den zukünftigen Sitz der Hauptstadt von Deutschland die eigene Position ganz emotionsfrei zu vermitteln. Pro und Kontra wechseln seit Monaten wie Angriffswellen in einem Stellungskrieg durch die Medien. Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages waren ihrerseits wälderfressenden Papierfluten an Überzeugungs- und Informationsmaterial ausgesetzt. Ich glaube, vieles blieb gerade deshalb ungelesen, es war einfach des Guten zuviel.

Doch es blieb nicht nur beim Guten. Das Werben der beiden Städte nahm in den letzten Tagen auch unangenehme Züge an. Da werden Plakate mit Gegenplakaten überklebt oder einfach sofort abgerissen. Der Gipfel der Geschmacklosigkeit ist sicher der Versuch, mittels des ehemaligen SED-Symbols die Bonn-Befürworter zu diskreditieren.

Als Bürger aus einem der fünf neuen Bundesländer war mir das Ausufern der Diskussion in dieser Frage zunächst sowieso unerklärlich; als ob es nichts Wichtigeres gäbe. Da bricht in einer großen Region Deutschlands die Wirtschaft zusammen, klettert die Arbeitslosenquote auf für unser Land ungeahnte Werte, aber die Politiker streiten sich um ein insgesamt und für mich zweitrangiges Problem.

Dennoch hat diese Problemlawine für die im Umgang mit freien Medien unerfahrenen Bürger in der ehemaligen DDR etwas sehr Lehrreiches. Nach dem Prinzip »Schlagzeile, Reaktion, neue Schlagzeile« wurde aus einem anfänglich regional betriebenen Wettbewerb das Thema des Jahres. Kein Parteitag, keine Talk-Show, keine Taxifahrt in Bonn oder Berlin, die nicht dieses Thema berührte und die Nation teilt. Dabei sollten doch Parlament und Regierung gerade alles tun, um die wirkliche, die menschliche Einheit zu vollziehen.

(Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [FDP]: Auch Medien!)

Berlin ist und bleibt die Hauptstadt Deutschlands. Für mich ist jedoch nicht nachvollziehbar, welchen Einfluß gerade der Sitz von Parlament und Regierung auf diesen Status hat. Ich habe in den letzten Jahren eine starke Abneigung gegen jedes zentralistische Repräsentieren gehabt, und die 750-Jahr-Feier in Berlin liegt mir noch in den Knochen. So sind für mich die Arbeitsbedingungen für den Bundestag und auch die Regierung von größerem Gewicht als Repräsentation. Ich habe meine Entscheidung deshalb vor allem aus pragmatischen Erwägungen getroffen, und sie ist mir nicht leichtgefallen.

Bei der Bewertung von Standortfragen hat man ja auch das wertvolle Instrument der Umweltverträglichkeitsprüfung. Ich glaube, eine Beurteilung aus ökologischer Sicht würde dann keineswegs für Berlin stehen. Bereits jetzt steht diese Stadt in weiten Teilen vor dem Zusammenbruch der Reste von regenerierbarer Umwelt. Jedes Dazugeben würde dieser Ballung von Häusern, Autobahnen und Autos in den engsten Citylagen den ökologischen Garaus machen. Ich mag Berlin, und gerade deswegen wünsche ich mir, daß die Menschen dort saubere Luft bekommen und keinen Smog mehr haben, daß sie in einer gesunden Umwelt leben können. Nach der Entscheidung des Bundestages für Bonn sollte man die zig Milliarden, die der Umzug nach Berlin kosten würde, trotzdem einplanen, nämlich für den Ausbau der Verkehrsstruktur und den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs in vielen Problemgebieten unseres Landes,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

ganz besonders auch im Osten und natürlich auch in Berlin.

Der Bonn-Antrag, meine Damen und Herren, ist bereits der ehrliche Konsens, von dem Herr Rau gesprochen hat. Wer das übersieht, ist überhaupt nicht konsensbereit, sondern will einfach nur alles für sich. Ja, Berlin ist das Herz von Deutschland, da stimme ich mit meinem Kollegen Konrad Weiß überein, aber gedacht werden soll mit dem Kopf. Eben weil ich dieses Herz der Menschen von Berlin schätze, werde ich bei der Wahl des Sitzes von Regierung und Parlament für Bonn stimmen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Renate Schmidt: Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Dagmar Enkelmann.

Quelle: http://www.bundestag.de/bau_kunst/berlin/debatte/bdr_034
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